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Wehrhafte Demokratie MUT macht Mut 2015

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Ein starkes Zeichen gegen rechte Gewalt: Jamel rockt den Förster

Schon zum neunten Mal jährte sich 2015 das Open Air Festival „Forst Rock“ in Jamel. Wir konnten das unkommerzielle und von Ehrenamtlichen organisierte Festival finanziell unterstützen. Motto:  „Für eine Bunte Welt“.
Im Vorfeld des am 28.-29. August 2015 stattfindenden Festivals kam es zu einem Brandanschlag mit vermutlich extrem rechten Hintergrund auf die Scheune von Horst und Birgit Lohmeyer. Das Ehepaar stellt nicht nur ihren Hof zur Verfügung, sondern sie sind die eigentlichen Initiatoren des Musikfestivals. Seit sich die beiden 2004 in Jamel niedergelassen haben, werden sie von den dort lebenden Nazis bedroht und eingeschüchtert. Das in Mecklenburg-Vorpommern liegende Dorf wird nämlich zum Großteil von Rechten bewohnt. Es soll als „nationalsozialistisches Musterdorf“ dienen.
Doch auch der Brandanschlag konnte die Beiden nicht einschüchtern, denn sie antworteten mit einem „Jetzt erst recht!“.
Das Festival war ein voller Erfolg. 1200 Menschen fanden nach Jamel, um ein Zeichen für Demokratie und Menschenrechte zu setzen. So viele wie nie zuvor. Musikalisch hatte es vor allem Rockiges zu bieten. Fans von Punk, Ska, Rock und Soul dürften definitiv ihren Spaß gehabt haben.  Als Überraschungsgast kamen die Toten Hosen, auch sie hatte die Nachricht der abgebrannten Scheune erreicht, woraufhin sie nach Jamel fuhren, um ein Zeichen zu setzen.

 

Empowerment von Flüchtlingskindern

Der Verein Refugees Emancipation arbeitet seit 2000 daran, selbstorganisierte und selbstverwaltete Internetcafés in Geflüchtetenunterkünften zu errichten und Computerkurse anzubieten. Für Geflüchtete in Deutschland ist es oftmals schwierig, Zugang zum Internet zu bekommen. Unterkünfte sind in den seltensten Fällen mit Internetzugängen ausgestattet. Diese wären für die Menschen allerdings sehr nützlich, denn so könnten sie Informationen über das Asylrecht recherchieren, Kontakt zu Familie und Freunden aufrechterhalten und Übersetzungsprobleme lösen. Der Verein ist von Geflüchteten für Geflüchtete und setzt dementsprechend auf eine Selbstermächtigung, anstatt über deren Köpfe hinweg zu entscheiden.
Kinder und Jugendliche von Asylsuchenden in Potsdam und Umgebung sind mit der Bitte um mehr Unterstützung und Hilfe an den Verein herangetreten. Damit sie in der Schule am Ball bleiben können und Probleme wie zum Beispiel Sprachschwierigkeiten überwinden können, bedarf es mehr Unterstützung. Refugees Emancipation e.V. ermutigte die Kinder und Jugendlichen dazu, selbst nach Lösungen zu suchen. Das Ergebnis: Es fanden dreimal in der Woche Nachhilfestunden in Mathe, Deutsch und Sachkunde statt, die von Studierenden der Universität Potsdam gegeben werden. Des Weiteren gab es weiterhin eine Vermittlung von Medien- und Computerkompetenzen, um eine gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft zu ermöglichen und zu fördern. Dies sichert auch den Schulerfolg. Aber auch im Alltag organisiert der Verein Exkursionen und Besuche von Museen, Kinos und historischen Sehenswürdigkeiten an, nicht nur für die Kinder und Jugendlichen, sondern für die ganze Familie.

 

„Die verschwiegenen Toten“

Im Mai 2015 konnten wir eine Ausstellung mit dem Titel „Die verschwiegenen Toten – Opfer rechter Gewalt seit 1990 in Leipzig“ vom Initiativkreis Antirassismus in Kooperation mit der Leipziger Hochschulgruppe „Korrektiv Negativ“ ermöglichen. Ziel war es, auf die Todesopfer von rechter Gewalt aufmerksam zu machen. Denn seit 1990 zählte die Amadeu Antonio Stiftung mindestens 178 Todesopfer “rechter Gewalt” in Deutschland. In Leipzig wurden mindestens acht Menschen Opfer rechts-motivierter Gewalt; hinzukommen zwei Verdachtsfälle. Damit weist Leipzig im bundesweiten Vergleich die zweithöchste Zahl an rechtsmotivierten Morden auf.

Vor allem in Bezug auf die aktuellen rassistischen Angriffe auf Geflüchtete und Asylunterkünfte in ganz Deutschland, speziell in Sachsen, erfordern die einzelnen Fälle eine kritische Auseinandersetzung mit den Ursachen, die diese Taten erst ermöglicht haben. Die Ausstellung wollte einen Beitrag dazu leisten, den Opfern gedenken und den öffentlichen Umgang mit den Betroffenen und ihren Angehörigen aufzeigen. Durch Aufstellwände und mediale Unterstützung wurde auf die Hintergründe der Taten und die Opfer aufmerksam gemacht.

Über die Ausstellung hinaus fand eine Eröffnungsveranstaltung zur Kontextualisierung rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Leipzig, Sachsen und Deutschland statt. Dabei stand auch eine Sensibilisierung für die Kritik an der staatlichen Anerkennungspraxis im Fokus.

Der Initiativkreis Antirassismus erhielt 2015 für eben jene Ausstellung den Anerkennungspreis des Sächsischen Förderpreises für Demokratie.

 

Ein Fest für Toleranz und Vielfalt

Nicht nur Geflüchtete und Menschen, die sich gegen rechte Gewalt einsetzen, sind von eben jener ausgesetzt. Auch Homo-, Trans- und Bisexuelle, sowie alle anderen, die nicht in das rechte Weltbild passen, sind von Übergriffen der extrem Rechten betroffen.
In zahlreichen Städten Deutschlands findet mittlerweile der Christopher Street Day (CSD) statt. Auch in Pirna, eine beschauliche Kleinstadt in der Sächsischen Schweiz. Eine Region, die überregional nicht nur für ihre wunderschönen Naturlandschaften, sondern auch als Hochburg neonazistischer Kräfte Bekanntheit erlangte. Immer wieder wurden Mitglieder der ersten schwul-lesbischen Initiative Opfer von rechter Gewalt. Der CSD in Pirna ist viel mehr als eine große Party mit bunten Kostümen und Techno-Musik. Die Veranstalter setzen ein Zeichen für die Rechte vom Homo-, Trans- und Bisexuellen und gegen homophobes, rassistisches und neonazistisches Gedankengut. Weil dies in einer Region, in denen Neonazis und Rassisten außergewöhnlich stark in der Gesellschaft verwurzelt sind, alles andere als selbstverständlich ist, wurde dem Verein CSD Pirna e.V.  im Jahr 2014 der Sächsische Förderpreis für Demokratie verliehen.

Gefördert im Rahmen der Aktion „Mut gegen rechte Gewalt“:

IBIS e.V.: „Get up, Stand up“ – Soziokulturelles Projekt gegen Rechtsextremismus

Refugees Emancipation: Projekt zum Empowerment von Flüchtlingskindern

Grünes Forum Selbstverwaltung Förderverein e.V.: Rockfestival „Jamel rockt den Förster“

Pestalozzi-Förderverein: Bildungsprojekt zum Thema „Entkommen-Ankommen-Willkommen!?“

Demokratisches Zentrum e.V.: Rock gegen Rechts in LudwigsburgJWP „MittenDrin“ e.V.: Bündnisunterstützung „Keine Zukunft für Nazis“

Fußballvereine gegen Rechts – Gegen Rassismus und Gewalt: Zuwendung für die Aktion „4 Schrauben für Zivilcourage“

Zentrum Demokratische Kultur: Aussteigerinitiative EXIT-Deutschland

AStA Uni Rostock: Veranstaltungsreihe „Festival contre le Racisme“

BAFF-Bands auf festen Füßen, Joachimsthal: BAFF – Schön, dass du da

Roter Baum e.V. Leipzig: Ausstellung „Die verschwiegenen Toten – Opfer rechter Gewalt seit 1990 in Leipzig“

CSD Pirna e.V.: 4. Christopher Street Day im sächsischen Pirna

Waldritter e.V.: „Flucht, Gefahr, Akzeptanz

KuDePo e.V.: Festival.Rand.GestaltenBad Nenndorf ist bunt – Bündnis gegen Rechtsextremismus e.V.: Förderung der Gegendemonstration zum „Trauermarsch“ der Nazis

ANSTATT – Verein zur Förderung von Jugendkultur: Festival am kleinen Strand „Refugees Welcome – Willkommensfest 2015“

Multikulturelles Jugendcentrum Bitterfeld e.V.: „Kein Bock auf Nazis“ Open Air

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).

 

 

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