„Marx verkörpert wie kein anderer, was neu ist an der NPD“, urteilt die Tageszeitung ‚Die Welt‘ und bescheinigt ihm „taktisches Geschick und eine organisatorische Straffheit“. Der gebürtige Pfälzer ist nicht nur Multifunktionär mit zahlreichen Parteiämtern und Reisekader. Er ist vor allem eines: ‚Spin Doctor‘ seiner Partei. Als moderner PR-Netzwerker bemüht sich der Bundesvizechef und Generalsekretär der NPD verunglückte Statements, politische Fehltritte oder interne Querelen seiner Parteikameraden rechtzeitig aufzufangen und zurechtzurücken.
Unauffällig hat sich der 50-Jährige aus Saarbrücken an die Spitze seiner Partei geschoben. Laute Töne oder vollmundige Bekenntnisse verkündet Marx, der auch den Landesvorsitz in Rheinland-Pfalz innehat, in der Öffentlichkeit kaum. Nachdem die NPD 2006 in Fraktionsstärke in den mecklenburgvorpommerischen Landtag einzog, folgte Marx als Geschäftsführer und Pressesprecher. Bereits 2004 hatte er in der sächsischen NPD-Fraktion ? seit den 1960er Jahren die erste Fraktion der Partei in einem Landtag ? die Geschäftsführung inne. Aus dem Hintergrund bereitete der untersetzte Mann mit Haarkranz öffentliche Auftritte vor, die oft in strategische Überlegungen eingebettet schienen. Den NPD-Abgeordneten legte Marx Rhetorikkurse nahe und bereite die Materialien für die Plenarsitzungen vor. Zusätzlich versuchte Marx Intellektuelle aus der rechten Szene für die Parteiarbeit zu gewinnen. Seit 2006 baut er in Mecklenburg-Vorpommern erneut ein kommunikatives Netzwerk um die NPD-Fraktion auf.
Seine politische Karriere begann der 1956 in Elmstein-Speyerbrunn geborene Marx als 15-Jähriger bei den Jungen Nationaldemokraten. Sein Studium der Rechtswissenschaften beendete Marx ohne Abschluss, später arbeitete er als „freier Marketingberater“. Im NPD-nahen Nationaldemokratischen Hochschulbund (NHB) war er Bundesvorsitzender. Dessen Publikation NHB-Report erhielt unter seiner Führung in den 1980ern ein professionelles Illustrierten-Design. Erste Erfahrungen als Fraktionsgeschäftsführer der NPD sammelte Marx 1989 in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung. Später wechselte er in gleicher Funktion in den Darmstädter Kreistag. „Peter Marx war einer der Ersten, die begriffen haben, welches Potential für die Rechtsextremen in den neuen Bundesländern steckt“, konstatierte Michel Friedman. Marx, dieser „deutschnationale Überzeugungstäter“, wie ihn Die Zeit nennt, zog bereits 1989 nach Leipzig. Aus dem Kofferraum verteilte er Propagandamaterial bei den Montagsdemonstrationen. „Riesigen Absatz“ habe das gefunden, so Marx, der auch die NPD in Sachsen mitgründete.
Zu den dunklen Seiten in der Vita des NPD-Strippenziehers gehört eine Verurteilung wegen Wahltäuschung. Das Landgericht Darmstadt bestätigte 2001 ein Urteil des Amtsgerichts Michelstadt, nach dem Marx im hessischen Kommunalwahlkampf 1997 Unterstützer-Unterschriften für die NPD unter dubiosen Umständen gesammelt habe. Die Staatsanwaltschaft erklärte, Marx habe „vor allem ältere Menschen“ angesprochen und behauptet, es gehe um eine Unterschriften-Aktion gegen den weiteren Zuzug von Ausländern. Faktisch habe es sich aber um eine Wahlliste für die NPD gehandelt. Marx räumte den Fall später ein, bezeichnete die Vorwürfe aber als „haltlos“. Das Urteil wurde 2001 rechtskräftig, die Geldstrafe war mit 160 Tagessätzen so hoch, dass Marx als vorbestraft gilt.
Unter seiner Führung scheiterte die NPD im Saarland bei den Landtagswahlen 2004 mit vier Prozent nur knapp an der 5-Prozent-Hürde. Beim Bundesparteitag in Berlin im Herbst 2006 übernahm Marx den Posten des Generalsekretärs. Trotz seines Parteivorsitzes in Rheinland-Pfalz liegt der Tätigkeitsschwerpunkt seit dem Wahlerfolg in Mecklenburg-Vorpommern. Marx überlässt nur ungern etwas dem Zufall. Akribisch verfolgt er jede Landtagsdebatte. Im ‚System Marx‘ werden die Abgeordneten um Udo Pastörs inhaltlich vorbereitet und geschult. Ein kurzer Blick der Abgeordneten im Plenarsaal nach hinten, dorthin, wo Marx sitzt und kurz mit den Kopf nickt oder schüttelt, offenbart das Zusammenspiel.
Nicht jeder Coup verläuft aber wie erhofft. In der Deutschen Stimme rief Marx 2007 „zum Jahr des volkstreuen Globalisierungs-Widerstands“ aus. Den G8-Gipfel wollte die NPD für sich nutzen, um sich als „einzige authentische Anti-Globalisierungspartei“ zu gerieren. Kleinere Aktionen liefen. Am geplanten zentralen Aktionstag, dem 2. Juni 2007, unterband ein Verbot allerdings eine größere Kundgebung. „Auf die Straße!“ verkündete Marx daraufhin. Rund 1500 Neonazis in mehreren Städten folgten seiner Parole. Die Aktionen deutete er dann auch als Erfolg.
Marx‘ Macht ist nicht unumstritten. Immer wieder gerät der vierfache Familienvater und bekennende Katholik in die Kritik. Im Herbst 2005 warf ihm der Völklinger NPD Stadtradt Ottmar Best vor, Marx habe „Kameraden dem Verfassungsschutz zugeführt“. Marx selbst bezeichnete die Vorwürfe er sei „Zuhälter“ des Verfassungsschutzes als „absurd“. Im internen Streit um die Abwahl der Hamburger NPD-Landesvorsitzenden Anja Zysk kam es im Januar 2007 zu Anfeindungen mit antisemitischen Untertönen gegen Marx. Das neonazistische Störtebeker-Netz verpasste ihm den Zusatznamen „Peter Jacob Marx“ ? ‚Jacob‘ gilt laut alttestamentarischem Verständnis als dritter Stammvater Israels.
Beliebt scheint Marx in der ’nationalen Bewegung‘ wenig zu sein. Doch seine Bemühungen, die Partei zu professionalisieren und zu intellektualisieren, werden geschätzt.
Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch 88 Fragen und Antworten zur NPD von Fabian Virchow und Christian Dornbusch (Hrsg.) (Schwalbach 2008)
Wir bedanken uns beim Wochenschau-Verlag für die freundliche Genehmigung.