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NSU Verdacht auf zwei weitere Anschläge, aber schwierige Beweisführung

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Ralf Wohllebens Frau als Kindergärtnerin in Jena gekündigt
Weitgehend unbehelligt konnte die zweifache Mutter und Ehefrau von Ralf Wohlleben, der derzeit wegen Beihilfe zu sechsfachem Mord in Haft sitzt, ihre Arbeit als Erzieherin in die Kindertagesstätte im Jenaer Ortsteil Kunitz ausüben. Erst die Verhaftung ihres Ehemannes, dem ehemaligen NPD-Vize-Chef in Thüringen, Ralf Wohleben, führte zu einer fristlosen Kündigung am 12. Dezember 2011, die wenige Tage später in eine ordentliche Kündigung zum 31. März 2012 umgewandelt wurde. Wie der Anwalt ihres Arbeitgebers mitteilte, ließ sich Wohllebens Ehefrau dienstrechtlich nichts zu schulden kommen, jedoch lasse sie die ?persönliche Eignung? für solch einen sensiblen Beruf vermissen. In einer Anhörung hatte die Gekündigte eingeräumt, selbst in der rechtsextremistischen Szene aktiv gewesen zu sein. So sei sie früher im Besitz eines NPD-Parteibuches gewesen und habe die Kasse des NPD-Kreisverbandes Jena geführt. In dem Gespräch wollte sie sich nach Angaben des Trägers nicht von ihrer Weltanschauung distanzieren, weshalb sie ?nach dem humanistischen Leitbild des Sozialunternehmens Heckel nicht geeignet sei, Kinder zu erziehen?, sagte Rechtsanwalt Sidney Balan (Endstation rechts).

André Eminger bleibt in Haft
Der mutmaßliche Unterstützter der Zwickauer Terrorzelle, André Eminger, bleibt in Untersuchungshaft. Das teilte die Bundesanwaltschaft am Dienstag in Karlsruhe mit.
Nach einem Haftprüfungstermin bestätigte der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs (BGH) den dringenden Tatverdacht gegen den 32-Jährigen. Er soll im Jahr 2007 den Propagandafilm hergestellt haben (boulevard-baden.de)

Dreist: Zschäpe besucht im Jahr 2011 unerkannt massiv gesicherten Rocker-Prozess
Die Terrorverdächtige Beate Zschäpe soll 2011 einen massiv gesicherten Rocker-Prozess im Erfurter Landgericht besucht haben. Ein Rechtsanwalt habe der Staatsanwaltschaft berichtet, das NSU-Mitglied Beate Zschäpe habe sich im vergangenen Jahr am Rande eines Prozesses am Erfurter Landgericht gegen Bandidos-Rocker an ihn gewandt und gefragt, ob er ihr helfen könne, berichteten Sicherheitskreise. Er habe ihr seine Karte gegeben – und sie dann in den Medienberichten zur NSU wiedererkannt (Tagesspiegel).

Solidarität mit NSU-Verdächtigem Wohlleben: „Freiheit für Wolle“
Zeugenaussagen belasten den einflussreichen Jenaer Neonazi Ralf Wohlleben der Mittäterschaft bei der Zwickauer Terrorzelle. Doch die NPD-unabhängigen Kreise lassen ihn nicht fallen und fordern etwas im Thiazi-Interneforum: „Freiheit für Wolle“ (bnr.de).

Nazi-Terrorgruppe könnte Mord in Berlin begangen haben
Der Mord an einem jugoslawischen Kioskbesitzer vor zwölf Jahren wird neu aufgerollt. Die Berliner Polizei prüft alle Fälle, die in Zusammenhang mit der Jenaer Terrorzelle NSU stehen könnten – auch 226 ungeklärte Banküberfalle (Tagesspiegel).

Schwierige Beweisführung – kommen NSU-Unterstützer schon diese Woche frei?
Die Ermittlungen gegen die Terrorzelle geraten ins Stocken. Einige mutmaßliche Unterstützer des Rechtsterrors könnten außerdem schon bald wieder frei sein. Der 32-jährige André E. aus Zwickau könnte schon diese Woche auf freien Fuß kommen – es gibt nun doch Zweifel daran, dass er die zynischen Videos der Rechtsterroristen gedreht habe. Dann bleibt nur der Vorwurf, eine Bahncard geliehen zu haben – kein Haftgrund. Auch Holger G. könnte freikommen: Was er bisher zugegeben hat, läuft auf Fluchthilfe und Urkundenfälschung heraus, wenn es nicht schon verjährt ist – sein Haftbefehl könnte unter Auflagen außer Vollzug gesetzt werden (Frankfurter Rundschau).

Holger G. sagt aus
Der am 13. November 2011 in Lauenau verhaftete NSU-Helfer Holger G. hat, wie jetzt bekannt wurde, offenbar umfangreich ausgesagt und zugegeben, die Zwickauer Terrorzelle unterstützt zu haben – und zwar bis ins Jahr 2011.
Bereits kurz nach dem Abtauchen der drei Neonazis 1998 habe NPD-Funktionär Ralf Wohlleben, der zunächst als Kontaktmann fungiert habe, ihn um Geld für die Flüchtigen gebeten, gab G. gegenüber Ermittlern zu Protokoll. Er habe daraufhin 3.000 Mark gespendet.
2000 oder 2001 habe Wohlleben ihn gebeten, einen ersten Reisepass für Böhnhardt erstellen zu lassen.
2001 oder 2002, so gestand G. zudem, habe er im Auftrag Wohllebens eine Waffe zu den Flüchtigen brachte. Er habe eine Reisetasche mit einem Stoffbeutel transportiert, den ihm Wohlleben gegeben habe und in dem er eine Pistole ertastet habe. Beate Zschäpe habe ihn am Zwickauer Bahnhof abgeholt und ihn in ein Mehrfamilienwohnhaus gebracht, wo Böhnhardt und Mundlos warteten. Einer von beiden habe die Pistole ausgepackt und durchgeladen.
Danach will sich G. geweigert haben, weitere Kurierdienste für das Trio zu übernehmen; mit Waffen wolle er nichts zu tun haben. Allerdings telefonierte G. ein- bis zweimal pro Jahr mit den NSU-Terrorist/innen.
2005 hätten die drei unvermittelt vor der Tür von G.s Wohnung in Hannover gestanden. Etwas später habe ihn das Trio gebeten, einen Führerschein zu besorgen. Die Gebühr hätten sie ihm erstattet.
Im Mai 2011 fragten Mundlos, Bönhardt und Zschäpe G. nach einem neuen Reisepass an. G. habe erneut geholfen. Zuvor hatte er das Trio mit einem Führerschein, Krankenkassenkarten und einer ADAC-Karte versorgt.
Holger G. soll außerdem 2011 den Wohnwagen angemietet haben, in dem sich Böhnhardt und Mundlos kurz vor Stürmung des Fahrzeugs durch die Polizei das Leben nahmen (Spiegel online).

Weiterer Verdacht auf eine Sprengstoff-Attentat: Duisburg
Die Zwickauer Zelle steckt möglicherweise auch hinter einem Mordanschlag in Duisburg 2003. Damals war ein türkischer Gastwirt von einer Selbstschussfalle schwer verletzt worden. Ein ähnliches Modell fanden Fahnder im Haus, dass Beate Zschäpe in Zwickau angezündet hatte,bevor sie sich der Polizei stellte (ZEIT, DerWesten).

Neue Verbindungen der NSU zum Nagelbombenanschlag in Köln
Neue Indizien sind aufgetaucht, die das Terrortrio mit dem Kölner Nagelbombenanschlag verbinden. Auf dem Computer der Zwickauer Neonazi-Zelle haben Ermittler einem Magazinbericht zufolge neue Indizien dafür gefunden, dass die mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos für den Kölner Nagelbomben-Anschlag vom 9. Juni 2004 verantwortlich sind. Wie der Focus am Freitag vorab berichtete, waren auf der Festplatte Dateien zu dem Kölner Attentat gespeichert, die in dem Propaganda-Film der Gruppe auftauchen. Die Namen der entsprechenden Dateien führen demnach direkt zu Böhnhardt und Mundlos. Die Sequenzen zeigen dem Bericht zufolge Bilder einer Überwachungskamera, mit denen damals nach den beiden Tätern gefahndet worden war. Zu sehen sind zwei Männer, die Fahrräder zum Anschlagsort schieben. Auf einem der Räder war die Bombe deponiert, die wenig später in der überwiegend von Türken bewohnten Keupstraße in Köln-Mülheim explodierte. Bei der ferngesteuerten Detonation wurden 22 Menschen verletzt. Auf dem Computer waren die Videos unter Pseudonymen von Mundlos und Böhnhardt gespeichert (taz).

Überblick behalten:
Eine hervorragenden Überblick über den aktuellen Kenntnisstand des ausufernden rechtsextremen Netzwerks rund um die NSU bietet www.dasdossier.de
Ebenfalls eine gute Grundlagenrecherche zum Thema hat das Antifaschistische Infoblatt gemacht.
Das Berliner Archiv Apabiz hat eine erhellende Zeitleiste aller Ereignisse rund um die NSU erstellt. Zu sehen ist sie auf dem Blog „Schattenbericht„.

Beate Zschäpes Anwalt beschwert sich…
… über die Haftbedingungen seiner Mandantin. Sie werde in der Kölner Justizvollzugsanstalt Ossendorf dauerhaftem Licht ausgesetzt (weil die Justizvollzuganstalt befürchtet, dass sie sich sonst umbringt) und von Mithäftlingen bedroht und angespuckt (Spiegel online).

NSU-Ermittlungen mit Tierarztrechnung: Milbenplage bei rechten Terroristen
Um im Falle der Zwickauer-Nazi-Terroristen an weitere Informationen zu kommen, verfolgen Ermittler den Weg von Beate Zschäpes Tierarzt-Rechnungen zurück – und bekommen so ein Profil, wo sich die Mitglieder der Terrorzelle wann aufgehalten haben (Berliner Zeitung).

Zur Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrundes“ auf netz-gegen-nazis.de:

| Rechtsextremes Mord-Trio erschüttert die Republik (13.11.2011)
| Fünfter Komplize und Mitwisser beim Verfassungsschutz (15.11.2011)
| Neues zur NSU: Nazi-Bands singen seit Jahren über die NSU – 11 Mitglieder? (17.11.2011)
| Von wegen Solidarität: Für die NPD sind die NSU-Terroristen keine „Nationalisten“ (17.11.2011)
| Nazi-Klamottenmarke „Reconquista“ bietet menschenverachtende „Killer-Döner“-T-Shirts an (18.11.2011)
| Videoproduzent Andre E. verhaftet (21. bis 25.11.2011)
| Wo sind 38 Kilogramm TNT geblieben? Ralf Wohlleben verhaftet. (28.11. bis 02.12.2011)
| Rechtsextreme Szene wusste von Morden. (05. bis 09.12.2011)
| Matthias D. als weiterer Unterstützer festgenommen. (10. bis 18.12.2011)
| Geld vom Verfassungsschutz für die NSU (19. bis 25.12.2011)
| NSU: Verdacht auf zwei weitere Anschläge, aber schwierige Beweisführung (01. bis 15. Januar 2011)
| Die Zwickauer Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ im Überblick – Taten und Unterstützer/innen
raf

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20201217_Nordic Resistance

Nordic Resistance Der paneuropäische „Ikea-Faschismus“ der Nordischen Widerstandsbewegung

Die „Nordische Widerstandsbewegung“ strebt einen panskandinavischen Neonazi-Staat an. Sie hat Ableger in Schweden, Finnland, Norwegen, Dänemark und Island – und ist international bestens vernetzt. Auf ihr Konto gehen zahlreiche Anschläge und Morde im nordischen Raum. Doch die Bewegung steckt in der Krise: In Schweden hat sich die Gruppe gespalten, in Finnland wurde die NMR letztes Jahr vom Obersten Gericht verboten. Ein Porträt.

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