Die Hand zum Hitler-Gruß, im Hintergrund eine Hakenkreuz-Fahne und im Gesicht ein dumm-dreister Blick: Wer meint, Nazis im Internet anhand solch eindeutiger Profilbilder erkennen zu können, hat eine beunruhigende Entwicklung verpasst. Die Strategien der Rechtsextremen im World Wide Web und dabei insbesondere in den Sozialen Netzwerken sind mittlerweile um einiges raffinierter – und damit umso gefährlicher.
Neonazis nutzen Soziale Netzwerke intensiv und professionell. Über ganz bestimmte Themen versuchen sie immer wieder, nicht-rechtsextreme User anzusprechen, Anschluss zu finden – und quasi durch die Hintertür ihre menschenverachtende Ideologie einzustreuen. Das kann auf einer Facebook-Seite sein, auf der es doch angeblich nur um sarkastischen Humor geht, in einer Netz-Diskussion zum Thema Tierschutz oder mit einer Online-Veranstaltung, bei der es vermeintlich um den Schutz von Kindern vor Missbrauch geht. Gerade Jugendliche stehen dabei im Fokus der rechtsextremen Propaganda. Viele entsprechende Web-Angebote zielen in Aufmachung und Form auf sie.
Umso wichtiger ist es, junge Menschen für das Thema zu sensibilisieren, sie aufzuklären und ihnen Argumente an die Hand zu geben, um sie für die Auseinandersetzung mit der rechtsextremen Hetze zu wappnen. Genauso wichtig ist es aber auch, ihnen ein Gespür für die Methoden der Nazis im Web 2.0 zu vermitteln und deutlich zu machen, wie sie sich schützen können.
Mit welchen Kampagnen Rechtsextreme versuchen, Jugendliche anzusprechen, wie sie dabei vorgehen und wie man die Propaganda entlarvt, erläutert das Projekt „no-nazi.net – für Soziale Netzwerke ohne Nazis“ der Amadeu Antonio Stiftung in der neuen Broschüre
„Liken. Teilen. Hetzen. Neonazi-Kampagnen in Sozialen Netzwerken“.
Dazu erklärt Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung: „Die sozialen Netzwerke sind die Schulhöfe von heute. Da trifft man sich, da tauscht man sich aus. Da werden die Jugendlichen aber auch von Neonazis und anderen Menschenfeinden umworben. Deshalb müssen wir sie fitmachen, mit den perfiden Taktiken und Manipulationsversuche umzugehen, und ihnen Überzeugungen vermitteln, die denen der Nazis standhalten. Genau das leistet die neue Broschüre von no-nazi.net.“
Unterstützung erfährt die Broschüre durch die Sozialen Netzwerke selbst. So erklärt etwa Eva-Maria Kirschsieper, Manager Public Policy Facebook Germany: „Wir unterstützen Initiativen wie no-nazi.net, um mehr Transparenz, Aufmerksamkeit und Sensibilität für das Thema Nazis in sozialen Netzwerken zu schaffen. Gemeinsam möchten wir Tipps und Tricks geben, was man gegen Nazis auf Facebook machen kann. Die Zusammenarbeit mit Initiativen hilft uns, unsere Prozesse kontinuierlich zu verbessern, um rassistische Inhalte auf der Plattform zu finden, denn Facebook ist kein Ort zur Verbreitung von Hassreden.“
Auch Mirko Meurer, Mitglied der Geschäftsleitung (COO) der wer-kennt-wen.de GmbH, betont die Wichtigkeit des Themas: „Wir bei wer-kennt-wen.de dulden weder Extremismus noch Rassismus und ermutigen daher auch unsere Nutzer, bedenkliche Inhalte zu melden, damit wir stets rasch handeln können. Das Anliegen der Amadeu Antonio Stiftung unterstützen wir ausdrücklich, denn Aufklärung ist eines der wichtigsten Instrumente gegen Rechtsradikalismus.“
Sabine Frank von Google Deutschland erklärt dazu: „Die YouTube Nutzungsbedingungen und die Community Richtlinien untersagen unmissverständlich das Einstellen von Inhalten wie zum Beispiel Videos, die Hassbotschaften gegen bestimmte Gruppen verbreiten. YouTube als Betreiber der Plattform lehnt die Einstellung solcher Inhalte genauso ab wie die Gemeinschaft der Nutzer selbst.“ Und weiter: „Um die Nutzer von YouTube über die Gefahren durch rechtsextremistische Propaganda im Internet zu sensibilisieren, arbeiten wir eng mit verschiedenen Institutionen, Kampagnen und Initiativen wie beispielsweise dem Verein „Laut gegen Nazis e.V.” und der „Amadeu Antonio Stiftung” zusammen. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit unterstützt YouTube mit „361Grad Respekt – der YouTube Schülerwettbewerb gegen Ausgrenzung“ (www.youtube.com/361grad) seit 2009 ein Projekt, das jegliche Form von Ausgrenzung an deutschen Schulen adressiert und die Medienkompetenz unter Schülerinnen und Schülern stärken soll.“
Die Broschüre fußt auf der Recherchearbeit der unabhängigen journalistischen Website www.belltower.news und aus dem Projekt „no-nazi.net – Für Soziale Netzwerke ohne Nazis“ (gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Programms TOLERANZ FÖRDERN, KOMPETENZ STÄRKEN. Das Projekt wird außerdem gefördert von der Freudenberg-Stiftung, der Robert Bosch Stiftung und Google Deutschland).
Die Broschüre kann gegen Erstattung der Portokosten per Email an nonazinet@amadeu-antonio-stiftung.de bestellt werden. Zudem steht sie hier als PDF zum Download bereit – oder einfach auf das Bild klicken!
Aus dem Inhalt:
Nazis 2.0: Wie Rechtsextreme die Sozialen Netzwerke nutzenMeinungsfreiheit im Netz: Zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung und der Unantastbarkeit der MenschenwürdeParty-Patriotismus, Nationalstolz und Nationalismus“Deutschenfeindlichkeit“: Wenn Rechtsextreme Ausgrenzungserfahrungen für ihre Propaganda ausnutzen“Halalfreie Zone“: Über Islamfeindlichkeit im Netz“Keine Gnade für Kinderschänder“: Wie Neonazis den Kindesmissbrauch für ihre Propaganda missbrauchenGrün als Tarnfarbe: Wie Nazis den Naturschutz auch im Web 2.0 unterwandernNazis: Nur Männer mit Springerstiefeln? Eben nicht!Die schöne Botschaft zum Schluss: Gegenstrategien
In Papierform vergriffen, aber online noch erhältlich ist auch die Vorgänger-Broschüre „Zwischen Propaganda und Mimikry -Neonazi-Strategien in Sozialen Netzwerken“ (2012):
www.belltower.news/artikel/neonazi-web-strategien-1111
Presseberichte zur neuen Broschüre „Liken. Teilen. Hetzen“:
Liken. Teilen. Hetzen.: Nazi-Kampagnen in „Sozialen Netzwerken“ (Publikative.org)Broschüre der Amadeu Antonio Stiftung: Wie Rechtsextreme die Sozialen Netzwerke nutzen (Netzpolitik.org)Broschüre für Jugendliche: „Liken. Teilen. Hetzen. Neonazi-Kampagnen in Sozialen Netzwerken“ (Störungsmelder)Broschüre über Rechtsextreme im Internet (epd)Amadeu Antonio Stiftung informiert in neuen Broschüren über Neonazi-Strategien im Netz und liefert Widerstandsstrategien (AVIVA-Berlin)