Mit einer Mischung aus politischen Vorträgen, Informationsständen, Livemusik, Redebeiträgen und künstlerischen Darbietungen richtet sich das Festival ?Stay Rebel? gegen Neonazismus, Rassismus sowie Antisemitismus und setzt sich für eine alternative Jugendkultur ein. Geplant sind mehrere Vorträge zu verschieden Themen, wie zur Entwicklung von rechtsextremen Übergriffen in der Region und zur Frage ?Was tun gegen Nazis??
Buntes Programm für ein weites BesucherInnen-Spektrum
Auf dem Festival werden unter anderem Fidl Kunderbunt (Liedermacher), Fallobstfresser (Hardcore-Punk), Fraktion42 (Drum`n`Bass) und Nic Knatterton + Johanna (Hip-Hop) zu sehen sein. Für das leibliche Wohl ist auch gesorgt. Die Volxküche möchte mit seinem Angebot zeigen, dass eine vegane Ernährung auch gesund und lecker sein kann. Eine Kinderecke mit Betreuung sorgt für kleine BesucherInnen. Abschließend ist eine Feuershow geplant, die die gesamte Veranstaltung abrunden soll.
Ziel rechtsextremer Gewalt ist immer wieder eine Gruppe alternativer Jugendlicher
Die Opferberatungsstelle Sachsen (RAA) wird auch vor Ort sein und an einem Infostand über rechtsextreme Gewalt aufklären. Im Gespräch mit www.belltower.news lobte Juliane Wetendorf, Mitarbeiterin der RAA Sachsen, das lange Engagement und Durchsetzungsvermögen der alternativen Jugendgruppierung ?Soziale und Politische Bildungsvereinigung e.V.?, deren Räumlichkeiten in der Stadt nach wie vor ein beliebtes Ziel neonazistischer Anschläge sind.
2008 hatten die Jugendlichen in der Innenstadt Zimmer gemietet, um unter anderem Jugendliche über Rechtsextremismus aufzuklären. Nachdem dort die Scheiben wiederholt eingeschlagen worden waren, kündigte der Vermieter den Vertrag. Nationalsozialistische Parolen wie ?Heil Hitler? und Hakenkreuze auf den sachbeschädigten Gegenständen offenbarten den rechtsextremen Hintergrund der Übergriffe. ?Das Sichtbarwerden einer Gegenkultur provoziert bei Rechtsextremen Beschimpfungen, Drohungen und brutale Angriffe?, so die Einschätzung von Wetendorf. Mittlerweile konnten sich die alternativen Jugendlichen ein Haus kaufen.
Doch auch dort werden sie immer wieder von Neonazis heimgesucht. Erst im Juni dieses Jahres wurde ein alternativer Jugendlicher von fünf Neonazis mit einer Bierflasche angegriffen und brutal niedergeschlagen. Das Opfer wurde ambulant behandelt, wobei Glassplitter von seinem Kopf entfernt werden mussten und eine Platzwunde festgestellt wurde. ?Die Stadt geht nicht hart genug gegen Rechtsextremismus vor, so dass wir immer wieder Pöbeleien und Übergriffe über uns ergehen lassen müssen?, so einer der engagierten Jugendlichen gegenüber www.belltower.news.
Bündnisprobleme
Überregionale Schlagzeilen machte die Stadt Limbach-Oberfrohna im März dieses Jahres, als die Stadt ein ?Bürgerbündnis für Demokratie und gegen Extremismus? ins Leben rufen wollte. Zur Gründungsveranstaltung kam auch NPD-Stadtrat Thorsten Schneider. CDU- und FDP-Stadträte hatten nichts dagegen, mit Rechtsextremen gegen Rechtsextremismus vorgehen zu wollen. Schließlich beugten sich aber dem Protest gesellschaftlicher Institutionen wie der Kirche mit einer Gleichsetzung: Die NPD wurde zwar ausgeschlossen ? in einem Atemzug aber auch die Vertreter der Linken. Engagierte SPD-Mitglieder wurde gar nicht erst ins Bündnis eingeladen, berichtete damals etwa die Frankfurter Rundschau oder der NPD-Blog. Die bei der Stadt „unerwünschten“ Engagierten sind inzwischen im ?Bunten Bündnis Limbach für Zivilcourage – Bürgerforum für Demokratie? aktiv.
Die Offiziellen der Stadt sind indifferent oder ignorieren das Problem
Die Stadtverwaltung ist seitdem weniger gesprächig, wenn es um die Aktivitäten von Neonazis in der Region geht. Es gebe kein rechtes Problem in der Stadt. Man dürfe die Gefährlichkeit auch nicht herbeireden, heißt es klassisch aus Stadtverwaltungskreisen. ?Wenn BürgerInnen öffentlich gegen Rechtsextremismus vorgehen, wird das häufig als Netzbeschmutzerei diskreditiert?, so Christoph Lordieck, ein Sprecher des Bunten Bürgerforums für Demokratie, das im Februar dieses Jahres aus einer Elterninitiative entstanden ist. Das Bunte Bündnis möchte die Streitkultur in der Region beleben und damit die Alltagsdemokratie stärken. ?Die örtlichen Akteure sprechen kaum miteinander, so dass eine gesunde demokratische Streitkultur nicht entstehen kann. Stattdessen stehen persönliche Angriffe auf der Tagesordnung?, so der Sprecher des Bürgerforums. Überdies kritisiert er, dass Landratsamt und Stadtverwaltung das Festival ausfallen lassen wollten, weil parallel das Limbacher Familienfest stattfindet. Der Lösungsvorschlag des Bunten Bündnisses sei hingegen gewesen, das Jugendfestival in das Familienfest zu integrieren. ?Dies wäre auch ein generationsverbindender Ansatz gewesen?, so Lordieck.
Monika Lazar, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus der Grünen Bundestagsfraktion, zeigte sich erfreut darüber, dass Limbach-Oberfrohna mit dem Festival ein öffentliches Zeichen gegen Rassismus, Antisemitismus und andere gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit gesetzt wird. Das Engagement des Vereins ?Soziale und Politische Bildungsvereinigung Limbach-Oberfrohna e.V.?, schätze sie sehr. Lazar sagt: „Meine persönliche Hoffnung ist, dass durch die zahlreichen Angebote auf dem Fest viele Menschen dazu angeregt werden, in ihrem Umfeld Neonazis eine Absage zu erteilen und für ein buntes Limbach-Oberfrohna einzutreten.?
Ergänzung, 20.09.2010:
Nach Presseberichten hat das „Stay Rebel“-Festival, auch in Kombination mit dem wenige hundert Meter weiter stattfindenden Familientag der Stadt, gut funktioniert: Das Statement gegen Rechtsextremismus wurde von Bands und RednerInnen gesetzt. Am Abend kam es zu einem Zwischenfall mit laut Polizeiangaben „28 jugendlichen Störern“, die die Polizei aber des Platzes verwies (Freie Presse).
Mehr im Internet:
| Soziale und politische Bildungsvereinigung Limbach-Oberfrohnna e.V.