Zusammengestellt von Simone Rafael
Hate Speech vor Gericht
Was? Holocaustleugnung auf seiner InternetseiteWer? 45-Jähriger aus Munster, mutmaßlich ReichsbürgerKostet? 10 Monate Haft auf Bewährung, 60 Stunden gemeinnützige ArbeitWelche Quelle? haz
Was? „Abfackeln“ von Flüchtlingsunterkünften sei eine „Form des zivilen Ungehorsams“Wer? Sprecher des Kreisverbandes Pforzheim-Enzkreis der Partei Alternative für Deutschland (AfD), Alfred BambergerKostet? Vorwurf Billigung von Straftaten – wurde freigesprochen.Welche Quelle? Juris.de
Was? Hetzerischer Facebook-Post gegen Flüchtlinge, nennt sie „Drecksvolk“Wer? Hobby-Landwirt aus CoswigKostet? Volksverhetzung, Strafbefehl 1.350 Euro, Einspruch, FreispruchWelche Quelle? SZ, mdr
Was? Schreibt in der Facebook-Tausch-Gruppe „Dresden suche-biete-tausche-verschenke“ unter einen Post, der um Spenden für Flüchtlinge bittet: „Ich habe auch meine Meinung über dieses Pack. Vergasen sollte man die. Diese Menschen bringen doch jeden Dreck mit.“Wer? Stephanie S. (33), fünffache Mutter aus DresdenKostet: 500 Euro GeldstrafeWelche Quelle? BILD
Was? Schreibt auf Facebook: „Eine Kugel in den dreckigen Allah-Kopf und schon sind sie da, wo sie hingehören“.Wer? 48-Jähriger aus Rodenbach, Mitarbeiter der Kreisverwaltung in WarenWarum? Entschuldigt sich vor Gericht, er habe „schlichtweg ohne Hirn“ geschrieben, als Konsequenz sein Facebook-Profil gelöscht.Kostet? Urteil: Geldstrafe, 1.000 EuroWelche Quelle? Nordkurier, Hanauer.de Was? Hasstirade gegen Geflüchtete, u.a. straffällige Geflüchtete würden nicht ausgewiesen, Flüchtlinge klauten bei Aldi und Lidl, Polizei tut nichts, Unterkünfte würden kurz und klein geschlagen – deshalb Aufruf zur Bildung einer Bürgerwehr und Einführung der Prügelstrafe.Wer? 52-jähriger Informatiker aus MauernWarum? Kann er sich selbst nicht mehr erklärenKostet? Einspruch gegen Strafbefehl, Gericht bleibt aber dabei: 3.150 EuroWelche Quelle? Wochenblatt Was? Postet bei Facebook Nazi-Ostereier mit Hakenkreuzen und DoppelrunenWer? Margit H., 70, Ex-Buchhalterin aus DresdenWarum? Es seien Glückssymbole aus dem Buddhismus. „Gibt es denn keine Meinungsfreiheit mehr?“Kostet? 750 EuroQuelle? Tag24.de Was? Holocaustleugnung auf Facebook; bezeichnet u.a. einen Holocaust-Überlebenden als „Super-Lügner“Wer? 53-jähriger Meißner, ReichsbürgerKostet? 150 Euro wegen Mißachtung des Gerichts, 10 Monate Haft auf BewährungWelche Quelle? SZ Was? Hetzerischer Beitrag zu GeflüchtetenWer? 62-jährige BerlinerinWarum? „Ich leite gern spaßige Sachen weiter“.Kostet? 1.365 EuroWelche Quelle? Berliner Morgenpost Was? Videos mit Aufrufen zu Gewalt und Willkür (mit dem „Abschiebär“)Wer? Zwei Rädelsführer der verbotenen Neonazi-Gruppe „Besseres Hannover“, 31 und 34Kostet? 3.600 und 4.050 Euro Strafe; der zuständige Richter erklärte irritierenderweise, er wolle die beiden Verurteilten nicht durch eine Haftstrafe adeln, mit der sie sich in ihrer Szene brüsten könnten. Sie sitzen aber auch schon in Haft.Quelle? NDR
Zahlen
Mecklenburg-Vorpommern: Anstieg bei politischer Hasskriminalität im Internet
Die „Hasskriminalität“ im Internet ist 2016 weiter gestiegen, doch nur ein Bruchteil wird offiziell erfasst. Die Anzahl von Fällen politisch motivierter Hasskriminalität im Internet ist 2016 im Nordosten auf 93 gestiegen (Vorjahr: 72). Am häufigsten gehe es dabei mit 74 Fällen um Volksverhetzung, wie aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage des innenpolitischen Sprechers der Linksfraktion, Peter Ritter, hervorgeht (Vorjahr: 42) (Nordkurier).
Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein sperrt 25 rechtsextreme Internetangebot regionaler Anbieter
Die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) geht erneut gegen rechtsextreme Internetangebote regionaler Anbieter vor. Sie hat im ersten Quartal 25 Angebote, vorwiegend Facebook-Profile, mit Bezug zu den beiden Ländern auf mögliche Rechtsverstöße geprüft. In zwei Fällen sei Strafanzeige gestellt worden, teilte die Medienanstalt jetzt in Norderstedt mit (Welt).
Hate-Speech im Internet betrifft vor allem junge Nutzer_innen
Hass-Tiraden im Internet erreichen vor allem junge Leute. Das hat eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen ergeben. Die Forsa-Studie wird an diesem Dienstag beim NRW-Medienforum in Köln vorgestellt. Demnach sind fast alle jungen Internetnutzer, 94 Prozent der 14-24-jährigen, im Netz schon auf Hass-Kommentare gestoßen. Insgesamt haben zwei Drittel (67 Prozent) aller Nutzer den Hass im Netz kennengelernt. Bei den mindestens 60-Jährigen ist es allerdings nicht einmal jeder Zweite (49 Prozent). Die Zahl der Menschen, die Hasskommentare schon einmal dem Betreiber des Internet-Portals gemeldet haben, stieg auf 22 Prozent, im Vorjahr waren es 20. Deutlich seltener entschließen sich die Internetnutzer, gegen den Verfasser Strafanzeige zu erstatten. Gerade einmal 1 Prozent waren dazu bereit (Augsburger Allgemeine).
Umgang mit Hate Speech
RE:PUBLICA: Love Out Loud
Bereits zum elften Mal versammelt sich die Webszene ab Montag in Berlin zur re:publica, um über die neusten Internettrends zu diskutieren. In diesem Jahr dürfte die Stimmungslage nicht nur angesichts des prognostizierten Regenwetters und Kälteeinbruchs eingetrübt sein: Fake News, Trump & Co. haben der Netzgemeinde zugesetzt. „Dem Internet ging es schon mal besser – und uns allen auch“, bringt ein Panel die Gemütslage auf den Punkt. Über 8000 Gäste und 950 Speaker werden zum größten Internet-Event Europas trotzdem erwartet (meedia). Zusammenfassung im Video auf Tagesspiegel.de.
Sascha Lobo: Selbstexperiment im brauen Sumpf
Auf der re:publica berichtet Internet-Guru Sascha Lobo von seiner Recherche am rechten Rand der Gesellschaft zur Diskurskultur im Internet. Er hat ein paar Vorschläge, wie man sie verbessern könnte (Tagesspiegel, heise.de). Heute.de gibt er ein Interview dazu: „Hinter ‚Fake News‘ stehen eine ganze Reihe von verschiedenen Phänomen. Manche ziemlich alt, manche vergleichsweise neu. Das Grundproblem ist, dass sich einige Grundüberzeugungen des 20. Jahrhunderts auflösen. Wir, die liberale Meinungssphäre, dachten vielleicht, dass Menschen die Grundzüge der Demokratie nicht nur zu schätzen wissen, sondern auch einigermaßen gut kennen.“
Kritik am Gesetz gegen Hassrede (NetzDG) geht weiter
Netzaktivisten sowie Vertreter von IT-Konzernen und Branchenverbänden haben die Bundesregierung auf der Berliner Internetkonferenz Republica aufgefordert, von einem Netzwerkdurchsetzungsgesetz in seiner bisher geplanten Form abzusehen. „Experten haben sich bisher allesamt negativ dazu geäußert, zivilgesellschaftliche Organisationen und die Wirtschaft machen sich sehr stark gegen dieses Gesetz“, erklärt Constanze Kurz vom Chaos Computer Club (CCC) in einer Umfrage von ZAPP. „Da bin ich doch gespannt, ob der Bundesjustizminister die Eier hätte, sich gegen diese breite Front zu stellen.“ Mit einem solchen Gesetz setze „der Staat einen Anreiz für automatisierte Filterprozeduren“, mahnt die Sprecherin des CCC (NDR). Trotzdem ist das NetzDG inzwischen aber in den Bundestag eingebracht (vgl. Deutschlandfunk).
8 Tipps: So kannst Du Dich gegen Trolle im Netz durchsetzen
Kommentare im Internet zu lesen, macht oft keinen Spaß. Es wird gepöbelt und beleidigt, positive Beiträge sind manchmal schwer zu finden. Da ist es sehr einfach, zu resignieren, weiterzuklicken und wegzugucken. Wie man das anders machen kann, haben Cornelia Heyken und Christina Dinar auf der Medienkonferenz re:publica in Berlin gezeigt. Die beiden Pädagoginnen arbeiten für das Projekt „Debate // De:hate“ der Amadeu Antonio Stiftung, wo sie unter anderem Jugendlichen beibringen, mit Hassbotschaften im Internet umzugehen (Bento)
Liebe im Internet <3 <3 <3 <3 <3
Von Hassrede und Hetze im Internet ist in diesen Monaten viel zu lesen – von Liebe und Güte eher wenig. Dabei ist das Netz doch voll davon. Web.de hat hingesehen.
Grimme-Online-Award: Jury nominiert Facebook-Gruppe gegen Hassrede
Online-Angebote gegen Fake News und Verschwörungstheorien sind am Dienstag in Köln für den Grimme Online Award 2017 nominiert worden. Dazu gehört zum Beispiel „Datteltäter“ des jungen ARD/ZDF-Angebots „Funk“, das sich mit Vorurteilen befasst, mit denen sich Muslime konfrontiert sehen. Oder die Facebook-Gruppe #Ichbinhier, die gegen Hasskommentare und Hetze im Internet vorgeht (Spiegel Online).
Orientierung zum Thema Hate Speech im Netz für Ehrenamtliche
Der Sächsische Ausländerbeauftragte (SAB) Geert Mackenroth hat vor einigen Tagen ein Faltblatt zum Thema Hate Speech im Internet vorgestellt. Das Papier soll ehrenamtlichen Helfern eine erste Orientierung geben, wie mit Hassattacken (vor allem) im Netz umzugehen ist und wurde von Kollegen des Flurfunks verfasst – kompakt und gut verständlich. Das PDF zum Download.
Jugendliche vor Hetze im Netz schützen
Hasskommentare im Internet können die Opfer psychisch so sehr treffen wie physische Übergriffe im wahren Leben. Teenager sind laut einer Forsa-Umfrage besonders gefährdet, Opfer von aggressiven Attacken im Netz zu werden. Eine Tagung in Hannover suchte Lösungen (Weser-Kurier).
Bei „Klicksafe“ gibt es übrigens neue Online-Quizzes für Jugendliche, Eltern und Lehrer_innen, um ihr Wissen über Hate Speech zu testen.
http://www.klicksafe.de/service/aktuelles/quiz/
#SagsmirinsGesicht: Und dann?
Die tagesschau versucht ein neues Format gegen Hass im Netz (vgl. tagesschau.de).
Das Ergebnis ist weiterer Hass, aber höflicher formuliert (vgl. BTN)
Gut allerdings: Die begleitenden Materialien, etwa ein interessantes Interview mit Ingrid Brodnig, wie sich Betroffene gegen Hasskommentare wehren können (tagesschau.de) mit passendem Video.
Wie löscht Facebook?
Bisher ist über Löschregeln bei Facebook wenig bekannt. Doch nun gab es einen Leak der Handbücher für die „Community Operator“, die bei Facebook für die Bearbeitung von Meldungen zuständig sind. Zuerst berichtete der Guardian, dann auch viele deutsche Medien. Etwa darüber, dass Holocaustleugnung nur in vier Ländern auf der Welt gelöscht wird (Deutschland, Israel, Frankreich und Österreich). Oder welche Arten von Gewaltdarstellungen Facebook akzeptabel findet und welche nicht. (vgl. Süddeutsche Zeitung, Merkur.de, watson.ch, dw, netzpolitik, Wired)
3000 NEUE Community-Manager sollen Facebook besser betreuen
Facebook stellt 3000 neue Mitarbeiter ein, um das soziale Netzwerk von unerwünschten Inhalten zu säubern. In seiner Ankündigung nennt Mark Zuckerberg die Verbreitung brutaler oder traumatisierender Live-Videos als einen Grund für die Entscheidung. In den vergangenen Wochen waren etwa ein Mord, die Gruppenvergewaltigung einer 15-Jährigen und ein live angekündigter, aber nicht ausgeführter Suizid auf Facebook zu sehen. Tatsächlich ist der Post des Facebook-Chefs aber auch das Eingeständnis, bislang nicht genug getan zu haben, um Nutzer vor verstörenden und strafbaren Inhalten zu schützen (Süddeutsche Zeitung).
Urteil in Österreich: Facebook muss Postings weltweit löschen
Hass-Postings müssen von dem sozialen Netzwerk weltweit gelöscht und nicht nur für bestimmte Länder gesperrt werden. Das hat ein österreichisches Gericht entschieden. In dem Verfahren könnten sogar noch mehr Forderungen gegen Facebook durchgesetzt werden (heise.de).
Hassrede und Katzenbilder: Wie können im globalen Netz nationale Gesetze respektiert werden?
Soziale Netzwerke, Suchmaschinen und andere Dienste sind die Mittler im Internet. „Intermediäre“ ermöglichen Austausch und machen Inhalte verfügbar – weltweit. Doch zugleich müssen sie nationale Gesetze befolgen. Für Regeln im internationalen Rahmen müssen viele widerstreitende Interessen austariert werden, schreibt der Völkerrechtler Matthias C. Kettemann. Fachartikel (irights.info).
Interview mit Konfliktforscher: „Hate Speech breitet sich immer mehr aus“
Verwechseln öffentlich-rechtliche Medien Hate Speech mit Kritik? Wird Hassrede aus dem linken Spektrum verschwiegen? Im Interview räumt Andreas Zick von der Uni Bielefeld mit derartigen Vorurteilen auf und berichtet von den Folgen für Betroffene: „Es gibt soziale, psychologische und gesundheitliche Folgen, insbesondere dann, wenn die Betroffenen verunsichert sind und keine Unterstützung erfahren. Die Forschung zeigt auch, dass einige Menschen anfangen, an sich zu zweifeln. Sie beginnen die Stereotype zu glauben, um die Bedrohung loszuwerden.“ (tagesschau.de)
Mobile Beratungsstelle in Nordrhein-Westfalen: Rechter Terror, der aus Sozialen Netzwerken ins Leben kommt
Patrick Fels erinnert sich an ein Paar, das sich auf Facebook positiv über die Aufnahme von Flüchtlingen geäußert hatte. „Plötzlich lag eine Traueranzeige vor ihrer Haustür. Die Einfahrt wurde beschmiert. Das Haus mit Eiern beworfen.“ Aber keine körperliche Gewalt, keine Straftaten. „Alles knapp unter der Schwelle, sodass die Polizei wenig tun konnte“, sagt Fels. Das Paar habe massiv gelitten. „Das ging bis hin zu Schlafstörungen und Angstzuständen.“ In der Mobilen Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus in Köln bekommt der Politikwissenschaftler viele solcher Geschichten zu hören. Vereine, Organisationen und Privatpersonen kontaktieren die Einrichtung bei Problemen (Welt).
Fake News
„BR Verifikation“ startet – Informationen gegen „Fake News“
Falschnachrichten? Gerüchte? Halbwahrheiten? Fake? Die will „BR Verifikation“ enttarnen. Und journalistisch gegenhalten. Heute startet eine zwei Köpfe starke BR-Einheit zur Enttarnung von Falschnachrichten. Ihre Aufgabe: Gerüchte, „Fake News“ und Propaganda im Internet und den Sozialen Medien aufzudecken. Und richtig zu stellen (Bayerischer Rundfunk)
Fakten für die Bubble: „Aluhut ab“
Die Historikerin Charlotte Jahnz widerlegt für ZDFinfo Verschwörungstheorien und falsche Darstellungen. Das Videoformat heißt „Aluhut ab“. Sie beschäftigt sich mit Thesen wie: Merkel ist Hitlers Nichte und die Bundesrepublik Deutschland kein souveräner Staat. Hillary Clinton leitet einen Pädophilenring. Und die Regierungen kontrollieren unsere Gedanken mithilfe von Chemtrails, also mit giftigen Kondensstreifen von Flugzeugen. In der virtuellen Welt sind Verschwörungstheorien und falsche Geschichtsfakten so verbreitet wie Nacktbilder. Was tun? Gegenhalten oder ignorieren? (taz).
Monitoring
Wie sich Europas Rechte vernetzen
Rechte Bewegungen, Politiker und Medien vernetzen sich online auch über Landesgrenzen hinweg. Das zeigt eine STANDARD-Analyse ihrer Facebook-Verbindungen (Der Standard, Süddeutsche Zeitung)
MEHR MENSCHENFEINDLICHKEIT AKTUELL, MAI 2017:
| Menschenfeindlichkeit Mai 2017: Antisemitismus| Menschenfeindlichkeit Mai 2017: Homo- und Transfeindlichkeit, Sexismus, Gender| Menschenfeindlichkeit Mai 2017: Internet, Social Media, Hate Speech| Menschenfeindlichkeit Mai 2017: Islamfeindlichkeit| Menschenfeindlichkeit Mai 2017: Rassismus und Feindlichkeit gegen Flüchtlinge| Menschenfeindlichkeit Mai 2017: Rechtspopulismus| Menschenfeindlichkeit Mai 2017: Rechtsextremismus
Überblick aller Berichte zu Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit aktuell