Das für viele Basis-Anhänger:innen enttäuschende Ergebnis hat im Sachsen-Anhalter Telegramkanal der Partei für rege Diskussionen gesorgt. Die Enttäuschung überwiegt, es gibt aber auch Durchhalteparolen für die Bundestagswahl. Diese offenbaren teils menschenverachtende Positionen: Einige hoffen auf massive Impfschäden oder gar Impftote, die der Partei nutzen könnten, weil dann die Gesellschaft aufwache. Vielfach wird der geringe Zuspruch für die Basis damit erklärt, dass die Wahlen manipuliert worden seien und manche erwarten gar ein schnelles Ende des Parteiensystems. Ein Trost ist für viele hingegen, dass die Partei mit einem Ergebnis von über 1% ein Anrecht auf anteilige Wahlkampfkostenerstattung hat.
„Querdenken“ in Parteiform
Die Basisdemokratische Partei Deutschlands (die Basis) ist der Versuch den Protest und Positionen von „Querdenken“ in die Parlamente zu bringen. Szenegrößen aus dem Umfeld von Querdenken wie Ralf Ludwig, Eva Rosen, Markus Haintz, und Reiner Fuellmich, aber auch der Mikrobiologe Sucharit Bhakdi sind Aushängeschilder der Kleinstpartei.
Die „Querdenken“-Bewegung ist und war eine in Teilbereichen heterogene Bewegung. Der Überbau, der die Bewegung lange zusammengehalten hat, war die Kritik an den als übertrieben empfundenen Corona-Eindämmungs-Maßnahmen, die in einer massiven Regierungs- und Politikkritik mündeten, inklusive weit verbreitete, oft antisemitische, Verschwörungsvorstellungen. Demnach existiere das Virus nicht oder sei zumindest nicht gefährlicher als die Grippe. Die Pandemie würde nur initiiert, damit eine kleine geheime Elite böse Dinge machen können wie Chips zur Überwachung bei der Impfung allen Menschen einzupflanzen, eine autoritäre Weltregierung installieren und so weiter.
Auch wenn Rechtsextreme sich an führenden Stellen von „Querdenken“ einbringen, kann „Querdenken“ nicht auf Rechtsextremismus reduziert werden. Eine Studie zur politischen Soziologie der Bewegung unter Leitung des Soziologen Oliver Nachtwey kommt zum Ergebnis, dass ein Großteil der Protestierenden „eher aus dem anthroposophischen, alternativen Spektrum kommen, die zu ganzheitlichem Denken und esoterischem Denken neigen und wahrscheinlich eher die Grünen gewählt haben“ und sich erst im Laufe der Proteste zunehmend rechts positionieren.
Dieses von Nachtwey beschriebene Spektrum prägt zu einem gehörigen Teil die Partei „Die Basis“. Die Grundphilosophie dahinter, ist der klassische populistische Gegensatz. Es gibt das gute Volk und die bösen Eliten. Deise Eliten verhindern, dass der „Volkswille“ umgesetzt wird. Hier nehmen sich rechte und links-populistische Welterklärungen wenig. Während aber in rechtsextremen Kreisen oft ein guter autoritärer Führer die Probleme lösen soll will die Basis, wie ihr Name schon sagt, alles durch Basisdemokratie vom Volke entscheiden lassen.
In einem Werbevideo ist zu sehen, wie Menschen, die für Parteien wie AfD, Grüne oder Piraten stehen, ihre Parteienschilder wegwerfen und sich zusammensetzen, Spaß haben und gemeinsam Lösungen erarbeiten. Parteien werden eher als ein Grundübel unserer Gesellschaft verstanden, welche „das Volk“ nur spalten. Daher der häufig zu vernehmende Wunsch nach Überwindung des Parteiensystems. Die Kritik am Parteiensystem und den „bösen Eliten“, die „volksfeindlich“ handeln samt Verschwörungsvorstellungen, die vielfach antisemitisch aufgeladen sind, bieten zahlreiche Parallelen und Anknüpfungspunkte an die extreme Rechte. Diese Mischung von alternativ-esoterisch bis rechtsextrem findet sich auch bei der Basis. Wobei in der äußeren Wahrnehmung der eher links-verortete esoterische Flügel dominiert. Viele extreme rechte Querdenker waren schon vorher bei der AfD oder anderer Rechtsaußen-Organisationen und sind dort auch geblieben.
Die Verlockung des Autoritären
Die Basis mit starken esoterischen Kern will eine „neue, menschen- und naturgemäße Gesellschaftsordnung“ durchsetzen um die von ihr diagnostizierte Menschheitskrise zu beenden.
In öffentlichen Statements stellt sie sich als Super-Demokrat:innen hin, die alle in den Diskurs einbeziehen wollen und selber völlig ideologiefrei und jenseits von Verschwörungserzählungen argumentieren. So betonen Mitglieder gerne in Interviews, dass sie Corona nicht leugnen würden, um dann verschwörungsideologisch zu raunen, dass es aber schon sehr merkwürdig sei, dass die Politik eine Obduktion Corona-Toter verhindere und so die Todesursache ja nicht festgestellt werden könne — im Übrigen eine Falschbehauptung.
Auch beim Impfen scheinen sie auf den ersten Blick sehr offen zu sein und betonen, dass die Basis für die freie Impfentscheidung sei. Nur um im gleichen Atemzug fallen zu lassen , dass wer sich impft wohlmöglich schon bald tot sei. Auch vom Genozid durch Impfen ist immer wieder die Rede.
Dasselbe beim Thema Maske. Maske tragen solle eine freiwillige Entscheidung sein, hört man von der Basis. Auf einer Wahlkampfveranstaltung der Basis in Magdeburg machte Dr. Wolfgang Wordag, ein Aushängeschild der Partei, aber sehr deutlich: Wer Maske trägt mache sich schuldig.
Das zieht sich wie ein roter Faden durch die Themen der Basis. So tun, als würde man jedem Menschen die Entscheidung überlassen, dann aber klar mit Lügen und Drohungen nur eine Lösung als moralisch akzeptabel erscheinen lassen.
Die Partei betont keine Inhalte zu haben, außer dem Überthema Basisdemokratie und ihrer vier Säulen Freiheit, Machtbegrenzung, Achtsamkeit und Schwarmintelligenz. Von mindestens ebenso großer Bedeutung scheinen aber die Gallionsfiguren der Parteien zu sein, Säulenheilige wie Reiner Fuellmich und Sucharit Bhakdi.
Der Anwalt Fuellmich wird teils wie ein Guru in der Partei verehrt: So berichtet eine Partei-Anhängerin auf einem Basis-Telegram-Kanal, dass sie Abends satt Fernsehen nur noch Videos mit Fuellmich anschaue, da seine Stimme so sehr beruhigend klinge. Andere pflichten ihr bei. Reiner Fuellmich ist durch den „Corona-Ausschuss“, eine Art Wohnzimmer-„Volkstribunal“ in „Querdenken“-Kreisen bekannt geworden, in dem die „Wahrheit“ hinter der Pandemie herausgefunden werden soll. In der letzten Sitzung ging es um den antisemitischen Klassiker, dass die „Bilderberger“ stets im Hintergrund die Fäden ziehen, so auch bei dieser Pandemie.
Fuellmich, Basis- Spitzenkandidat der Landesliste Sachsen-Anhalt bei der Bundestagswahl, sagte am Rande der Haupt-Wahlkampfkundgebung der Basis in Magdeburg am 29. Mai: Ziel der Corona-Maßnahmen in Deutschland sei es „eine faschistische-totalitäre Alleinherrschaft von Frau Merkel zu etablieren“. Weiter sagte er: Bei den Maßnahmen sei es nie um Gesundheit gegangen, es habe nie ein gefährliches Virus gegeben, zumindest nicht gefährlicher als ein Grippe-Virus. Außerdem habe die Bevölkerung längst eine Herdenimmunität gegen das Virus erreicht, daher gebe es keine Notwendigkeit für eine Impfung. Zudem hätten die Impfstoffe eine Wirksamkeit von unter einem Prozent. Im Nebensatz drohte er „der Gegenseite“, also Menschen, die die Pandemie nicht für eine globale Verschwörung halten, dass es für viele böse enden würde.
Mit der Basisdemokratie scheint der Basis-Spitzenkandidat so seine Probleme zu haben. Denn laut Fuellmich habe man festgestellt, dass es für eine funktionierende Demokratie Menschen mit funktionierender Moralkompetenz bedürfe. Nur 20 Prozent der Bevölkerung hätten diese. Die anderen 80 hinterfragten nichts und ständen daher hinter den Corona-Maßnahmen. Die 20 Prozent sind selbstverständlich Kritiker:innen der Maßnahmen. Die große Mehrheit könne man nicht mehr erreichen, es zu versuchen sei vertane Energie. Indem er 80% der Bevölkerung abspricht, demokratiefähig zu sein, offenbart Fuellmich ein elitäres und menschenverachtende Weltbild. Ebenso die Partei, die das Video stolz über ihre Kanäle teilte.
Das absehbare Ende der Querdenker-Partei
In Sachsen-Anhalt hat es für die 20 Prozent nicht ganz gereicht. 1,5 Prozent und die abflauende Pandemie werden wohl dafür sorgen, dass die Basis nie in ein Landes- oder Bundesparlament einziehen wird. Der Versuch „Querdenken“ in Parteiform zu gießen ist wohl endgültig gescheitert. Für einen Teil der Anhänger:innen wird die Basis nur ein Zwischenstopp auf den Weg zur AfD gewesen sein. Andere werden sich frustriert zurückziehen. Das Scheitern des parlamentarischen Weges für „Querdenken“ wird aber auch zu einer weiteren Radikalisierung eines Teils der Anhänger:innen führen. Dies gilt es im Blick zu behalten. Eine weitere Aufgabe für die Zivilgesellschaft wird es sein, den noch ansprechbaren Teil von Querdenken, die kein geschlossen-verschwörungsideologisches Weltbild aufweist, wieder für Demokratie, Vertrauen in die Wissenschaft und für die Auseinandersetzung mit der Komplexität gesellschaftlicher Prozesse statt einfacher Wahrheiten ansprechbar zu machen.