In ihren Liedern Leugnen sie den Holocaust, rufen zu Mord an „Ausländern“ auf und verehren den Nationalsozialismus. Für die Mitgliedergewinnung der rechtsextremen Szene ist Musik ein enorm wichtiger Faktor. Obwohl viele Bands, Alben und Lieder in Deutschland indiziert, also nicht verkäuflich, sind, lassen sich im Internet viele Stücke leicht finden. Da in Deutschland jedes Jahr mehr als 100 neue Alben neonazistischer Bands erscheinen, fällt es schwer, den Überblick zu bewahren. Oftmals ist die rechtsextreme Ideologie, die durch die Musik vermittelt wird, nicht sofort erkennbar, was ihre Identifikation erschwert. Auch aufgrund der hohen Zahl an Neuveröffentlichungen ist es schwer, gegen die Musik vorzugehen. Es gleicht einem Kampf gegen Windmühlen.
„Musik ist unsere Waffe“
Dabei ist konsequentes Handeln gegen rechtsextreme Musik enorm wichtig: Mit keinem anderem Medium lassen sich Jugendliche so leicht und niedrigschwellig ansprechen. Das hat auch die NPD längst erkannt, die „Schulhof-CDs“ mit nationalistischen Texten an Jugendliche verteilt. Die Naziband „Sturmwehr“ fasst die Bedeutung von Musik für die rechtsextreme Szene in der Zeile „Musik ist unsere Waffe, gefährlicher als Panzer und Granaten“ zusammen.
Inhaltlich dreht sich die Musik häufig um Motive wie Rebellentum und Widerstand. Für bestehende Verhältnisse werden einfache, populistische Erklärungen geboten, die für die Hörer*innen leicht verständlich sind.
Verbreitung im Internet
Zwar wird rechtsextreme Musik von staatlicher Seite immer wieder indiziert und verboten, doch das Internet ermöglicht eine schnelle Verbreitung abseits von staatlichem Zugriff. So können Neonazis weitgehend ungestört agieren. Und das nicht nur auf einschlägigen Websites: Auf Seiten wie Youtube lassen sich hunderte Lieder und Videos mit eindeutigen rechtsextremen Inhalten finden. So lassen sich Jugendliche, die auch nur durch Zufall auf diese Inhalte treffen, für nationalsozialistisches Gedankengut begeistern – es wird im Internet für sie alltäglich.
Wie leicht rechtsextreme Musik sich auch in nicht-rechtsextremen Plattformen verbreiten kann, zeigt das Beispiel ZeeZee.de. Die Plattform bietet kostenlose Downloads von Musik an. Da diese automatisiert auf die Website gestellt werden, fiel zunächst niemandem auf, dass neben aktuellen Chartsongs auch Bands wie „No Remorse“, „Gestapo 666“ und dutzende weitere Nazibands auf ZeeZee aufgelistet waren.
Einschlägige Bands
Besonders pikant: Die Plattform ZeeZee wurde zu Promotionszwecken beispielsweise von der Gewerkschaft IG-Metall und der Bundeswehr beworben. Durch den Hinweis eines Users wurde das Team der Amadeu Antonio Stiftung auf den Fall aufmerksam. „Ich war wirklich schockiert, wie offen diese Musik auf der Seite angeboten wird“, sagt Christian* (Name von der Redaktion geändert), der auf die Musik gestoßen ist. Als engagierter Antifaschist weiß er genau, welche Rolle Musik für die rechte Szene spielt. Nach seiner Entdeckung begann er, nachzuforschen und stieß auf viele weitere einschlägige Bands.
Nachdem er mehrmals erfolglos versuchte, die IG-Metall zur Beendigung der Promotion mit ZeeZee zu bringen, meldete er sich bei der Stiftung. Erst, nachdem Mitarbeiter der Stiftung mit der IG-Metall redeten, schloss diese ihre Promotionsseite. Bei ZeeZee reagierte man zunächst schnell und entfernte einige Bands, jedoch gleicht die Jagd nach Nazibands auf ZeeZee einem Katz- und Mausspiel: Da die Sensibilisierung und das Wissen um die Wichtigkeit rechtsextremer Musik für die Mitgliedergewinnung fehlt, verläuft deren Entfernung nur schleppend. „Wir können auch nur auf Hinweise reagieren“, heißt es seitens des ZeeZee-Teams. Noch immer lassen sich Titel wie „Nigger Loving Whore“, „Kill All Them Jews“ , „Go Back to Africa“ oder „Sieg Heil“ von Bands wie „Angry Aryans“ (Wütende Arier), „People Haters“ , „Neo Hate“ oder „Aggravated Assault“ finden. Und das sind nur einige Beispiele von vermutlich hunderten weiteren neonazistischen Liedern.
Die Verantwortung, rechtsextremes Gedankengut von Websites zu entfernen, insbesondere dann, wenn diese in Deutschland betrieben werden, liegt nicht bei engagierten Usern, sondern bei den Betreibern solcher Websites. Die Aufforderung, entsprechende Inhalte zu melden, damit diese gelöscht werden können, ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, geht aber nicht weit genug.
Weitere Informationen zu rechtsextremer Musik im Internet finden Sie hier und hier.