Am 11. Juni fand in Münster der „Frauenkongress“ der rechtsradikalen Frauengruppe „Lukreta“ statt. Die Veranstaltung fand durch die Unterstützung der AfD-Fraktion im Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) am Samstag von 10 bis 18 Uhr im LWL-Landeshaus in Münster statt. Eingeladen wurde von der Initiative „Lukreta“, um sich mit Teilnehmer:innen über rechte Frauen- und Familienpolitik auszutauschen und zu diskutieren. Anwesend waren vor allem Gäste aus Kreisen rechtsradikaler Initiativen und der sogenannten „Identitären Bewegung“. Außerdem waren lokale AfD-Politiker:innen vor Ort. Vertreter:innen der Presse waren weder eingeladen, noch erwünscht.
Es ist eine altbewährte Strategie rechter Akteur:innen auf aktuelle Themen aufzuspringen und sie für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. In diesem Sinne klingt „Frauenkongress“ erstmal nach einer emanzipatorischen Veranstaltung. Die Positionen, die dann tatsächlich vertreten werden, sind aber in der Regel alles andere als das. Statt emanzipatorischer Frauen- und Familienpolitik, werden in rechten Kreisen homogene Gemeinschaften und patriarchale Geschlechterrollen beworben. Veranstaltungen wie der „Frauenkongress“ sind ein wichtiger Bestandteil der Vernetzungsstrategie beteiligter Akteur:innen und ein Versuch, rechtsradikale Netzwerke auch außerhalb Sozialer Medien auszuweiten und zu stärken. In diesem Fall scheint die Ausweitung des rechten Netzwerks eher gescheitert zu sein: nach Angaben von Beobachter:innen außerhalb der Veranstaltungen, nahmen lediglich zwanzig Personen am sogenannten „Frauenkongress“ teil.
Nichtsdestotrotz, wurden die aktiven Verbindungen zwischen rechten Influencerinnen, rechtsradikalen Initiativen und der AfD mit der Anwesenheit der Personen vor Ort bekräftigt. Neben einer Podiumsdiskussion mit der AfD-Landtagsabgeordneten Enxhi Seli-Zacharias aus NRW, waren auch Bundestagsabgeordnete der AfD Gerrit Huy, AfD-Politikerin Dr. Anna Rathert und die rechte Influencerin Charlotte Corday, bürgerlich Nina Charlotte Vanmeer, als Rednerinnen maßgeblich an der Veranstaltung beteiligt.
Die rechte Aktivistin Charlotte Corday betreibt, neben Profilen auf den Plattformen TikTok und Telegram, einen YouTube-Kanal mit 18.200 Abonnent:innen. Am Samstag referierte die YouTuberin in ihrem Beitrag, mit dem Titel „Indoktrination von Kinder, Jugendlichen und Frauen“, über die angebliche Einflussnahme der „‚LGBTQIA+’-Lobby“ auf die kindliche Erziehung, die Rolle sozialer Medien bei der Frühsexualisierung und den vermeintlichen „Trend“ der Transsexualität, welcher wohl „gerade junge Frauen im Pubertätsalter“ betrifft. Hier wurde erneut deutlich, dass vor allem Transfeindlichkeit aktuell ein haupt Agitationsfeld rechter Gruppen ist.
„Lukreta“: keine Organisation für Frauenrechte
Die rechtsradikale Frauengruppe „Lukreta“ wurde 2019 gegründet. Mitglieder sind vor allem den Kreisen der „Identitären Bewegung“ und der AfD zuzuordnen. Darüber hinaus kooperiert die Initiative regelmäßig mit anderen reaktionären Organisationen wie Querdenken und den rechtsradikalen Magazinen „Krautzone“ und „Unblogd“. Die Gruppe kann als inoffizielles Nachfolgeprojekt der Identitäten Frauengruppe „120 Dezibel“ verstanden werden. Ein Schwerpunkt der Initiative liegt dementsprechend in der Ethnisierung sexueller Gewalt und Familienpolitik, wobei Abtreibungsfeindlichkeit oftmals mit der Instrumentalisierung von Kindern begegnet wird. Die Gruppe widmet sich außerdem der Verteidigung traditioneller Geschlechterrollen, welche sich vor allem durch LGBTQ- und Trans-Feindlichkeit äußert. Generell kann „Lukreta“ als eindeutig antifeministisch eingeordnet werden.
Auf Social Media präsentieren sich Akteurinnen der Initiative auf den ersten Blick eher harmlos und unauffällig: Backtipps, Flechtfrisuren und Landschaftsbilder dominieren die harmonisch kuratierten Social Media Auftritte. Die Gruppe achtet darauf, dass auf den ersten Blick keine klaren Verbindungen zur radikalen Rechten zu erkennen ist. Auf Instagram bezeichnet sie sich selbst als „Unabhängige Initiative junger Frauen“, die sich stark macht, „für die Sicherheit der Frau“. Die Darstellungen der Seite suggerieren, dass sexuelle Gewalt ein „importiertes Problem“ sei. Die Bilder und Videos instrumentalisieren Vergewaltigungen und Femizide für rassistische Stimmungsmache und das Schüren einer Angst vor der drohenden „Islamisierung“ Deutschlands.
Starker Gegenprotest in Münster
Wie die Lokalzeitung Westfälische Nachrichten berichtete, rief das Bündnis „Keinen Meter den Nazis“ zum Protest vor dem Veranstaltungsort auf. Etwa 100 Demonstrierende erschienen mit Schildern und Plakaten, um den Teilnehmenden unmissverständlich klar zu machen, was sie von der Veranstaltung halten. Teilweise provozierten Teilnehmer:innen des sogenannten „Frauenkongress“ die Demonstrierenden, lachten über Protestrufe und machten Fotos. Die Polizei war zwar in großer Zahl vor Ort, musste aber nicht in das Geschehen eingreifen.