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Neonazistischer Gewaltaufmarsch In Cottbus dient Corona nur noch als Vorwand

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Das Banner, das die Demonstration in Cottbus am Samstag anführte war beinahe deckungsgleich mit jenem, das bei der großen Demonstration, von zehntausend Menschen, am 20. November in Wien von Aktivist:innen der „Identitären Bewegung“ getragen wurde. Auf dem Cottbuser Banner war zu lesen: „Kontrolliert die Grenzen - Nicht euer Volk“. (Quelle: RechercheNetzwerk.Berlin)

Am Samstagabend, den 4. Dezember, versammelten sich unter dem Motto „Unsere Freiheit ist nicht verhandelbar!“ etwa 1.300 Menschen auf dem Cottbuser Oberkirchplatz, um vordergründig gegen die Corona-Schutzmaßnahmen zu demonstrieren. Trotz steigender Inzidenzen und geltender Infektionsschutzbestimmungen trägt so gut wie niemand der hier Demonstrierenden eine Maske oder hält sich an diesem Abend an einen Mindestabstand. Die Veranstalter:innen sprachen von 2.500 Teilnehmenden und der größten Freiheitsdemo in Brandenburg seit dem Wendejahr.

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Dicht gedrängt lauschten die Menschen auf dem Platz den Redebeiträgen. Der erste kam von der Cottbuser Physiotherapeutin Katja Arnold, der zweite vom Brandenburger AfD-Landtagsabgeordneten Daniel Münschke. Als Moderator trat der AfD-Politiker Jean-Pascal Hohm auf, der sich dann auch in einer dritten Rede zur Menge wandte. Der frühere Vorsitzende der vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall geführten „Jungen Alternative Brandenburg“, Hohm, ist mittlerweile Chef der AfD Cottbus. Hohm soll laut einem internen Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz zumindest zeitweise für die sogenannte „Identitäre Bewegung“ aktiv gewesen sein.

Dass es Hohm nur vordergründig um die aktuellen Infektionsschutzmaßnahmen geht, er aber vielmehr die Pandemie nutzt, um rechte Akteure zu mobilisieren und völkisch-nationalistische Inhalte zu verbreiten, wurde auch in seiner Rede deutlich. Gleich zu Beginn deutet er an, hinter der Pandemie stecke eine Verschwörung, um die Gesellschaft zu kontrollieren. Man wolle den Menschen die autonomen Freiheiten nehmen. „Wir sind hier, weil man uns dieses Zusammengehörigkeitsgefühl, was in keiner anderen Stadt stärker ist als in Cottbus, nehmen will. Man spaltet uns in Gut und Böse, in geimpft und ungeimpft.“ Und weiter: „Denn genau das wollen die Herrschenden in diesem Land, sie wollen das Volk spalten. Da man eine gespaltene Gesellschaft natürlich besser kontrollieren kann.“ Er spricht von einem „Übergriffigen Staat“, der von „gewissenlosen Polit-Darstellern“ gekapert sei. Der Staat wolle die Kontrolle über unsere Körper, behauptet der AfD-Cottbus-Chef. Weiterhin appelliert er an ein Zusammengehörigkeitsgefühl und lässt die Versammelten „Wir sind Cottbus“ skandieren.

Das Thema Corona verbindet Hohm sogleich mit dem Thema Migration. Er befeuert das rassistische Narrativ, Deutschland würde seine Grenzen nicht schützen: „Der gleiche Staat, der jetzt die Kontrolle über unsere Körper will, schafft es nicht, seine Grenzen zu kontrollieren.“ Die Agenda bleibt eindeutig: Es geht hier nur vordergründig um Proteste gegen den Corona-Infektionsschutz oder um individuelle Freiheitsrechte. Die Pandemie ist vorgeschoben, um tiefes Misstrauen in demokratische Strukturen und in staatliches Handeln zu säen.

Kurz vor Ende seiner Rede empört sich Hohm dann darüber, dass der aktuelle Koalitionsvertrag die Abschaffung von Paragraf 219a StGB vorsieht, nachdem das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche strafbar ist. Der Staat legitimiere das Werben für die Tötung von Kindern, stelle es aber unter Strafe, sich gegen eine Impfung zu entscheiden. Er kommt zum Ende seiner Rede: „Machen wir es kurz und knapp: Dieses System ist krank.“ Der AfD-Politiker fordert die Menge, immer noch beinahe ausschließlich ohne Mund-Nase-Masken dichtgedrängt auf dem Platz stehend, auf, sich hinter dem Fronttransparent zu versammeln und „friedlich“ durch die Innenstadt zu spazieren.

Neonazis führen die Demonstration an

Das Banner, das die Demonstration anführte, war beinahe deckungsgleich mit jenem, das bei der großen Demonstration mit zehntausend Menschen am 20. November in Wien von Aktivist:innen der „Identitären Bewegung“ getragen wurde. Auf dem Cottbuser Banner war zu lesen: „Kontrolliert die Grenzen Nicht euer Volk“. In der Wiener Variante stand „Grenze“ statt „Grenzen“. AfD-Politiker Hohm führte die Demo-Spitze des rechtsextremen schwarzen Blocks mit einem Megafon an. Flankiert wurden die vermummten Neonazis von einem kleinen Jungen, der an seiner Mütze einen gelben „Judenstern“ geheftet hatte. Aus der Menge wurde immer wieder gefordert, Jens Spahn in ein Lager zu stecken. Auch der nationalistische Ausspruch „Deutsch und frei, wollen wir sein!“ wurde von Hohm via Megafon vorgegeben und von der Menge laut wiederholt. 

Interessant und gleichzeitig besorgniserregend ist, wer sich hier in den ersten Reihen hinter dem Fronttransparent versammelt hatte und damit die Demonstration anführte: knapp 100 bis 150 vermummte militante Neonazis. „Die Demonstration hat gar nicht mehr versucht, einen national-konservativen Anstrich zu wahren, sondern hat sich von militanten Neonazis anführen lassen“, so Autor Robert Claus, der die Cottbuser Hooligans auf der Demonstration beobachtet hat. Claus schätzt das Gewaltpotential militanter Neonazis und rechtsextremer Kampfsportler, die in der Demonstration mitgelaufen sind, auf etwa 200 Personen ein. „Wir haben da also in Teilen einen neonazistischen Gewaltaufmarsch gesehen“.

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Eine Demonstration unter Beteiligung der AfD und mit massiver Beteiligung militanter Neonazis, während eigentlich Kontaktbeschränkungen gelten und kaum ein Medium berichtet darüber. Wieso? Wahrscheinlich, weil diese Art der extrem rechten Mobilisierung für Cottbus kaum neu ist. Offenbar können die Demonstrationen gegen die Infektionsschutzmaßnahmen, aus dem Pool an Menschen profitieren, die bereits in den vergangenen Jahren auf den  Demonstrationen von „Zukunft Heimat“ in Cottbus aufgestachelt wurden. Seit einigen Jahren erreicht der Verein „Zukunft Heimat“ zahlreiche Cottbuser:innen und sät nicht nur rassistische Narrative, sondern streut auch Demokratiefeindlichkeit. 

„Zukunft Heimat“ hat das Milieu vorbereitet 

Der 2015 gegründete Verein versucht seither Menschen in der Region für ihre rassistischen Zwecke zu mobilisieren. In einem Zusammenschluss mit der AfD und Pegida organisierte der Verein seit 2017 völkische und rassistische Aufmärsche in Cottbus. Seitdem marschiert hier in regelmäßigen Abständen eine Bandbreite aus Cottbuser Bürger:innen, AfD, NPD, „Identitären“, „EinProzent“, Pegida und Neonazis mit Kampfsporterfahrungen durch die Altstadt von Cottbus.

Das Bündnis um „Zukunft Heimat“, das sich gerne bürgerlich gibt, war von Beginn an offen für gewaltbereite und organisierte Neonazis. 2017 und 2018 konnte „Zukunft Heimat“ Tausende Menschen gegen Geflüchtete auf die Straße bringen. Dabei waren die Veranstaltungen auch von einer im Kern antisemitischen Agenda geprägt, wonach das deutsche Volk von einem „großen Austausch“ bedroht werde. Die Demonstration am vergangenen Samstag hatte denselben Charakter. Da Hohm und Co. den Aufmarsch als großen Erfolg werten, mobilisieren sie bereits für kommenden Samstag, den 11. Dezember, nach Cottbus.

Die Polizei war für eine Anfrage nicht zu erreichen.

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