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Rechte Bürgerinitiativen, Tarnlisten und Kleinstparteien vor den Kommunalwahlen 2014

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Nicht nur die NPD wirbt am 25. Mai um Nazi-Stimmen. (Quelle: flickr/cc/elmada)

Mecklenburg-Vorpommern

In Mecklenburg-Vorpommern treten gleich drei Initiativen an, die ihre neonazistische Gesinnung und ihre Verbindung zur NPD hinter harmlos klingenden Namen verbergen. Die „Interessengemeinschaft Schöneres Strasburg“ ist mit den regionalen NPD-Kadern Enrico Hamisch und Norman Runge freundschaftlich verbunden. Der Verfassungsbericht für MV 2010 bescheinigt der Interessengemeinschaft „Verbindungen zu einer rechtsextremistischen Gruppierung im Raum Uecker-Randow“. In der NPD-Hochburg Ueckermunde verzichtet die Partei auf den ersten Blick auf einen Antritt bei der Kommunalwahl. Dafür stellt sich die Gruppe „Wir von hier“ zur Wahl. Ganz oben auf der Kandidatenliste: NPD-Landesvorstandsmitglied Marko Müller. Mit André Gerth geht ein weiterer NPD-Mann für „Wir von hier“ ins Rennen. In Torgelow wirbt die „Alternative für Torgelow“ (AfT) um Stimmen. Für diese werden Dan Schünemann und Rocco Murawski antreten. Die beiden nahmen zuletzt an einer rassistischen Demonstration der von NPD-Spitzenkader Tino Müller gegründeten Bürgerinitiative „Schöner und sicherer Wohnen“ teil. Dabei trugen sie ein Transparent, auf dem Torgelow als „Asylantenstadt“ bezeichnet wurde.

Sachsen

In Sachsen geht die NPD einen anderen Weg. Hier treten zwar ihre Kandidaten auf dem Ticket der Partei an, dafür lassen sie sich durch Bürgerinitiativen „unterstützen“. Dies soll ihnen den Anschein von zivilgesellschaftlicher Rückendeckung geben. Dabei wird schnell klar – die meisten der Bürgerinitiativen wurden von der NPD exakt zu diesem Zweck gegründet. Alexander Kurth wird durch die Bürgerinitiative „Gohlis sagt nein“ gestützt. Diese wendet sich gegen den geplanten Bau einer Moschee im Leipziger Stadtteil, macht im Internet rassistische Hetze und teilt Propaganda der NPD. Daniel Kaempf kann sich angeblich über die Rückendeckung der „Bürgerinitiative Stötteritz“ freuen. Er stammt aus dem Umfeld der neonazistischen Leipziger Hooligangruppierung „Blue Caps“. Drei weitere Kandidaten erfreuen sich, wenn man der NPD glauben darf, der Unterstützung von Bürgerinitiativen aus Schönefeld, Paunsdorf und Grünau. In Borna tritt Stefan Schubinski für die NPD an. Seine Verbindungen zur Partei redet er allerdings klein. Die NPD habe ihm die Möglichkeit gegeben, auf ihrer Liste für die Bürgerinitiative „Wir sind Borna“ Wahlkampf zu machen. Bereits 2012 trat Schubinski auf einer Neonazi-Demonstration in Geithain als Redner auf, darf also der Szene fest zugerechnet werden. „Wir sind Borna“ fällt ausschließlich durch rassistische Hetze gegen Geflüchtete auf, und setzt sich maßgeblich aus Neonazis der Region zusammen. Darüber hinaus geht in Chemnitz mit der Bürgerbewegung Pro Chemnitz/ Deutsche Soziale Union eine Vertreterin der „Neuen Rechten“ ins Rennen.

Rheinland -Pfalz

In Rheinland-Pfalz ist die Bürgerinitiative „Gegen Einwanderung ins soziale Netz“, für die der Neonazi-Pornostar Kitty Blair vor kurzem noch Werbung machte, offenbar bei der Unterschriftensammlung gescheitert. Ihr Name findet sich nicht auf der Liste der veröffentlichten Wahlvorschläge für den Kreistag Südwestpfalz. Dafür bewirbt sich Klaus Armstroff für die Nazi-Partei „Der III. Weg“ um ein Mandat für den Kreistag Bad Dürkheim. Der III. Weg gilt als Nachfolgestruktur des Neonazi-Zusammenschlusses „Freies Netz Süd“.

Thüringen

In Thüringen gibt es für Neonazis keine Alternativen zur NPD. Diese sitzt hier fest im Sattel und profitiert durch – in anderen Bundesländern nicht in dieser Form vorhandene – personelle Überschneidungen und Absprachen mit Kameradschaften und Freien Kräften.

Nordrhein-Westfalen

Nordrhein-Westfalen im Allgemeinen und Dortmund im Besonderen gelten als Hochburg der Neonazipartei „Die Rechte“. Für sie geht Siegfried „SS-Siggi“ Borchart ins Rennen. Konkurrenz bekommt sie durch die neurechten „Bürgerbewegungen“ „Pro NRW“ bzw. „Pro Köln“. Im Kreis Recklinghausen geht die rechtspopulistische „Unabhängige Bürgerpartei“ (UBP) an den Start. Sie versucht mit aggressiv islamfeindlichen Sprüchen, „Law and Order“-Politik und der Angst vor „Überfremdung“ zu punkten. Die Gruppe „Ab jetzt…Demokratie durch Volksabstimmung“, die auch bundesweit zur Europawahl antritt, ist darüber hinaus auf Wahlzetteln im Rhein-Sieg-Kreis zu finden. Sie verlinkt auf ihrer Internetseite zu Publikationen des rechtsesoterischen Kopp Verlags, ist für eine Verschärfung des Asylrechts („Kriminelle Ausländer sofort raus“) und will die „Strafbarkeit von Meinungen, Gesinnungen, Anschauungen“ abschaffen. Durch letzteres wäre die Leugnung des Holocausts legalisiert. Zum Kreistag Rhein-Kreis Neuss und zum Stadtradt Dormagen geht die Liste „Ein Herz für Dormagen“ ins Rennen. Sie wird von den ehemaligen „Pro NRW“-Funktionären Daniel Schöppe und Norbert Back angeführt. Die beiden geben an, sie hätten „Pro NRW“ wegen ihres „Anti-Islam“-Kurses verlassen, und würden keine rechten Positionen mehr vertreten. Auf seiner Internetseite erregt sich Back allerdings nach wie vor in erster Linie über „Migrantengewalt“. Im Kreistag Ennepe-Ruhr und in den Städten Gevelsberg und Schwelm geht das „Bündnis Zukunft Ennepe-Ruhr“ an den Start. Das Bündnis wird durch den ehemaligen NPD-Funktionär Thorsten Crämer und andere Ex-NPDler geformt. Sein Facebook-Auftritt lässt mit Hetzeinträgen gegen Roma, Geflüchtete, Migrant*innen und Linke keinen Zweifel an eine Verwurzelung in der rechten Szene.

Brandenburg:

In Brandenburg kandidiert vor allem die NPD, unterstützt durch „Nein zum Heim“-Bürgerinitiativen, die aber deutlich als NPD-gesteuert erkennbar sind. Die in Auflösung begriffene Deutsche Soziale Union tritt in einigen Kommunen zur Wahl an, beispielsweise in Spremberg.

Hamburg:

In Hamburg bewerben sich neben NPD und AfD auch „Die Deutschen Konservativen“ um Stimmen für die Wahl zum Bezirksparlament für den Bezirk Hamburg-Nord. „Die Deutschen Konservativen“ sind ein extrem rechter Verein, der sich 1986 in Nachfolge der „Konservativen Aktion“ gründete. Ihr Vorsitzender Joachim Siegerist wurde vom Landgericht Hamburg wegen Volksverhetzung, Aufstachelung zum Rassenhass und Beleidigung rechtskräftig verurteilt. Auf Kongressen der Partei traten in der Vergangenheit unter anderem der Nazi-Sänger Frank Rennicke und der verurteilte Holocaustleugner Horst Mahler auf.

Baden-Württemberg:

In Baden-Württemberg sind keine rechten Kleinstparteien und Bürgerinitiativen bei den Kommunalwahlen bekannt.

Saarland:

Im Saarland tritt die „AUF Partei“ (Partei für Arbeit, Umwelt und Familie – Christen in Deutschland) zu den Kommunalwahlen in Mettlach an. Die Partei tritt als Unterstützerin der homophoben Demonstrationen der „Initiative Besorgte Eltern“ auf. Sie tritt auch bundesweit zur Europawahl an. Der Chef des neurechten Magazins „eigentümlich frei“ empfiehlt die Wahl der AUF Partei mit den Worten, im Europaparlament könne Spitzenkandidatin Christa Meves „Homo- und Frauenrechtlern wortmächtig als Alterspräsidentin Paroli bieten“. In wissenschaftlichen Publikationen wird Meves als „Deutschlands führende Homophobe“ bezeichnet, die „seit Jahren einen ideologischen Kreuzzug gegen Homosexuelle“ führe. Auch sonst scheut Meves nicht den Kontakt zu rechten Kreisen. Sie wird mit der Äußerung zitiert, „dank Ableistungen für Führer, Volk und Vaterland“ habe sie im 2. Weltkrieg mehr gelernt als in der Universität.

Sachsen-Anhalt:

Im Burgenlandkreis kandidiert der „Weißenfelser Bürgerbund – Wählergemeinschaft für ein freies, sicheres und demokratisches Weißenfels“ (WBB) für Stadtrat und Kreistag. Spitzenkandidat ist Marco Kanne, unter anderem Autor beim neurechten Magazin „eigentümlich frei“ und im rechten Burschenschaftsblatt „Blaue Narzisse“. Im Landkreis Stendal will Enrico Mertynink für die Freie Wählergemeinschaft Jerchel in den Ortschaftsrat einziehen. Der Deutschlandfunk berichtete kürzlich über ihn, weil er nicht nur seine rechte Gesinnung über Facebook öffentlich machte, sondern auch Wehrleiter der Freiwilligen Feuerwehr von Jerchel ist. Im Jerichower Land kandidieren zwei Männer mit Verbindungen zur rechten Hooliganszene für Kreistag und Stadträte. Sören Knaufs Name steht auf der Liste „Freie Wählergemeinschaft Endert / JL„, die nach dem ehemaligen Schill-Anhänger Frank Endert benannt ist. Er will in den Kreistag und den Stadtrat von Gommern. Knauf ist Gründungsmitglied des FC Ostelbien Dornburg e.V., einem Fußballverein, dem zunächst die Aufnahme in den Landessportbund versagt blieb, weil seine Gründungsmitglieder der verbotenen „Blue White Street Elite“ angehörten – einer Hooligangruppe, die sich wiederrum aus der Neonazikameradschaft „Weiße Aktivisten Jerichower Land“ rekrutierte. Ebenfalls beim FC Ostelbien spielt Dennis Wesemann. Dort spielt er mit der Rückennummer 18. Er tritt als Einzelkandidat in Stresow (Möckern) an. Allerdings ist Stresow für Rechte ein gutes Pflaster. 2007 holte die NPD hier 17,5% der Stimmen.

In den restlichen Bundesländern waren entweder schon Kommunalwahlen (Schleswig-Holstein, Bayern), oder finden zu einem späteren Zeitpunkt statt.

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