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Presseschau … 16.12.2021

Bundesgerichtshof bestätigt teilweisen Freispruch von NSU-Helfer +++ Generalbundesanwalt: Ermittlungen zu Hanauer Anschlag eingestellt +++ Komplett-Abschaltung gegen Hass? Behörden stehen vor dem Telegram-Dilemma +++ Große Mehrheit gegen Martin Hess: AfD-Kandidat bei Wahl zum Vorsitz des Innenschusses gescheitert.

Strafverfolgung

Bundesgerichtshof bestätigt teilweisen Freispruch von NSU-Helfer

André E. war wegen Unterstützung der Terrorgruppe schuldig gesprochen worden, nicht aber der Beihilfe zu Mord. Dagegen hatte es Revisionen beider Seiten gegeben. Die Revision von André Eminger, Unterstützer des terroristischen „Nationalsozialistischen Untergrundes“ (NSU), gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes (OLG) München war erfolglos. Das hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe heute bekannt gegeben und die Revisionen von Eminger und der Bundesanwaltschaft gegen das Urteil verworfen. Wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung hatte das OLG München im NSU-Prozess Eminger im Juli 2018 zu einer überraschend niedrigen Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt, die Bundesanwaltschaft hatte zwölf Jahre Haft gefordert. Das Gericht hatte es als erwiesen angesehen, dass Eminger zwischen 2009 und 2011 Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt gefälschte Bahncards besorgt hatte, die auf ihn und seine Ehefrau ausgestellt waren. Die Lichtbilder darauf zeigten jedoch Zschäpe und Böhnhardt, die sich mit den Bahncards unter anderem behelfsmäßig ausweisen konnten.

NSU: Eine Strafe, die keine ist

Der Bundesgerichtshof hat die milde Strafe für einen NSU-Helfer bestätigt – und über die Frage entschieden, wie viel Aufklärung genug ist.  (…) Das Urteil der Bundesrichter hat also eine ganz andere Frage beantwortet als das ursprüngliche, ob das erste Urteil gerecht war: Wie viel Aufklärung hat ein Gericht zu leisten? Die Antwort liegt nun vor. Es reicht. Angenehm ist sie nicht. Das ist den Richtern klar. Schäfer wünschte den Opfern und Hinterbliebenen, dass sie die Kraft finden, „ihr Leben zu meistern“.

Generalbundesanwalt: Ermittlungen zu Hanauer Anschlag eingestellt

Der Attentäter von Hanau hatte bei dem rassistischen Anschlag vom 19. Februar 2020 mit neun Toten nach Einschätzung der Bundesanwaltschaft keine Mitwisser oder Gehilfen. Das gegen Unbekannt geführte Ermittlungsverfahren zu dem Anschlag sei eingestellt worden, teilte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mit. „Nach Ausschöpfung aller relevanten Ermittlungsansätze haben sich keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Beteiligung weiterer Personen als Mittäter, Anstifter, Gehilfen oder Mitwisser ergeben“, erklärte die Bundesanwaltschaft. Als Ergebnis der Ermittlungen sei festzuhalten, dass der 43-jährige Tobias R. „aus einer rassistischen Motivation heraus“ am 19. Februar 2020 zwischen 21.55 Uhr und 22.01 Uhr in Hanau insgesamt neun Menschen erschossen und zahlreiche weitere Menschen teils schwer verletzt habe. Anschließend sei er in das auch von ihm bewohnte
Elternhaus zurückgekehrt, wo er zunächst seiner Mutter und dann sich selbst mit einer Schusswaffe das Leben genommen habe.

Telegram und Nazis

Die Furcht vor den Telegram-Radikalen

Mit Spezialkräften geht die sächsische Polizei gegen eine Gruppe vor, die Mordpläne gegen Michael Kretschmer geschmiedet haben soll. Der Fall zeigt das Ausmaß der Verrohung – und dass es keine einfache Lösung gibt. (…) Wie konkret die Mitglieder der Gruppe »Dresden Offlinevernetzung« diese Taten planten, ist bislang nicht bekannt, um bloßes Gerede handelte es sich offenkundig aber nicht. »Nach der ersten Inaugenscheinnahme bestätigt sich der Anfangsverdacht«, teilte die Polizei nach Beginn der Razzien in Dresden und Heidenau mit. Demnach richten sich die Vorwürfe gegen fünf Deutsche im Alter zwischen 32 und 64 Jahren sowie gegen eine 34-jährige Frau.

Komplett-Abschaltung gegen Hass? Behörden stehen vor dem Telegram-Dilemma

Während sich die Corona-Proteste radikalisieren, rückt der Messenger-Dienst Telegram ins Visier der deutschen Justizbehörden. Die Möglichkeiten, Hass und Hetze einzudämmen, sind vielfältig. Sie reichen von Abschalten bis hin zu Bußgeldwarnungen. Eine wichtige Rolle könnten App-Stores spielen.

Simone Rafael über Messenger-Dienste :
„Diese schleichende Normalisierung ist sehr gefährlich“

Was sind die digitalen Strategien, die hinter der Radikalisierung der Corona-Gegner und Querdenker auf Telegram stecken? Und was kann man dagegen unternehmen? Publizistin Simone Rafael von der Amadeu Antonio-Stiftung im Gespräch.

AfD

Große Mehrheit gegen Martin Hess: AfD-Kandidat bei Wahl zum Vorsitz des Innenschusses gescheitert

AfD-Politiker Martin Hess ist mit großer Mehrheit abgelehnt worden. Auch seine Fraktionskollegen Jörg Schneider und Dietmar Friedhoff fielen durch. Der Innenausschuss des Bundestages hat den von der AfD-Fraktion nominierten Martin Hess mit großer Mehrheit als Vorsitzenden abgelehnt. Das berichteten Teilnehmer der von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki geleiteten konstituierenden Sitzung des Ausschusses am Mittwoch. Zuvor war – entgegen dem üblichen Verfahren – beschlossen worden, in geheimer Wahl über den Vorsitz des Ausschusses zu entscheiden.

Verschwörungsideologien und Impfgegnerschaft

Kardinal Müller und die Verschwörungsmythen

Der deutsche Kardinal und hohe Vatikan-Richter Gerhard Ludwig Müller hat Verschwörungsmythen über eine angeblich geplante Gleichschaltung der Menschen und einen Überwachungsstaat verbreitet. Der frühere Regensburger Bischof sprach in einem Interview davon, dass hinter Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie eine finanzkräftige Elite stecken würde. «Leute, die auf dem Thron ihres Reichtums sitzen», sehen angeblich «eine Chance jetzt, um ihre Agenda durchzusetzen», wie der 73-Jährige behauptete. Es gebe ein gewisses Chaos, «auch geboren aus dem Willen, die Gelegenheit zu nutzen, die Menschen jetzt gleichzuschalten, einer totalen Kontrolle zu unterziehen, einen Überwachungsstaat zu etablieren …»

Weimar: Gedenkstätte Buchenwald entlarvt paradoxen Hass – „Geschichte wird instrumentalisiert“

Der Schock bei der Gedenkstätte Buchenwald in Weimar sitzt nach wie vor tief. Seitdem wegen der Corona-Pandemie für die aktuelle Ausstellung die 2G-Regel gilt, hat es die Gedenkstätte Buchenwald in Weimar mit einer regelrechten Hasswelle zu tun. Drohmails. Telefonterror. Jeden Tag. „Querdenker“, Verschwörungstheoretiker und Rechtspopulisten wittern eine „Corona-Diktatur“. Impfgegner fühlen sich ausgegrenzt und bezeichnen sich als „neue Juden“. Sie machen die Gedenkstätte zum „Mittäter der Regierung“. Von all dem blanken Hass wollen sich die Verantwortlichen aber nicht einschüchtern lassen – im Gegenteil: Sie entlarven das Paradoxe. Denn hier beklagen mutmaßliche Antisemiten Antisemitismus.

Beleidigt und bedroht – was ich als Journalist in Sachsen erlebe

Von Corona-Gegnern werde ich als Journalist immer wieder diffamiert. Inzwischen auch im Privaten. Eines aber macht mir noch viel mehr Angst.

Mobilisiert die rechte Szene zu Impfgegner-Aktion in Saarbrücken?

Besteht im Saarland eine mögliche Radikalisierung von Gegnern der Corona-Maßnahmen? Mit der Sache will sich zumindest der Innenausschuss des Landtags befassen. Derweil soll es am Sonntag eine Demo auf dem Landwehrplatz in Saarbrücken geben. Die Veranstaltung soll auch von Angehörigen der rechten Szene beworben werden.

„Impfung ist Massenmord“, „Jesus liebt euch“, „Hände weg von unseren Kindern“: Demo gegen Corona-Maßnahmen zog durch Halle

Am Montagabendend ist in Halle (Saale) eine Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen durch die Stadt gezogen. Laut Polizei haben sich rund 750 Menschen beteiligt. Veranstalter war die „Bewegung Halle“, die in den vergangenen Wochen mehrfach Inhalte der rechtsextremen und vom Verfassungsschutz beobachteten „Freien Sachsen“ geteilt hat. Auch Teile der Sven-Liebich-Montagsdemo inklusive des Veranstaltungsleiters einiger Liebich-Kundgebungen haben sich beteiligt.

Schweiz: Corona-Demonstrantin offenbar zentral bei Vernetzung der Neonazis

Sie posiert mit einer AK47, ruft zu Gewalt an Demos auf und teilt freimütig Fotos mit Nazi-Symbolik auf Social Media: Eine im Kanton Luzern wohnhafte Frau spielt offenbar eine zentrale Rolle bei der Vernetzung und Reorganisation der Neonazi-Szene in der Schweiz.

Rechtsextremismus

Lübcke-Ausschuss: Neonazi steht bis heute zu Stephan Ernst

Im Lübcke-Untersuchungsausschuss des hessischen Landtages sagen erstmals zwei Zeugen aus der Neonazi-Szene aus. Einer von ihnen will sich immer noch nicht vom Mörder Stephan Ernst distanzieren. Im Untersuchungsausschuss des hessischen Landtages zum Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke haben am Mittwoch zum ersten Mal Zeugen aus der rechtsextremen Szene ausgesagt. Mittags befragten die Abgeordneten Mike S., der lange als zentrale Figur der militanten Kasseler Neonazi-Szene galt und sowohl den Mörder von Lübcke, Stephan Ernst, als auch dessen Weggefährten Markus H. seit langer Zeit kennt. H. war Ende Januar im Prozess zum Mord an Walter Lübcke vom Vorwurf der Beihilfe zu der Tat freigesprochen worden.

Ein Siegfried-Borchardt-Platz in Dortmund? Vorschlag sorgt für Empörung

Ein rechtsextremer Ratsherr wollte durch einen Trick einen Antrag in Dortmunds Rat einbringen, einen Platz nach dem bekannten Neonazi Siegfried Borchardt zu benennen. Er scheiterte krachend.

Braunschweig: Keule für Neonazi-Demo! Stadt verbietet geplanten Aufmarsch „Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ – aber Kundgebung erlaubt

Am Samstag wollen einige Neonazis im Westlichen Ringgebiet in Braunschweig aufmarschieren. Sie werden es aber nicht dürfen. Am Mittwoch gab die Stadt Braunschweig bekannt, die Demonstration verboten zu haben. Zwischenzeitlich haben sich zwei Gegendemonstrationen organisiert. Die Kleinstpartei „Die Rechte“ darf laut einer Pressemeldung jetzt nur noch eine Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz in Braunschweig durchführen.

Olaf Scholz im Bundestag Rechtsextremismus ist größte Bedrohung für Demokratie

Bundeskanzler Olaf Scholz findet bei seiner ersten Regierungserklärung klare Wort zu Extremismus und organisierte Kriminalität im Land. Die wichtigste Gefahr für das deutsche Staatswesen kommt nach Einschätzung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) von rechts außen. „Die größte Bedrohung für unsere Demokratie ist der Rechtsextremismus“, sagte Scholz am Mittwoch bei seiner ersten Regierungserklärung im Bundestag – diese Einschätzung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) teile er. Der Schwerpunkt für die Sicherheitsbehörden in den kommenden Jahren sei der Kampf gegen Extremismus und organisierte Kriminalität. Die Regierung werde ein Demokratiefördergesetz auf den Weg bringen. Täter, die Hass und Hetze verbreiteten, würden identifiziert und strafrechtlich belangt, versprach Scholz.

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