Prozess zu Dresdner Hooligan-Gruppierung beginnt +++ Generalbundesanwalt: Rechtsextremismus ist größte Bedrohung +++ Leiterin und Geschäftsführer von Freier Schule in Berlin-Mahlsdorf treten zurück +++ Neurechtes Medienprojekt „Arcadi“ vor dem Aus +++ Sächsische Kirche sucht Abgrenzung zu Rechtsextremismus +++ Rechte Allianz im Erzgebirge +++ Rund 3.500 Menschen wollten zur „Querdenken“-Demo in Sinsheim +++ Corona-Demo in Nürnberg: 550 Demonstranten – Polizei muss einschreiten +++ Demo-Samstag in Köln – Corona-Leugner attackieren Polizei +++ In Passau haben mehrer hundert Menschen gegen Corona-Politik demonstriert +++ Mehr Gegendemonstranten als „Querdenker“ in Darmstadt +++ Rassismus: HSV-Trainer Thioune zeigt Haltung und kritisiert Verbände +++ Einladung eines umstrittenen Historikers – Ditib-Landesvorsitzender tritt zurück +++ Warum sich eingewanderte Juden in Deutschland zunehmend unsicher fühlen +++ Vorsitzende der Europäischen Rabbinerkonferenz: „Das religiöse Alltagsleben ist gefährdet“ +++ Was als Antisemitismus gilt +++ Mehrere hundert Menschen demonstrieren in Karlsruhe gegen Rassismus +++ Ex-Mitarbeiter werfen dem Humboldt Forum Rassismus vor +++ Nazi-Raubkunst: Das unwürdige Gezerre um eine Guarneri-Geige +++ Stadtgeschichtliches Museum Leipzig plant Ausstellung zur Musikstadt in der Nazi-Zeit
Übergriffe und Vorfälle
Matondo: Auf Instagram rassistisch beleidigt
Der 20-Jährige teilte via Twitter ein Bild mit Beleidigungen gegen ihn auf Instagram. „Mein Insta würde jedoch gesperrt werden, wenn ich Ausschnitte von meinen Spielen posten würde… #Prioritäten”, schrieb der im Winter vom Bundesligisten FC Schalke 04 an den englischen Club Stoke City verliehene Matondo auf Englisch.
Schalke unterstützte den Profi gegen die Beleidigungen. „Nicht auf Social Media, nicht im Fußball, nicht in unserer Gesellschaft: Platz für Hass und Diskriminierung gibt es nirgendwo!” Der Revierclub stehe hinter Matondo. Der walisische Nationalspieler, vor zwei Jahren für rund neun Millionen Euro von Manchester City gekommen, war von Schalke bis zum Saisonende in die zweite englische Liga zu Stoke verliehen worden.
https://www.mainpost.de/sport/matondo-auf-instagram-rassistisch-beleidigt-art-10584145
Prozesse und Urteile
Prozess zu Dresdner Hooligan-Gruppierung beginnt
Am Dresdner Landgericht beginnt heute ein Prozess gegen drei Mitglieder der Dresdner Hooligan-Gruppierung „Faust des Ostens“ (FdO). Die 30, 31 und 37 Jahre alten Männer müssen sich alle wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung verantworten. In verschiedener Beteiligung sind sie 2013 zudem wegen Körperverletzung und Diebstahls angeklagt worden. Die Hauptverhandlung hatte sich aufgrund der Überlastung der Staatsschutzkammer mit Haftsachen um Jahre verschoben. Die Angeklagten sind auf freiem Fuß. Die FdO wird im Umfeld von Fußballspielen des damaligen Zweitligisten Dynamo Dresden für gewaltsame Übergriffe auf Mitglieder anderer Fußballvereine, Polizisten und Menschen mit ausländischem Aussehen verantwortlich gemacht. Zwei der Angeklagten wird vorgeworfen, im April 2011 an einer Attacke auf Ausländer beteiligt gewesen zu sein, bei der rechtsradikale Parolen gerufen und drei der Angegriffenen verletzt wurden.
Rechtsextremismus
Generalbundesanwalt: Rechtsextremismus ist größte Bedrohung
Vom Rechtsextremismus geht laut Generalbundesanwalt Peter Frank derzeit die größte Bedrohung aus. Aber auch der islamistische Terror sei weiter eine große Gefahr. Dieser habe in den vergangenen Jahren eine „viel breitere ideologische Grundlage erfahren, von der klassischen NS-Ideologie über Verschwörungstheorien bis hin zu Reichsbürgern“, sagte Frank der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Leiterin und Geschäftsführer von Freier Schule in Berlin-Mahlsdorf treten zurück
Nach Rechtsextremismusvorwürfen haben die Leiterin und der Geschäftsführer der Freien Schule am Elsengrund im Berliner Ortsteil Mahlsdorf am Freitagabend ihren Rücktritt erklärt. Beide begründeten dies in einer E-Mail an die Eltern mit dem „erheblichen, in Einzelfällen sogar vollständigen Vertrauensverlust“. Sie hätten nun „verstanden und eingesehen, dass wir einen Großteil der Verantwortung hierfür tragen, da wir durch unser privates Verhalten den bösen Schein einer nicht bloß physischen Nähe zu Rechtsextremisten erweckt haben“. Sie hätten nicht bedacht, „welche Öffentlichkeitswirkung unser unbedachtes Verhalten für das Ansehen unserer Schule haben könnte“.
Neurechtes Medienprojekt „Arcadi“ vor dem Aus
Die Webseite des von Yannick Noé aus Leverkusen ins Leben gerufenen Medienmagazins „Arcadi“ als Portal mit der Zielgruppe junges AfD-Klientel, Identitäre Bewegung und stramm rechte Burschenschaftler ist nicht mehr aufrufbar. Die letzten Facebook- und Telegram-Einträge erfolgten am 19. März. Dort wurde zuletzt auch noch für die Vorbestellung einer über 200-seitigen Magazin-Ausgabe zum Monatswechsel April/Mai geworben. Ein Merchandising-Shop ist allerdings für Bestellungen noch erreichbar. Beim Handelsregister Dresden findet sich ein aktueller Liquidationseintrag.
https://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/neurechtes-medienprojekt-arcadi-vor-dem-aus
Sächsische Kirche sucht Abgrenzung zu Rechtsextremismus
Der Rücktritt von Bischof Carsten Rentzing hatte in der sächsischen Landeskirche zu teils unversöhnlichen Diskussionen geführt. Die Synode forderte daher ein Papier von der Kirchenleitung zu Begrifflichkeiten. Das liegt nun vor.
Die sächsische Synode hat sich auf ihrer digitalen Tagung am Samstag mit dem Thema Rechtsextremismus und Kirche befasst. Dazu legte die Leitung der Evangelisch Lutherischen Landeskirche Sachsens in Dresden einen Bericht zu Unterschieden zwischen wertkonservativem Christsein und Rechtsextremismus vor. Das Papier betont die Notwendigkeit des respektvollen Gesprächs und die freiheitlich-demokratische Grundordnung als Basis des gesellschaftlichen und kirchlichen Handelns.
Parteien
Rechte Allianz im Erzgebirge
In Teilen von Sachsen paktieren Neonazis, Reichsbürger und Querdenker in einer gemeinsamen Partei. Am Wochenende wollten sie den Staat an seine Grenzen bringen – und scheiterten. Im Erzgebirge wollten Anhänger der rechtsextremen Partei Freie Sachsen am Samstag Hase und Igel mit der Polizei spielen. Die Hasen waren sie am Ende selbst, denn die Polizei hatte mehrere Hundert Kräfte im Einsatz und offenbar einen guten Überblick – trotz eines Großaufmarsches des Neonazis: In gleich vier Orten versuchte die Szene, Kundgebungen abzuhalten.
https://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2021/03/28/rechte-allianz-im-erzgebirge_30696
Verschwörungserzählungen und „Querdenken“
Rund 3.500 Menschen wollten zur „Querdenken“-Demo in Sinsheim
In und um Sinsheim (Rhein-Neckar-Kreis) waren am Sonntag rund 3.500 Menschen unterwegs, um gegen die Corona-Einschränkungen zu demonstrieren. Zur Kundgebung waren aber nur 800 Personen zugelassen. Wegen des großen Andrangs war es laut Polizei an verschiedenen Orten in der Stadt zu größeren Menschenansammlungen gekommen. Die Beamten sprachen zahlreiche Platzverweise aus. Rund 600 Menschen wurden wegen Verstößen gegen die Corona-Verordnung angezeigt.
Corona-Demo in Nürnberg: 550 Demonstranten – Polizei muss einschreiten
Knapp dreieinhalb Stunden dauerte die Demo auf dem Nürnberger Kornmarkt. Rund 550 Menschen trafen sich dort, um gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung zu demonstrieren. Dabei kam es immer wieder zu Verstößen gegen die Einhaltung des Mindestabstands und der Maskenpflicht. Aber insgesamt verlief die Veranstaltung ohne größere Zwischenfälle, resümiert die Polizei Mittelfranken in einer Pressemitteilung.
Am Samstag hatte es in Köln mehrere Demonstrationen gegeben: Auf dem Rudolfplatz versammelten sich Dutzende Anhänger der „Querdenker“. Dazu stellte sich eine Gegendemonstration entgegen. Auf dem Rechtsrheinischen hatten die „Querdenker“ auch einen Autokorso angekündigt. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort, heißt es in einer Mitteilung. Das deckt sich mit den Beobachtungen eines t-online-Reporters, der das Geschehen beobachtete.
In Passau haben mehrer hundert Menschen gegen Corona-Politik demonstriert
Mehrere hundert Menschen haben am Nachmittag in der Dreiflüssestadt gegen die Corona-Beschränkungen demonstriert. Die Polizei war mit mehreren hundert Einsatzkräften in der Passauer Innenstadt präsent. Die Veranstaltung war bundesweit in der so genannten „Querdenken“-Szene beworben worden. Laut Polizei verlief der Protest im Großen und Ganzen friedlich. Auch die Maskenpflicht und Abstandsregeln seien weitgehend eingehalten worden. Damit die erlaubte Teilnehmerzahl von 700 nicht überschritten wurde, zählten die Beamten an den Einlasskontrollen die Demonstranten.
Mehr Gegendemonstranten als „Querdenker“ in Darmstadt
Zu einer in Darmstadt angemeldeten Querdenken-Demonstration kamen am Sonntag deutlich weniger Menschen als angemeldet. Die „Querdenker“ versammelten sich um 13 Uhr am Böllenfalltor-Stadion. Die Polizei sprach zunächst von 300 Menschen, später am Nachmittag waren es demnach 400 Teilnehmer. Mehrere hundert Polizisten und Polizistinnen waren zur Sicherheit im Einsatz. Die Beamten kontrollierten die Teilnehmenden am Eingang des Geländes. Viele wiesen ein Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht vor, andere zogen ihren Mund-Nasen-Schutz nach der Kontrolle wieder vom Gesicht. Laut Polizei blieb die Lage aber ruhig.
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit
Rassismus: HSV-Trainer Thioune zeigt Haltung und kritisiert Verbände
Am Sonnabend um kurz vor 21 Uhr erlebte Daniel Thioune mal wieder einen Gänsehautmoment. Der HSV-Trainer schaute sich das Spiel der deutschen U-21-Nationalmannschaft gegen die Niederlande an und sah am Fernseher, wie Josha Vagnoman die Nationalhymne sang. Für Thioune nicht nur ein besonderer Moment, weil er den 20 Jahre jungen Außenverteidiger seit neun Monaten trainiert und fördert, sondern auch, weil mit Vagnoman und Stephan Ambrosius gleich zwei schwarze Fußballer vom HSV bei der EM dabei sind.
Einladung eines umstrittenen Historikers – Ditib-Landesvorsitzender tritt zurück
Der Vorsitzende des rheinland-pfälzischen Islamverbands Ditib, Yilmaz Yildiz, ist zurückgetreten. Yildiz ziehe die Konsequenz aus der Einladung zu einer Veranstaltung mit dem umstrittenen türkischen Historiker Ahmet Simsirgil am 21. März, teilte der Ditib-Landesvorstand am Sonntag in Mainz mit. Zuvor habe bereits der Generalsekretär Necdettin Aydin, der das Organisationskomitee leitete, seinen Rücktritt erklärt. Simsirgil, Professor für osmanische Geschichte an der Marmara-Universität, ist für antiwestliche und antisemitische Ausführungen bekannt.
Warum sich eingewanderte Juden in Deutschland zunehmend unsicher fühlen
Viele jüdische Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion sind nach Deutschland gekommen. Auch, weil sie in ihrer alten Heimat oft Ausgrenzungen ausgesetzt waren. Doch auch in Deutschland wachsen unter den jüdischen Einwanderern von einst die Sorgen. Er war weit jenseits der 50, als sich Edvard Kovalerchuk zu einem großen Schritt entschloss: Der Jude aus St. Petersburg wollte in Würzburg ein neues Leben beginnen. Er gab sein Zuhause auf, seine Freunde, seinen Beruf. 22 Jahre ist das her. In Russland, seiner Heimat, hatte Kovalerchuk teils massive Judenfeindlichkeit erlebt. In Deutschland war das zunächst anders. Inzwischen aber bekommt er auch hier wieder Angst, sagt der heute 79-Jährige. Denn die Zahl antisemitischer Straftaten steigt kontinuierlich.
Vorsitzende der Europäischen Rabbinerkonferenz: „Das religiöse Alltagsleben ist gefährdet“
Der Vorsitzende der Europäischen Rabbinerkonferenz, Pinchas Goldschmidt, hat zunehmende Einschränkungen des religiösen Alltagslebens von Juden in Europa beklagt. Darunter auch das Schlachtverbot in Belgien. Deshalb sei die Rede von einem drohenden Exodus der religiösen Juden aus Europa „keine Übertreibung“, sondern der Exodus sei „bereits Realität“, mahnte der 57-Jährige am Wochenende in einem Gastkommentar der Deutschen Welle.
Was als Antisemitismus gilt
200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler setzen sich mit der „Jerusalem Declaration“ dafür ein, Antisemitismus neu zu definieren. Bringt das Bewegung in die verfahrene Debatte um deutsche Erinnerungspolitik und internationalen Postkolonialismus?
Mehrere hundert Menschen demonstrieren in Karlsruhe gegen Rassismus
Weit über den Marktplatz hinaus schallt die Musik. Eine Frau rappt und fragt zwischendurch: „Was geht ab Karlsruhe?“ Die Menge jubelt und klatscht. Vor der Mini-Bühne wird getanzt. Was nach einem Open-Air-Konzert aussieht, ist die Abschlusskundgebung der Internationalen Wochen gegen Rassismus.
Dabei haben sich am Samstagnachmittag laut Veranstalter zirka 400 Menschen vor dem Rathaus versammelt. Über 50 Organisationen hatten zu der Demo unter dem Motto „Gemeinsam gegen Rassismus“ aufgerufen.
Ex-Mitarbeiter werfen dem Humboldt Forum Rassismus vor
Berlins Stadtschloss ist fertig, seine hellen Fassaden strahlen in der Frühlingssonne. Glaubt man ehemaligen Mitarbeiter:innen des Humboldt Forums, das in diesem Bau eröffnen soll, geht es hinter den Mauern drunter und drüber. „Ich habe noch nie an einem Ort gearbeitet, an dem mir so viel Angst begegnet ist“, sagt Emma Dickinson (Name geändert). Knapp drei Monate lang arbeitete sie für die Humboldt Forum Service GmbH, der für den Besucherservice zuständigen Stiftungstochter.
Eigentlich sollte Dickinson im Museum für Fragen bereitstehen, Einlasskontrollen durchführen und Audioguides verteilen. Vor allem auf die Ausstellungsstücke sei sie sehr gespannt gewesen – auch deshalb, weil ihre Familie westafrikanische Wurzeln hat.Die Debatten zum Thema Restitution verfolge sie schon lange, sagt Dickinson.
Initiativen und Erinnerungskultur
Nazi-Raubkunst: Das unwürdige Gezerre um eine Guarneri-Geige
Eine kleine Nürnberger Stiftung ist im Besitz einer Guarneri-Geige. Das wertvolle Instrument gehörte einst dem jüdischen Musikalienhändler Felix Hildesheimer. Um die Geige ist ein Streit entbrannt, der vermeidbar gewesen wäre.
Die Nürnberger Franz Hofmann und Sophie Hagemann-Stiftung hat inzwischen national wie international für Aufsehen gesorgt. Dabei geht es um versprochene Entschädigungszahlungen für Nazi-Raubkunst, Stiftungsrecht und ein Hin und Her von Entscheidungen, gepaart mit ungeschickter Kommunikation. Ein neuer Vorstand will die jahrelange Hängepartie nun beenden.
Stadtgeschichtliches Museum Leipzig plant Ausstellung zur Musikstadt in der Nazi-Zeit
Das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig plant im kommenden Jahr eine Ausstellung, die sich mit der Musikgeschichte der Stadt in der Nazi-Zeit auseinandersetzt. Museumsdirektor Anselm Hartinger sagte, dass es in dieser Zeit einen Kulturbruch in der Musikstadt gegeben habe. Zentrales Element der Ausstellung soll ein Original-Relief eines nie realisierten Denkmals für den Komponisten Richard Wagner werden, der 1813 in Leipzig geboren wurde. Das Stadtmuseum hat das Relief gemeinsam mit dem Ortsverband Leipzig des Richard-Wagner-Verbandes aus Privatbesitz gekauft. Die Pläne für das monumentale Denkmal stammen vom Stuttgarter Bildhauer Emil Hipp. Der Grundstein für das „Nationaldenkmal des Deutschen Volkes“ wurde am 6. März 1934 von Adolf Hitler in Anwesenheit des damaligen Oberbürgermeisters Carl Goerdeler gelegt.