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Mangelt es an Zivilcourage gegen Rechtsextremismus?

Zivilcourage wird als staatsbürgerlicher Mut betrachtet, der sich nicht allein auf die konkrete Situation rechtsextremer Überfälle beschränkt, sondern sich in Widerspruch, Widerstand, Protest oder aktivem Engagement in Bürgerinitiativen erweist.

Die Zivilcourage wurde mit neun Aussagen erfasst. Sie sind in Tabelle 1 mit den Prozentsätzen für die Zustimmung und Ablehnung abgedruckt. Die Ergebnisse zeigen: Die oft geäußerte pauschale Unterstellung, Ostdeutsche seien weniger bereit, couragiert gegen Rechtsextremismus zu handeln als Westdeutsche, bestätigt sich nicht!

1. Wahrnehmung von Rechtsextremismus:
Eine überwältigende Mehrheit der Deutschen (83 %) haben schon häufig von rechtsextremen Vorfällen gehört. Über 92% finden es bedrohlich, wenn der Rechtsextremismus zunimmt! Allerdings: Ostdeutsche finden eine Zunahme von Rechtsextremismus überzufällig weniger bedrohlich als Westdeutsche dies tun.

2. Interpretation des Rechtsextremismus als Problem:
Trotz der enormen Wahrnehmung des Problems ist mehr als die Hälfte der Befragten der Ansicht, dass das Thema Rechtsextremismus in den Medien ?hochgekocht? wird (West: 53 %; Ost: 51 %), und weit über ein Drittel der Befragten stimmen der Ansicht zu, dass über den Rechtsextremismus viel zu viel geredet wird (West: 38,4 %; Ost: 40,6 %). Ost- und Westdeutsche unterscheiden sich hierbei statis-tisch nicht überzufällig.

3. Übernahme von Verantwortung:
Über die Hälfte der Befragten (West: 54,4 %; Ost: 54,2 %) weisen eine eigene Verantwortung zurück und sind der Meinung, Experten sollten sich mit dem Thema befassen.

4. Strategie des Eingreifens:
Mehr als ein Drittel der Befragten (West: 35,7 %; Ost: 39,2 %) sind der Ansicht, es sei am besten, die Rechten gar nicht zu beachten. Fast 30 Prozent drücken jedoch auch ihre Hilflosigkeit aus, sie wüssten nicht, was man gegen den Rechtsextremismus überhaupt tun sollte, wobei hier signifikant mehr westdeutsche Befragte zustimmen (West: 29,7 %; Ost: 25 %).

5. Handeln:
Über 90 % der Befragten in Ost und West stimmen zu, dass man dringend etwas gegen den Rechtsextremismus unternehmen müsse! Noch mehr als Westdeutsche plädieren Ostdeutsche für ein Eingreifen. Auch die eigene Handlungsbereitschaft ist hoch – in Ost und West (Gesamt: 80 %). Lediglich rund jeder fünfte Bundesbürger ist nicht bereit, selbst etwas gegen den Rechtsextremismus zu unternehmen (West: 18,1 %; Ost: 21,6 %).

Die pauschale Unterstellung, Ostdeutsche seien weniger bereit, couragiert gegen Rechtsex-tremismus zu handeln als Westdeutsche, bestätigt sich nicht. Allerdings erkennen ostdeutsche Befragte Rechtsextremismus etwas seltener als Bedrohung, was erklären könnte, dass später aktives Eingreifen eher ausbleibt.

Je jünger die Befragten und je stärker sie sich politisch links positionieren, desto eher sind sie zum Engagement gegen Rechtsextremismus bereit. Gerade junge, gut gebildeten Befragten aus den ostdeutschen Bundesländern zeigen die höchste Sensibilität für das Problem des Rechtsextremismus und sind mehr als alle anderen bereit, sich selbst dagegen einzusetzen.

Wie ist es um die Zivilcourage in Stadtteilen und Gemeinden bestellt, in denen die NPD über die Erst- oder die Zweitstimme einen Wahlerfolg von 5 Prozent und mehr der Stimmen bei der letzten Bundestagswahl erzielte? Geht es um die Wahrnehmung, Interpretation und Ver-antwortungsübernahme beim Rechtsextremismus, unterscheiden sich Befragte in diesen Regionen überraschend wenig von anderen.

Doch sind sie überzufällig eher der Ansicht, dass über den Rechtsextremismus ?viel zu viel geredet wird?, meinen eher, es sei strategisch am besten, ?die Rechten gar nicht zu beachten? und signalisieren seltener eigene Handlungsbereitschaft´. Zugleich sind sie jedoch stärker der Ansicht, gegen den Rechtsextremismus müsse gehandelt werden. Die eigene Zögerlichkeit scheint dabei weniger in der eigenen Angst vor den Rechten begründet ? das Gefühl der Bedrohung durch den Rechtsextremismus ist hier nicht größer als anderswo.

Zivilcourage sinkt, wo die NPD als normal wahrgenommen wird!

Befragte aus Regionen mit nennbarem Wahlerfolg rechter Parteien sind überzufällig eher der Ansicht, die NPD ist eine ?normale? Partei, wie jede andere (Zustimmung West: 12,3%, Ost: 16%). In diesen Regionen bröckelt das Tabu gegen die Rechten, und Gruppenbezogene Men-schenfeindlichkeit ist auch in der normalen Bevölkerung verbreiteter. Dies gilt, es sei noch einmal betont, nicht für ?den Osten? per se, sondern für Regionen, in denen rechtsextreme Parteien erfolgreich sind. Umso wichtiger ist es unserer Meinung nach, die schleichende Normalisierung der Menschenfeindlichkeit zu durchbrechen.

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