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Neonazi-Konzert in Finowfurt Gemeinsam gegen vertonten Hass

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Ein Bild der Proteste gegen das NPD Pressefest 2012 - mit dabei Storch Heinar. (Quelle: Vorpommern: weltoffen, demokratisch, bunt)

Laut Polizeiangaben waren etwa 700 Neonazis aus ganz Deutschland zu dem Konzert in Finowfurt angereist. Rund 150 Gegendemonstranten sind dem Aufruf der Bündnisse „Bunte Schorfheide“, „Finowfurt nazifrei“ und „Vorpommern: Weltoffen, demokratisch, bunt“ gefolgt und haben den Zugang zu dem Gelände blockiert. So wurde der Beginn des Konzerts und die Auftritte der Bands verzögert. Mit Plakaten wie „Vielfalt statt Einfalt“, „Keine Nazis in der Schorfheide“ und „Den Nazis den Stecker ziehen“ protestierten die Menschen gegen das rechte Konzert. Anschließend veranstalteten die Bündnisse ein „Protest-Picknick“ auf dem Erzbergerplatz in Finowfurt. Die Lage blieb friedlich.

Geplant waren vier Bands für den Abend. Nachdem jedoch zwei der Bands rechtsradikale und volksverhetzende Lieder gespielt hatten, löste die Polizei das Konzert nach nur zwei Stunden vorzeitig wieder auf und beendete so die Veranstaltung. Die Musiker kamen, laut Polizei, den Platzverweisen widerstandslos nach. Die 700 angereisten Neonazis verließen den Platz nach dem frühen Veranstaltungsende schnell. Ein kurzer Konzertgenuss.

netz-gegen-nazis.de: Die rechte Szene hatte für Samstag zwei Konzerte angekündigt, eines in Viereck und eines in Finowfurt. Was kann man erwarten?

Maximilian Koch: Für Samstag, den 27. Juli, wurden zwei identische Konzerte an zwei verschiedenen Orten vom gleichen Veranstalter angemeldet. Das ist eine bekannte Verwirrungstaktik in der rechtsextremen Szene, auch wenn wir diese Erfahrung zum ersten Mal machen: Sie wollen Behörden und Gegenproteste bis zuletzt im Unklaren lassen. Wir wissen, dass die „Märkischen Skinheads 88“ dafür verantwortlich sind, ein bekannter Neonazi-Kader in der Region. Das Konzert wurde von den Jungen Nationaldemokraten, der Jugendorganisation der NPD, angemeldet: Man sieht, dass die rechtsextreme Gruppierung Rückhalt in der Partei hat, es klare Berührungspunkte gibt.  Mobilisiert hat die rechte Szene wohl hauptsächlich über private oder  Internetkanäle, von Mobilisierungsversuchen auf der Straße haben wir, bis auf einen Flyer und ein Mobilisierungsvideo auf Youtube, nichts mitbekommen. Und das Konzert selbst? Wir erwarten etwa 100 Neonazis. Die Bands, die angekündigt wurden, sind offen rassistisch, nationalistisch und rufen zu Gewalt gegen Andersdenkende auf.

Der Veranstaltungsort ist erst seit Kurzem bekannt. Nun steht ja fest, dass das Konzert in Finowfurt stattfinden wird. Wie ging man vorher mit der doppelten Anmeldung um?

Obwohl wir nur zwei Wochen später das einjährige Bestehen unseres Bündnisses „Vorpommern Weltoffen“ feiern, wollten wir an beiden Orten Gegenveranstaltungen organisieren. Natürlich können wir kein so großes Programm wie sonst auffahren. Aber wir wollen, egal an welchem Ort, da sein – und haben deshalb auch für beide Orte eine Veranstaltung angemeldet. Hätte das Konzert in Viereck stattfinden sollen, wären wir auf dem Platz direkt gegenüber gewesen. Bisher war ein „Protestpicknick“ geplant, mit besserer, lauterer Musik. Wir wollten die Bewohner miteinbeziehen – für aggressive Gegenproteste bleibt kein Platz. Es soll wie immer sein: locker und bunt. Für die Gegenproteste in Finowfurt arbeiten wir mit dem dortigen Bündnis zusammen: Wir mobilisieren gemeinsam und planen dort eine ähnliche Veranstaltung wie in Viereck. Wir werden am Samstag eindeutig Stellung beziehen. Die Zusammenarbeit der Bündnisse ist vor allem für die Vernetzung ein guter Ansatz.

Das Bündnis „Vorpommern Weltoffen“ feiert sein einjähriges Bestehen und war in diesem Jahr auch ziemlich engagiert und erfolgreich. Hat sich die rechte Szene in der Region in diesem Jahr verändert?

Unser Bündnis hat sich vor einem Jahr als Reaktion auf das rechtsextreme Pressefest der NPD gegründet. Nach dem Erfolg in Pasewalk 2012 hat die rechte Szene natürlich mitbekommen, dass es unser Bündnis gibt: Sie zeigen ihren Unmut in privaten Facebook-Gruppen und in Artikeln auf Neonazi-Seiten. Allerdings wäre es übertrieben, einen direkten Effekt unseres Bündnisses auf die Neonazi-Lage vor Ort zu sehen. Meiner Meinung nach hat sich die Situation in der Region noch nicht wirklich verändert, es ist nach wie vor schlimm. Aber durch das Bündnis haben wir die Möglichkeit, kurzfristig auf rechtsextreme Veranstaltungen und Aktionen zu reagieren. Vor allem bei NPD-Veranstaltungen waren wir häufig präsent, beispielsweise auch bei dem Fackelzug gegen das Flüchtlingsheim in Wolgast. Wie gesagt, ein direkter Effekt ist nicht zu sehen – aber viel wichtiger ist, dass wir reagieren.

Seht ihr das Konzert am Samstag als Reaktion auf den Bündnis-Geburtstag?

Die rechte Szene hat auf jeden Fall von unserem Bündnis gehört, aber ich glaube nicht, dass die Veranstaltung am Samstag eine direkte Reaktion auf den Geburtstag ist. Dagegen spricht auch, dass das Konzert in Finowfurt stattfindet, also keine geografische Nähe zu unserem Bündnis besteht. Wir haben bisher auch nur eine unbestätigte Information, dass die rechte Szene unsere „Geburtstagsfeier“ stören will. Das Bündnis erhält eine breite Unterstützung – für die Neonazis wird es schwierig, sollten sie tatsächlich Gegenproteste planen. Wir arbeiten mit Parteien von Linke bis CDU und zahlreichen Organisationen zusammen: Ich würde sagen, bei uns protestiert die Mitte und die Mehrheit der Gesellschaft gegen rechtsextreme Spinner. Es gibt keinen Kampf zwischen Links- und Rechtsextremen. Sollten die Neonazis tatsächlich versuchen, unsere Veranstaltung zu stören, müssen sie teilweise damit rechnen, ihrer eigenen Familie gegenüber zu stehen.

 Und was ist ihre ganz persönliche Hoffnung für den Tag?

Ich hoffe, dass wir viele Menschen auf die Straße bekommen und ihnen klar machen, dass es notwendig ist zu protestieren. Und auch, dass es Spaß machen kann, für Demokratie, Weltoffenheit und Toleranz auf die Straße zu gehen. Es ist gut, selbst aktiv zu werden – für eine freie und tolerante Gesellschaft. Dazu muss der „Feind“ auch nicht anwesend sein.

Das Gespräch führte Sina Laubenstein.

Mehr im Netz:

Vorpommern: weltoffen, demokratisch, bunt (Homepage)In Finowfurt-Nazis den Stecker ziehen (Pressemitteilung)Rechte Konzerte in Finowfurt oder Viereck? (Nordkurier)NPD Pressefest in Pasewalk (netz-gegen-nazis.de)

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