Bundesweite Razzien wegen Wehrsportgruppe +++ Prozess um Attacke auf Journalisten in Fretterode +++ Chemnitz: Vermummt ein jüdisches Restaurant angegriffen – dank DNA-Spur verurteilt +++ Warum die AfD ihre Direktmandate verfünffachen könnte +++ Montag: Gegendemo zu Besuch von Björn Höcke in Dresden.
Razzien in mehreren Bundesländern: Reservisten sollen rechtsextreme Wehrsportgruppe gegründet haben
Bei einer Razzia hat die Polizei nach SPIEGEL-Informationen Wohnungen von mutmaßlich rechtsextremen Reservisten durchsucht. Auch bei einem unter Terrorverdacht stehenden Soldaten wurden jüngst weitere Waffen gefunden. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg ermittelt nach SPIEGEL-Informationen gegen mehrere Bundeswehrangehörige, die sich zu einer rechtsextremen Wehrsportgruppe zusammengeschlossen haben sollen. Am Mittwoch durchsuchte die Polizei acht Objekte in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Berlin und stellte Waffen und Munition sicher.
- https://www.spiegel.de/panorama/justiz/rechtsextremismus-razzia-in-mehreren-bundeslaendern-reservisten-sollen-wehrsportgruppe-gegruendet-haben-a-ffff0d7b-04c2-4678-b0f2-b4f5c32ce8bf
- https://www.welt.de/politik/deutschland/article233707250/Bundeswehrreservisten-sollen-rechtsextreme-Gruppe-gebildet-haben.html
Prozess um Attacke auf Journalisten: Angeklagte aus rechter Szene äußern sich zu Vorfall
Zum Auftakt des Prozesses wegen des Überfalls auf zwei Journalisten vor mehr als drei Jahren haben sich die beiden Angeklagten nun zu den Vorwürfen geäußert.Der 22 Jahre alte Hauptangeklagte in dem Prozess wegen des Überfalls auf zwei Journalisten räumte ein, er habe im April 2018 mit einem Schraubenschlüssel in Fretterode (Landkreis Eichsfeld) auf das Auto der beiden Journalisten eingeschlagen. Nach mehrfacher Verschiebung und mehr als drei Jahre nach der Tat müssen sich nun zwei der Neonazi-Szene zugerechnete Männer vor dem Landgericht in Mühlhausen verantworten. Er sei damals in Rage gewesen, weil die Journalisten zuvor Fotos von ihm und dem Haus seiner Familie gemacht hätten, so der 22-Jährige. Außerdem hätten sie versucht, ihn mit ihrem Auto zu überfahren, behauptete er. Zudem habe einer der Journalisten mit einem Baseballschläger auf ihn und seinen Begleiter eingeschlagen.Aus Protest gegen diese aus ihrer Sicht wahrheitswidrige Darstellung verließen die beiden betroffenen Journalisten den Gerichtssaal.
Im Prozess um die Neonazi-Attacke in Thüringen sagt auch einer der betroffenen Journalisten aus. Die angeklagten Neonazis gerieren sich selbst als Opfer. Als alles vorbei war, die Angreifer geflüchtet waren und er am Straßenrand hockte, wartend auf Polizei und Krankenwagen, da sei ihm immer wieder nur ein Gedanke durch den Kopf geschossen: „Ich habe die ganze Zeit gedacht, dass sie wiederkommen und es zu Ende bringen“, sagt der 29-Jährige. Sie – damit meint er die Neonazis Nordulf H. und Gianluca B. Und es – das war, was er als brutalen Angriff auf sich selbst und einen Kollegen beschreibt, zwei Journalisten, die über die extreme Rechte recherchieren und an jenem Aprilsonntag 2018 das Anwesen von Thorsten Heise im thüringischen Fretterode beobachtet hatten. Heise ist NPD-Bundesvize, Kameradschaftsführer und einer der mächtigsten Männer im deutschen und internationalen Rechtsextremismus. Nordulf H. ist sein Sohn.
Chemnitz: Vermummt ein jüdisches Restaurant angegriffen – dank DNA-Spur verurteilt
Ein Neonazi-Mob attackierte 2018 in Chemnitz ein jüdisches Restaurant mit Steinen, verletzte den Betreiber. Obwohl dieser nur die Augen der Angreifer sah und es keine weiteren Zeugen gab, wurde ein Täter nun verurteilt. Die „logische Kette“ der Ermittler überzeugte das Gericht.
- https://www.welt.de/politik/deutschland/article233674430/Antisemitismus-Vermummt-ein-juedisches-Restaurant-angegriffen-dank-DNA-Spur-verurteilt.html
- https://www.endstation-rechts.de/news/betreiber-von-juedischem-restaurant-mehr-als-eine-strafe-wuensche-ich-mir-reue.html
Warum die AfD ihre Direktmandate verfünffachen könnte
Im Bundestagswahlkampf spielt die AfD kaum eine Rolle. Trotzdem könnte die Partei die Zahl ihrer Direktmandate bald deutlich steigern. Wenn am Abend des 26. September feststeht, welche 299 Bundestagsabgeordneten direkt von den Menschen in ihrem Wahlkreis in den Bundestag geschickt werden, dann könnten unter ihnen deutlich mehr AfD-Politiker sein als noch vor vier Jahren. Aktuellen Prognosen zufolge hat die Partei bei der Bundestagswahl Chancen, die Zahl ihrer Direktmandate deutlich zu steigern – von bisher zwei auf bis zu 16. Das Portal election.de sieht die Partei derzeit in drei Wahlkreisen als wahrscheinlichen Sieger bei den Erststimmen. Bei 13 weiteren sieht election.de einen Vorsprung der AfD. Alle dieser Wahlkreise liegen in ostdeutschen Bundesländern, die meisten davon in Sachsen.
Montag: Gegendemo zu Besuch von Björn Höcke in Dresden
Nicht nur AfD-Kandidat Jens Maier, auch Rechtsextremist Björn Höcke wird am Montag bei Pegida erwartet. Ein breites Bündnis hat zum Gegenprotest aufgerufen. Das Nopegida-Bündnis ruft am kommenden Montag zu einem Protest gegen den Besuch von AfD-Rechtsaußen Björn Höcke in Dresden auf. Die Gegendemo soll in Sicht- und Hörweite zu Pegida auf dem Wiener Platz stattfinden. Beginn der Kundgebung ist 18.30 Uhr, eine Zubringer-Demonstration aus der Neustadt startet um 17 Uhr im Alaunpark. Eingeladen wurde Höcke erneut von Pegida.
Streit um Landesliste: AfD bedroht Referatsleiter des Statistischen Landesamtes
Weil die AfD ihre Liste für die Landtagswahl 2019 auf zwei verschiedenen Versammlungen aufstellte und mittendrin das Wahlverfahren änderte, ließ der Landeswahlausschuss nicht alle Bewerber zu. Um das zu verhindern, soll die AfD im Vorfeld alle Hebel in Bewegung gesetzt haben. Im Untersuchungsausschuss des Landtages hat das ein Zeuge ausgesagt und schwere Vorwürfe gegen die Partei erhoben. Sachsens AfD hat laut einer Zeugenaussage Druck ausgeübt, um 2019 die drohende Zurückweisung ihrer Landesliste für die Landtagswahl zu verhindern. Das gab der Referatsleiter für Recht, Wahlen und Volksentscheide im Statistischen Landesamt, Thomas Wolf, am Donnerstag im Untersuchungsausschuss des Landtages zu Protokoll. Der heutige AfD-Landtagsabgeordnete Ivo Teichmann habe in einem Telefonat und auch später versucht, Wolf in seiner rechtlichen Bewertung in eine bestimmte Richtung zu lenken. Es sei Druck auf ihn ausgeübt worden, sagte Wolf. Demnach habe Teichmann gemeint „ich sollte mir genau überlegen, was ich tue“ und über die Folgen des Handelns im Klaren sein. Zudem habe Teichmann ihm Konsequenzen für die Zeit nach der Wahl angekündigt. Das Gespräch sei „immer unangenehmer“ geworden.
CDU-Wahlbüro mit Plakaten von nacktem AfD-Politiker beklebt
Am Donnerstagmorgen machten sich Unbekannte am CDU-Wahlbüro in Wernigerode (Harz) zu schaffen und dekorierten das Gebäude mit Plakaten einer anderen Partei. Wie Uwe Becker vom Polizeirevier Harz berichtete, spielte sich der Vorfall am Donnerstag zwischen 10 und 11 Uhr morgens in der Büchtingenstraße ab. In den Zeitraum beklebten Unbekannte die Scheiben des CDU-Wahlbüros mit drei Plakaten, auf denen der AfD-Direktkandidat Sören Stefanowicz (47) „mit entblößtem Unterkörper“ abgebildet war. Laut eines Facebook-Posts des Politikers seien die Plakate, die außerdem in Halberstadt aufgetaucht sein sollen, mit einem Aufruf versehen worden, „die AfD nicht zu wählen“.
Staatsanwaltschaft muss zu „Hängt die Grünen“-Wahlplakaten ermitteln
Die rechtsextreme Partei „Der III. Weg“ ruft zum Mord an Grünen-Politikern auf. Zwickau lässt die Plakate entfernen, die Staatsanwaltschaft muss ermitteln.
Wieder provozieren Plakate in Bonn
Wieder sind Plakate mit provokanten Sätzen in Werbevitrinen an Haltestellen in Beuel und anderen Standorten in Bonn zu sehen gewesen. Auf weißer Fläche war am Donnerstag jeweils oben der Satz „Deutsche wehrt euch“ in schwarzen und roten Lettern zu lesen, die an altdeutsche Schrift – und einen Ruf im Jargon der Nationalsozialisten – erinnern. Das Plakat hng am Bahnhofsplatz in Beuel. Zudem bestätigten die Stadtwerke Bonn (SWB) und die Polizei Bonn auf Anfrage jeweils Standorte am Wilhelmsplatz und Bischofsplatz sowie am Magdalenenplatz und an der Frongasse in Endenich. Außerdem gab es vor Kurzem ein weiteres an der Rigal’schen Wiese in Bad Godesberg, das auf das Thema „Klimaflüchtlinge“ hinwies.
„Reichsbürger infiltrieren ‚Querdenker‘-Szene mit rechtsextremen Ideen“
Die sogenannten Reichsbürger gewinnen an Zulauf: Die Bundesregierung führt den Anstieg des Personenpotenzials auf die „Querdenker“-Proteste gegen die Corona-Maßnahmen zurück. Die Grünen fürchten ein „echtes Problem für die innere Sicherheit“. Das Personenpotenzial der „Reichsbürger und Selbstverwalter“ wird für das Jahr 2020 erstmals mit 20.000 Personen beziffert, ein Anstieg von 1000 Personen seit 2019.
Niedersachsen: Chef der Polizeiakademie fordert Forschung zu Rassismus bei Polizei
Chatgruppen bei der Polizei, die rassistische und rechtsextreme Inhalte teilen – das wurde im vergangenen Jahr bekannt. Der Direktor der Polizeiakademie Niedersachsen sieht einen Weg gegen Rassismus und Diskriminierung: mehr Forschung. Der Direktor der Polizeiakademie Niedersachsen, Carsten Rose, hat sich in der Frage von Rassismus bei der Polizei für wissenschaftliche Untersuchungen ausgesprochen. Es tue der Polizei gut, wenn sie sich einer unabhängigen Forschung stelle und stärker öffne, als es bislang der Fall gewesen sei, sagte der 55-Jährige der Deutschen Presse-Agentur im Vorfeld des Kongresses „Netzwerk demokratische Polizei“ in Hannover. Er betonte, in der Gesellschaft sei kein Platz für Gewalt durch die Polizei – genauso wenig wie für Gewalt gegen die Polizei.
Sachsen-Anhalt: Grundschule in Burg sortiert arabische Kinder aus
Eine Schule in der Stadt Burg machte eine erste Klasse nur für Kinder, die Arabisch sprechen, auf. Diskriminierung und rassistische Trennung sind die Vorwürfe. Ohne dass es die Eltern gewusst haben sollen, hatte die Schulleitung eine eigene Klasse nur mit arabischsprachigen Schülerinnen und Schülern aufgemacht. Die Entscheidung hat dann bei den Eltern deutschsprachiger Kinder für Irritationen gesorgt. Der Fall wurde schließlich öffentlich und löst jetzt jede Menge Empörung aus.
Bewährungsstrafe und Fußfessel Verurteilung nach Englands Rassismus-Nacht
Nach dem EM-Finale 2021 verlieren Teile der englischen Bevölkerung die Kontrolle über sich. Rassistisch wüten sie online gegen die Schwarzen Nationalspieler Marcus Rashford, Jadon Sancho und Bukayo Saka. Das löst eine landesweite Debatte aus und hat jetzt auch juristische Konsequenzen. Ein Gericht in der britischen Grafschaft Cheshire hat einen 43-jährigen Mann aufgrund einer rassistischen Beleidigung nach dem für England verlorenen WM-Urteil zu einer 14-wöchigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Er muss an 40 Wochenenden eine elektronische Fußfessel tragen.
Marcus Rashford will nicht schweigen
Der englische Fußballnationalspieler Marcus Rashford will sich auch in Zukunft nicht aus der Politik heraushalten. Das kündigte der Stürmer des Premier-League-Teams von Manchester United am Donnerstag in einem Gastbeitrag in dem konservativen Magazin „The Spectator“ an. Der 23-Jährige hatte sich in den vergangenen Jahren als energische Stimme in der Sozialpolitik etabliert. Unter anderem setzte er sich erfolgreich bei der Regierung mit der Forderung durch, dass kostenlose Schulmahlzeiten in der Pandemie auch während der Ferienzeiten an bedürftige Kinder ausgeteilt werden sollten.
Ozan Zakariya Keskinkiliç zerlegt in „Muslimaniac“ antimuslimischen Rassismus
Ozan Zakariya Keskinkılıç räumt mit seinem Buch „Muslimaniac“ gründlich auf mit gängigen Pauschalurteilen und Halbwahrheiten über „den“ Islam. Ohne Bitterkeit, dafür bissig und humorvoll seziert er die Obsession vieler Deutschen mit Muslim*innen – und fördert jede Menge überraschende Erkenntnisse zutage.
https://www.sonntagsblatt.de/artikel/kultur/ozan-zakariya-keskinkilic-muslimaniac-feindbild-islam
Wie real ist Antisemitismus im Netz in Deutschland?
Ob durch Politiker, durch die Corona-Impfung oder durch Konflikte: Israel rückt 2021 verstärkt in den Fokus der Weltöffentlichkeit. Nimmt deshalb auch der Antisemitismus im Netz in Deutschland zu? Mit dieser Frage hat sich das Projekt „Decoding Antisemitism“ beschäftigt. Eine Analyse.
161 antisemitische Straftaten im ersten Halbjahr 2021
Die Berliner Polizei hat im ersten Halbjahr diesen Jahres 161 Straftaten mit antisemitischer Motivation erfasst. 101 davon ordnete sie als rechtsmotiviert ein, wie aus der Antwort der Senatsinnenverwaltung auf eine fraktionsübergreifende Anfrage von SPD, CDU, Linke, Grüne und FDP hervorgeht. Hinter 26 Taten gegen Juden oder jüdische Einrichtungen stand als Motiv laut Polizei eine ausländische Ideologie und 33 Taten ließen sich keiner politischen Richtung zuordnen. Einmal ging es um eine religiöse Ideologie.
BILD-Chef gibt “Querdenkern” Interview
Seit Wochen ist beim Axel-Springer Medium “BILD” eine Anbiederung an das “Querdenken”-Lager zu beobachten. Allen voran Chefredakteur Julian Reichelt fällt vermehrt mit einer “Querdenken” Rhetorik auf, die von der extremistischen Bewegung auch gehört und gefeiert wird. Spitze des Eisberges ist nun, dass er in der Szene bekannten Verschwörungsideolog:innen (Martin LeJeune und Anne Höhne) ein Interview gegeben hat.
„Gefahr für unser Land“ : Jüdische Organisationen raten von Wahl der AfD ab
Die Partei biete einen „Nährboden“ für Antisemitismus und sei „eine Gefahr für unser Land“, heißt es in einem Aufruf. Die AfD-Politikerin Beatrix von Storch rechnet hingegen mit dem Zuspruch jüdischer Bürger. ie AfD stellt sich als Freund Israels und des Judentums dar. Doch die meisten jüdischen Verbände sehen das ganz anders. Zweieinhalb Wochen vor der Bundestagswahl haben nun 60 jüdische Organisationen und Verbände die Bürger dazu aufgerufen, am 26. September ihre Stimme nicht der AfD zu geben. In der Partei würden Antisemitismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit einen Nährboden finden, heißt es in dem Aufruf. Zudem würden AfD-Politiker die Schoa, den nationalsozialistischen Völkermord an den Juden Europas, relativieren.
Unter großem Getöse hat am Mittwoch der Prozess gegen vier Antifaschisten in Dresden begonnen. Ihnen wird vorgeworfen, als »kriminelle Vereinigung« in den letzten Jahren in Sachsen und Thüringen Nazis schwer verprügelt zu haben. Eine von ihnen, Lina E., soll dabei als Anführerin aufgetreten sein. Seit November sitzt die 26-Jährige in Untersuchungshaft. Ganz unabhängig von dem Prozessverlauf haben einige bürgerliche Medien die Studentin schon längst als »Terroristin« abgestempelt. Obsessiv ergötzt man sich an RAF-Vergleichen oder zieht auf sexistische Art über ihr Aussehen her. Details aus Ermittlungen sind immer wieder in die Medien gelangt. Vermutlich wollten die Sicherheitsbehörden entsprechende Stimmung verbreiten.Es bleibt der Eindruck, dass an den vier Antifaschisten stellvertretend für eine – manchmal eben auch militante und unbequeme – Bewegung ein Exempel statuiert werden soll.
- https://www.nd-aktuell.de/artikel/1156407.lina-e-gemeint-sind-nicht-nur-die-vier.html
- https://www.tag24.de/justiz/gerichtsprozesse-dresden/prozess-gegen-lina-e-zeuge-wird-nach-zoff-wieder-heimgeschickt-2115080
- Statement der Mutter von Lina E.: https://beobachternews.de/2021/09/09/ich-bin-zornig-und-erschuettert/