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Plakat-Wahlkampf der Rechtspopulisten Hauptstadt der Angst oder Angst vor der Hauptstadt?

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Jedenfalls sind die Wahlplakate von „Pro Deutschland“ und „Die Freiheit“ voll mit Ängsten aller Art, die die Rechtspopulisten und Islamfeinde zu schüren versuchen.


Das Plakat, dass die Angst sogar direkt anspricht, gehört zu „Pro Deutschland“. Die betiteln sich großspurig als „Bürgerbewegung“, obwohl sie bisher so wenig Mitglieder hat, dass führende Funktionäre erst aus Nordrhein-Westfalen nach Berlin ziehen mussten, um den Wahlkampf zu wuppen. Um ein paar WählerInnen mehr zu erreichen, setzt „Pro“ auf brachiale Motive wie diesen vermummten Kerl, der nach dem Betrachter oder der Betrachterin – oder zumindest deren Hab und Gut – zu greifen scheint. Was „Pro“ mit dieser Figur zu tun hat, bleibt der Fantasie überlassen: Meint „Pro“ eine „Law-and-Order“-Mentalität, also härtere Gesetze und Strafen gegen Kriminelle – womit zugleich angedeutet wäre, bisher würde zu wenig auf diesem Sektor getan? Oder macht die Hauptstadt gar ihnen selbst Angst und sie wollen schnell wieder weg?


Auch hier muss der Betrachter oder die Betrachterin um die Ecke denken, denn wieder gibt es eine Text-Bild-Schere: „Unsere Frauen bleiben frei!“ sagt nämlich „Pro Deutschland“ hier – gezeigt wird eine Frau in einer Niqab, deren Sehschlitz vergittert ist. Klar: Gemeint ist das islamfeindlich. Die Botschaft soll sein: Muslime unterdrücken Frauen – was so generell gesprochen schon eine wahnsinnig undifferenzierte, vorurteilsbeladene Aussage ist. Angedeutet werden soll auch: „Wir“ sind ja so emanzipiert und frei! Faktisch meint die Aussage allerdings auch: Wenn uns die Freiheit der Frauen unter dem Niqab so zu Herzen geht, sind sie dann auch „unsere“ Frauen?! Doch so fortschrittlich ist „Pro Deutschland“ nur, wenn es ihnen in den Kram passt: Das Argument einer Frauenfeindlichkeit des Islam wird nur taktisch verwendet. Denn es geht „Pro“ nicht um die Freiheiten muslimischer Frauen. „Pro“ hat eine grundlegende Angst vor und Abneigung gegen Muslime und Muslimas und wünscht sich deshalb vor allem, dass sie nicht hier seien.


Deshalb verwendet die „Pro“-Bewegung auch immer das hier abgebildete Symbol der durchgestrichenen Moschee. Um zugleich die imaginierte große gesellschaftliche Akzeptanz für ihre Islamfeindschaft zu untermauern, wird im Slogan an Immer-noch-SPD-Politiker Thilo Sarrazin und sein biologistisch-islamfeindlich argumentierendes Buch „Deutschland schafft sich ab“ erinnert. So direkt mochte Sarrazin allerdings dann doch nicht mit Rechtspopulisten in Verbindung gebracht werden: Er klagte gegen die Verwendung seines Namens auf den Plakaten, was zu diesem Ergebnis führte:


Jetzt konnte sich „Pro“ auch noch – taktisch schlau gemacht – als unterdrückte „Kämpfer für die Meinungsfreiheit“ gerieren. „Zensiert“ über den Namen einer Person zu schreiben, die weder Mitglied der eigenen Partei ist noch um Zustimmung gefragt wurde – das ist ganz schön dreist und passt zum Stil von „Pro“, Fakten so weit wie möglich zu dehnen und zu drehen, bis sie in das eigene Weltbild passen.


Und dann gibt es noch „Die Freiheit“. Deren Kopf René Stadtkewitz benahm sich als Noch-CDU-Mitglied so, dass es der konservativen Partei zu islamfeindlich wurde und er aus Fraktion und Partei ausgeschlossen wurde. So gründete er eine eigene Partei, und die hat den Slogan: „Wir lieben die Freiheit!“ Aber wessen Freiheit, und mit welchen Werten? Hier fordert er: „Bessere Bildung“. Was damit gemeint ist, steht in der Unterzeile: „Leistung“. Leistung ist natürlich nicht Schlechtes. Wenn sie aber das oberste Ziel von Bildung sein soll, erinnert das an ein „Nützlichkeitsdenken“ vom Menschen, das problematisch werden kann.


Hier wird nicht nur deutlich, dass die Freiheit keinen kreativen Grafiker hat, sondern auch, dass die Freiheit sich zumindest im Plakatwahlkampf deutlich gemäßigter zu positionieren versucht als „Pro“ (im wirklichen Leben lädt sie dafür Islamfeind Geert Wilders aus Holland zu Veranstaltungen nach Berlin). Die Vokabel der „Leitkultur“ verweist auf konservative Diskurse, die Unterzeile, „Integration ist ein Bringschuld“, benennt nur durch die Blume die Position der „Freiheit“ zu Zuwanderung in Berlin: Schuld an Problemen im Zusammenleben sind natürlich nicht „wir“, sondern die, die kommen und ihre „Bringschuld“ nicht erfüllen, sich komplett anzupassen. Die Freiheit, die die „Freiheit“ meint, endet hier deutlich früher für diejenigen, die nicht schon immer (was immer das in Berlin heißen mag) hier waren.


Geradezu rührend ist dieses Plakat: Die „Freiheit“ möchte, dass die Leserinnen und Leser gut nach Hause kommen! Wer möchte das nicht? Und zum Glück kommen die meisten Berlinerinnen und Berliner auch jeden Tag gut nach Hause. Hier allerdings werden wieder sehr subtil Ängste geschürt. Es gibt Übergriffe in Berliner U-Bahnen. Wird dagegen zu wenig getan? Vielleicht. Hat die „Freiheit“ dazu eine Idee? Wenn ja, bleiben sie die hier schuldig.


Hier aber greift die „Freiheit“ ein Thema auf, dass auch die NPD auf ihre Plakate druckte: Die „Euro-Krise“. Die Unterzeile hier ist Populismus pur: „Keine Steuern für Athen!“ Wer hier „Genau!“ denkt, muss sich auch fragen lassen, wie denn dann mit dem Problem überschuldeter Länder in der Euro-Region umzugehen sei. Die „Freiheit“ bleibt die Antwort schuldig. Das Gefühl einer unüberschaubaren Politik, vor der der Betrachter vielleicht schon wieder Angst hat, weil man sie nicht durchschaut, ist aufgebracht.

Zum Glück ist Berlin aber keine „Hauptstadt der Angst“. Sowohl „Pro Deutschland“ als auch die „Freiheit“ haben in Berlin wenig Chancen auf Wählerstimmen.

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