Im Januar 1971 gründete der Verleger die Deutsche Volksunion (DVU). Diese war anfangs nur ein Verein, der nicht zu Wahlen antrat. Frey wollte sowohl Mitglieder der bröckelnden NPD sammeln, als auch Brücken zum rechten Rand der Union schlagen. Misstrauisch beäugte die NPD die neue DVU, die ihr offensichtlich Kräfte entzog. Doch partiell arbeitete man zusammen. Gemeinsam riefen beide Organisationen im Frühjahr 1972 zu Demonstrationen gegen Brandts Ostverträge auf ? und leisteten sich hinter den Kulissen ein eifersüchtiges Gezerre darum, wer dort wann und wie lange reden dürfe.
Frey hat sich niemals auf die NPD festgelegt. Von Wahl zu Wahl entschied er neu, welche Partei sich zu unterstützen lohne. 1972 im Bund war es die Union, 1974 in Hessen und Bayern oder 1975 in Bremen dann wieder die NPD. Im folgenden Jahr versuchte Mußgnug, den Verleger enger an die Partei zu binden. Er bot ihm an, einer seiner Stellvertreter zu werden.
Vermutlich versprach er auch, Frey dürfe künftig die NPD-Zeitung herausgeben. Doch der Parteivorstand der NPD verweigerte sich, und auf dem Parteitag 1975 in Ketsch entbrannte eine heiße Redeschlacht. In einer achtstündigen Debatte meldeten sich fast ausschließlich Frey-Gegner zu Wort, hielten ihm seine Illoyalität vor und bezichtigten ihn des „Ämterkaufes“. Es wurden Gerüchte gestreut, er stehe im Sold des Verfassungsschutzes oder ? was man in der NPD wohl für noch schlimmer hielt ? habe jüdische Vorfahren.
Die jungen Radikalen, unter ihnen der JN-Chef und spätere Parteivorsitzende Günter Deckert, sahen in Frey einen rückwärtsgewandten Altrechten: Während die NPD im Laufe der siebziger Jahre begann, Ideen der Neuen Rechten zu übernehmen, vertrat die DVU ein vollkommen traditionelles, deutschnationales Programm. Bis heute personifiziert Frey den alten besitzbürgerlichen und sozialkonservativen Typus der extremen Rechten. Und kaum jemand pflegt noch einen so ungebrochenen Wehrmachtstraditionalismus wie der Münchner Verleger.
Frey fiel schließlich bei den Stellvertreterwahlen durch, nur sehr knapp gelang ihm überhaupt der Einzug in den Parteivorstand. Kurz darauf veröffentlichte seine Zeitung Briefe aus dem Nachlass eines hohen NPD-Funktionärs „mit nicht sehr schmeichelhaften Anmerkungen über von Thadden und andere Herren“. 1976 verließ Frey die Partei, der Flirt war vorerst beendet. Die DVU überflügelte die NPD bald, wurde mit 12.000 Mitgliedern die stärkste rechtsextremistische Organisation der Bundesrepublik.
Jahre später haben beide Seiten erneut kooperiert ? um bald wieder aufeinander einzuschlagen. 1987 trat die DVU in Bremen erstmals ? und von der NPD unterstützt ? zu einer Landtagswahl an. Mit einem Mandat gelang ihr der Einzug in die Bürgerschaft. Frey durfte im selben Jahr wieder auf dem NPD-Parteitag reden. Man einigte sich darauf, dass nur je eine der Parteien zur nächsten Europa- und Bundestagswahl antritt. Wie schon 13 Jahre zuvor rebellierte die Partei gegen Mußgnug, diesmal konnte er sich mit seiner Entscheidung für eine Kooperation auf einem Sonderparteitag knapp durchsetzen. Doch weder NPD noch DVU half dies über die Fünf-Prozent-Hürde, das Bündnis zerbrach wieder.
Wüst wurde seit diesen Jahren Gerhard Frey beschimpft. In einem Buch zum 35-jährigen Bestehen der NPD etwa nannte ihn der heutige Dresdener Fraktionschef Holger Apfel verächtlich einen „pseudonationalen Verleger“, von einem anderen Autor wird Frey im selben Buch vorgehalten, er vertrete einen „widerlichen Pro-Amerikanismus“ und sei ein „regelrechter Abzocker“, sein Motto laute: „An Deutschland verdienen anstatt Deutschland zu dienen.“
Der Text in dem opulent aufgemachten Jubiläumsband von 1999 endete mit den Worten: „Heute scheint die Gefahr, daß sich die NPD abermals mit Herrn Frey einläßt, gebannt zu sein. Nur fünf Jahre später versprechen sich NPD und DVU wieder ewige Treue, und Holger Apfel marschiert Seite an Seite mit Gerhard Frey an der Spitze der Demonstration zum 60. Jahrestag der Bombardierung Dresdens. Es gehört wenig prophetische Gabe zu der Vorhersage, dass die so genannte „Volksfront von rechts“ wieder zerbrechen wird, sobald einer der beiden Partner das Gefühl hat, er profitiere nicht mehr davon.
Auszug aus: Moderne Nazis. Die neue Rechte und der Aufstieg der NPD, Köln 2005
Nachdruck mit freundlicher Genehmigung von Kiepenheuer&Witsch