Prozess wegen Angriff auf jüdisches Restaurant in Chemnitz +++ Leerstelle im Wahlkampf: War da nicht was mit Nazis? +++ Rechtsradikale Partei plakatiert Mordaufruf +++ Bundestagswahl-Studie: Vor allem Baerbock Ziel von Desinformation +++ Beim Notdienst Kinderschutz wurden über Jahre regelwidrig Daten zu Sinti und Roma erfasst +++ Potenzial verschenkt: Menschen mit Einwanderungsgeschichte scheinen keine relevante Zielgruppe im Wahlkampf zu sein …
Gewalt und Bedrohungen
Beim Notdienst Kinderschutz wurden über Jahre regelwidrig Daten zu Sinti und Roma erfasst
Der Berliner Notdienst Kinderschutz hatte im Zuge der Datenerfassung bei Kinder- und Jugendschutzfällen über Jahre eine Unterkategorie »Sinti/Roma« etabliert. Das geht aus einer Antwort der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie auf eine Schriftliche Anfrage des Berliner Grünen-Abgeordneten Sebastian Walter hervor.
Prozess wegen Angriff auf jüdisches Restaurant in Chemnitz
Drei Jahre nach einem Angriff auf das jüdische Restaurant „Schalom“ in Chemnitz findet am morgigen Mittwoch der Prozess gegen einen 30 Jahre alten Mann statt. Dem mutmaßlichen Täter aus Niedersachsen werden gefährliche Körperverletzung, Landfriedensbruch im besonders schweren Fall und Sachbeschädigung vorgeworfen, teilte das Amtsgericht Chemnitz mit. Der Beschuldigte soll am Abend des 27. August 2018 aus einer Gruppe von mindestens zehn Personen heraus den Restaurantbetreiber attackiert haben.
Prozess um Attacke auf Journalisten: Angeklagte aus rechter Szene äußern sich zu Vorfall
Mühlhausen: Zum Auftakt des Prozesses wegen des Überfalls auf zwei Journalisten vor mehr als drei Jahren haben sich die beiden Angeklagten zu den Vorwürfen geäußert. Dabei räumte der 22 Jahre alte Hauptangeklagte ein, er habe im April 2018 mit einem Schraubenschlüssel in Fretterode (Landkreis Eichsfeld) auf das Auto der beiden Journalisten eingeschlagen. Beide Angeklagten werden der rechtsextremen Szene zugerechnet.
- https://www.hna.de/lokales/goettingen/prozess-um-attacke-auf-journalisten-angeklagte-aus-rechter-szene-aeussern-sich-zu-vorfall-90967319.html
- https://www.thueringer-allgemeine.de/regionen/muehlhausen/viel-polizei-bei-prozessauftakt-in-muehlhausen-id233253841.html
- https://www.sueddeutsche.de/politik/fretterode-journalisten-ueberfall-1.5403650
Rechtsextremismus
Leerstelle im Wahlkampf War da nicht was mit Nazis?
So unklar im Moment noch ist, welche Regierungskonstellation sich nach der Bundestagswahl ergeben wird, so sicher kann man jetzt schon sein, dass diese Regierung den Kampf gegen Rechtsextremismus nicht als oberste Priorität sehen wird. Und auch nicht als zweit- oder drittoberste. Denn vom Kampf gegen Nazis hört man von den großen Parteien im Wahlkampf: nix.
SEK-Einsatz am Nazi-Haus im Frankfurter Dornbusch
Dornbusch – „Kommen Sie raus, oder wir kommen rein“, tönt es aus dem Megafon der Polizei. Rund um den Marbachweg in Frankfurt sind die Straßen abgeriegelt. Niemand kommt rein. SEK, Überfallkommando und andere Polizei-Einheiten bereiten sich auf das Schlimmste vor. Bereits mittags hatte Georg B. (50) gedroht, „etwas zu machen“, sagt Novak Petrovic, der bestellte Betreuer des Mannes, der Physik studiert hat und vor 20 Jahren in die Nazi-Szene geriet. „Seit Wochen hat er gedroht, sich und das Haus anzuzünden. Heute Mittag hat er dann Flaschen auf Autos geworfen. Er hat seinem Arzt gesagt, dass er seine Waffe holt“, so der Betreuer. Dieser Arzt rief sofort die Polizei.
Rechtsradikale Partei plakatiert Mordaufruf
Mit einem Mordaufruf versucht die rechtsextreme Partei “Der III. Weg” derzeit Wähler und Wählerinnen in Sachsen und Bayern zu gewinnen. Erstmals treten die Neonazis mit einer Landesliste den beiden Ländern zur Bundestagswahl am 26. September an. Die Partei, die sich 2013 unter maßgeblicher Beteiligung ehemaliger NPD-Funktionäre und rechtsextremer Aktivisten verbotener Neonazi-Kameradschaften gründete und in ihrer Programmatik einen sogenannten “deutschen Sozialismus” in Anlehnung an den historischen Nationalsozialismus verfolgt, wirbt dabei seit einigen Tagen mit einem menschenfeindlichen Wahlplakat für sich.
NSU-Morde: Tochter von Enver Simsek spricht über den NSU-Terror
Am 9. September 2000 wurde der Blumenhändler Enver Simsek an seinem Stand an der Liegnitzer Straße zwischen Nürnberg-Langwasser und Altenfurt mit acht Schüssen getötet. Der 38-jährige Familienvater war das erste von zehn Opfern, die die Rechtsterroristen des „Nationalsozialistischen Untergrund“ in Deutschland ermordet haben. Am 21. Jahrestag des Anschlags spricht seine Tochter Semiya Simsek an diesem Donnerstag, 9. September, um 18 Uhr in einer Videoveranstaltung mit der Nürnberger Rechtsextremismus-Expertin Birgit Mair vom Institut für sozialwissenschaftliche Forschung, Bildung und Beratung über die Auswirkungen des Terrors auf ihre Familie.
Verfassungsschutz warnt: Türkische Rechtsextremisten auch in unserer Region aktiv
Niedersachsen: Die größte Rechtsextremistische Organisation in Deutschland, die „Ülkücü-Bewegung“, hat auch in unserer Region zwei Zentren, in Salzgitter und Braunschweig. Vor den türkischen Nationalisten warnt der Verfassungsschutz bereits länger. Verboten ist sie allerdings noch nicht. Auf Twitter warnte der niedersächsische Verfassungsschutz in der vergangenen Woche vor Rechtsextremisten. Dabei ging es diesmal jedoch nicht um Neonazis, sondern um sogenannte Extremisten mit Auslandsbezug, genauer um die Ülkücü-Bewegung, den meisten besser bekannt als „Graue Wölfe“. Die Organisation hat laut den Schlapphüten auch in unserer Region gleich zwei Zentren: In Salzgitter und Braunschweig. regionalHeute.de hat der Bewegung, die von einem Großtürkischen Reich träumt, auf den Zahn gefühlt.
Desinformation und Hatespeech
Bundestagswahl-Studie: Vor allem Baerbock Ziel von Desinformation
Vor der Bundestagswahl in Deutschland ist laut der NGO Avaaz vor allem die Spitzenkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, Ziel von Desinformation in sozialen Netzwerken und Medien. Unter den drei Bewerbern für das Kanzleramt entfielen 71 Prozent der falschen oder irreführenden Angaben auf Baerbock, hieß es in einer Studie der Organisation vom Montag. Es folgt Unions-Kandidat Armin Laschet (CDU) mit 29 Prozent. Zum SPD-Spitzenmann Olaf Scholz gab es dagegen keinen Treffer.
Antisemitismus
Zentralrat der Juden: Kampf gegen Judenhass wichtige Aufgabe der Regierung
Von der neuen Bundesregierung erwartet der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, ein proaktives Vorgehen gegen Antisemitismus. Außerdem wünscht sich der Würzburger engere Kontakte zwischen Juden und Muslimen. KZ-Gedenkstätten müssen angemessen unterstützt werden, findet Josef Schuster aus Würzburg. Denn die Erinnerung an die NS-Verbrechen bleibe wichtig. Außerdem erwarte er von einer neuen Regierung ein proaktives Vorgehen gegen Antisemitismus, so der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) anlässlich der Bundestagswahl am 26. September.
Deutschland: Im Kampf gegen Antisemitismus in Wahlprogrammen
Die Parteien dringen auf den Schutz von Juden – mit verschiedenen Schwerpunkten. In einigen Wahlprogrammen wird auf die Bekämpfung von Altersarmut eingegangen. Die Zukunft der Erinnerungskultur nimmt nicht viel Raum ein. Die Erinnerung an den Anschlag auf die Synagoge in Halle 2019 ist noch immer frisch. Hinzu kommen antisemitische Vorfälle im Alltag, in der Corona-Pandemie schiessen zudem Verschwörungsmythen ins Kraut. Es gab Höchststände bei erfassten antisemitisch motivierten Straftaten, deren Zahl 2020 um 15,7 Prozent auf 2.351 stieg. In diesem Umfeld findet die Bundestagswahl am 26. September statt. Zugleich läuft aber auch das Festjahr zu „1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“. Die Bundeswehr hat einen Militärbundesrabbiner, in Frankfurt entsteht eine Jüdische Akademie. Das Strafrecht wurde mit Blick auf Hass und Hetze verschärft, Bund und viele Länder haben Antisemitismusbeauftragte. Berlin zieht junge Juden aus Israel an.
Rassismus
Potenzial verschenkt: Menschen mit Einwanderungsgeschichte scheinen keine relevante Zielgruppe im Wahlkampf zu sein
Gut zwei Wochen vor der Bundestagswahl buhlen die Parteien um letzte Wähler*innenstimmen. Mensch sollte meinen, dass im Vorfeld Wähler*innen-Interessen umfassend identifiziert, Wahlprogramme danach ausgerichtet worden sind. Doch Fehlanzeige: Menschen mit Einwanderungsgeschichte scheinen keine relevante Zielgruppe im Wahlkampf zu sein. Schwarze Menschen und People of Color (BPoC) werden weder explizit adressiert, noch spielen ihre Belange im Wahlkampf eine zentrale Rolle. Gerade nach den Debatten um strukturellen Rassismus und die gesellschaftliche Benachteiligung von BPoC, ist es mehr als verwunderlich, dass sich keine*r der Spitzenkandidat*innen das Projekt einer progressiven, diversitätsorientierten Zukunft auf die Fahnen schreibt.
Nach Rassismus-Vorwurf: Grundschule in Burg nimmt umstrittene Klassenbildung zurück
In Burg hat die Aufteilung der Erstklässler an einer Grundschule Empörung ausgelöst. Ohne Wissen der Eltern hatte die Schule eine erste Klasse ausschließlich aus Kindern mit Migrationshintergrund gebildet. Die Aufteilung der Kinder auf die Klassen orientierte sich dabei offenbar an Namen und Äußerlichkeiten. Laut Landesschulamt ist die Klassenbildung wieder verändert worden.
Verschwörungsideologien
Expertin über Querdenker: „Es hat Kassel einfach erwischt“
Kassel: Giulia Silberberger ist eine der gefragtesten Gesprächspartnerinnen, wenn es um Verschwörungstheorien geht. Die 40-Jährige weiß, wovon sie redet: Sie wuchs bei den Zeugen Jehovas auf. Ihre Mutter war Reichsbürgerin. Mit der von ihr gegründeten Organisation „Der goldene Aluhut“ verleiht Silberberger jedes Jahr den satirischen Negativpreis „Der goldene Aluhut“ für die Verschwörungstheorien des Jahres. Am Donnerstag gibt die Berlinerin bei einer Online-Veranstaltung des Mobilen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus und Rassismus (MBT) sowie der Volkshochschule Auskunft zum Umgang mit Verschwörungsgläubigen.
Warum im Osten weniger geimpft wird
In Sachsen waren Zahlen des Robert Koch-Instituts bis einschließlich Montag 52,6 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft – in Bremen 71,5 Prozent. Auch Brandenburg lag mit 55,6 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt von 61,4 Prozent, ebenso Thüringen mit 56,5 und Sachsen-Anhalt mit 58,4 Prozent. Nur Mecklenburg-Vorpommern schaffte 60,0 Prozent und damit fast den Durchschnitt.
Corona: Proteste in Neugersdorf und Zittau stagnieren
Seit Monaten protestieren Menschen an der Hauptstraße in Neugersdorf gegen die Corona-Politik. Die Teilnehmerzahlen bei den Corona-Kritikern sind zur Vorwoche nahezu gleich geblieben. Sie liegen aber so hoch, dass ein neuer Versammlungsort angedacht ist.
Speyerer Bündnis für Demokratie und Zivilcourage kritisiert Nicole Hoechst (MdB AfD)
Nicole Höchst, wohnhaft in Speyer, kandidiert bei der Bundestagswahl für die AfD auf Platz 2 der Landesliste (Anm.d.Red. in Rheinland-Pfalz). Das »Bündnis für Demokratie und Zivilcourage Speyer« hat sich ihre politischen Positionen und öffentlichen Aussagen angeschaut. Wir analysieren und bewerten ihr Auftreten als Bundestagsabgeordnete und Speyerer Stadträtin in einer Artikelserie.
NS-Aufarbeitung
Kühne+Nagel: Schmutzige Geschäfte in der NS-Zeit
Klaus-Michael Kühne gehört zu den reichsten Menschen auf der Welt – geschätztes Privatvermögen: 14,2 Milliarden US-Dollar. Immerhin: Einiges von seinem Reichtum gibt er ab. Abgesehen von den Unsummen, die er in den HSV investierte, hat er etliche Millionen Euro zur Elbphilharmonie beigesteuert, ist Hauptförderer des Harbour-Front-Literaturfestivals, unterhält in Hamburg mit der Kühne Logistics University eine eigene Hochschule und ist außerdem noch Hauptsponsor der Salzburger Festspiele. Kühne gefällt sich in der Rolle des Wohltäters, und sein Lebensmotto scheint zu lauten: „Tue Gutes und rede darüber.“
Gegenstrategien
Internetplattformen sollen Kinder lehren, sich selbst im Informationsdschungel der Falschmeldungen zurechtzufinden
Laut einer im Mai durchgeführten Studie glauben rund 15 Prozent der US-Amerikaner an die QAnon-Verschwörungstheorien. Bereits 22 Prozent deklarieren sich selbst als Impfgegner. Für Kinder, die kritisches Denken erst selbst lernen müssen, ist die Kombination aus Falschinformationen auf Social Media und radikalisierten Eltern eine Gefahr für die weitere Entwicklung. Den Folgen dieser Sozialisierung, auch aufgrund der in den letzten Monaten immer wieder verhängten Quarantäne, müssen sich jetzt die Lehrer stellen.
Ein interaktives Comic-Spiel aus Halle will über Fluchtursachen aufklären
Millionen Menschen fliehen jedes Jahr aus ihrer Heimat. Die Gründe dafür sind so unterschiedlich, wie die Menschen, die fliehen. Was ist ihnen vor ihrer Flucht passiert? Illustratorin Hân Lê und Julia Wenger vom Friedenskreis Halle haben sich dafür ein sogenanntes Story Game für Handys und Tablets über die Ursachen von Migration ausgedacht.