Am Sonntag stand in Nordrhein-Westfalen die Landtagswahl an. Mit dabei im Kampf um die Wählergunst waren am äußeren rechten Rand neben der altbekannten NPD und den Republikanern diverse Kleinparteien. Eine dieser Kleinparteien ist die 2007 gegründete ?Bürgerbewegung Pro NRW? mit wahrscheinlich circa 80 Mitgliedern und weitgehend ohne Basis, Schwester anderer ?Pro?-Bürgerbewegungen wie Pro Köln und Pro Deutschland.
Leicht verständliche, plakative und jeglicher Substanz entbehrende Forderungen und Wahlversprechen prägten diesen Wahlkampf ? Populismus heißt die Devise.
Auf inhaltlicher Ebene unterscheiden sich die Wahlkämpfe der NPD, Republikaner und Pro NRW kaum: alle drei setzen auf islamfeindliche Slogans: Sie fordern ein Minarettverbot, ein Ende der ?Islamisierung?, welche auf dem Plakat der Republikaner anschaulich als Zukunftsszenario mit zur Moschee umfunktioniertem Reichstagsgebäude ausgemalt wird, schüren Angst vor (islamischer) ?Überfremdung? und beschwören die deutsche beziehungsweise nordrhein-westfälische ?Heimat? als völkisch-homogenen Raum herauf. Islamfeindlichkeit wird wohl spätestens seit den Erfolgen der Schweizerischen Volkspartei im vergangenen Jahr, als konsensfähig und damit stimmenbringend verstanden.
Sowohl die Republikaner, die NPD, als auch Pro NRW benennen sich in Anlehnung an die FPÖ als ?die soziale Heimatpartei?. Die Grenzen innerhalb der Rechtsaußen-Parteien in Nordrhein-Westfalen verschwimmen nicht nur auf inhaltlicher Ebene, auch personelle Überschneidungen sind offensichtlich. Doch dies führt nicht zu einer Annäherung der Parteien, eher zu Gerangel um Individualität und Abgrenzung ? der aktuelle Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen zeigt wieder einmal deutlich, dass eine neue, geeinte Partei ?Die Rechte? noch Zukunftsmusik ist. So haben bleibt für die Rechtsaußen-Parteien sogar spannend, ob sie Erstattungen aus der staatlichen Parteienfinanzierung erreichen ? dafür brauchen sie mindestens 1 Prozent der Stimmen.
Zwei Faktoren, auf die die Rechtsaußen-Parteien hoffen: Bei dieser Landtagswahl wird in Nordrhein-Westfalen der Wahlmodus umgestellt: Statt wie bisher nur einer Stimme werden Erst- und Zweitstimme für Kandidaten und Partei abgegeben. Die Rechtsaußen-Parteien haben im Wahlkampf stark auf parteilich noch ungebundene JungwählerInnen gesetzt.
Pro-NRW-Finanzier Patrik Brinkmann – einer derjenigen, die eine Laufbahn quer durch die rechte Parteienlandschaft hinter sich haben – kandidiert zwar nicht für die Landtagswahl, ist aber im Wahlkampf, gern auch bibelschwingend, allgegenwärtig.
So auch bei den ?antiislamischen Aktionstagen? Ende März, deren Auftakt in ?Mahnwachen? vor Moscheen bestand, gefolgt vom ?Themenparteitag Minarettverbot? in Gelsenkirchen mit GastrednerInnen unter anderem der FPÖ, SVP und der belgischen Vlaams Belang. Zeitgleich fand in Duisburg eine NPD-Kundgebung statt. Den ?krönenden Abschluss? der Pro-NRW-Aktionstage stellte die Demonstration zur Merkez-Moschee in Duisburg-Marxloh dar, wobei sie Unterstützung aus dem europäischen Ausland bekam ? und trotzdem nur auf 150 statt der angekündigten 1.000 DemonstrantInnen kam. Auch hier ließ die NPD es sicht nicht nehmen, gleichzeitig in Duisburg zu demonstrieren, allerding auch nicht mit mehr Erfolg (200 TeilnehmerInnen). Die Gegenveranstaltungen besuchten im Gegenzug um die 10.000 Menschen und setzten damit ein deutliches Zeichen.
Auch anlässlich des ersten Mai kam Pro NRW zuerst auf die Idee: eine Kundgebung in Solingen anzumelden ? hier zog die NPD wieder sofort nach. Bei Pro NRW zu Wort kommen sollte neben dem Vorsitzenden Markus Beisicht (Ex-Republikaner und Ex-DLVH) der Sponsor Brinkmann – zu hören bekamen die wenigen SympathisantInnen Dank der Gegenseite nichts. Pro NRW positioniert sich angesichts der NPD-Nachahmungstaktik folgendermaßen: ?Offenbar versuchen die Geheimdienste über ihre V-Leute die neonazistische NPD für den Kampf gegen Pro NRW einzubinden. ? Man schafft sich seine eigenen NS-Karikaturen und setzt diese gezielt gegen islamkritische rechte Demokraten ein.“
Seit Montag läuft der Wahlkampf nun auf Hochtouren: die NPD ist mit einem Tourwohnmobil (?Flaggschiff D?) mit dem Aufdruck ?Arbeit zuerst für Deutsche? und nach eigenen Angaben mit einem Werbeflugzeug unterwegs.
Die Tour von Pro NRW verläuft unter dem Titel ?Abendland in Christenhand?, der Schriftzug ?Kreuzzug für das Abendland? schmückt den vermutlich von Vlaams Belang geliehenen Bus. Auch für sie durchfliegt nach eigenen Angaben ein Werbeflugzeug den Luftraum über NRW.
Pro NRW erscheint bei den Infoveranstaltungen dieser Woche in geringer Personenzahl, trifft dafür auf etliche GegendemonstrantInnen, die etwa die Redebeiträge und das Singen der Nationalhymne übertönen. In Gütersloh wird der Pro-NRW-Bus umzingelt, die Insassen werden am Aussteigen gehindert. Der Busfahrer reagiert panisch und fährt ohne Rücksicht auf Verluste los.
Obwohl die Unterschiede zwischen NPD und Pro NRW in diesem Wahlkampf wie beschrieben gering bis unsichtbar ausfallen, schafft es Pro NRW wesentlich besser als die NPD, die Öffentlichkeit auf sich aufmerksam zu machen. Pro-NRW-Aktionen sind in den Medien präsent ? von der NPD ist fast nichts zu lesen. Entsprechend werden Pro NRW-Aktionen eifrig gestört, während die NPD in aller Ruhe ihren Wahlkampf machen kann. Kaum ein Bericht erscheint über die NPD-Tour, offensichtlich konzentrieren sich die Gegenaktionen auf Pro NRW. Lediglich die Verletzung eines (schwarzen) Gegendemonstranten durch NPDler, was von mehr anwesenden GegendemonstrantInnen hätte verhindert werden können, scheint erwähnenswert. Dafür twittert das sich ungehindert bewegende ?Flaggschiff? eifrig, wo es sich gerade befindet.
Laut der Forsa- sowie der Emnid-Umfragen vom 6.5. liegen ?Sonstige? bei 5%. Bleibt zu hoffen, dass NPD, Pro NRW und Republikaner mit unter einem Prozent nach Hause gehen müssen.
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| Rechtsaußen und die Landtagswahl
Wahlergebnisse des 09.05.2010:
Bei den Landtagswahlen gelang es keiner der Rechtsaußen-Parteien, viele Wählerinnen und Wähler zu überzeugen. „Pro NRW“ kam auf 1,4 Prozent und ist somit zumindest (aus ihrer Sicht) in der Parteienfinanzierung, die NPD kam auf 0,7 Prozent der Stimmen, die Republikaner auf 0,3 Prozent (tagesschau.de).