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„Neue Stärke Partei“ Jung-Nazis wollten sich für den Tag X bewaffnen

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(Quelle: Kira Ayyadi )

Am 22. November 2022 fanden im Großraum Stuttgart, München und Mannheim insgesamt acht Hausdurchsuchungen statt. Die Ermittlungen des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg richten sich gegen fünf Mitglieder und Sympathisanten der „Neue Stärke Partei“ (NSP) im Alter von 19 bis 23 Jahren, das ergaben Recherchen der dpa und der Süddeutschen Zeitung. Ihnen wird vorgeworfen, Waffen in Osteuropa beschaffen zu wollen. Bei der Razzia stellten Ermittler*innen unter anderem NS-Devotionalien, diverse erlaubnisfreie Waffen und elektronische Datenträger sicher. Den Beschuldigten wird die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat vorgeworfen. Teilweise sollen sie an einer rassistischen und antisemitischen Banner-Aktion im Juni vor der Ulmer Synagoge beteiligt gewesen sein. 

Über Strukturen der „Identitäre Bewegung“ zum offenen Neonazismus

Die NSP wurde im November 2021 gegründet. Im Frühjahr wurde bekannt gegeben, dass die Parteistruktur um eine „Abteilung“ Stuttgart erweitert wurde. Die NSP wird in Baden-Württemberg wie im benachbarten Bayern vom Verfassungsschutz beobachtet.  Diese sogenannte „Abteilung“ Stuttgart umfasste einen Personenkreis von rund fünf Aktiven, aus welchen sich schnell Arthur B. als Kopf dieser Personengruppe hervortat. Erstmalig ist er im Winter 2021 in einem rechtsextremen Umfeld aufgefallen. Ende November 2021 posierte er mit Aktivisten von „Aktives Hessen“, eine Gruppe der „Identitären Bewegung“ (IB), nach einer verschwörungsideologischen Pandemieleugner*innen – Demo in Frankfurt für ein Foto.

Ab Januar wendete sich Arthur B. von den IB-Strukturen ab und sich offeneren neonazistischen Gruppen zu, indem er am 22. Januar 2022 den geschichtsrevisionistischen „Gedenkmarsch“ in Magdeburg besuchte. B. lief im Block der NSP mit. Kurze Zeit später wurde öffentlich bekannt gegeben, dass sich in Stuttgart eine neue „Abteilung“ der NSP gegründet hat. Arthur B. nahm anschließend an vielen überregional mobilisierten Demos der „Neue Stärke Partei“ teil. Im Raum Stuttgart beschränkten sich B.‘s Aktivitäten auf Flyeraktionen sowie auf das Erstellen von Fotos mit klaren neonazistischen Bezug. Er und seine Gruppenmitglieder posierten auf Bildern mit Reichsflagge oder auch mit einer Flagge, auf welcher der Schriftzug „FCK Antifa“ zu lesen ist. Die süddeutsche NSP-Gruppierung versucht sich zum einen den öffentlichen Raum anzueignen, zum anderen inszenieren sie sich als ernstzunehmende neonazistische Gruppe. Tatsächlich sind sie jedoch in der regionalen Neonaziszene um Stuttgart stark isoliert

Zuspitzung vor der Synagoge in Ulm

Über den Sommer setzte eine erste Zuspitzung in den Aktionen ein. Auf den Tag genau ein Jahr nach einem versuchten Brandanschlag auf die Synagoge in Ulm, posierte Arthur B. am 5. Juni 2022 mit drei weiteren Neonazis vor jener Synagoge. Das Datum war nicht zufällig gewählt. Vor der Synagoge spielten sie über einen Lautsprecher Rechtsrock mit volksverhetzenden Texten ab und zeigten zwei Transparente. Auf einem war der Schriftzug „White lives matter. Stop the white genocide“ zu lesen, auf einem weiteren war eine „Schwarzen Sonne“ abgebildet. Mit ersterem Transparent haben sie direkt auf die verschwörungsideologische Erzählung des „Großen Austausch“ Bezug genommen. Diese besagt, dass eine „geheime Elite“ durch gesteuerte Migration die weiße Bevölkerung in Europa austauschen möchte. Die Erzählung diente bereits mehreren rechtsterroristischen Attentätern als Motivation für ihre Taten. Die „Schwarze Sonne“ ist ein Symbol, bestehend aus drei übereinander gelegten Hakenkreuzen. Im neonazistischen Milieu ist das Zeichen sehr beliebt, da es nicht verboten ist, jedoch deutlich die eigene Zugehörigkeit zur NS-Ideologie anzeigt.  Die Gruppe „Rechte Umtriebe Ulm“ berichtete über diesen antisemitischen Vorfall. Arthur B. und seine Mitstreiter konnten von den Sicherheitsbehörden schnell ermittelt werden. Laut B.s eigener Aussage fand bei ihm im Zuge der Synagogen-Aktion Mitte Juli eine Hausdurchsuchung statt. Der Vorwurf lautete Volksverhetzung, wie der SWR berichtet.

Arthur B. prahlte im Internet indirekt mit der rechtsextremen Machtdemonstration vor der Synagoge.

An der Aktion vor der Synagoge in Ulm war ebenso Alex H. (23) aus München beteiligt, so die Süddeutsche. Er taucht immer wieder im Umfeld von Arthur B. sowie der NSP auf, wie zum Beispiel zu der 1. Mai Demo der „Neue Stärke Partei“ in Erfurt. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart gab auf Belltower.News-Anfrage nicht preis, ob die Durchsuchungen am 22. November in Zusammenhang mit den Verfahren bezüglich der antisemitischen Aktion an der Ulmer Synagoge stehen. Die Vermutung liegt jedoch nahe. Auch die Süddeutsche Zeitung sieht, dass es in beiden Fällen Überschneidungen gibt.

Alex H. posiert am Tag der Synagogen-Aktion vor dem Ulmer Hauptbahnhof (Quelel: Screenshot Instagram)

Aus Frust werden Anschlagspläne: Vorbereitung auf „Tag X“?

Die NSP ist mit großen Zielen angetreten, zerfällt allerdings zusehends. Aus dem Ziel „die Neonaziszene zu einen“ ist ein Auseinanderbrechen nach innen geworden. Der Minipartei fehlen einerseits politische Strategien, Konzepte sowie Inhalte. Andererseits erfährt diese Neonazi-Partei großen Widerstand aus der Zivilgesellschaft. Die daraus resultierende öffentliche Unwirksamkeit sowie ein schwaches Mobilisierungspotential gehen vermutlich nicht an allen (ehemaligen) Mitglieder spurlos vorbei. Besonders bei den jüngeren kann die Erfolglosigkeit und fehlende Anerkennung innerhalb der Szene zu hohen Frustrationsmomenten führen.

In der Außendarstellung inszeniert sich die NSP als soldatischer Männerbund. Dies wird an ihrem martialisch wirkenden uniformierten Auftreten sichtbar. Diese Selbstinszenierung, gekoppelt mit dem auffällig starken Fokus auf Feindbilder, wie Antikommunismus, Queerfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus in der Agitation, führt zu einer hohen Gewaltfokusiertheit bei den Mitgliedern. Ein weiterer Aspekt in der zunehmenden Radikalisierung des Stuttgarter NSP-Ablegers scheint die regionale Isolierung zu sein. Ohne Anbindung und Aussicht auf Anerkennung innerhalb der Szene wurde scheinbar nach neuen Strategien gesucht, um dies zu ändern. Letztlich wurden sie scheinbar im Konzept des rechten Terrors fündig. Laut einem Bericht des SWR hätten sich die Rechtsextremisten, bei denen nun die Hausdurchsuchungen stattfanden, durch den Kauf von Waffen auf den „Tag X“ vorbereiten wollen. Ein imaginierter Tag, an dem Rechtsextreme hoffen, dass ein Bürgerkrieg beginnt, an dessen Ende die Herrschaft der Rassist*innen steht.

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