Zahlen 2015
Kriminalstatistik 2015 belegt massiven Anstieg rassistischer Straftaten
Am 23. Mai 2016 stellt Bundesinnenminister Thomas de Maizière die bundesweite Kriminalstatistik für 2015 vor. Darin:
Die Zahl der politisch motivierten Straftaten stieg insgesamt um 19,2 Prozent, die politisch motivierten Gewalttaten um 30,7 Prozent.Vor allem die Taten linker und rechter Täter steigen, „Ausländerkriminalität“ geht zurück.Um fast 35 Prozent steigt die Zahl der Delikte rechter Straftäter im Vergleich zu 2014: auf insgesamt 22.960. Linke Straftaten nehmen um gut 18 Prozent auf insgesamt 9.605 zu.Anstieg rechter Gewalttaten um 44 Prozent im Vergleich zu 2014 auf 1.485 Fälle – ein trauriger Rekordwert.Die Zahl rechter Straftaten gegen Aufnahmeeinrichtungen für Geflüchtete stieg um 427 Prozent (!)Die Zahl der Gewalttaten gegen Unterkünfte für Geflüchtete stieg um 580 Prozent (!!)1.031 Straftaten gegen Asylunterkünfte, darunter 94 Brandstiftungen, vier versuchte Tötungs- und acht Sprengstoffdelikte – ein drastischer Anstieg. Zum Vergleich: 2014 gab es 199 Straftaten und 6 Brandanschläge.Die Aufklärungsquote bei Angriffen auf Asylunterkünfte liegt bei gerade mal 26 Prozent.90 Prozent der ermittelten Täter bei den Gewalttaten gegen Unterkünfte sind männlich, 75 Prozent zwischen 18 und 30 Jahren alt, fast alle leben in der Nähe der Tatorte, 44 Prozent waren vorher unauffällig.Die Zahl der (polizeilich erfassten) Hasskommentare im Netz steigt um 176 Prozent auf 3.084 Straftaten.Die Kriminalstatistik ist hier beim Bundesinnenministerium einsehbar: http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/2016/pks-2015.html
Zahlen 2016
Zahl der Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte 2016 verdreifacht
Im ersten Quartal 2016 gab es 347 Attacken auf Flüchtlingsunterkünfte bundesweit – dreimal so viel wie von Januar bis März 2015; das Zehnfache der Angriffe im gleichen Zeitraum 2014.Die meisten Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte, insgesamt 92, wurden im ersten Quartal in Nordrhein-Westfalen verübt. Es folgen Bayern mit 45 Delikten, Niedersachsen (40), Sachsen (39), Baden-Württemberg (33), Brandenburg und Sachsen-Anhalt (je 19), Mecklenburg-Vorpommern (14), Hessen (12), Berlin (8), Thüringen und Rheinland-Pfalz (je 7), Schleswig-Holstein (6), das Saarland (4) sowie Hamburg und Bremen mit je einer Straftat. Im Osten ist das sächsische Freital mit zehn Angriffen besonders belastet, im Westen ist es Köln mit sechs.Davon sind 130 Straftaten Sachbeschädigungen, 38 Brandstiftungen, 23 Körperverletzungen, 2 Mordversuche, 1 versuchter Totschlag, 1 Sprengstoffexplosion, 82 x Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (Hitlergruß, Hakenkreuzschmiererei etc.), 22 Volksverhetzungen, außerdem Propaganda-Delikte.
Quelle: Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine kleine Anfrage von Ulla Jelpke.
vgl. Tagesspiegel
Der Spiegel berichtet von 45 Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte unter Berufung auf den Chef des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch.Laut Münch steige auch „die Qualität der Gewalt“.Die Täter seien überwiegend männlich.Fast 80 Prozent kämen aus dem Ort, an dem auch die Straftat verübt wurde.Aktuell gebe es keine Erkenntnisse zu überregionalen rechtsextremistischen Strukturen, die gezielt Anschläge auf Flüchtlinge organisieren.Besorgt ist er über die steigende verbale Gewalt im Internet: „Die Zahl der Delikte, die wir hier im Jahr 2015 registriert haben, hat sich innerhalb eines Jahres verdreifacht und liegt bei etwa 3000 Fällen“, sagte er. „Wir gehen davon aus, dass verbale Gewalt eine Vorstufe für Übergriffe auf Flüchtlinge sein kann – die Sprache kommt häufig vor der Tat.“
Frankfurt/Oder: Hetzjagd auf Migranten mit Beifall
Sie wurden beschimpft, verfolgt und geschlagen: Vier Flüchtlinge sind am Montagabend an einer Straßenbahnhaltestelle in Frankfurt (Oder) angegriffen worden. Die Asylbewerber aus Syrien, Somalia und Ägypten blieben weitgehend unverletzt, einer der mutmaßlichen Täter kam in Polizeigewahrsam. Einem der Flüchtlinge, einem 17-Jährigen, sei noch an der Haltestelle die Faust ins Gesicht geschlagen worden, berichtete die Polizei. Die Asylbewerber hätten versucht zu fliehen, seien aber von drei Angreifern verfolgt worden. An einem Einkaufsmarkt hätten die Männer zwei der Migranten eingeholt und geschlagen, berichtete die Polizei. Umstehende Passanten hätten die Täter angefeuert und ausländerfeindliche Parolen skandiert, berichtete die Polizei weiter (Die ZEIT).
In einem merkwürdigen Kommentar führt der RBB hinterher aus, dass sei aber nicht „die Stadtgesellschaft“ gewesen, die da Beifall geklatscht habe, sondern ein rechtes Trinker-Milieu, „Randfiguren“, „bei denen die Wut auf Fremde auch aus dem eigenen Lebensdesaster wuchert“. Ja, und? Macht das das Erlebnis für die Angegriffenen weniger schlimm? (RBB)
Gewalt gegen Flüchtlingshelfer_innen, Politiker_innen und Journalist_innen steigt auch
Im Zusammenhang mit der Flüchtlingssituation werden auch Helfer, Politiker und Journalisten zu Opfern fremdenfeindlicher Straftaten. Das geht aus einer internen Studie des Bundeskriminalamts (BKA) hervor, die dieser Zeitung vorliegt. Seit Jahresbeginn hat es demnach 245 Straftaten gegen diese Gruppen gegeben, darunter 13 Gewaltdelikte. 186 Übergriffe waren rechtsextremistisch motiviert. Auf Amts- und Mandatsträger wie Bürgermeister oder Abgeordnete entfielen 107 Straftaten, auf Hilfsorganisationen und freiwillige Helfer 54. Medienvertreter waren in 25 Fällen betroffen. Das BKA weist Delikte gegen diese Gruppen im laufenden Jahr zum ersten Mal aus (Der Westen).
Die fiktiven Märtyrer der Neuen Rechten: Wo kommen die 7.500 toten Deutschen her?
Rechtsextreme und rechtspopulistische Propagandisten sprechen von 7.500 Deutschen, die angeblich seit 1990 von Ausländern ermordet wurden, als „Kriegsopfer“ eines „unerklärten Krieges gegen die Völker Europas. Die Zahl beruht auf der Milchmädchenrechnung des rechten Blogs „Eulenfurz“ (sic), dessen anonymer Autor der Zahl 184 Todesopfer rechtsextremer Gewalt etwas entgegensetzen wollte. Er berechnete unter Zuhilfenahme einer Statistik über Mord- und Totschlagsopfer die Zahl mehr oder minder per Überschlag berechnet. 21.467 Opfer zeige die Grafik des Anbieters Statista, auf die sich der anonyme Autor berief, für den Zeitraum von 1990 bis 2012. Da bei Mord und Totschlag der Anteil der Ausländer an verurteilten Tätern durchschnittlich 29,35 Prozent betrage, müssten 6300 Tote auf ihr Konto gehen. Dazu musste nach Ansicht des Autors ein Aufschlag für eingebürgerte Migranten kommen, von denen er vermutete, dass „sie genauso morden und verletzen wie ihre Volksgeschwister ohne BRD-Pässe“. So kam der Autor dann auf die Zahl 7500. Das ist zum einen ausgemachter Blödsinn, weil sich die Zahl von Kriminalitätsopfern nicht mit der Zahl von bewusst aus politischer Ideologie ermordeten Menschen vergleichen lässt (würde man die Zahl von migrantischen Menschen nehmen, die seit 1990 auch ohne politischen Hintergrund von Deutschen ermordet wurden, wäre sie auch weit höher). Zum anderen ist auch noch die Zahlengrundlage falsch, weil der Autor vom „Eulenfurz“ die Opfer vollendeter und versuchter Tötungsdelikte vermischte (Frankfurter Rundschau).
Zahlen aus den Bundesländern
Hessen: Angriffe auf Flüchtlinge 2015 fast verzehnfacht – 67 Übergriffe auf Flüchtlinge und Flüchtlingsunterkünfte (2014: 7), darunter 5 Brandstiftungen, 3 Körperverletzungen (Hessenschau).Schleswig-Holstein: Zahl der aktiven Rechtsextremen stieg von 1070 auf 1300. Sie haben 640 Straftaten begangen, 201 mehr als 2014, darunter 38 Gewalttaten, 17 mehr als 2014 (Lübecker Nachrichten)Sachsen: Die Sächsische Zeitung veröffentlicht eine „Landkarte des Extremismus“ (sic), in der es in Wahrheit natürlich um Rechtsextremismus geht. Vgl. eine Reportage aus der ZEIT.
Sexismus und Rassismus an der Polizeischule in Eutin – ohne Konsequenzen
In Schleswig-Holsteins Landespolizeischule in Eutin ist es offenbar zu sexistischen und rassistischen Vorfällen gekommen. Schülerinnen berichteten in einer Vernehmung von körperlichen Attacken. Zudem seien im Schwimmunterricht Beleidigungen gefallen. In einer geschlossenen Gruppe des Messenger-Dienstes WhatsApp wurden Bilder mit eindeutig pornografischem Inhalt platziert. In einem anderen Fall ist der Inhalt eines NPD-Wahlplakats wiedergegeben worden: „Ist der Ali kriminell, in die Heimat, aber schnell.“ Mindestens ein Polizeianwärter soll dabei sogar ganz offen mit Terror gegen muslimische Mitbürger gedroht haben. Er habe Lust, mit einer Maschinenpistole „auch mal in eine Moschee reinzustürmen“, soll er geschrieben haben. So haben es junge Polizeischülerinnen, die die Vorfälle Ende 2014 ihren Vorgesetzten in der Polizeischule meldeten, laut ihres Vernehmungsprotokolls ausgesagt. Seit Mitte Dezember seien die Vorwürfe von verschiedenen Abteilungen geprüft worden. Es hätten keine zureichenden Anhaltspunkte vorgelegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigten, heißt es in der Antwort. Deshalb sei kein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Die entsprechenden Akten seien mittlerweile vernichtet. Dabei verweist das Ministerium auch auf den Umstand, dass ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Lübeck eingestellt worden sei (NDR, taz). Daraufhin haben die Polizeischülerinnen die Ausbildungsgruppe gewechselt, die Männer blieben und werden jetzt in den Polizeidienst übernommen (Lübecker Nachrichten).
Dorfen (Bayern): Busfahrer praktiziert Rassentrennung im Regionalbus
Die Szene klingt, als habe sie sich in den 1950er Jahren in den Südstaaten der USA abgespielt, als die Rassentrennung dort noch galt: Ein Busfahrer lehnt es ab, einen schwarzen Asylbewerber aus Gambia mitzunehmen, weil der Bus „für Weiße“ sei. Als eine Frau, die ebenfalls mit diesem Bus fahren will, gegen diese Äußerung protestiert, lenkt der Busfahrer zwar ein, fordert den Asylbewerber jedoch auf, sich auf einen der hinteren Plätze zu setzen, denn die vorderen seien „für Weiße“ reserviert. Als der Bus in Dorfen an der Haltestelle „Am Krankenhaus“ hält und die Dorfenerin, die sich für den Asylbewerber eingesetzt hat, aussteigen will, folgt die nächste Beleidigung des Busfahrers: Die Frau möge ihren „Affen auch gleich mitnehmen“. Der Asylbewerber muss dann an dieser Haltestelle aussteigen, nachdem der Busfahrer fälschlicherweise behauptet, der Rufbus fahre gar nicht bis zum Dorfener Bahnhof, wo der Asylbewerber hinwollte. Immerhin gab es einen Strafbefehl und eine Verurteilung zu 30 Tagessätzen wegen Beleidigung (Süddeutsche).
Bonn: Rechtsextreme versuchen, Gedenken an 17-Jährigen zu instrumentalisieren
Ausgerechnet die Gedenkstätte für einen erschlagenen Jugendlichen haben in Bonn rechtsextreme Demonstranten für einen bizarren Auftritt missbraucht. Der 17-Jährige hatte am Vorwochenende mit ein paar Freunden das Fest „Rhein in Flammen“ besucht. Auf dem Rückweg wurden sie am Bahnhof des ehemaligen Bonner Diplomatenviertels Bad Godesberg von drei Männern attackiert, die die Polizei im Fahndungsaufruf mit „braunem Hauttyp“ und „schwarzen Haaren“ beschreiben. Niklas erlitt so schwere Verletzungen, dass er in der Nacht vom 12. auf den 13. Mai verstarb. Während Freunde und Mitbürger noch kondolierten, wurde die rechte Demo, zu der „Dügida“-Aktivistin Melanie Dittmer aufgerufen hatte, mit Parolen wie „Blutopfer Niklas“ und rechtsextremen Fahnen wurde bis zur Gedenkstätte durchgelassen, um die schreckliche Tat für ihren Rassismus zu missbrauchen (RP-online).
Rassismus und Flüchtlingsfeindlichkeit im Alltag
Dresden: „Muslim-Schwein“ oder „Scheiß-Muslim“ sind Ausdrücke, die sie immer wieder zu hören bekommt. Einmal habe ein etwa elfjähriger Junge sie gefragt, ob sie Auschwitz kenne. „Als ich das bejahte, sagte er nur: „Du wirst dort enden.“ (Sächsische Zeitung)Meißen: Als die Meldung von der Auszeichnung für das antirassistische Projekt „Meißen Watch“ im Internet die Runde machte, bezeichnete der CDU-Stadtrat Jörg Schlechte die anonymen Macher auf Facebook als „Dreckszecken“ und „flüchtlingsbesoffene Gutmenschen“ und fügt danach in einem weitere Kommentar an: „Ist mein Ernst“. (ND)Berlin: Die CDU-Bezirkschefin von Berlin Treptow-Köpenick, Katrin Vogel, unterstützt einen Demoaufruf einer „Bürgerinitiative“ gegen „die massive Konzentration von Asyl- und Flüchtlingsunterkünften in Altglienicke“ durch einen Facebook-Post. Bei der Demo laufen u.a. der NPD-Chef Marzahn-Hellersdorf auf und „Köpenicker Patrioten“ und Menschen mit Shirt-Aufdrucken: „Ich bin nach 1945 geboren und ich schulde der Welt einen Scheiß“ (Berliner ZeitungSteinkirchen (Bayern): Wenn ein Fahrzeug in Gestalt eines Panzers mit den Schriftzügen „Ilmtaler Asylabwehr“ und „Asylpaket III“ beim Faschingsumzug mitfährt, könne es „auch als Beitrag zur politischen Diskussion verstanden werden“. Ermittlungen wegen Volksverhetzung eingestellt (infranken.de)
Vor Gericht
Hofheim (Hessen): 21-Jähriger schießt auf Containerunterkunft. Verstrickungen in die rechtsextreme Szene spielen im Prozess keine Rolle. Wird zu Sozialstunden verurteilt (ND).Geisingen (Sachsen): Ein 34-Jähriger aus Geisingen schlug an einem Rodelhang einen afghanischen Flüchtlinge brutal zusammen. Bei der Tat trug er Hitlerbärtchen und einen Helm mit aufgemaltem Hakenkreuz: Verurteilt wegen gefährlicher Körperverletzung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen zu einem Jahr Haft ohne Bewährung (Sächsische Zeitung)Löbau (Sachsen): Anschlag mit selbstgebasteltem Molotowcocktail auf Asylbewerberheim – Urteil wegen schwerer Brandstiftung, beide Täter müssen über 2 Jahre in Haft (BILD) Christoph Drewer, stellvertretender Bundesvorsitzender der Neonazi-Partei „Die Rechte“, ist wegen Volksverhetzung zu einem Jahr Haft ohne Bewährung verurteilt worden. Er hatte im September 2015 am Hauptbahnhof in Dortmund massiv gegen aus Ungarn ankommende Flüchtlinge und ihre Unterstützer gehetzt hatte. „Diese Menschen, die momentan zu Tausenden in unser Deutschland strömen, sind kriminell, haben kein Benehmen und werden hier in unserem geliebten Vaterland ihre kriminelle Ader knallhart ausleben. Diese werden rauben, vergewaltigen und morden“, hetzte Drewer. Den Männern unter den „geisteskranken Volksverrätern“ und „geisteskranken Subjekten, die täglich an den Bahnhöfen stehen und die Asylbetrüger begrüßen“, wünschte Drewer, dass sie „brutal zusammengeschlagen und ausgeraubt werden“. Weiter: „Und den Frauen unter Euch wünsche ich dazu noch eine Vergewaltigung von den Asylbetrügern“, brüllte Drewer damals ins Mikro (Nordstadtblogger).Remchingen (Baden-Württemberg): 42-Jähriger alleinerziehender Vater zündet Flüchtlingsunterkunft in Remchingen und einen Verkaufscontainer für Backwaren bei Offenburg an. Er wird zu drei Jahren Haft verurteilt. Beziehungen zur rechtsextremen Szene hat er nicht. Er erklärt, er habe lediglich den wegen der Flüchtlingsunterkunft besorgten Bürgern von Remchingen helfen wollen. Der Staatsanwalt bezweifelt das, vermutet eine Auftragstat – aber die lässt sich nicht nachweisen (SWR, Mühlacker Tagblatt).
Prozess gegen Nazi-Vereinigung „Oldschool Society“
Mit einer mehrstündigen Vernehmung hat das Oberlandesgericht München im Terrorprozess gegen die rechtsextreme „Oldschool Society“ den Werdegang zweier Angeklagter beleuchtet. Die 23 Jahre alte Denise G. aus Freital berichtete über eine von Alkohol, Crystal Meth, Heroin und brüchigen Beziehungen geprägte Jugend. Sie hat keine Schul- oder Berufsausbildung, dafür zwei Kinder, die nicht mehr bei ihr leben dürfen. Der selbst ernannte Anführer der Gruppe, der 57-jährige ungelernte Maler Andreas H. aus Augsburg, berichtet von seiner Sammelleidenschaft für NS-Devotionalien („bin aber keine Nazi“) und prahlt mit einem „erfolgreichen“ Leben, dass ihm zumindest nur Sozialkontakte im Internet bescherte (MDR, Spiegel online). Vor Gericht will er die Anschlagspläne der Gruppe aus dem Internet als reine „Babbelei“ verstanden wissen. Das sei „wirklich nur verbal“ gewesen, was die Mitglieder der Gruppe, die sich „Oldschool Society“ nannte, in Internet-Chats an gewaltsamen Aktionen gegen Islamisten und Flüchtlinge aussponnen. „Da würde halb Deutschland flachliegen, wer das glauben würde, was da in Schutt und Asche gelegt wurde. Das steht alles heute noch“, sagt er am Dienstag vor dem Oberlandesgericht München. (Süddeutsche).
Coesfeld: Polizisten zeigen Kollegen wegen flüchtlingsfeindlicher Gewalt an
Die Staatsanwaltschaft Münster hat gegen eine Geldauflage in vierstelliger Höhe das Verfahren gegen einen 38-jährigen Beamten der Kreispolizeibehörde Coesfeld eingestellt, der im November einen am Boden liegenden Asylbewerber aus Marokko im Polizei-Gewahrsam in Dülmen (Nordrhein-Westfalen) getreten haben soll. Seine eigenen Kollegen hatten ihn angezeigt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es den Tritt gegeben hat. Der Beamte habe überreagiert, so Oberstaatsanwalt Martin Botzenhardt. „Keine Entschuldigung, aber eine Erklärung“ dafür sei aber wohl, dass der Marokkaner, der in einem Asylbewerberheim randaliert hatte, den Beamten massiv Widerstand geleistet und sie beleidigt habe. Ob der Fall auch disziplinarische Maßnahmen nach sich ziehen wird, ist laut Polizei unklar (WN)
„DJ Happy Vibes“ – Flüchtlingsfeindlichkeit bei Radio Dresden
DJ Happy Vibes – 19.437 Personen gefällt das. In seiner Radioshow auf Radio Dresden spielte Happy Vibes am vergangenen Sonnabend den von ihm produzierten Song „Ihr habt ’n Nachtschatten“ von der Sängerin „Helena von gaaaaaanz kurz hinter die Grenze“. In gebrochenem Deutsch kritisiert sie dabei die Zustände in Deutschland, auch die Flüchtlingspolitik. Im Text finden sich Zeilen, wie „dort oben eine Stimme ruft: Das schaffen wir ganz sicher! … Ich spür, wie Lachkrampf mich berührt, wenn nach deutsche Land ich schau, alles dort den Verstand verliert, ich glaub, die sind da völlig blau.“ Oder „Ihr habt ’n Nachtschatten und die auf eurem Thron – die mit dem Machtschatten.“ Eric Hattke kritisierte dieses Lied auf seiner Facebook-Seite als „rechte Hetze und Beleidigung der Kanzlerin“. Der Musiker bezeichnet sich als konservativ. In Kesselsdorf hat er rund tausend Unterschriften gegen ein geplantes Asylheim gesammelt – als Privatperson und nicht als DJ Happy Vibes, wie er betont. Diskussionen auf Facebook haben das ursprüngliche Lied zum Erfolg gemacht. In den Charts des Onlinehändlers Amazon rangierte „Nachtschatten“ am Donnerstag auf Platz 65 (Sächsische Zeitung).
Geflüchtete Sinti und Roma besetzen in Berlin ein Denkmal
Am Nachmittag des 22.05.2016 hat eine Gruppe von rund 50 Geflüchteten aus den Balkanstaaten das Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma in Berlin-Mitte besetzt. Die Besetzer wollen damit gegen ihre drohenden Abschiebungen sowie gegen die geplante Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten demonstrieren. Laut einer Pressemitteilung der „Interventionistischen Linken (IL)“ kommt der überwiegende Teil der Besetzer aus Serbien, Kosovo, Bosnien und Montenegro und ist selbst von Abschiebung bedroht. Auch Familien mit Kindern beteiligten sich an der Aktion. Die Gruppe selbst erklärt dazu: „Viele der aktuell von Abschiebung bedrohten Roma haben in ihren Familien Verfolgungsgeschichten. Viele sind Nachkommen von Opfern oder Überlebenden der Vernichtung. Dieser Tatsache muss endlich entsprochen werden.“ Eine Sprecherin der IL betonte: „Deutschland steht gegenüber den Nachkommen der Opfer des deutschen Völkermords an den europäischen Roma und Sinti in einer besonderen Verantwortung. Statt dieser gerecht zu werden und den Roma endlich ein Bleiberecht zu ermöglichen, wird der Abschiebeterror derzeit massiv verstärkt.“ Indem die Regierung viele Balkanstaaten als „sichere Herkunftsstaaten“ definiert habe, ignoriere sie die anhaltende Diskriminierung und Verfolgung der Roma in Europa (ND). Später wurde das Denkmal geräumt – auch mit Gewalt (Berliner Zeitung).
Kinderschokolade löst Schnappatmung bei Pegida-Fans aus
Wie kommt das Bild eines dunkelhäutigen Kindes auf die Verpackung von Kinderschokolade? Das fragen sich die Anhänger der Facebook-Seite „Pegida BW“. Was sie offenbar nicht erkennen: Bei den Kindern handelt es sich um aktuelle Fußball-Nationalspieler. „Vor Nichts wird Halt gemacht. Gibt’s die echt so zu kaufen? Oder ist das ein Scherz?“ heißt es in einem ein Facebook-Post der Seite „Pegida BW – Bodensee“, die aktuell knapp 14.000 Fans hat. Anlass der Aufregung: zwei Packungen Kinderschokolade. Darauf zu sehen: Zwei Kinder, die – anders als auf der Standard-Verpackung – eine dunklere Hautfarbe haben. In den Kommentaren echauffieren sich die Anhänger der Seite. „Die versuchen einem echt die Scheiße als normal unterzujubeln, armes Deutschland“, heißt es da etwa, oder auch: „Wird nicht mehr gekauft sollte das so sein.“ Dumm nur, dass keiner zu merken scheint (oder keiner merken will), dass es sich bei diesen Kinderschokoladen-Packungen um eine Sonderedition zur Fußball-Europameisterschaft handelt – und dass die Kinder, die zu sehen sind, die Nationalspieler Ilkay Gündogan und Jerome Boateng sind. Genau dieser Teil der Verpackung ist auf dem Foto abgeschnitten. „Unsere Fußball-Stars als Kinder! Na, erkannt?“, steht darauf ganz links (RP-Online, Die ZEIT, Netz gegen Nazis, Tagesspiegel).
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