Neben Holocaust-Relativierung, Antisemitismus und Rassismus findet sich noch mehr in dem 1997 neu aufgelegten Liederbuch. Zum Beispiel ein Lied zu Ehren der Legion Condor, einer Wehrmachtseinheit, die auf Seiten von Francos faschistischen Putschisten im spanischen Bürgerkrieg Luftangriffe flogen und unter anderem die Stadt Guernica zerstörten und Hunderte Menschen töteten.
Daneben gibt es auch noch lupenreinen Rassismus in einem Lied mit dem Titel „Der N****aufstand in Kuba“, weitere NS-Relativierung im BDM-Lied „Wenn wir marschieren“ oder der NS-Falschirmjägerhymne „Auf Kreta„, in der die „Heldentaten“ der Wehrmacht auf der griechischen Insel glorifiziert werden, denen Hunderte Menschen zum Opfer fielen.
Der zweite Vorsitzende der Germania – Leitspruch: „Deutsch und treu in Not und Tod“ – war Udo Landbauer, Spitzenkandidat der FPÖ für die Landtagswahlen in Niederösterreich am kommenden Sonntag. Seine Mitgliedschaft in der Germania ruht nach seinen Angaben seit der Veröffentlichung. Seine Konsequenz aus dem Skandal: ein neues Titelbild auf Facebook mit dem Slogan „Jetzt erst recht!“.
Landbauer behauptet, das Liederbuch sei zu seiner aktiven Zeit in der Burschenschaft lediglich in einer „zensierten“ Form vorhanden gewesen. Seiten seien herausgerissen gewesen und rassistische und antisemitische Passagen seien geschwärzt worden. Er selbst habe die betreffenden Lieder nie gesungen. Wo genau dann das unzensierte Liederbuch herkommt, das dem Falter vorliegt, lässt er offen. Die Burschenschaft dazu: „Dennoch bleibt weiterhin Gegenstand der Untersuchung, warum es offensichtlich dieses vorliegende Liederbuch gibt.“
Mittlerweile wurde der offenbar alleinige Verantwortliche für das Liederbuch von der Burschenschaft identifiziert und suspendiert. Er würde sich den Behörden stellen.
Bereits 2010 hatte Landbauer ein Liederbuch der rechtsextremen „Jungen Patrioten“ beworben. Auch in diesem Buch kamen die Lieder vor, um die es jetzt nochmal geht.
Landbauers Parteifreunde springen ihm schnell bei und nehmen ihn in Schutz. Selbstverständlich könne der stellvertretende zweite Vorsitzende der Germania nichts vom Inhalt des Liederbuches gewusst haben, er sei ja schließlich erst elf Jahre alt gewesen, als das Buch gedruckt worden sei, so etwa FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Selbstverständlich fordern auch die Parteifreunde „volle Aufklärung und entsprechende Konsequenzen“.
Wie weit diese Konsequenzen gehen können, zeigt dann Innenminister Herbert Kickl (FPÖ): „Ich halte es ehrlich gesagt für ziemlich ausgeschlossen, dass es Ermittlungen gegen ihn gibt.“ Die Vorwürfe gegen die Burschenschaft Germania seien nicht haltbar. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher dazu im österreichischen Kurier: „Es ist unfassbar, dass Herbert Kickl offenbar meint, für seinen Gesinnungsgenossen Udo Landbauer Partei ergreifen zu müssen. Es ist erschütternd, dass man Kickl offenbar das Prinzip der Gewaltentrennung erklären muss. Aber in Demokratien führt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen und nicht der Innenminister“. Und weiter: „Dass Sebastian Kurz so jemandem das Innenministerium anvertraut, muss er selbst verantworten.“
Der Skandal um das Liederbuch ist dabei lediglich die aktuellste Episode in der Einzelfall-Saga der österreichischen Rechtspopulisten. Im Dezember bewertete FPÖ-Gemeinderat Markus Ripfl auf YouTube ein Lied der rechtsextremen Band „Division Germania“ mit einem „Gefällt mir“ und postete das ganze dank moderner Technik gleich auf Twitter.
Seine Version der Geschichte: er wurde von einer unbekannten Person gehackt, die sich mit seinem Account in YouTube anmeldete und auf „Gefällt mir“ klickte. Natürlich um ihm politisch zu schaden. Immerhin war diese Erklärung selbst für FPÖ-Verhältnisse zu absurd. Ripfl musste die Partei verlassen.
Andreas Bors, ebenfalls FPÖ-Mitglied aus Oberösterreich, sollte eigentlich nach den Wahlen 2017 in den Bundesrat einziehen. Allerdings wurde bereits 2014 ein Bild von ihm veröffentlicht, auf dem er den Hitlergruß zeigt. Bors beteuerte, jegliche Form von Extremismus abzulehnen, „das ist für mich eine Selbstverständlichkeit“. Eine einzige unüberlegte Handlung, die dann auch noch zu diesem einen Zeitpunkt rein zufällig fotografiert wurde, würde ihn „in die Nähe jener Ideologie bringen (…), die ich zutiefst ablehne.“ Der selbsternannte Antifaschist mit „lupenreiner demokratischen Gesinnung“ sah eine „unhaltbare Medienkampagne“ gegen ihn und verzichtete schließlich auf den Bundesratssitz. In der FPÖ konnte er bleiben.
In einem Interview mit dem Fernsehmagazin “ZIB” wurde Landbauer mit dem aktuellen Skandal und vielen der vorherigen konfrontiert. Schnell konnte er die wahren Schuldigen an allem ausmachen: die Medien. Die angeblich unausgewogene Berichterstattung führe dazu, dass sich Menschen mit „dieser Prägung“ überhaupt erst für die FPÖ interessieren würden.
Die Landtagswahlen am kommenden Sonntag werden zeigen, ob Landbauer mit seiner Strategie durchkommen kann. Die Erfolge der FPÖ lassen vermuten, dass er nicht als Verlierer aus dieser weiteren Affäre herausgehen wird.