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Besonders bei jungen Menschen ist die Foto- und Video-Sharing Plattform Instagram beliebt. Aber auch Neonazis, Rassist*innen, Antisemit*innen und Co. tummeln sich hier. Besonders für die sogenannte „neue“ Rechte ist Instagram mittlerweile ein fester Bestandteil ihrer Propaganda-Strategie. Das gefährliche dabei: Vieles wirkt auf den ersten Blick unverfänglich, eindeutig rechtsextreme Inhalte werden von ihnen nur zurückhalten verbreitet. Gegenwind gegen solche Accounts gibt es kaum.
Besonders Aktivist*innen aus dem Umfeld der sogenannten „Identitären Bewegung“ (IB) fallen auf Instagram auf. Im Mai 2018 wurden jedoch bei Instagram und Facebook offizielle Accounts, die die „Identitäre Bewegung“ im Namen tragen oder das Lambda, das IB-Symbol, zeigten, gesperrt. Von den Sperrungen waren jedoch nicht die „privaten“ Accounts der Aktivist*innen betroffen (mit Ausnahme von Martin Sellner, Kopf der deutschsprachigen „Identitären Bewegung“).
Allerdings dienen auch die „privaten“ Kanäle dazu, die rassistische und diskriminierende Propaganda der „neuen“ Rechten zu verbreiten – wahrscheinlich ist dieses Konzept sogar erfolgreicher für die Verbreitung der menschenverachtenden Inhalte und für die Rekrutierung neuer Aktivist*innen, da solche Kanäle die User*innen stärker an sich binden.
Die zahlreichen Projekte aus dem Umfeld schmücken sich mittlerweile nicht mehr mit dem IB-Symbol und wirken auch sonst auf den ersten Blick eher popkulturell als rechtsextrem. Besonders für junge Menschen ist es daher schwer, die tatsächliche Absicht solcher rechtsextremen Accounts auf Anhieb zu erkennen.
Strategien:
Inszenierung
Vor allem die IB-Aktivist*innen geben sich auf Instagram gerne unpolitisch. Sie inszenieren sich möglichst hip und cool. Sie bedienen dabei jugendsprachliche Slangs und Codes, ob in Instagram-Storys, einem Feature, das User*innen die Möglichkeit bietet, via Fotos und kurzen Videos kleine Geschichten zu erzählen, die nach 24 Stunden automatisch gelöscht werden, Live-Videos, oder über normalen Instagram-Posts, also Bildern mit kurzem oder langem Text. Sie zeigen sich im Privatleben und geben so vermeintlich Einblicke in ihre Leben- allerdings meistens geschmückt mit einer Prise Rassismus und Hetze. Die Bilder die sie hier verwenden sind dabei sorgfältig ausgewählt – schließlich hat die IB seit Bestehen verstanden, die Macht der Bilder zu nutzen.
Über verschiedene Funktionen regen IBler ihre Community dazu an, mit ihnen in Interaktion zu treten. Sei es über Umfragen, gezielte Ansprachen oder über Livestreams, in denen User*innen sich per Kommentar direkt beteiligen können.
Die Follower*innen solcher Accounts bekommen so das Gefühl die postenden Personen ziemlich gut zu kennen. In der Medienpsychologie nennt man dieses Phänomen Parasozialität. Man fiebert mit, fühlt sich persönlich adressiert und baut mehr oder weniger unwissentlich eine Beziehung auf, obwohl man der postenden Person (Influencer*in) noch nie begegnet ist. Das ist eben daraufhin gehend problematisch, dass rechtsextreme IB-Aktivist*innen eher zurückhaltend oder codiert ihre politischen Inhalte vermitteln.
Die meisten IB-Aktivist*innen verstehen es auf Instagram, die Grenzen zwischen rechtem Aktivismus und Privatem verschwimmen zu lassen. Sie vermitteln gezielt den Eindruck, dass jeder, der Teil dieser Gemeinschaft ist, ein Teil einer coolen und avantgardistischen Jugendbewegung sei, wenn sie sich beispielsweise feiernd im „Flamberg“-Haus zeigen, einem IB-Haus in Halle, gesellig in der Kneipe, naturverbunden beim Wandern oder ganz „männlich“ beim Kampfsport. Sie inszenieren Rechtsextremismus als normalen Lifestyle, der keine Konsequenzen hat und überdies noch Spaß macht.
Unverfängliche Hashtags
Wenn Neonazis Bilder auf Instagram posten, nutzen sie, wie andere Nutzer*innen auch, Hashtags unter ihren Bildern. Der Sinn dahinter: Man kann nicht nur Accounts folgen, sondern auch Hashtags, wie beispielsweise #instafood #gegenRassismus oder #noafd, dann bekommen die User*innen Beiträge die diese Hashtags enthalten in ihre Timeline gespielt.
Rechtsextreme Aktivist*innen nutzen jedoch nicht nur szenetypische Begriffe als Hashtags wie beispielsweise #defedcottbus, #heimat oder #whitepeople, sondern auch ganz unverfängliche Begriffe wie #tattoolove, #lifestyle, #landscape, #2019, #mma oder #ziege. So werden solche Beiträge eben auch User*innen in die Timeline gespielt, die eigentlich nicht mit dieser rechten Ideologie sympathisieren.
Vernetzung und Mobilisierung
IB-Aktivist*innen nutzen die Plattform zudem dafür, um für ihre zahlreichen Projekte und Kanäle zu werben. Sie promoten sich hier gegenseitig und machen ihre Follower*innen darauf aufmerksam, dass es auf Kanal X etwas Neues gibt oder fordern sie auf anderen rechtsextremen Accounts zu folgen und zu unterstützen. Auch über Termine wird die Community hier informiert. So promoten die Aktivist*innen hier Konzerte rechtsextremer Musiker*innen, Veranstaltungen im „Identitären“-Haus „Flamberg“ in Halle und sonstigen Vorträgen in der ganzen Bundesrepublik. Aber auch zu Demonstrationen mobilisieren die Aktivist*innen.
Zwischen den unverfänglichen Bildern und Videos streuen die rechtsextremen Aktivist*innen jedoch auch immer wieder Beiträge, die ihre Faszination für Gewalt und ihren Rassismus, Antifeminismus und sonstige Formen der Diskriminierung zum Ausdruck bringen. Hier einige sehr unschöne Beispiele:
Doch nicht nur die IB nutzt Instagram zu Propaganda-Zwecke. Auch klassische NS-Neonazis bedienen ihre Community hier mit „netten“ Bildern, wobei die Übergänge stets fließend sind. Einige Beispiele: