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Nazis gegen demokratische Zivilgesellschaft „Weißes Pulver“ als Drohung gegen Dortmunder Nazi-Dokumentaristen

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Plakat auf einer Demonstration gegen die "Steeler Jungs" in Essen / NRW im September 2019. (Quelle: S. Müller)

Am 17.09.2019 um 19 Uhr machte der Dortmunder Neonazi-Dokumentarist „Korallenherz“ es selbst per Twitter bekannt:

„Ich habe heute einen Brief mit weißem Pulver per Post erhalten. Dieser führte zu einem zweistündigen Großeinsatz der Feuerwehr und Polizei. Erforderliche Maßnahmen wurden durchgeführt. Die gute Nachricht. Das Pulver war ungefährlich!“ postete er. Dazu vier Fotos, in denen der knapp zwei Stunden andauernde Großeinsatz des Kampfmittelräumdienstes dokumentiert wird.

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In Dortmund gehören massive Drohungen, körperliche Angriffe und Einschüchterungen seit weit über einem Jahrzehnt zum Alltagsgeschäft der Dortmunder Neonazis. Sie sind traurige Routine.

Neonazitown Dortmund: Eine Geschichte der Gewalt und der Bedrohung

Schon vor zehn Jahren mussten mehrere Familien sowie weitere Aktivisten aus Dortmund wegziehen, weil sie immer wieder massiv, sogar in ihren Privatwohnungen, bedroht und attackiert wurden. Von der Polizei fühlten sie sich nicht geschützt. Scheiben ihrer Privatwohnungen, ihres Buchladens und ihrer Autos wurden mit Steinen eingeworfen

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Die Dortmunder Neonazis fühlten sich bestärkt, triumphierten öffentlich angesichts ihrer erfolgreichen Einschüchterungs- und Vertreibungsmaßnahmen: Ihre demokratischen Gegner mussten aus Dortmund wegziehen. Von einer Entschuldigung der Stadt bei den Vertriebenen wurde bisher nichts bekannt. Vieles ist schlecht in Dortmund. Und vieles bleibt schlecht in Dortmund. Nazitown Dortmund, Nazikiez Dorstfeld: Die Stadt war und ist an ihrem schlechten Ansehen durchaus nicht unbeteiligt.

Die bis heute verfügbare umfassenden Dokumentationen der Antifaschistischen Koordination Dortmund – diese hat sich im November 2018 nach 13 Jahren selbst aufgelöst – werfen ein bedrückendes Bild auf die „Dortmunder Zustände“.

In den letzten 15 Jahren hat sich hieran nur wenig verändert. Selbst ein erfahrener Dortmunder Polizist sagte vor einigen Jahren in die WDR-Kameras, dass die Polizei hier auch nichts ändern könne: Die Politik sei gefragt, sie selbst als Polizei könnten da auch nichts mehr machen. „Das ist eine Frage die dürfen Sie nicht der Polizei stellen“ entgegnete ein Dortmunder Polizeisprecher im November 2011 (vgl. YouTube, ab Min. 6:15): . Dafür sei eher die Politik, die Stadt zuständig. Und der damalige Dorstfelder Bezirksbürgermeister Krüger (SPD) sekundierte: Der Politik seien die Hände gebunden… Das Elend des Neonaziterrors in Dortmund-Dorstfeld hat eine lange Geschichte. Für junge Neonazis bleibt Dortmund eine attraktive Stadt, sie ziehen gerne dorthin. Und offenkundig fühlen sich Personen aus dem Umfeld der Dortmunder Neonazis nun dazu ermutigt, auch Terrordrohungen an Journalisten zu verschicken. Die Anschriften sind ihnen offenkundig bekannt.

Die Dokumentationen der Antifaschistischen Union Dortmund bleiben aktuell. Sie bilden einen Lehrstoff für das Scheitern von Politik und Zivilgesellschaft – nicht nur in Dortmund (vgl. Medien, Pressearchiv).

2015: Hakenkreuze an der Privatwohnung

Das Verschicken von „weißem Pulver“ ist keine singuläre Einschüchterungsmaßnahme gegenüber Antifaschist*innen und Journalist*innen: „Korallenherz“, früher Mitarbeiter der Piratenfraktion, ist in den letzten Jahren immer wieder massiv bedroht, eingeschüchtert worden. Sein Name, wie der weiterer Dortmunder Journalisten, fand sich im Februar 2015 auf falschen Todesanzeigen, die im Netz kursierten (vg. ZEIT).

Im gleichen Jahr wurde das Wohnhaus von „Korallenherz“ sowie das weiterer Dortmunder Nazigegner*innen mit Hakenkreuzen besprüht, was er selbst dokumentierte:

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In einem WDR-Fernsehinterview berichtete er 2015 detailliert über die Bedrohungen. Einschüchtern lasse er sich nicht, daran ließ er auch gegenüber dem WDR keinen Zweifel. Kurz zuvor hatte ihn per Twitter eine Drohbotschaft erreicht: „Ärgerlich, dass Sie nicht verreckt sind“ (vgl. YouTube).

Auch sein Dortmunder Kollege Marcus Arndt wird seit Jahren ganz konkret bedroht. Zum Selbstschutz darf er ganz offiziell eine Gaspistole tragen (vgl. YouTube).

Weißes Pulver auch an weitere Dortmunder Journalisten und an die Seenotrettung

Zwischenzeitlich haben auch die örtlichen „Ruhrnachrichten“ über das verschickte weiße Pulver berichtet, das den Großeinsatz auslöste. Der Staatsschutz ermittelt; nähere Hinweise auf den Attackierten gab die Lokalzeitung jedoch nicht.

Bereits am 3. Juli war ein weißes Pulver an zwei Dortmunder Journalisten mit dem Recherche-Schwerpunkt Neonazis geschickt worden, darunter ein bekannter WDR-Journalisten. Beide Autoren berichten seit Jahren über die Dortmunder Neonaziszene und werden von dieser regelmäßig bedroht. Das Pulver stellte sich zwischenzeitlich als Backpulver heraus (vgl. Ruhr24).

Die Polizei bestätigte den Vorfall, die „Soko Rechts“ ermittele.

Auch die Evangelische Initiative für eine Seenotrettung hat nahezu zeitgleich eine „Bedrohung im Flüchtlingskontext“ erhalten, wie sie selbst schreiben (vgl. Evangelisch.de).  Der Brief mit dem weißen Pulver war an die EKD-Spitze addressiert (vgl. BILD).

„Wer Deutschland liebt ist Antisemit“

Bundesweite Aufmerksamkeit erregte „Korallenherz“´ filmische Dokumentation der vulgären antisemitischen Ausfälle in Dortmund Mitte September 2018 (vgl. Hagalil).

Seine filmische Dokumentation des auf Vernichtung gerichteten Antisemitismus ging durch die Weltpresse; eine Kurzversion seines Films wurde auch vom Spiegel übernommen:

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Aktuelle Einschüchterungen

Neben dem Kern der Dortmunder Neonazis von „Die Rechte“ hat sich in den letzten Monaten die selbsternannte „Gelbweste“ Kevin G. als Anti-Antifa-Filmer bewusst in Szene gesetzt. Immer wieder filmt er Gegendemonstranten von Nazidemonstrationen ab, veröffentlicht die Filme auf YouTube sowie via Twitter und nennt auch die Namen der demokratischen Gegner*innen und der Journalist*innen. Gegen „Korallenherz“ führe er, so twittert eine Szenekennerin soeben, „einen regelrechten Feldzug“.

Kevin G., der sich bei diversen Kundgebungen in NRW immer inmitten der Neonazis aufhält und von ihnen auch persönlich begrüßt wird, war sogar bei der Kasseler Demonstration von 120 Neonazis vorwiegend von „Die Rechte Dortmund“ in Kassel dabei.

Aber auch bei den  Hooligans der „Steeler Jungs“ in Essen lief er mit sowie vor wenigen Tagen in Mönchengladbach bei Roeseler (vgl. Störungsmelder).

Es bleibt abzuwarten, ob die Suche nach den Tätern in diesem Fall erfolgreicher verläuft als in der Vergangenheit.

 

Empfehlung der Redaktion: Folgen Sie „Korallenherz“‘ Twitter-Account für Informationen zu Rechtsextremismus aus der Region.

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