Die Zahl der Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und die Zahl der rechtsextremen Straftaten explodiert
In Deutschland kommt es nach Angaben von Bundesinnenminister Thomas de Maizière zunehmend zu Gewalttaten gegen Flüchtlinge. „Wir haben einen massiven Anstieg fremdenfeindlicher Übergriffe auf Asylbewerber“, sagte der Minister den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Insgesamt gab es in diesem Jahr bereits mehr als 490 Straftaten gegen Asylbewerberunterkünfte.“ Zwei Drittel der Tatverdächtigen seien „Bürger aus der Region, die sich bisher nichts zu Schulden kommen ließen“, berichtete de Maizière. Dieser Zuwachs an Menschen, die Gewalt anwenden, sei besorgniserregend (mdr). Ja. Zugleich steigt auch die Zahl rechter Straftaten in Deutschland rasant an. Allein im August waren es 1.450 – das sind 300 mehr als im Vormonat. Brennende Asylbewerberheime, rechte Parolen an Flüchtlingsunterkünften, verprügelte Schutzsuchende: All dies ist inzwischen in Deutschland wieder alltäglich. Die Zahl rechter Straftaten in Deutschland hat erneut zugenommen. Die Polizei hat allein im August gut 1450 solcher Delikte festgestellt – das sind fast 50 pro Tag. Diese Angaben veröffentlichte das Innenministerium am Dienstag auf Anfrage von Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau von der Linken. Mehr als 600 der Straftaten hatten demnach einen fremdenfeindlichen Hintergrund, 100 waren Gewaltdelikte. Damit sei der bisherige Jahreshöchstwert von knapp 1150 rechts motivierten Straftaten im Juli überschritten (Spiegel Online).
Bisherige Brandanschläge auf Flüchtlingsheime – und ihre Täter
Dazu passt: Seit Beginn des Jahres hat es dutzende Brandanschläge auf Asylbewerber- und Flüchtlingsheime gegeben. Nicht immer wurden die Täter ermittelt. Vereinzelt gab es aber auch Festnahmen und sogar Geständnisse. Eine Liste über Täter und ihre Motive.(InSuedThueringen.de, tagessschau.de)
Angriffe auf Flüchtlinge: „Rassistische Gewalt ist Terror“
SPIEGEL ONLINE: Herr Professor Zick, ständig greifen irgendwo in Deutschland Rassisten Asylunterkünfte an. Politiker, die sich für Flüchtlinge einsetzen, werden bedroht oder, wie in Köln, attackiert. Woher kommt all der Hass?Zick: Er ist das Ergebnis einer Normenverschiebung. Aus unseren Studien wissen wir, dass zum Teil fast die Hälfte der Deutschen menschenfeindliche Ansichten teilt. Sinti und Roma werden als Zigeuner beschimpft, Flüchtlinge als Schmarotzer diffamiert. Auch von Angehörigen der Mittel- und Oberschicht. Offensichtlich haben sich weite Teile von Populisten mitnehmen lassen, und die Propaganda „Jetzt dürfen wir das mal sagen“ hat gewirkt.Spiegel (vgl. noch eine Analyse im Spiegel).
Politiker-Fehldebatten:
Bundesinnenminster Thomas De Maizière fordert bei der Beratung über die neu Asylgesetzgebung, von den Flüchtlingen – parallel zur „Willkommenskultur“ – wiederum eine „Anerkennungskultur einzufordern“. Sie müssten die deutsche Rechts- und Werteordnung einhalten, ihren richtigen Namen und ihr Herkunftsland nennen. Zudem gehöre es dazu, dass „man sich nicht prügelt, dass man Geduld hat und andere Menschen akzeptiert unabhängig von Religion und Geschlecht“. Er betonte zudem, man müsse „diejenigen in die Schranken weisen, die unser Land radikalisieren wollen“. Die Flüchtlinge hätten wiederum das Recht, hier „friedlich, respektvoll und menschenwürdig“ behandelt zu werden, sagte der Innenminister im Hinblick auf rechtsextreme Übergriffe vor Flüchtlingsheimen. Für die Schutzbedürftigen, die hier im Land blieben, forderte de Maizière ein, dass sie nicht nur geduldet, sondern „voll angenommen“ werden sollten. Und wofür sollen die Geflüchteten so dankbar sein? Der neue Gesetzentwurf sieht Verschärfungen und Leistungskürzungen im Asylrecht vor – unter anderem die Wiedereinführung von Gutscheinen statt Geld. Außerdem sind nun alle Balkanstaaten sichere Herkunftsländer – entgegen des Wissens, dass das für Bevölkerungsgruppen wie Roma oder Homosexuelle schlicht falsch ist (Süddeutsche Zeitu?ng, vgl. RNZ). Die Landesminister widersprechen übrigens: Die Geflüchteten seien doch bereits dankbar, nicht anspruchsvoll (FAZ).Bayerns Finanzminister Markus Söder braucht Nachhilfe in Demokratie: Er fordert die Begrenzung der Zuwanderung und gesicherte Grenzen – okay, will aber auch das ganze Grundrecht auf Asyl infrage stellen. Das wiederum ist verfassungsfeindlich. (Die ZEIT, Weser-Kurier)Wie viele Flüchtlinge werden ihre Angehörigen nachholen? Die Politik streitet über den Familiennachzug. Doch Warnungen vor angeblichen Nachzügler-Massen sind unseriös und gefährlich (Spiegel Online)CSU-Ortsvorsitzende aus Zorneding hetzt gegen Flüchtlinge: Die Ortsvorsitzende der Zornedinger CSU, Sylvia Boher, stuft Flüchtlinge als Menschen zweiter Klasse ein. Boher stuft die ankommenden Flüchtlinge pauschal als Menschen zweiter Klasse ein und verwehrt ihnen staatliche Hilfe, die – so Bohers Argumentation – auch die Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg nicht erhalten haben. Sie wirft der Politik auch vor, deutsche Staatsbürger blieben auf der Strecke. Argumente dafür liefert sie allerdings keine. Dafür verwendet sie eine beliebte rechtspopulistische Sprachvolte: Boher schreibt an den Anfang ihres Pamphlets, dass sie nur anmerkt und keine eigene Meinung äußert. Ist so jemand tragbar für eine „christliche“ und „soziale“ Partei? (Sueddeutsche.de) (Die Antwort kam übrigens im November: Nein. Bohrer musst von ihrem Amt zurücktreten).
Schlimmste staatsanwaltschaftliche Fehlinterpretation: Die Täter des Brandanschlages von Altena sind nicht rechtsradikal. Die haben sich nur über Flüchtlinge geärgert.
Es war ein seltener Ermittlungserfolg: Vier Tage nachdem in der Flüchtlingsunterkunft in Altena (Nordrhein-Westfalen) Feuer gelegt wurde, nahm die Polizei Tatverdächtige fest: Zwei Männer aus dem Ort, 23 und 25 Jahre alt, der Ältere ein Feuerwehrmann, weshalb die Täter auch vor der Tat fachgerecht noch die Stromleitung des Brandmelder zerschnitten, damit nur nicht zu schnell gelöscht würde. Beim Löschen war der Feuerwehrmann übrigens wieder dabei. Beide Verdächtigen gestanden die Tat. Die Staatsanwaltschaft sprach dann allerdings von keinem politischen Motiv, es sei „Verärgerung über den Einzug von Flüchtlingen in das Wohnobjekt“ gewesen. Was das anderes ist als Rassismus, konnte die Staatsanwaltschaft aber auch nicht sinnvoll erklären (TAZ).
Bedrohung von Flüchtlingshelfer_innen:
17. Oktober 2015: Attentat auf Kölner OB-Kandidatin Henriette RekerFrank S. stach am 17. Oktober die parteilose Kölner Sozialdezernentin und OB-Kandidatin Henriette Reker auf einer Wahlkampfveranstaltung nieder und verletzte weitere Menschen schwer. Der Täter verletzte die 58-Jährige Reker an einen ihrer letzten Wahlkampftermine, einem gemeinsamen Infostand von CDU, FDP und Grünen, mit mehreren Stichen im Halsbereich. Er führte zwei Messer mit sich. Reker wurde an der Luftröhre verletzt und musste operiert werden, es gab jedoch keine arteriellen Verletzungen. Zu seinen Motiven hat Frank S. bereits Stellung bezogen. In seiner Vernehmung im Polizeipräsidium Köln gab er an, OB-Kandidatin Henriette Reker „gezielt angegriffen“ zu haben. Er macht sie für die Flüchtlingspolitik der Stadt Köln verantwortlich. Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn sagte dem WDR, der Täter habe gestanden, dasss „die aktuelle Ausländerpolitik und insbesondere das Vorgehen im Zusammenhang mit Flüchtlingen“ ihn zu der Tat motiviert hätte. Dies passt auch zur Aussage des Kölner Kripo-Chef Wagners: „Der Mann hat gestanden, aus fremdenfeindlichen Motiven gehandelt zu haben“. Laut der Kölnischen Rundschau soll der der 44-jährige Täter vor der Tat geschrien haben: „Ich bin der Messias. Ich tue es für euch alle.“ Auch, dass er es wegen der Flüchtlingspolitik handele und von „Flüchtlingsschwemme“ soll er gesprochen haben (netz-gegen-nazis.de, Tagesschau.de, II, ?Tagesspiegel, vgl. Weser-Kurier, Spiegel Online, Ruhrnachrichten, n-tv, Report-K.de, Rheinische Post, Kölner Stadtanzeiger, n-tv)Staatsschutz prüft Maßnahmen: Neonazis listen Flüchtlingshelfer im Netz aufDutzende Müritzer finden ihren Namen auf der Facebook-Seite einer rechtsextremen Warener Gruppe wieder. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie wollen helfen. Eine rechtsextremistische Gruppe aus Waren hat auf ihrer Facebook-Seite eine Liste veröffentlicht, auf der Namen von Politikern, privat Engagierten, Vereinen, Pastoren und einer ganzen Schule stehen – und damit Leute, die sich für Flüchtlinge engagieren. Die Neonazis rufen auch dazu auf, Informationen über die Genannten an sie weiterzuleiten. Polizei und Staatsschutz prüfen nun, ob die Seitenbetreiber rechtlich belangt werden können (Nordkurier)Flüchtlingshilfe: THW beklagt rechte Pöbeleien gegen Mitarbeiter: „Wir kriegen euch noch“: Jeden Tag arbeiten die Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks (THW) daran, die Situation von Flüchtlingen in Deutschland zu verbessern. Der Chef der Katastrophenschützer berichtet von Anfeindungen von Rechten (Spiegel)Rechte Hetze gegen Flüchtlingshelfer: Hass bis an die Haustür: Die Engagierten der Initiative „Moabit hilft“ unterstützen Flüchtlinge – und werden deswegen von Neonazis bedroht (taz)
Strategie: Lügen über Flüchtling
Im Internet verbreiten sich Lügen über die angebliche Gewalt oder Gefährlichkeit von Geflüchteten in rasender Geschwindigkeit. Und sobald eine Erfindung oft genug geteilt wird, erhält sie den Anschein einer Wahrheit. Aktuell gibt es eine Unzahl von Gerüchten über Diebstähle, Vergewaltigungen oder Tierquälerei- sie haben gemeinsam, dass sie in der Regel nicht wahr sind. Hier einige der Bericht zum Thema aus dem Oktober (vgl. auch GMF Internet).
Fakten-Check Flüchtlinge: Keine Angst vorm schwarzen Mann: Gewalt und Diebstähle – davor haben viele Menschen Angst, die rund um Flüchtlingsunterkünfte wohnen. Aber sind diese Ängste auch begründet? Zahlen und Erfahrungen sprechen dagegen. Hier unser Fakten-Check Flüchtlinge aus Fürstenfeldbruck (BR).Wie Rechte gezielt Flüchtlinge verunglimpfen: Die Flüchtlinge in Deutschland klauen, vergewaltigen und schlachten Pferde – das behaupten Menschen bei Facebook und in anderen Internetforen. Aber stimmen die Vorwürfe auch? (N-TV)Gerüchte über Asylbewerber halten sich hartnäckig – obwohl sie jeder Grundlage entbehren: Viele Geschichten über Straftaten von Flüchtlingen entwickeln bedenkliches Eigenleben − Ermittlungen wegen übler Nachrede. Für Markus Ströhmann waren die Gerüchte nicht mehr auszuhalten. In Sulzfeld bei Eppingen bekam der Leiter eines Rewe-Markts immer wieder zu hören, Flüchtlinge würden in seinem Supermarkt stehlen. Bei einer Bürgersprechstunde im Gemeinderat stellte er vor zwei Wochen klar: „Es gibt keine Diebstähle.“ Trotzdem hielt sich das Gerücht sehr lange. Denn sie werden auch von rassistischen Menschen gezielt gestreut, um ihren Hass weiter zu verbreiten (Heilbronner Stimme).
Mob-Bildung
Aktuell tendiert der #BesorgtBürger zur Mob-Bildung: Um etwa Zufahrten zu Flüchtlingsunterkünften zu blockieren oder um Willkommensfeste zu stören. Verabredet werden die unangemeldeten Mobs im Internet. Aber ist das spontaner Bürger_innen-Unmut? Es gibt Verdachtsmomente, dass rechtsextreme Parteien wie die NPD, „Die Rechte“ oder „Der III. Weg“ recht viel damit zu tun haben, auch wenn das nicht allen Beteiligten klar ist. Einige Beispiele aus dem Oktober:
Gewaltexzesse vor Flüchtlingsunterkünften in Dresden und Chemnitz: Übergriffe auch auf Helfer, Polizisten und Kirchengemeinden / Polizei nimmt mehrere Tatverdächtige fest / Rechtsextremisten und Hooligans unter Randalierern: Die Gewaltexzesse vor Flüchtlingsheimen in Sachsen reißen nicht ab. Auch in der Nacht zum Samstag kam es in Chemnitz und Dresden zu Zwischenfällen. Bei einer Demons tration am Samstagabend in Schneeberg blieb es laut Polizei dagegen friedlich. Am Freitagabend hatten etwa 20 Rechtsextreme an einer neuen Unterkunft für Asylsuchende in Chemnitz fünf Sympathisanten der Flüchtlinge angegriffen und zwei von ihnen leicht verletzt. Einer von ihnen kam zur Untersuchung in ein Krankenhaus. Nach Angaben der Polizei wurde später auch das Gebäude einer Kirchengemeinde attackiert, die Flüchtlinge aufgenommen hatte. Die Täter warfen mehrere Scheiben ein, eine Frau im Inneren des Hauses erlitt dabei Verletzungen. Die Polizei nahm einen 34 Jahre alten Mann in Gewahrsam. Parallel zu den Ausschreitungen in Chemnitz eskalierte am Freitagabend die Situation in den Dresdner Stadtteilen Prohlis und Südvorstadt. In Prohlis sollen Flüchtlinge demnächst in einer Schule unterkommen. Dagegen laufen Rechte und Anwohner seit Tagen Sturm. Am Freitagabend störten zunächst etwa 30 bis 40 Personen ein Willkommensfest, das Helfer für Flüchtlinge organisiert hatten, weil deren Ankunft ursprünglich schon früher erwartet wurde. Am Abend wurden dann laut Polizei Beamte und Einsatzfahrzeuge mit Flaschen beworfen. Die Randalierer zündeten zudem Pyrotechnik. Die Polizei nahm vier Tatverdächtige vorläufig fest. Gegen drei von ihnen wird wegen Landfriedensbruch ermittelt, gegen einen wegen Körperverletzung. In der Dresdner Südvorstadt, wo Flüchtlinge in Großzelten leben, warf nach einem Fußballspiel ein Mob von etwa 20 Personen Pyrotechnik auf die Unterkünfte. Menschen wurden nicht verletzt, die Täter wuren gestellt. Eine weitere Gruppe von offenkundigen Hooligans konnte die Polizei vor den Zelten noch abhalten. Aus dieser Menge heraus wurden Beamte in einem zivilen Einsatzfahrzeug attackiert. Die Männer traten gegen des Auto und schlugen eine Scheibe ein, die Polizisten blieben unverletzt (Lausitzer Rundschau)Brauner Flashmob: Sächsische Verhältnisse in Brandenburg: In Cottbus rotten sich 400 Anwohner und Neonazis vor einem Flüchtlingsheim zusammen. Der aufgebrachte Mob überrennt die Polizei, die kann nur mit Mühe einen Gewaltausbruch gegen die Flüchtlinge verhindern. Es ist eine neue Taktik. 400 Menschen, darunter zahlreiche Neonazis, zogen am Freitagabend im Cottbuser Stadtteil Sachsendorf gemeinsam vor eine Turnhalle, die als Notunterkunft für 120 Flüchtlinge dient. Besonders perfide an dem Aufmarsch am Freitagabend: Er richtete sich gegen ein Willkommensfest für die rund 120 Flüchtlinge (PNN, Die Welt)Herrschaft des Mob: Dunkles Deutschland“: Eine RBB-Reportage hinterfragt die Front der Fremdenfeinde und entdeckt dabei Erstaunliches, in fast allen Bundesländern (Tagesspiegel)Illegale Spontanaufmärsche – Neue NPD-Taktik? Es sollte ein friedliches Willkommensfest für die Flüchtlinge in Sachsendorf werden. Doch dann formierten sich in dem brandenburgischen Örtchen plötzlich 400 grölende Bürger, die Hass spuckend und Bier spritzend Angst und Schrecken verbreiteten. Was viele nicht wussten: Sie waren einem Facebook-Aufruf der NPD gefolgt. Die Folge: Immer mehr spontane Hass-Demos. Die neue Taktik der NPD ist eindeutig: Statt Demonstrationen wie früher anzumelden, sollen jetzt spontane Hass-Demos für Unruhen sorgen. Im beschaulichen Sachsendorf hat dies am vergangenen Freitagabend bereits gut geklappt (Berliner Kurier).Mob greift Flüchtling (20) in Berlin-Moabi?t a?n: Klinik! (B.Z., vgl. Sichtplatz.de) 30 Neonazis versuchen, Flüchtlingunterkunft in Mockau zu blockieren (LVZ)200 „Asylgegner“ demonstrieren in Kretzschau nach NPD-Aufruf am Ankunftstag der ersten Flüchtlinge (mz-web)Bei Facebook zum Mob aufzurufen, wird übrigens teuer: Der kriminalpolizeiliche Staatsschutz hat nach intensiven und umfangreichen Ermittlungen den Urheber des Facebook-Aufrufes bekannt gemacht. Es handelt sich dabei um einen 36-jährigen Cottbuser. Ungeachtet der weiterführenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zur strafrechtlichen Relevanz des Aufrufes und seiner rechtlichen Folgen erwägt die Polizeidirektion Süd gegen den Mann zivilrechtliche Schritte. Sein Facebook-Aufruf sorgte am Freitag für eine unangemeldete Versammlung und einen damit verbundenen Polizeieinsatz. Die mit dem Einsatz entstandenen Kosten wird die Polizei dem Mann in Rechnung stellen. Der Mann hätte bei der zuständigen Versammlungsbehörde problem- und kostenlos eine Versammlung anmelden können (Niederlausitz-aktuell.de, vgl. PNN)
Wieviel NPD steckt in den „Anti-Asyl-Protesten“?
Schneeberg: Hinter geplantem Asyl-Protest in Schneeberg steckt NPD-Politiker:Hunderte Menschen sollen am Samstagabend durch die Stadt marschieren. Weil parallel eine weitere Großveranstaltung stattfindet, müssen Anwohner mit Sperrungen rechnen. Der geplante Protestzug in Schneeberg wirft seine Schatten voraus. Bei Polizei, Rathaus und Landratsamt laufen die Vorbereitungen bereits auf Hochtouren. Bis zu 1000 Menschen könnten am Samstagabend durch die Stadt marschieren. Unter der Parole „Tradition statt Invasion“ ist zunächst eine Kundgebung auf dem Marktplatz geplant; später wollen die Teilnehmer eine Route durch das Zentrum laufen. Beginn der Veranstaltung ist 18 Uhr. Das rechtsgerichtete Bündnis Freigeist hatte vor zwei Wochen im sozialen Netzwerk Facebook zu dem Protest aufgerufen. Nach Recherchen der „Freien Presse“ steckt der NPD-Politiker Stefan Hartung hinter der Kundgebung. Das will das Landratsamt als Versammlungsbehörde weder bestätigen noch dementieren. Hartung selbst erklärt, er habe die Demonstration als Privatmann angemeldet. „Es ist keine NPD-Demo, sondern ein Volksaufstand.“ (Freie Presse)
Demonstrationen
Inzwischen gibt es rund um jedes Wochenende flüchtlingsfeindliche Demonstrationen in Deutschland. Die von „Pegida“ und der AfD haben wir im Bereich „GMF Rechtspopulismus“ aufgelistet. Die zahlreichen weiteren von lokalen „Nein zum Heim“- oder „XY wehrt sich“-Gruppen sind leider zu vielfältig, um sie hier alle zu erfassen. Wir verweisen auf die Dokumentation von „Aktion Schutzschild“ der Amadeu Antonio Stiftung.
Rechtsextreme Bürgerwehren
Auch so lässt sich Angst schüren: Neonazis und Flüchtlingsfeinde gründen derzeit gern Bürgerwehren – auch wenn die „Gefahr“, vor der die schützen soll, oft nur erfunden ist – und vielmehr von den Gruppen selbst ausgeht. Artikel zum Thema:
Bürgerwehr gegen Flüchtlinge: Neonazis spielen Blockwarte: In Schwanewede patroullieren Bürger durch den Ort, um Flüchtlinge abzuschrecken. Angeführt werden sie vom Sänger einer Neonazi-Band (taz, Blick nach rechts)
Weitere Themen:
Blickpunkt Flüchtlinge: Was Kommunen tun können, um Ängsten und Hass zu begegnen
Rechtsextreme versuchen, Vorbehalte gegen Flüchtlinge für sich zu nutzen. Die Amadeu-Antonio-Stiftung und die Friedrich-Ebert-Stiftung beraten Kommunen, die dagegen etwas unternehmen wollen. An einem Freitagmittag reicht es Erich Pipa, der Landrat des hessischen Main-Kinzig-Kreises geht an die Öffentlichkeit. In einer Pressekonferenz präsentiert der Sozialdemokrat die Drohbriefe, die ihn erreichen. Am kommenden Sonntag, schreiben die anonymen Briefschreiber, könne man bei einem Fahrradfest „jemanden in der Besucherschar platzieren, der Dich aus dem Weg räumt.“ Der Hintergrund: Pipa hatte sich für die Aufnahme weiterer Flüchtlinge im Landkreis eingesetzt. Dieser Schritt an die Öffentlichkeit war richtig, meint Natalie Ofori: „Nur wenn Transparenz geschaffen wird, kann man Widerstand organisieren.“ Ofori und Miriam Camara koordinieren das Projekt „Aktion Schutzschild“ der Amadeu-Antonio-Stiftung – eine Fachstelle, die Kommunen und Initiativen berät, wie sie Übergriffe auf Flüchtlinge verhindern können. Jede Kommune muss ihren eigenen Weg finden, wissen sie. Doch einige Grundregeln geben sie allen mit auf den Weg. Eine lautet: Gegen Hetze von Rechts sollte man eine breite Gegenbewegung mobilisieren (Demo-online.de)
Sexuelle Gewalt in Flüchtlingsheimen: „Besonders gefährdet sind alleinstehende Mütter“Es gibt ein Problem mit sexueller Gewalt in Flüchtlingsheimen, sagt der Kindesmissbrauchsbeauftragte der Bundesregierung. Jetzt fordert Johannes-Wilhelm Rörig schnelles Handeln – und macht ein paar Vorschläge.Spiegel Online
Rassismus
Europarat besorgt über Zunahme von Rassismus in DeutschlandDer Europarat hat sich besorgt über „eindeutige Anzeichen“ für eine Zunahme von Rassismus und Intoleranz in Deutschland geäußert. Diese Tendenz spiegele sich in der gestiegenen Zahl von Angriffen auf Einrichtungen für Asylbewerber wider, erklärte der Menschenrechtskommissar des Europarats, Nils Muiznieks, in einem am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Bericht.Zeit
Brutaler Nazi-Übergriff in Ebersberg gegen Döner-Imbiss-Betreiber
Acht Neonazis zertrümmern beim Döner-Imbiss in Ebersberg bei München mit Hämmern und einem Baseballschläger erst die Scheibe, dann schlagen sie auf Menschen und Mobiliar ein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung und Bildung einer bewaffneten Gruppe. Laut Polizeisprecher Kammerer waren einige der insgesamt acht Angreifer der Polizei bereits bekannt, allerdings nicht mit ausländerfeindlichem oder rechtsradikalem Hintergrund. Bei dem rassistisch motivierten Überfall wurden in der Nacht auf Samstag, den 26.09.15, zwei Menschen zum Teil schwer verletzt. Nach Angaben der Polizei hatten zunächst nur zwei Täter am Bahnhofsplatz in Ebersberg gezielt Ausländer beschimpft und herumgeschubst. Der Besitzer eines Dönerstandes und ein Mitarbeiter konnten die Lage beruhigen. Als die Polizei eintraf, waren Täter und Opfer verschwunden. Rund eine halbe Stunde später kehrte dann eine ganze Gruppe von Neonazis zurück – bewaffnet mit Hämmern und einer Holzstange. Die Rechtsradikalen riefen ausländerfeindliche Parolen, zerschlugen die Eingangstür des Dönergeschäfts sowie eine Vitrine und gingen auf die Betreiber los. Dabei wurden zwei junge Afghanen verletzt. Einer von ihnen erlitt Schnittwunden an der Hand, konnte am Wochenende aber wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden. Das zweite Opfer ist schwer verletzt und befindet sich noch in ärztlicher Behandlung. Die Polizei ermittelte acht Tatverdächtige im Alter zwischen 19 und 34 Jahren, unter ihnen eine Frau. Bekannt wurde der Übergriff erst im Oktober (Bayerischer Rundfunk, Hintergrund zu Neonazis im Münchner Umland: Süddeutsche Zeitung). Nach dem Übergriff gab es im Ort große Solidaritätsbekundungen. Bei einer Kundgebung in Ebersberg zeigen rund 500 Demonstranten, dass in diesem Landkreis kein Platz für Rassismus und Fremdenhass ist. „Keiner kann mich rausschmeißen aus meinem Laden, aus Ebersberg.“ Das sagte Mohammed Gharibyar, dessen Dönerladen in Ebersberg von Neonazis überfallen worden war, bei einer Solidaritätskundgebung im Ebersberger Klosterbauhof, an der rund 500 Ebersberger teilnahmen. Ein überparteiliches Bündnis um die Organisatorin Doris Rauscher (SPD) hatte am Samstag dazu eingeladen. Der 41-jährige Afghane Gharibyar dankte den Demonstranten für ihre Solidarität (Merkur.de).
Perlach: Auto einer türkischen Familie mit Hakenkreuz beschmiert – Polizei: kein rechtsextremer Hintergrund
Das Auto einer türkischen Familie wird in Perlach mit einem Hakenkreuz beschmiert – für einen politisch rechts motivierten Hintergrund will die Polizei aber zunächst keine Anhaltspunkte haben. Stattdessen wurde die Familie belehrt: Sie solle das Hakenkreuz lieber schnell entfernen lassen und damit nicht längere Zeit durch die Stadt zu fahren: Sonst verstoße sie gegen das Verbot der Verwendung eines verfassungsfeindlichen Symbols. Nachdem dieser unsensible Umgang zu Unruhe in Sozialen Netzwerken geführt hatte, stellte die Polizei allerdings klar, dass sie durchaus auch in Richtung Neonazis ermittle (Süddeutsche)
Deutungshoheit und (Willkommens)Kultur: Warum eine Rassismus-Debatte unmöglich istDie aktuelle Flüchtlingssituation zeigt eindrucksvoll: nachhaltige Bekämpfung von Rassismus kann nur gelingen, wenn privilegierte Gruppen sich von ihrem bisherigen Monopol auf Deutungshoheit verabschieden.Migazin
Aber wir müssen über Rassismus redenAuch wer es gut meint, kann das Falsche tun. Wie Deutschland auf Fremdheit reagiert, offenbart ein tiefliegendes Problem: den Rassismus in den Köpfen. Leider reicht es nicht, kein Rassist sein zu wollen, um nicht rassistisch zu handeln. Und leider reicht es erst recht nicht, Rassismus zu ignorieren, um ihn verschwinden zu lassen. Wir haben ein Problem. Und welches Problem lässt sich schon lösen, indem man sich nicht damit beschäftigt. Die ZEIT
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