Patrick Gensing ist freiberuflicher Journalist, der im Internet die hervorragende Seite www.npd-blog.info betreibt, über deren neueste Artikel Leser von Belltower.news über die Rubrik in der rechten Seitenspalte informiert werden. Auf der Website beschäftigt sich Gensing, gemeinsam mit Unterstützern, verdienstvoll mit der Medienauslese zum Thema NPD, aber auch zu Entwicklungen im Rechtsextremismus allgemein. Ergänzt wird das Angebot durch eigene Artikel zum Thema, von denen einer jüngst mit dem Axel-Springer-Preis für junge Journalisten ausgezeichnet wurde.
So ist es nicht verwunderlich, dass dieser Tage Gensings erstes Buch erscheint: ?Angriff von rechts. Die Strategien der Neonazis ? und was man dagegen tun kann?. Derer gibt es einige und sie werden von Gensing auf 253 Seiten zusammengefasst. Dabei wählt er einen allgemeinverständlichen Ton und verzichtet auf Quellenangaben zu den vorgetragenen Fakten, auch wenn diese ohne Zweifel durch Recherche in Archiven und Bibliotheken erarbeitet sind.
So folgt die Leserin Gensing in die Welt der extremen Rechten: Geschichte der NPD, wichtige Ideologie-Bestandteile und wie Nazis sie argumentativ benutzen (etwa völkisches Denken oder Antisemitismus), der Augenwischerei-Rassismus neurechter Autoren (?Europa der Völker?), Neonazismus als soziale Bewegung, die Lebenswelten für Kinder bis Alte und Subkulturen für abgrenzungswillige Jugendliche erschafft. Es ist eine Zusammenfassung des aktuellen Wissensstandes bleibt.
Erstaunlich dabei: Gensing, ganz Journalist, hat sich offenbar viele Gesprächspartner gesucht, einerseits aus der Wissenschaft, andererseits auch aus der Neonazi-Szene selbst, deren Führungspersönlichkeiten und Prominenz offenbar auch Fragen des Autors beantwortet haben. Allerdings bekommt die Leserin stets nur das eine oder andere Zitat in den Text gefügt, wo vielleicht auch ein zusammenhängendes Interview hätte interessant sein können.
Eine sehr lesenswerte Reportage steuert Almuth Knigge dem Buch bei, wie sich die NPD im ländlichen Raum Mecklenburg-Vorpommerns erfolgreich als ?normale Partei? anbietet. Dann folgt im Kapitel ?Praxis: Rechtsextreme Strategien? ein Parforceritt durch etliche (Medien-)Diskurse im Bereich: Nein, es ist nicht nur ein ostdeutsche Phänomen. Ja, es gibt für die, die sie suchen, inzwischen eine rechtsextreme Parallelwelt mit Infrastruktur, Arbeitsmöglichkeiten und Unterhaltungsangeboten. Ja, es gibt auch rechtsextreme Frauen. Ja, sie benutzen Parlamente, um Geld abzugreifen und ihrer Ideologie eine Plattform zu geben. Sie sind Nationalisten, aber vernetzen sich international. Und sie haben eigene Diskussionsstrategien im Internet. Die legt Gensing kenntnisreich da, es ist sein Metier: Im Internet findet er gute Belege für viele Thesen, zeigt die Ausformungen, die die neonazistischen Facetten im Web haben.
Überraschend ist das letzte Kapitel ?Theorie & Praxis: Gegenstrategien?. Hier geht es zunächst um Zänke und Unstimmigkeiten innerhalb der neonazistischen (Parteien-) Szene ? eine recht eigenwillige Interpretation von ?Gegenstrategie?. Desweiteren lernt der Lesende: Der Kampf gegen Rechtsextremismus ist schwierig, unsicher und unübersichtlich. Nur eins ist dem Autoren sicher: Ein NPD-Verbot bringt nichts, denn danach sind die Nazis immer noch da. Bestimmt ist Gensing nicht der einzige, den die Arbeit gegen Rechtsextremismus manchmal ratlos macht. Allerdings ließ der Buch-Untertitel „(?) und was man dagegen tun kann“ mehr Ideen erhoffen.
Patrick Gensing:
Angriff von rechts
Die Strategien der Neonazis ? und was man dagegen tun kann.
dtv-Verlag, Juli 2009
281 S.
13,30 Euro