04.01.2016
NSU-Prozess: Anwälte weisen Zschäpe-Vorwürfe zurück
Missverstanden und falsch zitiert: Die Anwälte der Hauptangeklagten im NSU-Prozess wehren sich gegen Kritik von Beate Zschäpe. Die will ihre Verteidiger loswerden.
http://www.welt.de/regionales/bayern/article150441120/Heer-Stahl-und-Sturm-weisen-Zschaepe-Vorwuerfe-zurueck.htmlhttp://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-12/nsu-prozess-beate-zschaepe-stahl-sturm-heer-streithttp://www.focus.de/politik/experten/fricke/in-diesem-jahr-soll-das-urteil-fallen-clinch-mit-dem-rechtsstaat-nur-eines-koennte-fuer-zschaepe-noch-die-wende-bringen_id_5182611.html
06.01.2016
Nürnberger NSU-Opfer: Gedenktafel für Enver Simsek verschwunden
Eine Tafel zum Gedenken an den vom NSU in Nürnberg ermordeten Enver Simsek ist verschwunden. Sie wurde nicht zum ersten Mal entfernt.
http://www.br.de/nachrichten/mittelfranken/inhalt/simsek-nsu-opfer-gedenktafel-100.html
07.01.2016
NSU-Prozess: Protokoll des dritten Jahres
Jahr drei im größten Strafprozess Deutschlands seit der Wiedervereinigung ist vorbei: Das SZ-Magazin hat die NSU-Verhandlung verfolgt und mitgeschrieben. Wieder ist daraus ein Film entstanden. Sehen Sie hier den Trailer:
http://www.sueddeutsche.de/politik/muenchen-nsu-prozess-protokoll-des-dritten-jahres-1.2807461
Und was bringt Jahr vier?
http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1448572
08.01.2016
NSU: Gemüse im Ausschuss
Im hessischen NSU-Untersuchungsausschuss sagten fünf Mitarbeiter des Verfassungsschutzes aus. Trotz der Erinnerungslücken kamen neue Details ans Licht.
http://jungle-world.com/artikel/2016/01/53265.html
13.01.2016
NSU-Prozess: Verlesen von Listen statt Zschäpe-Aussage
Mit viel Prozess-Routine ist das Münchner NSU-Verfahren nach drei Wochen Weihnachtspause fortgesetzt worden. Die Richter verlasen am Dienstag mehrere Listen mit Beweismitteln, um sie als Beweis in das Verfahren einzubringen. Außerdem verkündeten sie Entscheidungen zu zahlreichen Beweisanträgen. Zu einer Befragung der Hauptangeklagten Beate Zschäpe oder des Mitangeklagten Ralf Wohlleben kam es dagegen nicht. Zschäpes Verteidiger Mathias Grasel hatte die mutmaßliche Rechtsterroristin am Vortag in der Untersuchungshaft besucht. Anschließend teilte er mit, Zschäpe und er seien auf die Beantwortung von Fragen vorbereitet. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl betonte jedoch am Dienstag in der Verhandlung, es bleibe «bei dieser Abfolge: Wohlleben, dann Zschäpe voraussichtlich erst nächste Woche». Das Gericht gewährte Wohlleben jedoch einen Tag Aufschub. Einer seiner Verteidiger habe «Besprechungsbedarf» mit seinem Mandanten geltend gemacht. Die Befragung Wohllebens soll jetzt am Mittwoch weitergehen.
14.01.2016
Wohlleben-Aussage im NSU-Prozess: „Scharfe Waffen waren nie Thema“
Der Mitangeklagte Ralf Wohlleben hat sich im NSU-Prozesses erneut persönlich geäußert – und spielte dabei seine frühere Rolle in der Neonazi-Szene Thüringens herunter. Scharfe Waffen seien zudem nie ein Thema gewesen. Gefühl der Gruppenzugehörigkeit, Begeisterung für Fahnen, Hang zu Disziplin – das waren laut Ralf Wohlleben die Gründe, warum er sich in den 1990er-Jahren der Neonazi-Szene Thüringens angeschlossen hatte. In Wahlkampfveranstaltungen der NPD sei er als Jugendlicher rein zufällig geraten. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Manfred Götzl, was es mit der rechtsextremen „Kameradschaft Jena“ auf sich hatte, antwortete der 40-Jährige lapidar: „Wir dachten, in anderen Städten gibt es auch Kameradschaften, dann muss es hier auch eine geben.“ Wohlleben vermied es, die Kameradschaftsszene in einen politischen Kontext zu stellen, es hätte sich lediglich um eine Art Wettbewerb zwischen Gruppen gehandelt, spielte auch seine eigene Rolle herunter („kein Organisationstalent“). Auf Götzls Frage, wie Wohlleben sein Bekenntnis zu „jedem Teil“ der deutschen Geschichte verstehe, wurde er aber dann doch politisch: Man dürfe sie nicht auf zwölf Jahre reduzieren, so der Angeklagte. Die bundesdeutsche Aufarbeitung der NS-Zeit bezeichnete er als „einseitig“: „Immer diese Fokusierung auf Kriegsschuld der Deutschen – zum Beispiel die Luftangriffe auf Dresden: Die Opferzahlen werden von hoher sechsstelliger auf eine fünfstellige Zahl heruntergelogen“, so der Angeklagte. Wohlleben räumte in einer Befragung durch das Gericht ein, schon früh von einem Faible des späteren Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt für Waffen gewusst zu haben. Während er und der Mitangeklagte Holger G. Geld verspielt hätten, habe Böhnhardt immer in einem Waffenladen eingekauft. Von scharfen Waffen will Wohlleben aber nichts gewusst haben: «Ich könnte mich nicht erinnern, dass irgendwann einmal scharfe Waffen oder Sprengstoff bei uns ein Thema gewesen wären.»
https://www.tagesschau.de/inland/nsu-prozess-wohlleben-107.htmlhttp://www.welt.de/regionales/thueringen/article150942356/Scharfe-Waffen-waren-bei-uns-kein-Thema.html
15.01.2016
NSU-Angeklagter Ralf Wohlleben: Aussagen werden zum Bumerang
Statt einer Entlastung bestätigt der Jenaer Neonazi unfreiwillig die Vorwürfe gegen ihn. Ralf Wohlleben hat sich vor Gericht um Kopf und Kragen geredet. Die Befragung, der er sich freiwillig gestellt hat, ging am Donnerstag (14. Januar) weiter und endete am Nachmittag. Das Gericht hatte genug gehört. Dass danach die Ankläger der Bundesanwaltschaft keinerlei Fragen an den Angeklagten hatten, muss nicht überraschen. Aber auch für die Nebenkläger, die den Prozess mit ihren Initiativen immer wieder antreiben, hatte sich Vieles erledigt – im Sinne der Anklage. Was von der Wohlleben-Verteidigung als Befreiungsschlag gedacht war, erwies sich als Rohrkrepierer oder schlimmer: als eine Aktion, die anzunehmender weise auf den Angeklagten zurückfallen wird. Unfreiwillig hat er viele Sachverhalte bestätigt, vor allem im Zusammenhang mit Geld- und Waffenbeschaffung für das untergetauchte Trio Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe.
http://www.heise.de/tp/news/NSU-Angeklagter-Ralf-Wohlleben-Aussagen-werden-zum-Bumerang-3071563.html
20.01.2016
NSU-Untersuchungsausschuss: Umstrittene Befragung von Neonazis
Die Verstrickung von Verfassungsschutz und rechter Szene ist kaum aufgeklärt. Der hessische Landtag setzt im Untersuchungsausschuss nun auf die Befragung von Neonazis. Doch diese Entscheidung ist umstritten.
Was hat der hessische Untersuchungsausschuss in den letzten 12 Monaten herausgefunden? Eine Bilanz:
21.01.2016
NSU-Prozess: Warum dauert er so lange?
Diese Frage ist immer wieder zu hören und nach über 250 Verhandlungstagen mehr als verständlich. Antworten von DW-Prozessbeobachter Marcel Fürstenau aus München.
http://www.dw.com/de/nsu-prozess-warum-dauert-er-so-lange/a-18994337
NSU-Prozess: Lob mit Signalwirkung
Ralf Wohlleben hat im NSU-Prozess ausgesagt, doch an seinen Angaben bestehen Zweifel. Über die Auskünfte der Mitangeklagten Carsten S. und Holger G. äußerte sich ein Staatsanwaltschaft hingegen geradezu begeistert: „Wahnsinnig spannend.“
22.01.2016
Neue Aussage im NSU-Prozess: Zschäpe nennt Helfer – und macht sich klein
Im NSU-Prozess hat sich Beate Zschäpe erneut schriftlich geäußert – und mehrere Neonazis als Helfer belastet. Ihre eigene Rolle bei den NSU-Verbrechen spielte sie erneut herunter. Der Mitangeklagte Wohlleben stellte unterdessen einen Befangenheitsantrag gegen Richter Götzl.Die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe hat in ihrer von einem ihrer Anwälte verlesenen neuen Erklärung mehrere Neonazis als Helfer genannt. So habe der Anführer der Chemnitzer „Blood & Honour“-Gruppe, Jan W., eine Waffe beschafft, hieß es in der Erklärung. Das habe ihr Uwe Böhnhardt erzählt. Dabei sei auch von einem Schalldämpfer die Rede gewesen. Im NSU-Prozess hat Anwalt Hermann Borchert am Donnerstag Antworten der Angeklagten Beate Zschäpe vorgelesen. Sie bezogen sich auf Fragen, die Richter Manfred Götzl ihr nach ihrem schriftlichen Geständnis vor mehreren Wochen gestellt hatte. Borchert beginnt mit dem Alkoholkonsum Zschäpes. Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos waren strikt gegen Alkohol. Ende 2006 begann Zschäpe wieder regelmäßig Sekt zu trinken, am Schluss trank sie zwei oder drei Flaschen über den Tag verteilt. Die leeren Flaschen entsorgte sie heimlich. Zur politischen Sozialisation Uwe Böhnhardts sagt sie, dass er weniger für Hitler, mehr für die deutsche Armee im Zweiten Weltkrieg geschwärmt habe. Er sei ein unbedingter Waffennarr gewesen und wurde oft handgreiflich, auch Zschäpe gegenüber. Mundlos, „ein fanatischer Sportler“, habe die gleiche politische Einstellung wie Böhnhardt gehabt. Er sei aber weniger gewalttätig gewesen, sondern „eher ein Zyniker“. In den letzten Jahren habe man überhaupt nicht mehr über Politik gesprochen, vorher nicht dezidiert. Alle drei hätten sie die „Überfremdung Deutschlands“ befürchtet. Zschäpe sagt aus, sie habe es dennoch nicht, „nie“, für möglich gehalten, dass die beiden einen Mord begehen könnten.
https://www.tagesschau.de/inland/nsu-prozess-zschaepe-103.htmlhttp://www.fr-online.de/neonazi-terror/nsu-prozess-zschaepe-nennt-namen-,1477338,33575272.htmlhttp://derstandard.at/2000029521988/Zschaepe-schreibt-sich-passive-Rolle-in-NSU-Gruppe-zu
25.01.2016
NSU-Prozess: Was bezwecken die Aussagen von Beate Zschäpe?
Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess hat viele Details genannt. Damit will sie ihre Glaubwürdigkeit stärken. Gleichzeitig könnte Beate Zschäpe aber auch mehr über ihre Rolle verraten, als ihr lieb ist.
NSU-Prozess: Beschuldigter Jan W. widerspricht Zschäpe
Beate Zschäpe versucht, sich mit ihrer Aussage im NSU-Prozess selbst zu entlasten – und belastet mutmaßliche Unterstützer der Terrorzelle. Einer von ihnen nennt Zschäpes Darstellung nun im SPIEGEL „vollkommen verrückt“. Der ehemalige sächsische Neonazi-Aktivist Jan W. hat den jüngsten Aussagen der Hauptangeklagten im Münchner NSU-Prozess, Beate Zschäpe, widersprochen. Die mutmaßliche Rechtsterroristin hatte am Donnerstag vor Gericht erklären lassen, W. habe ihren Komplizen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos einst eine Pistole in den Untergrund geliefert; auch von einem Schalldämpfer sei damals die Rede gewesen. Das habe ihr Böhnhardt erzählt. W. wies diese Behauptung nun zurück. Er sagte dem SPIEGEL, er habe „nie eine Waffe besessen, geschweige denn an die drei weitergegeben“. Er kenne Zschäpe überhaupt nicht. Ihre Aussage sei „vollkommen verrückt“. Jan W. ist einer von insgesamt 14 Beschuldigten im NSU-Ermittlungskomplex; fünf von ihnen stehen derzeit in München vor Gericht – W. gehört nicht dazu.
Kommentar NSU-Prozess: Den Mythos selbst beerdigt
Dass Zschäpe NSU-Helfer benennt, ist der letzte Versuch, einer Höchststrafe zu entkommen. Rechtsextreme werden ihr das aber nicht vergessen. Es ist der Donnerstagnachmittag, der das Ende der rechten Szene-Ikone Beate Zschäpe einläutet. Der Tag, an dem sich die Hauptangeklagte im Münchner NSU-Prozess zum zweiten Mal zu Wort meldet. Und in der sie sich abwendet von ihren einstigen Szene-Gefährten. 54 Fragen hatte Richter Manfred Götzl nach Zschäpes erster Einlassung im Dezember gestellt. Und 54 Antworten liefert nun Zschäpe, schriftlich, vorgetragen von ihrem Anwalt. Im Kern bleibt sie bei ihrer Unschuldsrolle: die der verzweifelten, unterwürfigen Unbeteiligten. Die Morde und Anschläge waren alleiniges Werk ihrer Untergrundkumpanen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt.
05.02.2016
NSU-Prozess: Ein Rohrkrepierer, kein V-Mann und das Internet
Kaum hatte der 259. Verhandlungstag im NSU-Prozess begonnen, schon geriet er wieder ins Stocken. Die Wohlleben-Verteidigung bat um eine Verhandlungsunterbrechung, um einen Ablehnungsantrag vorzubereiten – unter anderem gegen den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl. Der Ablehnungsantrag richtete sich gegen zwei Mitglieder des Strafsenats, einer von ihnen war der vorsitzende Richter Götzl. Doch nach zweistündiger Pause teilten die Verteidiger mit, man werde die avisierten Gesuche nun doch nicht stellen. So konnten schließlich die beiden geladenen Zeugen vernommen werden: Ein Neonazi aus der Jenaer Szene und ein Polizist, der die Festplatte der Freundin des Angeklagten Holger G. ausgewertet hatte.
http://www.br.de/nachrichten/nsu-prozess/160204-nsu-prozess-259-verhandlungstag-100.htmlhttp://www.news.de/panorama/855630796/beate-zsschaepe-neonazi-anschlaege-nationalsozialistischer-untergrund-neue-wendung-im-nsu-prozess-befangenheitsantrag-zschaepes-abgelehnt/1/
08.02.2016
NSU-Prozess: Zschäpe bekommt keinen fünften Verteidiger
Das Gericht hat Beate Zschäpes Wunsch abgelehnt, Herrmann Borchert als ihren fünften Pflichtverteidiger zu bestellen.Die Angeklagte sei durch ihre vier Pflichtverteidiger bereits sachgerecht verteidigt, heißt es zur Begründung.
So soll der NSU-Prozess torpediert werden
Der bemerkenswerteste Abschnitt des 259. Prozesstags war eine zweistündige Pause: Die hatten sich die Verteidiger des Mitangeklagten Ralf Wohlleben erbeten, um erneut Befangenheitsanträge gegen die NSU-Richter Manfred Götzl und Michaela Odersky zu formulieren. Nach der Pause dann die knappe Mitteilung der Anwälte: Ihr Mandant habe es sich anders überlegt. “Wieder verstrich ein Verhandlungstag, ohne dass der Prozess spürbar vorangekommen wäre”, meint Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online dazu – und vermutet Methode dahinter: Wohlleben und der Hauptangeklagten Beate Zschäpe gehe es darum, in einer Art Torschlusspanik “den Prozess nach Kräften zu torpedieren”.
http://blog.zeit.de/nsu-prozess-blog/2016/02/05/medienlog-antraege-sabotage-nsu/
12.02.2016
NSU-Prozess: Zschäpe schickt indirekt Drohung an Richter
Die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe hat erneut einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter im Münchner NSU-Prozess, Manfred Götzl, gestellt. In ihrem am Mittwoch verfassten dreiseitigen handgeschriebenen Brief hält sie Götzl vor, er verweigere ihr „faktisch den Anwalt meines Vertrauens“. Daraus könne sie nur folgern, dass Götzl ihr gegenüber „nicht mehr unparteiisch“ sei. Weiter heißt es in dem Schreiben, Anwalt Borchert habe sie seit Sommer 2014 mindestens 80 mal in der Haft besucht und ohne ihn wäre es nicht dazu gekommen, dass sie Aussagen vor Gericht macht. Nur durch die Beratung von Borchert und seines Kollegen Mathias Grasel „war es mir möglich und wird es mir zukünftig möglich sein, mich zur Anklage sachgerecht zu äußern“. Hier lässt Zschäpe eine indirekte Drohung mitschwingen, dass sie ohne fünften Pflichtanwalt möglicherweise keine Angaben mehr zur Sache machen werde.
NSU-Untersuchungsausschuss Sachsen: Sachsens Grüne beklagen weitere Vernichtung von Unterlagen
Was geschah am Tag, an dem das NSU-Trio aufflog? Das beschäftigt immer noch den Untersuchungsaussschuss im Sächsischen Landtag. Den Ermittlungen zufolge haben Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sich in einem Wohnwagen erschossen. Dann sprengte Beate Zschäpe ihre Zwickauer Wohnung in die Luft. Handy-Verbindungsdaten ergaben, dass Zschäpe danach mehrfach von der Polizei und vom Innenministerium angerufen wurde. Von wem und warum ist weiter unklar. Wie sich nun herausstellte, wurden Protokolle dazu offenbar gelöscht.
http://www.mdr.de/sachsen/nsu-lagefilm-geloescht-100.html
17.02.2016
Erneut möglicher NSU-Zeuge gestorben: Zeit für Antworten nach fünf Todesfällen
Wieder ist ein potenzieller Zeuge aus dem NSU-Komplex überraschend verstorben. Im Umfeld herrscht Todesangst. Nicht zu Unrecht. Hajo Funke, emeritierter Berliner Politikprofessor und Experte in diversen NSU-Untersuchungsausschüssen, schrieb in seinem Buch „Staatsaffäre NSU“, dass Todesangst bei Zeugen und Todesfälle im Zusammenhang mit dem NSU-Komplex so lange nicht aufhören würden, bis die „Struktur der Hintermänner aufgeklärt“ sei. Funke bezog sich damit auf eine Reihe aufsehenerregender Todesfälle im Zusammenhang mit dem Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter 2007, der dem NSU zugeschrieben wird. Vieles spräche dafür, so Funke, dass die Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos den Mord zumindest nicht allein begangen haben könnten. ie bittere Voraussage Funkes könnte sich bestätigen: Wie jetzt öffentlich wurde, ist am Montag, den 8. Februar 2016, Sascha W. tot aufgefunden worden. Er war der Verlobte von Melisa M., die ihrerseits vor einem Jahr verstorben ist. Sie wiederum war die Exfreundin von Florian H., der im September 2013 Suizid begangen haben soll. Florian H. und Melisa M. ist gemeinsam, dass sie Aussagen zum Kiesewetter-Mordfall in Heilbronn gemacht haben. Florian H. starb an dem Tag, an dem er von Ermittlern des LKA vernommen werden sollte. Er verbrannte im September 2013 in seinem Auto auf den Stuttgarter Canstatter Wasen. Die ermittelnden Behörden sprachen von Suizid. Zuvor hatte der Nazi-Aussteiger behauptet, er wisse, wer Kiesewetter ermordet habe. Im Fall Sascha W. hat die Staatsanwaltschaft Karlsruhe eine Obduktion angeordnet, weil keine natürliche Todesursache festgestellt werden konnte. Auch für ein Fremdverschulden gebe es „bislang keine Anhaltspunkte“, so Sprecher Tobias Wagner gegenüber heise.de. Laut dem vorläufigen Obduktionsergebnis deute für die Staatsanwaltschaft Karlsruhe alles auf einen Suizid hin, zumal es eine elektronisch verschickte Abschiedsnachricht gäbe. Sascha W. ist bereits der fünfte mögliche tote Zeuge seit dem Auffliegen des NSU: 2009 fand man die verbrannte Leiche von Arthur C., sein Name tauchte in den Ermittlungsakten zum Kiesewetter-Mord auf. Thomas R., auch bekannt als V-Mann „Corelli“, war mehr als 18 Jahre lang für den Verfassungsschutz aktiv. Er erlag einer angeblich unerkannten Diabetes. Sein Name stand auf einer bei NSU-Mitglied Mundlos gefundenen Adressliste.
http://www.taz.de/!5275907/http://www.heise.de/tp/artikel/47/47412/1.html
Zeuge im NSU-Prozess: „Ich hätte mich mit Waffen zudecken können“
Waffen beschaffen? Angeblich kein Problem – zum Beispiel aus russischen Beständen: Im NSU-Prozess erzählt ein früherer Thüringer Bandenchef von einem Leben voller „Koks, Frauen und Hotelaufenthalten“. Was der Zeuge Jens L., 49, von Beruf „Kraftfahrer nach dem Knast“, vor dem NSU-Senat in München zum Besten gibt, ist starker Tobak. Es ist aber wohl auch viel heiße Luft. Jens L. ist ein großer, glatzköpfiger Mann mit breitem Kreuz, dem Tätowierungen aus dem Kragen eines weißen Pullovers wachsen. Er spricht breitestes sächsisch in rasendem Tempo, so dass manche seiner Sätze in einem Brei von Nuscheln untergehen, begleitet von einer unruhigen Körpersprache, die seinen ausgeprägten Missmut, hier als Zeuge aussagen zu müssen, ausdrückt. Er habe doch schon alles beim „Generalstaatsanwalt“ gesagt, es stehe in den Akten, was er wisse, sagt L. Und mehr werde er um keinen Preis sagen. Denn er habe eine kleine Tochter und fürchte Racheakte seiner ehemaligen Komplizen. Offenbar hat er sich entschlossen, fortan ein rechtschaffenes Leben zu versuchen. Von 1992 bis 2000, sagt L., sei er nämlich mit zwei anderen, Ron und Gil. E., Kopf einer der „führenden Banden in Thüringen“ gewesen, „von der Landesgrenze bis nach Zwickau und Chemnitz“. Man habe „die Bewaffnung wegen vorrückender Türken- und anderer Ausländerbanden“ angestrebt. „Es gab dabei Tote und Schwerverletzte“, sagt L. und fügt hinzu, dass er einige Jahre auch Fremdenlegionär gewesen sei. Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe kenne er nicht. André E., er deutet in dessen Richtung, „der da, der wie ein Taliban aussieht mit seinem Vollbart“, und Ralf Wohlleben habe er vielleicht mal gesehen. Und auch Holger G. möglicherweise. Aber: „Ich will keinen Unschuldigen bezichtigen“, sagt er. Das erledige schon „die Presse“.
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/nsu-prozess-was-ein-zeuge-ueber-waffengeschaefte-im-osten-erzaehlt-a-1077689.htmlhttp://www.nordbayern.de/region/nsu-prozess-waffen-kamen-von-unterweltkriminellen-1.4994386http://www.sueddeutsche.de/politik/nsu-prozess-wie-kamen-die-moerder-des-nsu-an-ihre-waffen-1.2866096
Musikexperte Raabe im NSU-Ausschuss: Rechte NRW-Bands und ihre Nähe zum Terror
Die beiden Rechtsrock-Bands „Oidoxie“ und „Weiße Wölfe“ aus NRW machen nicht nur Musik. Sie unterstützen auch militante Neonazi-Strukturen. Was das möglicherweise mit dem NSU zu tun hat, erklärt am Mittwoch (17.02.2016) der Musikexperte Jan Raabe vor dem NSU-Ausschuss
http://www1.wdr.de/themen/politik/nsu/nsu-untersuchungsausschuss-nrw-rechte-musikszene-100.html
18.02.2016
261. Tag NSU-Prozess: Ein Tag, der die ganze Dimension des Schreckens zeigt
Um ihr Leben im Untergrund zu bezahlen, überfielen die NSU-Terroristen Banken und Postfilialen. Einem Auszubildenden schossen sie in den Bauch. Der NSU-Komplex steckt voller Dramen, doch manche Schicksale sind der Öffentlichkeit kaum bekannt. Wie das von Nico R., dem einstigen Auszubildenden der Sparkasse in Zwickau. Er war am Mittag des 5. Oktober 2006 in der Filiale in der Kosmonautenstraße, als ein maskierter Mann hereinstürmte, mit einer Waffe fuchtelte und Geld verlangte. Der Täter sei handgreiflich geworden „und schlug einer Kollegin mit einem Ventilator auf den Kopf“, erinnert sich Nico R., als er am Mittwoch im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München als Zeuge aussagt. Und er schildert, was der Bankräuber – mutmaßlich Uwe Böhnhardt – ihm antat.
19.02.2016
NSU-U-Ausschuss beendet Arbeit: Warum ausgerechnet Heilbronn?
Der NSU-Untersuchungsausschuss im Landtag hat seine Arbeit abgeschlossen – doch Fragen bleiben offen. Darunter: Wie kamen die NSU-Terroristen darauf, in Heilbronn eine Polizistin zu ermorden? Der Landtag nahm die Beschlussempfehlungen des Ausschusses einstimmig an. Damit sprach sich das Parlament auch dafür aus, im neuen Landtag einen zweiten NSU-Ausschuss einzusetzen, um zum Beispiel näher auf mögliche Verbindungen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) nach Baden-Württemberg eingehen. Eine zentrale Aussage des ersten Untersuchungsausschusses ist, dass die Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn wohl ein Zufallsopfer der Rechtsterroristen war. Kiesewetter war 2007 ermordet worden. Der Ausschuss schließt aber Mittäter oder Helfer in Baden-Württemberg nicht aus.
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.nsu-u-ausschuss-beendet-arbeit-warum-ausgerechnet-heilbronn.9db70dd2-1c5d-418f-8a55-46a7fdd0d843.htmlhttp://www.schwaebische.de/region/baden-wuerttemberg_artikel,-NSU-Ausschuss-widerspricht-Verschwoerungstheoretikern-_arid,10395927.html
24.02.2016
NSU-Prozess: Brutale Geldbeschaffung
Wie skrupellos Uwe Böhnhardt bei einem Banküberfall in Zwickau vorging, machte im NSU-Prozess ein Rechtsmediziner deutlich: Er berichtete von den Verletzungen eines Mannes, den Böhnhardt niedergeschossen hatte.
26.02.2016
Im NSU-Prozess plant das Gericht schon bis 2017
München (dpa) Der Münchner NSU-Prozess wird voraussichtlich bis in das kommende Jahr dauern. Wie am Donnerstag am Rande der Verhandlung bekannt wurde, bereitet das Oberlandesgericht derzeit weitere Termine vor. Gerichtssprecherin Andrea Titz bestätigte, dass der Senat vorsorglich bis zum 12. Januar 2017 plane. Bisher reichen die Termine bis zum 1. September 2016. Unterdessen lehnte am Donnerstag der mutmaßliche Terrorhelfer Ralf Wohlleben erneut die Richter im Prozess ab – unmittelbar nach seinem letzten Scheitern mit einem Befangenheitsantrag. Diesmal wirft er dem Gericht vor, ihm das verfassungsmäßige Recht zu nehmen, sich nicht selber belasten zu müssen. Außerdem messe das Gericht mit zweierlei Maß und bewerte gleiche Umstände bei einem seiner Mitangeklagten milder als bei ihm, sagte sein Verteidiger Olaf Klemke.
http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1461967http://blog.zeit.de/nsu-prozess-blog/2016/02/26/aufbaumen-vor-dem-urteil/
Zeugen Michel F. und Benjamin G.: Ausschuss erhofft sich von Neonazis Aufklärung zum NSU-Mord
Standen die NSU-Mörder in Verbindung mit Kasseler Neonazis? Zwei Rechtsextreme sollen heute im Untersuchungsausschuss Auskunft geben: der frühere V-Mann Benjamin G. und Michel F., eine der zentralen Figuren der Szene in Nordhessen.
März 2016
03.03.2016
NSU-Prozess: Stumpfe Waffe
Im NSU-Prozess ist der Mitangeklagte Ralf Wohlleben erneut mit einem Befangenheitsantrag gegen die Richter gescheitert. So oft haben seine Verteidiger dieses Mittel einzusetzen versucht, dass es jede Wirkung verliert.
Ein Agent des Verfassungsschutzes sagt im NSU-Prozess aus – und verhält sich wie ein lustloser Schüler. Dabei hat er durchaus brisante Informationen: Der Geheimdienst habe von der geplanten Waffenbeschaffung des NSU gewusst.
04.03.2016
NSU: Gerichtsmediziner bestätigen Selbstmord-Theorie
Rechtsmediziner zweifeln nicht an einem Selbstmord der beiden mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Die Tatortspuren widersprächen dem nicht, erklärten sie am Donnerstag vor dem Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtags. Die Leiterin der Jenaer Rechtsmedizin, Else-Gitta Mall, sagte, dass aus ihrer Sicht alles für einen sogenannten erweiterten Suizid spreche. Dabei nimmt ein Täter andere mit den Tod. Nach bisherigem Erkenntnisstand hatte Uwe Mundlos Uwe Böhnhardt erschossen, als sich am 4. November 2011 in Eisenach Polizisten dem Wohnmobil der beiden näherten, danach dort Feuer gelegt und sich selbst getötet.
http://www.mdr.de/nachrichten/nsu-eisenach-todesursache-100_zc-fd08c406_zs-950f04ff.html
NSU-Prozess: „Ich dachte nur noch an meine Kinder“
Erneut ging es im NSU-Prozess um Banküberfälle, die Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos verübten. Zeugen erzählten von ihren Erlebnissen, viele lassen die Erinnerungen bis heute nicht los.
11.03.2016
Zeitung: Zschäpe offenbar an Produktion von NSU-Video beteiligt
Das mutmaßliche NSU-Mitglied Beate Zschäpe war einem Pressebericht zufolge offenbar an der Produktion eines Bekennervideos der rechtsextremen Terrorgruppe beteiligt. Zschäpe habe offenbar Fernsehberichte über den Bombenanschlag der NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in der Kölner Keupstraße auf Video aufgenommen und damit aktiv an dem NSU-Bekennervideo mitgearbeitet, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“. Dem Bericht zufolge stieß das Bundeskriminalamt bei der Auswertung einer DVD aus der Wohnung der Gruppe auf Videomitschnitte, die darauf hindeuten, dass Zschäpe die Fernsehberichte über das Attentat am 9. Juni 2004 über Stunden mitschnitt. Demnach wurden die Aufnahmen, die in Teilen später für das Bekennervideo verwendet wurden, zu einer Zeit gemacht, als Mundlos und Böhnhardt noch nicht wieder aus Köln zurück in der Wohnung in Zwickau sein konnten.
www.derstandard.at/2000032628259/Zeitung-Zschaepe-offenbar-an-Produktion-von-NSU-Video-beteiligthttp://www.tagesschau.de/inland/nsu-zschaepe-121.htmlhttp://www.otz.de/startseite/detail/-/specific/Videomitschnitte-nach-NSU-Anschlag-bringen-Zschaepe-in-Bedraengnis-1332707943
April 2016
01.04.2016
Der Verfassungsschutz und das „betreute Morden“ des NSU
Der Dreiteiler „Mitten in Deutschland“, der das Ermittlungsdesaster zum „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) erzählt und den Umgang mit den trauernden Familien, denen gefälschte Beweise angeblicher Drogendeals der toten Väter, Brüder oder Söhne untergeschoben wurden, könnte den Untersuchungsausschüssen endlich helfen, öffentlichen Druck zu erzeugen, um der nicht nur im Landesamt für Verfassungsschutz in Thüringen weiter agierenden Helfer und Vertuscher habhaft zu werden. Quellenschutz, der Schutz und die Unantastbarkeit ihrer V-Leute galt da mehr, als der Schutz der Verfassung, dem die Behörde doch ihre Existenz verdankt, was die Vorsitzende des Untersuchungsausschusse im Thüringer Landtag zu dem dringenden Verdacht bringt, das die Mordserie des NSU ein vom Verfassungsschutz zu verantwortendes „betreutes Morden“ gewesen sei. Ein Obernazi und Chef der Kameradschaft „Thüringer Heimatschutz!“, der auch das Netwerk für den NSU bildete, erhielt nachweislich 208 000 Mark (später in Euro) aus der Kasse des Verfassungsschutzes, mit dem er seinen Heimatschutz und die untergetauchten Drei vom NSU über Wasser hielt. Die drei beklemmenden und zugleich einfühlsam gestalteten Folgen über Täter, Opfer und die dritte über das Pannenszenario der Ermittler, könnte beitragen, dass endlich verantwortlich den vielen Merkwürdigkeiten nachgegangen wird, die alle Untersuchungsausschüsse völlig übereinstimmend und ohne Unterschied der Parteifärbung feststellten und das Desaster derer, die als Ermittler ohne jede Distanz einzig die Familien der Opfer als denkbare Täter ins Visier nahmen. Ausgerechnet der angebliche Selbstmord im Camper, der auf einem Parkplatz im Ortsteil Stegda von Eisenach stand, soll die Aufklärung eines Falles bringen, der ganz nebenbei auch davon erzählt, was in Deutschland auch in Behörden und Dienststellen als rassistische Einstellungen alltäglich ist.
http://www.blog-der-republik.de/der-verfassungsschutz-und-das-betreute-morden-des-nsu
Der erste Teil von „Mitten in Deutschland lief am Mittwoch, die zwei weiteren Teile:
Teil zwei: „Die Opfer – Vergesst mich nicht“ am Montag, 4. April, 20.15 Uhr, ARD.Teil drei: „Die Ermittler – Nur für den Dienstgebrauch“ am Mittwoch, 6. April, 20.15 Uhr, ARD.Dokumentarfilm: „Der NSU-Komplex – Die Rekonstruktion einer beispiellosen Jagd“ am Mittwoch, 6. April, 21.45 Uhr, ARD.http://www.tlz.de/web/zgt/leben/detail/-/specific/Anstrengend-aber-gut-NSU-Film-zeigt-Terroristen-in-Jena-Winzerla-483501257http://www.bild.de/unterhaltung/tv/nsu/die-wichtigsten-fragen-zum-film-mitten-in-deutschland-45130820.bild.html
04.04.2016
Zehn Jahre nach NSU-Mord in Dortmund: Warten auf die Wahrheit
Vor zehn Jahren erschoss der NSU in Dortmund den Kioskbesitzer Mehmet Kuba??k. Noch immer sucht seine Familie nach Antworten.
http://www.derwesten.de/region/rhein_ruhr/zehn-jahre-nach-nsu-mord-in-dortmund-warten-auf-die-wahrheit-id11701408.html#plx1627823615http://www.ruhrbarone.de/zehn-jahre-nach-dem-mord-an-mehmet-kubasik-versagen-als-teil-des-systems/124539
„Es tut mir auch für die Täter leid“
Semiya Simsek war 14, als der NSU ihren Vater ermordete. Jetzt hat die ARD ihr Buch „Schmerzliche Heimat“ verfilmt. Sie selbst lebt mittlerweile in der Türkei. Warum sie nicht mehr zurückkehren will.
http://www.welt.de/vermischtes/article153964459/Es-tut-mir-auch-fuer-die-Taeter-leid.html
06.04.2016
NSU-Prozess: „Killer“ auf Diät
Der Vorsitzende Richter stellt Beate Zschäpe im NSU-Prozess die nächsten Fragen – vor allem eine hat es in sich. Es geht ums Abnehmen, um sonderbare Spitznamen und einen ominösen Wetteinsatz. (…) Dann wechselt Götzl das Thema. Sein Tonfall ändert sich nicht, die Frage aber hat es in sich: „Könnten Sie bitte die in der Wette verwendeten Begriffe ,Killer‘ und ,Cleaner‘ erläutern?“ Mehr sagt er nicht. Es geht um eine Wette zwischen Böhnhardt und Zschäpe, in der es ums Abnehmen ging. Auf einer DVD, die im Brandschutt der Wohnung an der Zwickauer Frühlingsstraße lag, fanden sich Fotos, die Böhnhardt und Zschäpe zeigen. Sie wetteten, bis zum einem bestimmten Datum ein bestimmtes Gewicht zu erreichen. Der Verlierer sollte „200x Videoclips schneiden“. In einem Text dazu heißt es: „Killer setzt auf die Liese“, „Cleaner setzt auf die Liese“, „Liese setzt auf ihr Durchsetzungsvermögen: gegen Killer, gegen Cleaner“. Dass es sich bei Liese um Zschäpe handelt, steht außer Frage. Es war im Untergrund ihr Spitzname. Bei „Cleaner“ soll es sich um Böhnhardt, bei „Killer“ um Mundlos handeln. Die Ermittler meinen, dass es sich bei den Videoclips, die der Wettverlierer schneiden sollte, um Szenen für den NSU-Bekennerfilm handelte. Zschäpe behauptete in ihrer Einlassung im Dezember 2015 hingegen, es sei um das Schneiden von harmlosen Serien wie etwa „Dr. House“ gegangen. Sie hätten sich an der Werbung gestört, die sie deswegen aus den Aufnahmen gelöscht hätten. Das NSU-Video will sie erstmals in der Hauptverhandlung gesehen haben. Nun fragt Götzl nach den Namen „Killer“ und „Cleaner“. Wenn Zschäpe, wie sie selbst ausgesagt hat, von den Morden wusste, spricht „Killer“ als Spitzname dann nicht dafür, dass sie – anders als behauptet – die Taten akzeptierte? Man darf auf Zschäpes Erklärung gespannt sein.
07.04.2016
NSU-Mörder arbeitete bei V-Mann des Verfassungsschutzes
Während der Mordserie war Uwe Mundlos unter einem Decknamen bei einer Zwickauer Baufirma beschäftigt – die ausgerechnet einem V-Mann gehörte. Wie nah war der Verfassungsschutz den NSU-Tätern wirklich? Ralf „Manole“ Marschner ist eine der zentralen Figuren in dem bisher immer noch unaufgeklärten Netzwerk um das „Terrortrio“ Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und mutmaßlich Beate Zschäpe, die seit dem 6. Mai 2013 in München vor Gericht steht. Der Fall hat bisher elf Untersuchungsausschüsse und einen bis heute 272 Verhandlungstage dauernden Mordprozess beschäftigt, ohne dass die zentrale Frage bisher vollständig beantwortet wurde: Gab es Mitwisser im Umfeld der Nachrichtendienste oder sogar bei den Behörden selbst?Ralf Marschner alias Manole alias Primus war von 1992 bis 2002, zehn Jahre lang, bezahlter Spitzel des BfV. In den letzten beiden Jahren seiner V-Mann-Tätigkeit betrieb er eine Baufirma in Zwickau und beschäftigte dort den NSU-Mörder Uwe Mundlos, das legen seine eigenen Aussagen vor Beamten des Bundeskriminalamtes 2013 sowie weitere Dokumente und Aussagen unabhängiger Zeugen nahe.
08.04.2016
NSU: Zschäpe soll auch für V-Mann gearbeitet haben
Beate Zschäpe soll nach Medienberichten während ihrer Zeit im Untergrund in Zwickau in einem Geschäft gearbeitet haben, das von einem V-Mann des Verfassungsschutzes betrieben wurde. Auch Uwe Mundlos soll dort beschäftigt gewesen ein.
13.04.2016
Wohlleben stellt wieder Befangenheitsantrag gegen Richter
Der mutmaßliche Terrorhelfer Ralf Wohlleben hat im NSU-Prozess am Dienstag einen weiteren Befangenheitsantrag gegen die Richter gestellt. Dabei ging es erneut um den Vorwurf, das Gericht halte Akten zurück und behindere damit die Verteidigung. Einen Gerichtsbeschluss, den der Vorsitzende Richter Manfred Götzl am Morgen verlesen hatte, bezeichnete Wohllebens Verteidigerin Nicole Schneiders als «zynisch». Das Gericht passe die Begründungen für seine Beschlüsse «je nach gewünschtem Ergebnis an», um Wohllebens Anträge «sachwidrig ablehnen zu können». Wohlleben hatte vergangene Woche verlangt, den NSU-Prozess auszusetzen und neu zu beginnen sowie das Verfahren gegen ihn abzutrennen. Das hatte das Gericht abgelehnt. Nach einem Schlagabtausch und einer «Gegenvorstellung» der Wohlleben-Verteidiger hatte das Gericht den Prozess um eine Woche bis zum Dienstag vertagt.
14.04.2016
NSU-Prozess: Herkunft der Waffen bleibt verborgen
Ein früheres Bandenmitglied aus Jena gab sich als Zeuge im NSU-Prozess zwar letztlich ziemlich wortkarg. Der Mann bestärkte aber dennoch den Verdacht, dass die Neonazi-Szene um die mutmaßlichen NSU-Terroristen mit Rotlicht- und Drogengangstern kooperierte. Das ehemalige Mitglied einer Jenaer Unterweltbande hat im NSU-Prozess nach anfänglicher Aussagebereitschaft jede weitere Antwort verweigert. Der Mann, der in Begleitung eines Anwalts vor dem Oberlandesgericht München erschienen war, berief sich am Mittwoch auf das Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen. Bei der Vernehmung ging es um die Beschaffung von Waffen für die mutmaßlichen Terroristen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“.Der Zeuge hatte in einer früheren Vernehmung ausgesagt, seine Bande habe Neonazis mit Waffen ausgestattet. Sie habe sich davon Unterstützung beim Zurückdrängen ausländischer Krimineller im Rotlicht- und Drogengeschäft versprochen. Am Mittwoch ergänzte er, er kenne mehrere Männer aus dem Umfeld der Jenaer Neonazi-Szene, zu der auch das NSU-Trio gehörte. Mit einem dieser Männer sei er bis heute befreundet. Dieser Mann gilt der Anklage als Mitbeschaffer der Mordwaffe vom Typ „Ceska“.
Zschäpe entschuldigt sich für Verhalten ihrer Anwälte
Ebenfalls wurde am Rande des NSU-Prozesses in München bekannt, dass die Hauptangeklagte, Beate Zschäpe, erneut ihre Pflichtverteidiger attackierte. Ihre Anwälte hätten sich einem Zeugen gegenüber „unpassend“ verhalten, schreibt sie in einem handschriftlichen Brief an den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl. Bei dem Zeugen handelt es sich um den Mitarbeiter einer Chemnitzer Sparkassenfiliale, die am 14. Mai 2004 mutmaßlich von Zschäpes Freunden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt überfallen worden war. Am Ende seiner Vernehmung bat der Zeuge den Richter noch einmal ums Wort. Es gehe ihm „um eine Entschuldigung für die Opfer, die überlebt haben“. Staatliche Stellen hätten sich für Versäumnisse der Ermittler immer nur bei den Hinterbliebenen der ermordeten NSU-Opfer entschuldigt.Daraufhin hatten sich die Anwälte Heer und Stahl eingeschaltet und versucht, den Mann zu stoppen. Es sei „keine Aufgabe des Zeugen, zu sinnieren“. Zschäpe schrieb dazu, eine derart „formaljuristische Vorgehensweise“ sei mit ihr nicht abgesprochen gewesen und entspreche nicht ihrem Verständnis, „wie man einem Opfer eines Raubüberfalls gegenüber auftritt“. Es spricht schon Bände, dass die mutmaßliche Rechtsterroristin für Verständnis und Behutsamkeit mit diesem Zufallsopfer des NSU wirbt. Denn für diejenigen Opfer des NSU und ihre Angehörigen, die aus rassistischen Motiven getötet oder bei Sprengstoffanschlägen verletzt wurden, soll das offenbar nicht gelten.
Brandenburg: Intro für den Untersuchungsausschuss
Es war zwar ein Novum, denn erstmals tagte die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK), zuständig für den Verfassungsschutz, nicht geheim, sondern öffentlich. Doch das hätte sie sich auch sparen können – so zumindest sahen es CDU, Linke und Grüne. Denn der Anlass für die öffentliche Sitzung – Vorwürfe gegen den Verfassungsschutz zu möglichen Verfehlungen in die Mordserie des rechtsextremistischen NSU – hat sich selbst erledigt: Rot-Rot sowie CDU und Grüne wollen Ende April, mehr als vier Jahre nach Bekanntwerden der Neonazi-Mordserie, im Landtag einen NSU-Untersuchungsausschuss einsetzen. Und der hat im Gegensatz zur PKK weitreichende Rechte zur Beweisaufnahme.Was dann kam, war Wiederholung des Bekannten, was vor allem im Sinne der SPD war, die jegliche Verfehlungen des Verfassungsschutzes stets bestritt und bis zuletzt einen Untersuchungsausschuss abgelehnt hatte. Es geht um Carsten Sz., ein wegen versuchten Mordes an einem Nigerianer verurteilter Neonazi. Unter dem Decknamen „Piatto“ als hatte er als V-Mann 1998 einen der wenigen Hinweise auf das untergetauchte NSU-Trio Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe gegeben, bevor dieses im Jahr 2000 seine Serie von Morden an neun Migranten und einer Polizisten startete. Strittig ist, ob Brandenburg mit dem damaligen Hinweis aus dem direkten NSU-Unterstützerkreis in Chemnitz auf drei „Skinheads aus Sachsen“, die sich Waffen für Banküberfälle besorgen und nach Südafrika fliehen wollten, die Morde hätte verhindern können.
http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/1067647/
15.04.2016
Viele heiße V-Mann-Spuren
Die Frage, ob Deutschlands Geheimdienst seine Neonazis eher in Schach hält oder päppelt, ist mindestens so alt wie die Enttarnung des terroristischen Zwickauer Trios. Fast genauso alt ist die verschwörungstheroretisch angehauchte Frage, ob der Verfassungsschutz gar als heimlicher Auftraggeber tätig war.Dass sie immer wieder gestellt wird, ist kein Wunder angesichts von Enthüllungen wie der aus der vergangenen Woche: Demnach hatte das NSU-Mitglied Uwe Mundlos in den Jahren 2000 und 2001 als Bauleiter in der Zwickauer Firma von Ralf M. gearbeitet, einem V-Mann des Bundesverfassungsschutzes. In derselben Zeit erschoss der NSU vier Menschen.
http://blog.zeit.de/nsu-prozess-blog/2016/04/14/viele-heise-v-mann-spuren/
Dortmunder Verfassungsschützer: „Kann mich nicht erinnern, kenn ich nicht, sagt mir nichts.“
Er war von 1998 bis 2001 in leitender Position für die rechte Szene zuständig. „Kann mich nicht erinnern, kenn ich nicht, sagt mir nichts.“ Mit seiner Aussage trieb der ehemalige Dortmunder Staatsschützer die NSU-Ausschussmitglieder buchständlich in den Wahnsinn, sie glaubten ihm kein Wort. Den Polizistenmörder Michael Berger habe er vor der Tat nicht gekannt, sagte der Zeuge. Obwohl Berger da schon tief in der Dortmunder Rechten Szene drin war. Selbst bekannte Gruppierungen wie der „Nationale Widerstand Ruhrgebiet“ sagten dem Zeugen angeblich nichts. Er sollte am Donnerstag (14.04.2016) dem NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags helfen, Verbindungen des dreifachen Polizistenmörders Michael Berger zur Terrorgruppe NSU zu suchen.
http://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/michael-berger-polizistenmord-parallelen-nsu-100.html
18.04.2016
Warum Beate Zschäpe womöglich die Wahrheit sagt
Gericht prüft schriftliche Aussage der Angeklagten im NSU-Prozess. Bundeskriminalamt muss bisherige Erkenntnisse zumindest in zwei Punkten korrigieren: So gehen die Ermittlern nun offenbar davon aus, dass sie tatsächlich nicht mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt um den Schnitt der „Paulchen-Panther“-Bekennervideos wettete, sondern darum, Werbeblöcke aus aufgenommenen Videofilmen zu schneiden. Außerdem stimmt entgegen bisheriger Annahme offenbar, dass Beate Zschäpe schon vor 15 Uhr im Radio vom Doppelmord der beiden Uwes gehört haben konnte.
NSU: Protokolle? Unter Verschluss. Ergebnisse? Geheim.
Die Bundesanwaltschaft hält Ermittlungsergebnisse zu V-Mann Marschner geheim. Hat er Mundlos und Zschäpe in seiner Firma beschäftigt? Die Verschleierung der Untersuchung erscheint systematisch.
21.04.2016
Cottbuser Neonazi als Anwalt für den NSU
Maik Bunzel steht seit Jahren wegen seiner Umtriebe in der Neonazi-Szene im Visier der Sicherheitsbehörden in Brandenburg. Dennoch konnte er in Bayern ein Jahr lang Familienrichter auf Probe werden – obwohl der Verfassungsschutz dort umfassend von den Brandenburger Behörden gewarnt worden war. Nachdem er nach einem Personalgespräch selbst seine Entlassung aus dem Justizdienst beantragt hatte, macht er nun anders Karriere: Bunzel, Jahrgang 1984, trat am Dienstag zum ersten Mal im Münchner NSU-Prozess als Verteidiger auf. Er vertrat einen der Stamm-Verteidiger des mutmaßlichen Terrorhelfers Ralf Wohlleben. Dem Verfassungsschutz fiel Bunzel vor allem mit Neonazi-Musik und als Hintermann des 2012 verbotenen Netzwerks „Widerstand Südbrandenburg“ auf. Bei der Verbotsrazzia war auch seine Wohnung in Teltow durchsucht worden. Zudem war er Kopf einer Band mit dem Namen „Hassgesang“, einige Tonträger der Band landeten in Deutschland auf dem Index.
http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/1069838/
26.04.2016
NSU: Spruchreif – 11 Schlüsselszenen des NSU-Prozesses
Von Annette Ramelsberger und Tanjev Schultz: Verhandelt wird die größte rassistische Mordserie der Bundesrepublik, zehn Morde, 15 Raubüberfälle, zwei Bombenattentate. Wer hat die Opfer ausgewählt, wer die Verbrechen geplant, wer geschossen? All das soll das Gericht klären. Die beiden wahrscheinlichen Täter, die Neonazis Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, sind tot. Sie haben sich erschossen, nachdem sie am 4. November 2011 nach einem Banküberfall von der Polizei umstellt worden waren. Nur ihre Gefährtin, die 13 Jahre mit ihnen im Untergrund gelebt hat, kann noch befragt werden: Beate Zschäpe, Hauptangeklagte im NSU-Prozess. Sagt sie die Wahrheit? Windet sie sich heraus? Und wer ist diese Frau: die Seele des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) oder dessen Geisel, die unglückliche Freundin von zwei rechtsradikalen Mördern? Seit drei Jahren versucht das Oberlandesgericht München, sich ein Bild von dieser Frau zu machen. Die Anklage wirft ihr zehnfachen Mord, Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und auch noch Brandstiftung sowie drei Mordversuche vor. Doch die Beweisführung ist schwierig, viele Details können so oder anders gewertet werden. Die Süddeutsche Zeitung hat elf Schlüsselszenen ausgewählt, die für das Urteil eine Rolle spielen dürften. Lesenswert!
http://gfx.sueddeutsche.de/politik/2016-04-25_nsu-prozess/index.html
27.04.2016
NSU-Untersuchungsausschuss Hessen: Vom Kitt der Szene
Früherer „Hauptkampflinie“-Musiker als Zeuge vor NSU-Untersuchungsausschuss: Die Kasseler Rechtsrock-Band, für die Oliver Podjaski spielte, nannte sich „Hauptkampflinie“: Schreigesang und harte Rhythmen sind der Kitt der Szene. Oft gingen die Texte der Lieder hart an die Grenze des Erlaubten. Aber nie darüber hinaus. „Es waren anwaltlich geprüfte Songtexte“, sagt der heute 51-Jährige vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtages. Dort gibt sich der Zeuge geläutert.
http://www.wiesbadener-kurier.de/politik/hessen/vom-kitt-der-szene_16813642.htm
28.04.2016
Bericht aus dem NRW-NSU-Ausschuss: V-Mann Stadler wird zwangsvorgeführt
Im Februar sollte Toni Stadler erstmals im NSU-Ausschuss aussagen, doch der ehemalige V-Mann des Brandenburger Verfassungsschutz meldete sich krank. Dies erschien den Mitgliedern des parlamentarischen Untersuchungsausschuss wohl nicht unbedingt glaubhaft, weshalb er heute von der Polizei abgeholt und im Landtag zwangsvorgeführt wird (Mitteilung des Ausschusses.). Stadler entstammt der Brandenburger Naziszene und gehörte zu den führenden Rechtsrock-Produzenten. Unter anderem hat er eine CD der Kultband „Landser“ mitproduziert. Später zog Stadler nach Dortmund. Dort will ihn „Heidi“, ein Vertrauensmann der Dortmunder Polizei, kurz vor dem NSU-Anschlag in der Mallinckrodtstraße mit Uwe Mundlos gesehen haben.
http://www.ruhrbarone.de/nsu-ausschuss-v-mann-stadler-wird-zwangsvorgefuehrt/126040
Mai 2016
03.05.2016
Angehörige der NSU-Opfer kehren zurück zum Ort des Verbrechens
Semiya ?im?ek wollte nicht mehr hingehen in die Liegnitzer Straße. Diese unwirtliche Durchgangsstraße, der permanente Autolärm, dieser Nicht-Ort in einem Nürnberger Wäldchen, in dem ihr Vater, der Blumenhändler Enver ?im?ek, im September 2000 erschossen wurde – sie wollte das nicht mehr. Hat es sich dann aber anders überlegt. Am Montag ist sie zurückgekehrt, gemeinsam mit ihrer Familie.Die Stadt Nürnberg hat Angehörige der Opfer des NSU-Terrors eingeladen, „ich finde, da müssen wir zusammenstehen und ein Zeichen setzen“, sagt sie. Auch wenn es ihr schwerfalle. Aber was ist schon leicht seither? „Der Alltag überrollt uns, und wir müssen da irgendwie durch“, sagt ?im?ek.
06.05.2016
Drei Jahre NSU-Prozess: Nicht verhindert. Verschleppt!
Das letzte Störfeuer liegt nur eine Woche zurück. Da meldete sich Hermann Borchert, Wahlverteidiger von Beate Zschäpe, im NSU-Prozess zu Wort. Er fordere eine Aussetzung des Verfahrens, um die ihm vorliegenden Akten auf ihre Vollständigkeit zu prüfen. Borcherts anvisierte Zeit dafür: „mindestens 100 Wochen“. Fast zwei Jahre. Eine Entscheidung des Gerichts steht aus.Es war nicht das einzige Verzögerungsmanöver in der jüngsten Zeit. Am 6. Mai 2013, vor genau drei Jahren also, startete der wohl bedeutendste Strafprozess der jüngeren deutschen Geschichte vor dem Oberlandesgericht München. Für zehn Morde, zwei Anschläge und 15 Überfälle der rechtsextremen Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund muss sich die Hauptangeklagte Beate Zschäpe verantworten. Angeklagt sind auch vier mutmaßliche Helfer. Doch trotz drei Jahren Verhandlung: Ein baldiges Urteil ist noch immer nicht in Sicht.
10.05.2016
NSU-Akte vom Hochwasser in Sachsen weggespült?
Erneut sind Akten des rechtsextremen Terrornetzwerkes NSU offenbar „verschwunden“. Wie die Grünen-Bundestagsabgeordnete Irene Mihalic am Montag mitteilte, ist eine vom NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages angeforderte Akte über den Neonazi und ehemaligen V-Mann Ralf Marschner nicht mehr auffindbar. Die Staatsanwaltschaft Chemnitz habe mitgeteilt, die Akte sei 2010 dem Hochwasser in Sachsen zum Opfer gefallen. „Dieser Vorgang reiht sich irgendwie ein in den mysteriösen Schwund von Akten im Zusammenhang mit dem NSU-Netzwerk“, sagte die Grünen-Obfrau im Ausschuss. In der verlorenen Akte geht es um mutmaßliche Straftaten von Marschner, wie das Veruntreuen von Arbeitsentgelt und Insolvenzverschleppung in 2001/2002. Die beiden mutmaßlichen NSU-Rechtsterroristen Uwe Mundlos und Beate Zschäpe sollen während ihrer Zeit im Untergrund in Firmen Marschners gearbeitet haben. Der Neonazi war unter dem Tarnnamen „Primus“ jahrelang als Informant für das Bundesamt für Verfassungsschutz tätig. Während die Mitarbeit von Uwe Mundlos durch Dokumente belegt ist, gibt es diese Belege für Zschäpes Mitarbeit (bislang) nicht.
http://www.mdr.de/sachsen/nsu-akte-vom-hochwasser-verschluckt-100.html
11.05.2016
NSU: Wie die Fahndung nach den Terroristen behindert wurde
Der Verfassungsschutz hat möglicherweise die Festnahme des NSU-Trios verhindert, wie im Münchner Prozess bestätigt wurde. Doch wer genau verantwortlich war, bleibt weiter geheim. Im September 1998 liefen in einigen ostdeutschen Amtsstuben die Telefone heiß: Es gab einen Kontaktmann! Jan W., ein Rechtsextremist aus Chemnitz, war womöglich der Schlüssel zu drei abgetauchten Bombenbauern aus Jena – Beate Zschäpe, Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt. Einem Tipp des Brandenburger Verfassungsschutzes zufolge hatte W. den Auftrag, den dreien eine Waffe zu beschaffen. Es gab also nicht nur eine heiße Spur, sondern auch Zeitdruck – schließlich waren die drei offensichtlich gewaltbereit. Drei Tage nachdem die Brandenburger den vielversprechenden Vermerk geschrieben hatten, kam es zu einer geheimen Konferenz im Potsdamer Innenministerium, an der auch Vertreter der Verfassungsschutzämter aus Thüringen und Sachsen teilnahmen. Zeugnis darüber ist ein Protokoll des Treffens, das die sächsischen Kollegen verfassten. Am Dienstag verlas ein Richter im NSU-Prozess das Dokument. Es belegt: Das Brandenburger Ministerium verhinderte aktiv die Suche nach den drei Untergetauchten.
http://blog.zeit.de/nsu-prozess-blog/2016/05/10/geheimniskramer-bleiben-geheim/
Verschwundene NSU-Akten in Chemnitz: „Wir konnten nichts mehr retten“
Die Staatsanwaltschaft Chemnitz hat bestätigt, dass zwei Akten im NSU-Prozess durch das Hochwasser 2010 vernichtet wurden. Oberstaatsanwältin Ingrid Burkhardt sagte am Dienstag, die Akten hätten im Außenarchiv der Chemnitzer Staatsanwaltschaft gelagert, als dieses 2010 von einem Hochwasser heimgesucht wurde. Laut Burkhardt habe man die Akten nicht mehr retten können. Der Wasserspiegel in den Räumen auf der Annaberger Straße habe zwischen 80 Zentimetern und 1,20 Meter gestanden. Nach dem Abfließen des Wassers sei es nicht mehr möglich gewesen, die betroffenen Schriftstücke zu rekonstruieren. Die Akten betrafen den ehemaligen V-Mann Ralf Marschner, in dessen Unternehmen die NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Beate Zschäpe gearbeitet haben sollen. Der Neonazi war unter dem Tarnnamen „Primus“ jahrelang als Informant für das Bundesamt für Verfassungsschutz tätig. Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages hatte Ende April dieses Jahres verschiedene Akten über Marschner angefordert. Zwei davon sollen beim Hochwasser in Chemnitz vernichtet worden sein. Es handelt es sich dabei um Dokumente zur Veruntreuung von Arbeitsentgeld in zehn Fällen 2001 sowie einem Tötungsdelikt im Jahr 1999. Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow erklärte, Marschner sei bei letzterem nicht als Beschuldigter geführt worden.
http://www.mdr.de/sachsen/verschwundene-akte-im-nsu-prozess-100.html
12.05.2016
Mitgefangene über Zschäpe: „Sie spielt Theater“
Eine ehemalige Mitgefangene in der Justizvollzugsanstalt München erhebt schwere Vorwürfe gegen Beate Zschäpe, die Hauptangeklagte im Prozess gegen die mutmaßlichen Rechtsterroristen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU). „Sie spielt Theater. Ihre Auftritte vor Gericht sind eine Inszenierung“, sagt Astrid Ebenhoch. „Die authentische Zschäpe ist die, die ich im Knast gesehen habe.“Zschäpe inszeniere sich vor Gericht unpolitisch, leise, unsicher und als Unwissende mit Blazer und Bluse, sagte Ebenhoch. Im Gefängnis trete sie hingegen lautstark und selbstbewusst auf, rekrutiere Frauen für ihren Fanclub, manipuliere Insassinnen und trage Kleidung im Military-Stil. Bei einem Vorfall habe sie anderen Gefangenen sogar Befehle gegeben, eine Insassin mit Migrationshintergrund mit Mehl und Wasser zu attackieren, sagt Ebenhoch über Zschäpe.
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-05/nsu-prozess-beate-zschaepe-mitgefangene-jva
Ferienbilder im NSU-Prozess: Der Ostsee-Urlaub nach dem Anschlag
Im Juni 2004 verübten Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in Köln einen Bombenanschlag, sechs Wochen später ging es mit Beate Zschäpe an die Ostsee. Im NSU-Prozess wurden nun Fotos aus dem Urlaub gezeigt – sie könnten wichtig werden. Es wirkt wie ein entspannter Sommerurlaub. Beate Zschäpe sitzt in der Sonne und liest „Das Testament“ von John Grisham. Uwe Mundlos steht in Badehose in der Ostsee. Uwe Böhnhardt hat seinen Kopf in Zschäpes Schoß gelegt. Knapp 130 Urlaubsfotos lässt der Senat am Mittwoch im NSU-Prozess an zwei Wände des Saals des Oberlandesgerichts München projizieren. Die Fotos waren auf einer CD mit dem Titel „Urlaub 2004“ gespeichert. Sie lag im Brandschutt der Wohnung von Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt in der Zwickauer Frühlingsstraße. Die Nebenklagevertreter erklären: Die Bilder seien dazu geeignet, Zschäpes Einlassung „in wesentlichen Punkten“ zu widerlegen. Im Dezember 2015 hatte Zschäpe vor Gericht erklären lassen, sie sei „entsetzt“ gewesen, als Mundlos und Böhnhardt ihr von dem Anschlag erzählt hätten. Die Bilder zeigten keinerlei Disharmonien zwischen den dreien.
Richter im NSU-Prozess machen Tempo
Nach drei Jahren Verhandlung ist das Gericht im NSU-Prozess offenbar entschlossen, in die Zielgerade einzubiegen. Am Mittwoch hat Richter Manfred Götzl abgelehnt, einen interessanten Zeugen aus der Schweiz zu befragen, der früher V-Mann des Verfassungsschutzes war und die Angeklagte Beate Zschäpe und auch ihren rechtsradikalen Gefährten Uwe Mundlos während der Zeit im Untergrund beschäftigt haben soll. Bereits am Tag zuvor hatte das Gericht auch die genauere Erforschung des Vorwurfs abgelehnt, dass der Verfassungsschutz den Aufenthaltsort der Terrorzelle NSU kannte und nichts tat, um die Morde zu verhindern. Offenbar ist dem Gericht nun das Umfeld des NSU genügend aufgeklärt. Und es hat bereits deutlich gemacht: Es sieht den Staat nicht als mitverantwortlich für die Taten des NSU. Nun hat der Senat also abgelehnt, jenen früheren V-Mann des Verfassungsschutzes, Ralf Marschner, als Zeugen vorzuladen. Der rechtsradikale Marschner mit dem Decknamen „Primus“ soll Uwe Mundlos und Beate Zschäpe nach deren Abtauchen in den Untergrund im Januar 1998 zeitweise in seiner Baufirma in Zwickau beschäftigt haben. Laut Zeugen seien sie damals auch mit Fahrzeugen der Firma unterwegs gewesen.
http://www.sueddeutsche.de/politik/rechtsextremismus-richter-im-nsu-prozess-machen-tempo-1.2990465
Außerdem ist bei den Ermittlungen im Zusammenhang mit dem NSU-Terrortrio überraschend ein weiteres Mobiltelefon des 2014 gestorbenen V-Manns „Corelli“ aufgetaucht. Die Abgeordneten des NSU-Untersuchungsausschusses haben jetzt weitere Fragen – an den Verfassungsschutz. Der Neonazi, mit bürgerlichem Namen Thomas Richter, hatte seinen V-Mann-Führern mehr als zwanzig Jahre lang Berichte über die rechtsradikale Szene geliefert und bis heute gibt es die Spekulation, dass er Kontakt zu den NSU-Terroristen gehabt haben könnte. Er galt als Top-Quelle des BfV, dessen Dienste sich das Amt fast 300.000 Euro kosten ließ. Im Oktober beschäftigten sich Spezialisten des Verfassungsschutzes mit dem Fund und seit Mitte April dieses Jahres steht fest, dass sich auf dem Handy viele Bildaufzeichnungen befanden, offenbar rund 1000 Fotos und eine Kontaktliste: ein Who-is-Who der rechtsradikalen Szene.
https://www.tagesschau.de/inland/corelli-107.html
13.05.2016
Von „Konfetti“ bis zum Handygate: Die Pannenchronik des Verfassungsschutz
Es ist wieder passiert: Es gibt eine neue Panne bei den Ermittlungen zum NSU. Es geht um das Handy eines wichtigen V-Mannes, der im Umfeld der Terroristen aktiv war. Es wurde schon im vergangenen Jahr in einem Tresor beim Bundesamt für Verfassungsschutz gefunden. Aber erst jetzt wurde die Sache bekannt, erst jetzt können Ermittler das Handy auswerten. Der Vorfall passt ins Bild: In Bezug auf den NSU gibt es eine lange Reihe von Pannen beim Verfassungsschutz. Eine (nicht vollständige) Chronik.
http://www.mdr.de/nachrichten/politik/inland/nsu-pannenchronik-verfassungsschutz-100.html
Zschäpe: NSU-Trio bei Polizeikontrolle 1998 fast geschnappt
Das NSU-Trio Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt ist kurz nach seinem Abtauchen 1998 nur knapp einer Festnahme in Hannover entgangen. Das enthüllte Zschäpe in einer von ihrem Wahlverteidiger Hermann Borchert verlesenen Aussage vor dem Oberlandesgericht München. Demnach fühlten sich die drei nach einem Fahndungsaufruf im Fernsehen unter Druck. Der Besitzer der Chemnitzer Wohnung, in der sie sich versteckten, habe sie dazu gedrängt, wieder auszuziehen. Darauf seien sie mit einem Auto mit gestohlenem Kennzeichen nach Hannover gefahren und hätten ihren Unterstützer Holger G. besucht, der ebenfalls Angeklagter im NSU-Prozess ist.In der Innenstadt seien sie in eine „Drogenkontrolle“ der Polizei geraten. Die Polizisten hätten das gestohlene Kennzeichen „im Computer überprüft“, ließ Zschäpe erklären. Passiert sei aber nichts: „Wir konnten unbehelligt weiterfahren.“
18.05.2016
Zerstört geglaubte NSU-Akte gibt es als Kopie
Eine NSU-Akte, die nach dem Hochwasser in Chemnitz 2010 als verschwunden galt, gibt es als Kopie. Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Valentin Lippmann, bestätigte, dass sie sich in den Unterlagen des sächsischen Untersuchungsausschusses befindet.Bekannt geworden war der Vorgang, nachdem der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags die Akten aus Sachsen angefordert hatte. Im Unternehmen des ehemaligen V-Mannes Marschner sollen die NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Beate Zschäpe gearbeitet haben. Der Neonazi war unter dem Tarnnamen „Primus“ jahrelang als Informant für das Bundesamt für Verfassungsschutz tätig.Das sächsische Innenministerium bestätigte dem MDR die Existenz der Aktenkopie. Ein Sprecher sagte, sie sei nicht nur vorhanden, sondern sogar bereits am 15. April dem Untersuchungsausschuss des Bundestags vorgelegt worden. Polizei und Justiz hätten im Umfang der Beweisbeschlüsse in ihrem Zuständigkeitsbereich entsprechend recherchiert und die Untersuchungsausschüsse über ihre jeweiligen Ergebnisse korrekt informiert.
V-Mann Marschner überfiel mit Zschäpe-Freundin eine Kneipe
Ralf Marschner war enger mit dem NSU-Umfeld verbandelt als bisher bekannt. Das belegen Akten über eine Schlägerei im Jahr 2001. Warum wurde das Verfahren nicht in den Münchner Prozess eingeführt?Am 21. April 2001 hatten Marschner und die damals 19-jährige Susann Eminger, einer der engsten Vertrauten von Beate Zschäpe, eine Kneipenschlägerei in Zwickau angezettelt. Susann Eminger hieß damals noch H., war aber bereits mit André Eminger liiert. André Eminger ist in München vor dem Oberlandesgericht als mutmaßlicher Unterstützer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) angeklagt und seit 2005 mit Susann verheiratet. Gegen sie und Marschner wurde aufgrund des brutalen Überfalls ein Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung eingeleitet.Dass ausgerechnet Susann Eminger, die sich bis zur Selbstenttarnung des NSU im November 2011 regelmäßig mit Beate Zschäpe traf, gemeinsam mit dem V-Mann Marschner derart auffällig geworden ist, wirft abermals ein Schlaglicht auf die Ermittlungsmethoden des Bundeskriminalamts (BKA) und der Bundesanwaltschaft.Denn das Verfahren von Eminger und Marschner wurde nicht in den Münchener Prozess eingeführt, sondern wird als Teil des sogenannten Strukturermittlungsverfahrens von der Bundesanwaltschaft unter Verschluss gehalten. Dass Susann Eminger schon 2001 so eng mit einem V-Mann bekannt war und dass man gemeinsam eine Kneipe überfiel, sind allerdings wichtige Informationen, um das Unterstützergeflecht des NSU in Zwickau einordnen zu können.
Schnittstelle im rechten Sumpf
Die nächsten beiden Sitzungen des NSU-Untersuchungsausschusses versprechen, spannend zu werden. Am kommenden Freitag werden zwei nordhessische Polizisten als Zeugen gehört, die privat Kontakte zu „Blood and Honour“ gehabt haben sollen. Für die darauf folgende Sitzung, am 6. Juni, ist der ehemalige Verfassungsschützer Andreas Temme geladen. Auch er hatte einen Draht zu dem inzwischen verbotenen Neonazi-Netzwerk – dienstlich und möglicherweise auch privat.Einer der beiden Polizisten, die am Freitag geladen sind, der inzwischen frühpensionierte Carsten C., gehörte nach Recherchen der Frankfurter Rundschau dem Kasseler Rockerclub Chicanos an. Der wiederum unterstützt die Bandidos, die mit organisierter Kriminalität in Verbindung gebracht werden. Mehr noch: Der frühere Neonazi Michel F., ein Facebook-Freund von Carsten C., soll Mitglied der Bandidos gewesen sein. Es heißt, Michel F. habe einem ehemaligen Mitglied der Dortmunder „Blood and Honour“-Band „Oidoxie“ zwei halbautomatische Waffen angeboten.Der Rechtsrock-Fachmann Jan Raabe hält es für erwiesen, „dass Personen aus dem Unterstützkreis des NSU Kontakte hatten zu Personen aus der rechten Dortmunder Musikszene“. Und: Es habe „eine enge Verbindung zwischen Dortmunder und Kasseler Rechtsextremisten gegeben“. Mindestens einmal wollte „Oidoxie“ bei den Kasseler Bandidos auftreten.
http://www.allgemeine-zeitung.de/politik/hessen/schnittstelle-im-rechten-sumpf_16907635.htm
23.05.2016
NSU-Untersuchungsausschuss: Polizisten bestreiten Kontakte zur „Blood and Honour“
Im NSU-Landtagsausschuss haben zwei Polizisten Kontakte zu militanten Neonazis bestritten. Einer von ihnen räumte ein: Nach seiner Frühpensionierung wurde er Mitglied in einem Rockerclub. Sie hätten weder dienstlich noch privat mit dem verbotenen Neonazi-Netzwerk „Blood and Honour“ in Verbindung gestanden – das sagten zwei Zeugen am Freitag in Wiesbaden übereinstimmend dem NSU-Untersuchungsausschuss im Landtag.Das Brisante an dem Auftritt: „Blood and Honour“ war in Kassel sehr aktiv. Es gibt Spekulationen, das Netzwerk könne Kontakte zur rechtsextremen Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund gehabt haben, die 2006 den Internetcafé-Betreiber Halit Yozgat ermordet haben soll. Und bei den beiden Zeugen handelt es sich um einen aktiven und einen früheren Beamten der hessischen Polizei.
30.05.2016
Der NSU, eine Ceska, ein Cabrio
Elf parlamentarische Untersuchungsausschüsse haben sich bislang mit den Morden des NSU beschäftigt. Viele Fragen sind offen, ein Ergebnis steht dagegen bereits fest: Sogenannte V-Männer kamen den Mitgliedern des NSU während ihrer Zeit im Untergrund sehr nah. Unterbelichtet ist dagegen die Rolle der Polizeibehörden, die ebenfalls Informanten in der Szene geführt haben.Nun belegen Recherchen des MDR, dass zwei Männer, die eine Verbrecherbande in Jena angeführt haben, zeitweilig als „Vertrauenspersonen“ für das Landeskriminalamt Thüringen (LKA) gearbeitet haben. Die beiden Männer – ein schillerndes Zwillingspaar aus Jena – sind deswegen von Interesse, da Polizeiermittlungen nahelegen, dass eine Ceska 83 mit Schalldämpfer für sie besorgt worden war. Mit der Waffe wurden später neun Migranten durch Mitglieder des NSU erschossen. Hat also ein LKA-Informant etwas über die spätere Mordwaffe gewusst und seinen Führungsbeamten berichtet?
http://www.welt.de/print/wams/politik/article155779657/Der-NSU-eine-Ceska-ein-Cabrio.html
31.05.2016
Der 284. Prozesstag im NSU-Prozess – wie Terroristen Urlaub machen
Immer wieder zog es Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt auf einen Campingplatz auf der Ostseeinsel Fehmarn – der NSU machte Urlaub mit dem Wohnmobil. Eine der Reisen greift das Gericht heute heraus: Auch 2004 waren für das Trio Ferien angesagt. Fotos aus der Zeit sollen die drei glücklich und vertraut zeigen, wie Anwälte der Nebenklage zuvor geäußert hatten – obwohl die beiden Männer kurz zuvor den Kölner Nagelbombenanschlag von 2004 verübt hatten. Zschäpe hatte in ihrer Aussage vom Dezember mitgeteilt, sie sei “entsetzt” gewesen, nachdem ihre Komplizen ihr von der Tat erzählt hatten.
http://blog.zeit.de/nsu-prozess-blog/2016/05/31/284-prozesstag-terroristen-im-urlaub/
Juni 2016
01.06.2016
Neue Panne beim Verfassungschutz: Sim-Karten von „Corelli“ gefunden
Das Bundesamt für Verfassungsschutz muss im Fall seines früheren V-Manns mit dem Decknamen „Corelli“ eine neue Panne einräumen. Nach dem früheren Fund eines von Corelli im Jahr 2012 benutzten Handys sind nun noch einmal Sim-Karten aufgetaucht, die der V-Mann vor seinem Tod 2014 benutzt hatte.Das BfV hatte „Corelli“ über viele Jahre als V-Mann in der rechtsextremen Szene von Sachsen-Anhalt und Sachsen geführt, bis er 2012 enttarnt und daraufhin in ein Betreuungsprogramm des BfV aufgenommen worden war. 2014 war der Mann nach offiziellen Angaben im Alter von 39 Jahren an einem so genannten Zuckerschock gestorben.Für die gesamte Affäre rund um die Mordserie des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) war „Corelli“ vor allem deshalb von Bedeutung, weil er dem Bundesamt bereits 2005 eine CD mit der Aufschrift „NSU“ übergeben hatte – lange bevor die Mordserie 2011 aufgedeckt wurde.
Der V-Mann Piatto im NSU-Umfeld. Alles nur Zufall?
Einige der Nebenklagevertreter bringen neue Beweisanträge im NSU-Prozess ein: Sie glauben, dass Verfassungsschützer einen V-Mann gezielt ins Umfeld der Rechtsterroristen gespielt hatten.Als im Januar 1998 drei Neonazis, gerade Anfang 20, aus ihrer Heimatstadt Jena flüchteten, wurden sie zunächst nur von einer Polizeibehörde gesucht. Mit einigen Wochen Verzögerung wurden die drei mit immer größerem Aufwand gesucht, am Ende waren 14 verschiedene Behörden in die Suche involviert. Der Aufwand lohnte sich. Spätestens im April 1998 wusste etwa der Thüringer Verfassungsschutz, dass die Flüchtigen in Chemnitz untergekommen waren. Im Sommer kam man der kleinen radikalisierten Gruppe noch näher – ein V-Mann einer Verfassungsschutzbehörde bewegte sich im direkten Umfeld der drei Untergetauchten.Warum scheiterte die Suche nach den drei Jenaer Nazis, obwohl die Behörden ihnen bereits so nahe gekommen waren? Wieso kam man dem Trio überhaupt so nah? Also: War es etwa reiner Zufall, dass ein V-Mann sich schon 1998 im direkten Umfeld des Trios bewegte? Die Nebenklageanwälte vertreten in ihrem Antrag eine klare Auffassung und kritisieren staatliche Behörden vehement: Die Verfassungsschützer hatten nicht einfach nur Glück. Man habe im Gegenteil den V-Mann gezielt in das Umfeld des Trios gespielt.Allerdings nicht, so die These, weil man die drei auffliegen lassen wollte. Vielmehr hatte man das Ziel, „die drei Untergetauchten und ihre Unterstützer zu überwachen, um Informationen über die Organisation von Neonazis im Untergrund, die angewandte Art und Weise der Waffen- und Geldbeschaffung zu erhalten“.
03.06.2016
V-Mann-Material als „privates Eigentum“ getarnt
Der Präsident des BfV, Hans-Georg Maaßen, musste gegenüber dem NSU-Untersuchungsausschuss einräumen, dass der V-Mann-Führer von Corelli einen ganzen Tresor voll mit Akten, Handys und SIM-Karten in seinem Arbeitszimmer hatte, von dem die Amtsleitung lange nichts gewusst haben will. Als der V-Mann-Führer versetzt wurde, wurde sein Büro und darin der Sicherheitsschrank mehrfach durchsucht.Corelli ist als V-Mann besonders interessant, weil er schon 1995 über Uwe Mundlos berichte hatte. Zudem hatte er 2005 dem BfV eine CD übergeben, auf der ein Cover gespeichert war, das den Schriftzug „NSU-NSDAP“ und eine Pistole zeigt.Corellis V-Mann-Führer war bereits häufiger im NSU-Komplex aufgefallen, so hatte er in einer Phase nur noch unvollständig die Treffen mit seinem V-Mann Corelli schriftlich zusammengefasst. Zudem hatte er nach der Enttarnung Corellis angeboten, zu dessen Schutz mit dem Mann in eine Wohngemeinschaft zu ziehen. Auch hatte der V-Mann-Führer in der Vergangenheit strafrechtlich relevante Dateien von Corellis Computer gelöscht, um ihn vor der Strafverfolgung durch die Polizei zu schützen.
Thüringer NSU-Ausschuss vermisst hunderte Seiten von Ermittlungsakten
In Thüringen sind offenbar erneut wichtige NSU-Unterlagen dem Untersuchungsausschuss des Landtages vorenthalten worden. Dabei geht es um hunderte Seiten von Einsatzprotokollen. Diese waren ab dem 5. November 2011 zu den Ermittlungen um den Tod von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt angefertigt worden. Verfasst wurden sie von Beamten des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg. Der Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss wollte diese Akten aus Baden-Württemberg haben. Bisher wurde das von dort mit dem Verweis auf die NSU-Ermittlungen der Bundesanwaltschaft verweigert.Am Donnerstag sagte eine LKA-Beamtin aus Stuttgart im Thüringer Landtag aus, dass sie auf Anforderung der Thüringer Polizei diese Protokolle 2014 oder 2015 nach Thüringen geschickt habe. Noch Anfang dieses Jahres teilte aber das Thüringer Innenministerium dem Ausschuss mit, dass alle Akten, die in Thüringen zu den Eisenacher Ermittlungen vorhanden sind, dem NSU-Ausschuss übergeben worden sind.
http://www.mdr.de/thueringen/nsu-untersuchungsausschuss-verfassungsschutz-100.html
NSU-Prozess: Der Aufstand der Nebenkläger
Vertretern von NSU-Opfern geht die Aufklärung im Münchner Prozess nicht weit genug: Sie lehnen sich gegen Beschlüsse des Gerichts auf – und wollen den Fall bis in die höchste Instanz tragen.Es schien, als sei das letzte Wort gesprochen: Der frühere Verfassungsschutz-Spitzel Ralf M., Deckname Primus, muss nicht als Zeuge im NSU-Prozess aussagen, verkündete Richter Manfred Götzl am 11. Mai. Für das Terrorverfahren sei M. ohne Bedeutung, ließ Götzl wissen – obwohl er einem Medienbericht zufolge das NSU-Mitglied Uwe Mundlos in seiner Baufirma und Beate Zschäpe in seinem Szeneladen beschäftigt haben soll. Damit war erneut ein Beweisantrag der Anwälte gescheitert, die die Opfer der Mordserie im Münchner Prozess vertreten.In der Verhandlung vom Donnerstag wandte sich eine größere Gruppe von Nebenklagevertretern mit vier sogenannten Gegenvorstellungen zu verschiedenen abgelehnten Anträgen an den Strafsenat. Es ist das erste Mal, dass die Opfervertreter dieses juristische Instrument nutzen. Damit bemängeln sie mehrere Entscheidungen der Richter – die nun gezwungen sind, entweder einzulenken oder ihre Ablehnungen erneut zu begründen. Dieser offene Aufstand soll auch die Grundlage für einen Gang in höhere juristische Instanzen sein.
http://blog.zeit.de/nsu-prozess-blog/2016/06/02/nsu-nebenklaeger-aufstand/
07.06.2016
Temme räumt vor Untersuchungsausschuss Kontakte zu „Hells Angels“ ein
Der ehemalige Verfassunsgschützer Andreas Temme gilt als Schlüsselfigur bei der Aufklärtung des NSU-Komplexes, weil er in zeitlicher Nähe zum Mord am Kasseler Internetcafébetreiber Halit Yozgat im April 2006 am Tatort war und mit Benjamin Gärtner einen V-Mann aus der Nazi-Szene betreute. Zwischenzeitlich war Temme unter Mordverdacht geraten, heute wird die Tat dem NSU zugerechnet.Im Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags zur Mordserie forderten die Abgeordneten aller Fraktionen, Temme solle endlich sagen, „wie es gewesen ist“. Überwiegend hat er seine bisherigen Aussagen bestätigt und wiederholt.Auf Nachfragen mehrerer Ausschuss-Obleute räumte Temme jedoch ein, lose Kontakte zur Kasseler Sektion des berüchtigten Rockerclubs „Hells Angels“ unterhalten zu haben. So sei er um 1990 zu einer Party der Rocker in der Nähe von Berlin gefahren und sei auch nach 2000 mehrfach im Kasseler Clubhaus der Angels gewesen, „um Bier zu trinken“. Er habe nie darüber nachgedacht, ob es Konflikte mit seiner dienstlichen Tätigkeit geben könne.
NSU-Angeklagter Ralf Wohlleben hat „einzigartige Haftbedingungen“
Neonazi Ralf Wohlleben hat sich über seine Haftbedingungen beschwert. Die Gefängnisleitung hingegen kontert, er habe eine Spielekonsole und einen Flachbild-TV in der Zelle – zum Teil auf Staatskosten.Ralf Wohlleben geht es anscheinend nicht gut in der Untersuchungshaft. Der Rechtsextremist ist im NSU-Prozess mit angeklagt, er soll an der Waffenbeschaffung für das Terrortrio beteiligt gewesen sein. Vor Kurzem stellte er den Antrag, dass seine U-Haft auf die zu erwartende Strafhaft im doppelten Maße angerechnet werden solle – wegen der „besonderen Widrigkeiten“.Wohlleben sitzt seit November 2011 im Gefängnis – für einen Untersuchungshäftling ist das eine ungewöhnlich lange Zeit. Es ist ungewiss, ob er nicht noch eine mehrjährige Haftstrafe antreten muss. Er selbst bestreitet die zentralen Vorwürfe der Anklage.Weil Wohlleben sich nun so deutlich beschwerte, forderte die Bundesanwaltschaft einen Bericht von der Gefängnisleitung an, die Wohllebens tatsächliche Lage beschreiben soll. Der Bericht aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Stadelheim ging auch den Prozessbeteiligten zu. Danach darf Wohlleben private Wäsche tragen, ihm wird ein Laptop zur Verfügung gestellt sowie unentgeltlich ein Flachbildfernseher – andere Gefangene müssen dafür monatlich 19,77€ zahlen.
08.06.2016
Die Mordwaffe des NSU – bezahlt mit Steuergeldern? V-Mann Brandt will es nicht ausschließen
Wurde die NSU-Mordwaffe „Ceska“ etwa mit dem Geld der Steuerzahler bezahlt? Er habe „sehr viel Geld“ des Staates an die rechtsextreme Szene weitergegeben, sagte der ehemalige Neonazi-Anführer und V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes Brandt im Münchner NSU-Prozess. Wofür es verwendet wurde, wisse er allerdings nicht mehr. Eine bewusste Geldbeschaffung zum Kauf einer Waffe stritt Brandt jedoch ab.Brandt sagte am Dienstag im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München, er könne „nicht ausschließen“, dass er dem Mitangeklagten Carsten S. Geld des Thüringer Verfassungsschutzes gegeben habe.Brandt sagte, es sei „sehr viel Geld“ des Verfassungsschutzes an die Szene geflossen. Meist habe er „Kameraden“ für Aktionen oder die Organisation von „Jugendarbeit“ Geld zugesteckt. Seine Kontaktleute beim Verfassungsschutz hätten ihm Bargeld zur Verfügung gestellt, das er auch bar weitergereicht habe. Per Banküberweisung habe er grundsätzlich nie Geld transferiert, weil dies bei einer Rasterfahndung problematisch gewesen wäre.
http://www.mdr.de/nachrichten/brandt-aussage-nsu-prozess-100_zc-fd08c406_zs-950f04ff.html
In der rechten Szene Thüringens war Brandt in den neunziger Jahren das Scharnier, über das jede Demonstration, jede öffentlichkeitswirksame Kundgebung lief. Zum unumstrittenen Anführer stieg er dank der Honorare auf, die ihm der Verfassungsschutz zahlte, geschätzt 200.000 Mark von 1994 bis zu seiner Enttarnung 2001.
http://blog.zeit.de/nsu-prozess-blog/2016/06/07/die-raetselhafte-sonderaktion/
13.06.2016
Der Bruder von V-Mann Corelli: „An einen natürlichen Tod glaube ich nicht“
Der V-Mann Thomas Richter berichtete fast 20 Jahre aus der Nazi-Szene. Dabei kam er dem NSU-Trio sehr nah. Nun werfen sein Leben und Sterben Fragen auf. Vor allem sein Bruder will Antworten.“Da sind so viele Widersprüche. Zum Beispiel: Thomas ist im Bad umgefallen und hat sich dann bis ins Schlafzimmer geschleppt. Durch den Korridor, und genau dort stand das Festnetztelefon. Da kann mir doch keiner erzählen, dass er es bei einem angeblichen Zuckerschock nicht mehr geschafft haben soll, die Tasten 112 zu drücken?“
17.06.2016
„18 Jahre von morgens bis abends nur im rechten Sumpf“ – V-Mann Corelli
Thomas Richter war unter seinem Decknamen Corelli ein überaus fleißiger Informant. Der V-Mann lieferte dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) 18 Jahre lang umfangreiche Berichte über die deutsche Neonazi-Szene und berichtete sogar aus laufenden Veranstaltungen. Seine Aufzeichnungen füllen etwa 180 Aktenordner. Beim Geheimdienst galt Corelli als „Topquelle“.“Er hat in einem Umfang berichtet, dass das große Bundesamt kapazitätsmäßig nicht in der Lage war, alles sofort zu verarbeiten. Er hat praktisch alles erzählt, er war nachrichtenehrlich. Er wurde ja auch gut bezahlt“, berichtete Jerzy Montag im Untersuchungsausschuss zur rechtsextremen Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) im Landtag Nordrhein-Westfalen.Der 69-jährige Rechtsanwalt und ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete war am Donnerstag als Zeuge im Ausschuss erschienen. Er ist Sachverständiger für das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages. Montag soll die Vorgänge im Zusammenhang mit dem mysteriösen Tod von Corelli Anfang April 2014 im nordrhein-westfälischen Paderborn untersuchen. Der V-Mann hat zumindest einmal Kontakt zu Uwe Mundlos vom NSU gehabt.
http://www.welt.de/politik/deutschland/article156289582/18-Jahre-von-morgens-bis-abends-nur-im-rechten-Sumpf.htmlhttp://www.ruhrbarone.de/corelli-anfang-und-ende-bei-der-polizei-bielefeld/129093
Verfassungsschutz soll von Rohrbombe gewusst haben
Der Brandenburger Verfassungsschutz besaß angeblich Informationen darüber, dass ein Neonazi „Rohrbomben testet und zur Explosion bringen wollte“. Das sagte der V-Mannführer des geheimen Informanten „Piatto“ am Donnerstag als Zeuge im Münchner NSU-Prozess. Diese Information habe er von „Piatto“ erhalten. Ob es einen Zusammenhang zwischen der Rohrbombe und dem NSU-Trio gebe, wisse er nicht, sagte der Zeuge.Weiter gab der V-Mannführer an, „Piatto“ habe auch berichtet, dass die Anführer der sächsischen „Blood & Honour“-Gruppierung in Chemnitz planten, das untergetauchte NSU-Trio mit Geld und Waffen auszustatten. Ob neben der Chemnitzer Gruppe weitere Neonazis versuchten, Waffen für die drei zu organisieren, konnte der Zeuge nicht sagen. Ebenso wenig habe er erfahren, welche Behörden in die von „Piatto“ gelieferten Informationen eingeweiht wurden.Nebenklage-Anwalt Thomas Bliwier bezweifelte die Aussage des V-Mannführers und äußerte die Vermutung, er sage nicht die Wahrheit.
http://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2016/06/nsu-prozess-verfassungsschutz-rohrbombe.html
NSU-Prozess: Verhinderte Brandenburger Verfassungsschutz die Festnahme des NSU?
Es ist jedes Mal ein bisschen wie Karneval, wenn der Zeuge Reinhard G. den Verhandlungssaal im Münchner Oberlandesgericht betritt: Auf dem Kopf eine schwarze Perücke, von der ein paar Strähnen unter der Kapuze des grauen Pullovers herausschauen. Die bizarre Maskerade dient dem Schutz eines Beamten, der an entscheidender Stelle für den Brandenburger Verfassungsschutz tätig war: Er protokollierte als Quellenführer den Tipp eines V-Manns, mit dem das NSU-Trio womöglich schon vor dem ersten Mord hätte gefasst werden können. Bereits zum vierten Mal ist er deshalb in den Prozess geladen.Allerdings kann sich G. wie in seinen vorigen Vernehmungen nur an wenige Vorgänge aus dem Jahr 1998, als er den Hinweis erhielt, erinnern. Ob tatsächlich sein Gedächtnis streikt oder ob der 63-Jährige die Tatsachen so wie seine eigentliche Frisur verbirgt, bleibt sein Geheimnis.
http://blog.zeit.de/nsu-prozess-blog/2016/06/16/geschwaerzte-akten-aus-brandenburg/
23.06.2016
Die „intensive“ Suche des Verfassungsschutzes nach den Handys
Die Panzerschränke des Bundesamtes für Verfassungsschutz müssen ziemlich groß sein. So groß, dass darin offenbar leicht etwas übersehen werden kann. Denn der Verfassungsschutz musste gerade wieder eingestehen, dass er bislang nicht alle Fakten zum ominösen V-Mann Corelli offengelegt hat. So hat die bislang letzte Prüfung erst ein privates Smartphone von Corelli und dann die dazugehörenden SIM-Karten zu Tage gefördert. Obwohl der Verfassungsschutz zuvor versprochen hatte, nun gebe es wirklich nichts mehr zu finden. Und jetzt wird bekannt, dass ein weiteres Mobiltelefon, dass zwar nicht Corelli, aber seinem V-Mann-Führer beim Verfassungsschutz gehört hatte, bislang noch nicht einmal ausgewertet worden ist. Vier Mal wurde der Panzerschrank des V-Mann-Führers von Corelli durchsucht: Bei der ersten Sichtung im September 2014 suchten die Verfassungsschützer nur nach der sogenannten NSU-DVD und entnahmen 85 Datenträger aus dem gepanzerten Aktenschrank. Bei der zweiten Durchsuchung desselben Panzerschranks im Oktober 2014 wurden weitere 150 CDs und mehrere Handys entnommen. Beim dritten Mal, im Januar 2015, galten nun auch Handys als Datenträger, es wurden sieben Mobiltelefone mitgenommen, die der V-Mann-Führer für den Kontakt zu anderen V-Leuten genutzt und in seinem Schrank eingelagert hatte. Bei der vierten Sichtung, im März 2015, die nun als Leerung geplant war, wurden weitere sieben Handys gefunden. Wie viele Handys besaß Corelli eigentlich?
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-06/nsu-corelli-verfassungsschutz-handy-maassen
Netzpolitik.org hat den Bericht öffentlich gemacht, der dokumentiert, wie der Verfassungsschutz das Mobiltelefon von V-Mann Corelli bei sich gefunden hat.
Mord an V-Mann Corelli nicht mehr ausgeschlossen
Die Staatsanwaltschaft Paderborn prüft, ob der plötzliche Tod des Neonazis und Verfassungsschutzagenten vielleicht doch ein Mord war. Und das Bundeskriminalamt muss auf Handys, Sim-Karten, Laptops und anderen Datenträgern aus „Corellis“ Besitz nach Spuren suchen, die ins Umfeld der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) führen könnten. Ob sie zu einer eindeutigen Antwort gelangen wird, ist aber fraglich: „Corellis“ Leichnam wurde eingeäschert. Und die Wirkstoffe, die einen diabetischen Schock herbeiführen können, sind schon wenige Stunden nach der Aufnahme im Körper nicht mehr nachweisbar.
Haftbefehl gegen V-Mann Marschner nicht vollstreckt – er ist einer von 441 „Untergetauchten“
Neonazi Ralf Marschner alias V-Mann „Primus“ ist eine Schlüsselfigur für die Aufklärung des NSU-Komplexes. Er hätte schon 2012 festgenommen werden können. Seit Jahren lebt er in der Schweiz.Der offene Haftbefehl hängt mit einer der Firmen Marschners zusammen. Die M. u. M. Vertriebs GmbH war 2007 pleitegegangen, Marschner hatte es jedoch versäumt, die Insolvenz zu melden – dazu wäre er aber als Geschäftsführer verpflichtet gewesen. Stattdessen hatte er sich 2007 fluchtartig ins Ausland abgesetzt. In Abwesenheit wurde Marschner 2009 wegen Insolvenzverschleppung zu einer Zahlung von 90 Tagessätzen à 50 Euro verurteilt – insgesamt hatte er also 4500 Euro zu zahlen.Weil Marschner den Betrag auch drei Jahre später noch nicht beglichen hatte, wurde ein Vollstreckungshaftbefehl gegen ihn vorgelegt. Der wurde auch in das Fahndungssystem Inpol der Polizei eingespeist.Das ist deswegen wichtig, weil auch das Bundeskriminalamt (BKA) Zugriff auf diese Daten hat. Das BKA wiederum hat sich intensiv seit Anfang 2012 – nach dem Auffliegen des NSU – mit dem Fall Ralf Marschner beschäftigt.Im Beisein von BKA-Beamten wurde Marschner in den Jahren 2012 und 2013 von Schweizer Staatsanwälten als Zeuge im NSU-Verfahren verhört. Er wurde intensiv zu Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe befragt. Marschner leugnete in den Vernehmungen, dass er die drei kannte. Der Haftbefehl, so heißt es aus Schweizer Justizkreisen, kam bei den Verhören Marschners nicht zur Sprache.
24.06.2016
V-Mann „Primus“: Spuren führen bis zu Legida
Der NSU-Untersuchungsausschuss im Bundestag ging am Donnerstag dem Geflecht von Verfassungsschutzspitzeln und den Tätern des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) nach. Armin Schuster, Polizist und als CDU-Abgeordneter Mitglied im NSU-Bundestags-Untersuchungsausschuss, sagt, was viele Kollegen denken: »An Marschner ist mehr dran, als in den Akten steht.« Der ehemalige V-Mann des Bundesamtes für Verfassungsschutz (Deckname »Primus«) und seine wahrscheinliche Nähe zu den Rechtsterroristen des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) beschäftigt das Bundestagsgremium schon seit einigen Wochen. Marschner wohnte in Zwickau, betrieb dort mehrere dubiose Geschäfte und floh 2007 aus bislang unbekannten Gründen. Zuvor war er quasi ein Nachbar der NSU-Kerntruppe Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe, die in Zwickau untergetaucht waren. Einer der drei am Donnerstag vor den Berliner NSU-Ausschuss geladenen Zeugen behauptet, zumindest Mundlos in Marschners Baufirma begegnet zu sein. Ein weiterer Zeuge war Mitinhaber eines Szeneladens namens M.u.M. Vertriebs GmbH, in dem Marschner Geschäftsführer war. Der Mann hatte sich unmittelbar nach dem Auffliegen des NSU im November 2011 bei der Polizei gemeldet, weil er Beate Zschäpe mehrfach in dem Laden gesehen hatte.Der Zeuge gab auch Auskunft über Verbindungen des Verfassungsschutzspitzels zu anderen Neonazis und rechtsextremistischen Gruppen. Auf einem Foto identifizierte er einen »Olli« und einen zweiten Mann aus Leipzig, von denen einer einen Schlüssel zu Marschners Zwickauer Büro gehabt habe.Beide Männer aus Leipzig, die der Zeuge wiedererkannt hatte, sind heute Chefs einer kapitalstarken Sicherheitsfirma, die nach eigenen Aussagen 2015 den Schutz der Legida-Versammlungen übernommen hatte. Es gibt Vermutungen, dass Kontakte von Firmenmitarbeitern bis in Kreise des Organisierten Verbrechens reichen.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1016394.spuren-fuehren-bis-zu-legida.html
Thüringer Polizei ist weiter auf der Suche nach brisanten NSU-Dokumenten
In den Dokumenten gibt es brisante Informationen zu den ersten 48 Stunden nach dem Auffinden der Leichen von Mundlos und Böhnhardt. Die Unterlagen spiegeln vor allem die ersten wichtigen Sitzungen der Fahnder in der Gothaer Einsatzzentrale wider. Die Thüringer Polizei sucht weiterhin Ermittlungsunterlagen rund um das Auffliegen des NSU-Terror-Trios. Dabei handelt es sich um Protokolle aus dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg. Sie waren bei den Ermittlungen ab November 2011 verfasst worden. Alles deutete auf eine Routinesitzung des Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss hin, an diesem 2. Juni 2016. Geladen waren Beamte des Landeskriminalamtes aus Baden-Württemberg. Sie waren im November 2011, einen Tag nach dem Auffinden der Leichen von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in Eisenach, nach Thüringen gereist. Die Beamtin berichtete von Protokollen, die sie seit ihrem Eintreffen am 5. November 2011 in der Einsatzzentrale in Gotha angelegt hatte. Sie sagte auch aus, dass sie die Dokumente bereits 2014 oder 2015 nach Thüringen übersandt habe. Das war ein Paukenschlag, denn davon wusste weder der Ausschuss noch die Öffentlichkeit. Die Beamtin nannte auch den Empfänger der Akten. Einen Kripomann aus Gotha. Der habe das Material bei ihr angefordert. Doch dieser konnte sich in einer anschließenden Vernehmung an gar nichts mehr erinnern. Dem MDR sind teile der Protokolle inzwischen übergeben worden – sie enthalten brisante Informationen.
http://www.mdr.de/themen/nsu/nsu-polizeiprotokoll-100.html
27.06.2016
NSU-Ermittlungen: Unbekannte DNA wirft Frage nach Mittätern auf
Bei den NSU-Untersuchungen gibt es neue Rätsel. Auch nach viereinhalb Jahren intensiver Ermittlungen sind noch entscheidende Fragen unbeantwortet. Eine dreht sich um anonyme DNA-Spuren. Sie können den NSU-Mitgliedern Mundlos, Böhnhardt oder Zschäpe nicht zugeordnet werden.Clemens Binninger ist der Vorsitzende des zweiten Untersuchungsausschusses des Bundestags: „Uns ist aufgefallen, dass an keinem der 27 Tatorte, die dem NSU zugerechnet werden, DNA von Mundlos, Böhnhardt oder Zschäpe gefunden wurde, dafür aber anonyme DNA. Deshalb muss man der Frage nachgehen, ob diese DNA möglicherweise von Mittätern stammt.“
http://www.mdr.de/nachrichten/politik/inland/nsu-dna-100.html
28.06.2016
Vor 15 Jahren von den extrem rechten Terroristen des NSU ermordet: Wer war Süleyman Ta?köprü?
Ein schlaksiger Junge betritt Anfang der 1980er-Jahre an der Seite seines Vaters den Friseursalon von Behçet Algan in Hamburg-Altona. „Ein fröhliches, aufgeschlossenes Kind mit äußerst dichtem, schwarzem Haar“, beschreibt Algan seinen ersten Eindruck von Süleyman Ta?köprü. Er sieht ihn aufwachsen, zur Schule gehen, Vater werden. Am 27. Juni 2001 stirbt der türkischstämmige Ta?köprü in seinem Lebensmittelladen – erschossen von den rechtsextremistischen Terroristen des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU). Der Mord an dem 31-Jährigen hat nicht nur die Angehörigen traumatisiert, sondern auch das Viertel.
https://www.ndr.de/kultur/geschichte/Wer-war-NSU-Opfer-Sueleyman-Takoeprue,taskoeprue108.html
Aysen Tasköprü weist Gauck-Einladung zurück
Im Juni 2001 wurde in Hamburg Süleymann Tasköprü ermordet. Täter waren die Neonazis Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos aus Jena. Die Polizei ging jahrelang von einem Mord im „Milieu“ aus, verdächtigte Angehörige und Bekannte. Nun hat Bundespräsident Gauck die Angehörigen der Opfer eingeladen, um seine Betroffenheit auszudrücken, doch Aysen Tasköprü, Schwester von Süleymann und Nebenklägerin im NSU-Prozess lehnt die Einladung ab. Warum? Das schreibt sie in einem Brief an Gauck.
„Sehr geehrter Herr Bundespräsident Gauck,
vielen Dank für die Einladung. Ich habe über meine Anwältin gehört, dass Sie nicht wünschen, dass die Rechtsbeistände der Nebenkläger bei dieser Einladung dabei ist. Sie möchten nur ihre Empathie ausdrücken, aber keine Anwälte auf diesem Treffen sehen. Es wäre emphatisch von Ihnen gewesen, nicht darauf zu bestehen, dass ich alleine ins Präsidialamt komme. Ich fühle mich dem nicht gewachsen und werde daher Ihre Einladung nicht annehmen können. Da Sie ja aber so daran interessiert sind, wie es uns geht, werde ich Ihnen gerne schildern, wie es uns geht. Im Sommer 2001 töteten die Neonazis meinen Bruder. Im Spätsommer 2011 – 10 Jahre später – klingelte die Kripo bei mir. Sie brachten mir die persönlichen Gegenstände meines Bruders. Ich fragte die Beamtin, warum jetzt die Sachen kämen; ob es etwas Neues gibt. Sie sagte nur, man habe nur vergessen mir die Sachen zurückzugeben. Dann ging sie wieder. (…) Ich hatte mal ein Leben und eine Heimat. Ich habe kein Leben mehr. Ich bin nur noch eine leere Hülle, die versucht, so gut wie möglich zu funktionieren. Ich bin nur noch unendlich traurig und fühle mich wie betäubt. (…) Alles was ich noch möchte, sind Antworten. Wer sind die Leute hinter der NSU? Warum ausgerechnet mein Bruder? Was hatte der deutsche Staat damit zu tun? Wer hat die Akten vernichtet und warum?“
http://publikative.org/2013/02/16/aysen-taskopru-weist-gauck-einladung-zuruck/
Ehemaliger Verfassungsspitzel Tino Brandt beschäftigt erneut den NSU-Prozess
Er sitzt seit dem Vorjahr wegen Kindesmissbrauchs hinter Gittern. In den 1990er Jahren war Tino Brandt eine der Führungsfiguren der Thüringer Neonaziszene und Verfassungsspitzel mit hochkarätiger Bezahlung. Anfang Juni trat er zum dritten Mal als Zeuge im Münchner NSU-Prozess auf. Bisher ergaben die NSU-Ermittlungen nichts strafrechtlich Belastbares gegen ihn. Eine mögliche Unterstützung gilt als verjährt. Trotzdem beschäftigt der 41-Jährige auch dieser Woche erneut die Prozessbeteiligten in München. Auf Betreiben der Anwälte des Angeklagten Ralf Wohlleben ist für Dienstag ein Sönke P. als Zeuge geladen. Die Verteidiger erhoffen sich von dem Mann die Bestätigung, dass den Angaben von Tino Brandt vor Gericht nicht getraut werden kann. Sönke P. schickte Ende 2014 einen handschriftlichen Brief an das München Gericht, um seiner Meinung nach wichtige Informationen zum NSU-Verfahren mitzuteilen. Auch in einem gegen ihn geführten Strafprozess soll der 53-jährige am Beginn erklärt haben, dass er mit Tino Brandt im Juli 2014 einige Tage gemeinsam im Gefängnis in Stadelheim bei München gesessen habe.
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