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Rechte Szene Nordrhein-Westfalen: Volksfront von rechts?

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Bild von Schüler*innen gezeichnet (Symbol); Foto: hk

Die Fragen beantwortet der Sozialwissenschaftler Alexander Häusler von der Hochschule Düsseldorf.

Wie sieht Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen derzeit aus?

Die in so genannten „Kameradschaften“ sowie in Cliquen organisierten Neonazis in NRW gibt es in den Städten Dortmund, Köln, Düsseldorf, Mettmann, Duisburg, Wuppertal, Hamm, Bielefeld sowie im Hochsauerlandkreis/Kreis Siegen, im Ennepe-Ruhr-Kreis, im Rhein-Sieg-Kreis, im Oberbergischen Kreis und im Kreis Gütersloh. Zudem existieren loser strukturierte Neonazigruppen in vielen Kleinstädten. Des Weiteren agiert hier in NRW ein aktiver Landesverband der NPD.

Bei Veranstaltungen wie z.B. Demonstrationen zeichnet sich ab, dass es zu Vertiefungen der Anstrengungen aus den unterschiedlichen neonazistischen Lagern für das Projekt einer „Volksfront von Rechts“, also einen Zusammengehen von NPD mit dem neonazistischen „Nationalen Widerstand“ kommt. Auf den Rednerlisten stehen derzeit die bundesweit wichtigsten Kader dieser Szenen, die sich bisher politische Grabenkämpfe geliefert haben. Dieses Zusammengehen deutet auf neue strategische Überlegungen und politische Entwicklungen im neonazistischen Lager in NRW hin.

Gibt es Schwerpunktregionen?

Als räumliche Schwerpunkte für überregionale Mobilisierungen können die Städte Köln und Dortmund genannt werden. Überregional aktiv wirkt zudem die ‘Kameradschaft Aachener Land’, die zugleich die NPD inhaltlich unterstützt wie auch weitere neonazistische Gruppen, die nahe an der NPD stehen. Die so genannten ‘Autonomen Nationalisten’ hingegen stellen sich gegen das Programm einer „Volksfront von Rechts“ und formieren sich unter dem Dach des ‘Aktionsbüros Westdeutschland’. Der NPD-Landesverband NRW vollzieht einen Verjüngungstrend und hat mit der Gründung des ‘Ringes Nationaler Frauen’ (RNF) Anstrengungen zur verstärkten Einbindung von Frauen begonnen.

Welche aktuellen Trends beobachten Sie?

Wir können auf der einen Seite eine Zunahme der Zusammenarbeit der NPD mit den unterschiedlichen neonazistischen Gruppen der „Kameradschaftsszene“ feststellen. Auf der anderen Seite zeigt sich in NRW eine neue Form des Rechtspopulismus in Form von Gründungen kommunaler Wahlvereinigungen, die unter dem Dach extrem rechts orientierter „Bürgerbewegungen“ wie der „Bürgerbewegung pro NRW“ oder der „Bürgerbewegung pro Deutschland“ zusammengefasst sind. Dabei wird versucht, unter dem Deckmantel einer Bürgerbewegung mit populistischen Kampagnen gegen „den Islam“ auf Stimmenfang zu gehen. Die Arbeitsstelle Neonazismus der FH Düsseldorf hat aktuell im Auftrag des Migrationsrates der Stadt Oberhausen eine Expertise zu dem Wirken dieser neuen Form des Rechtspopulismus erstellt.

Halten Sie den Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen aktuell für bedrohlich?

Rechtsextremes Wirken ist immer bedrohlich. In NRW ist aktuell in Regionen wie dem Ruhrgebiet ein rapider Anstieg des Rechtsextremismus zu verzeichnen. Wie in anderen Bundesländern auch vollzieht sich in NRW eine Zunahme von kommunaler „Verwurzelung“ des extrem rechten Milieus.

Eine weitere besorgniserregende Entwicklung ist die Kanalisierung vorhandener Ängste und Vorurteile in der Bevölkerung durch rechte Kampagnen gegen Muslime und den Islam. Hierbei besteht die Gefahr eines propagandistischen Einbruchs von Rechtsaußen hinein in die Mitte. Hier ist viel an präventiver Aufklärung vonnöten. Zugleich sind hierbei die etablierte Politik und die Medien zu kritisieren, die mit pauschalisierten Zuschreibungen einem solchen Rechtspopulismus den Weg ebnen. Eine wirkungsvolle antifaschistische Gegenstrategie muss konkret vor Ort ansetzen – im Stadtteil in den Problemvierteln in den Schulen usw. Die konkreten Facetten extrem rechter Erscheinungs- und Agitationsformen müssen kontinuierlich erforscht und ausgewertet werden, um handlungsfähig gegen Rechts zu sein. Es bedarf zudem einer Entwicklung und einem Ausbau kommunaler antirassistischer und antirassistischer Netzwerke, die nach außen treten, die Entscheidungsträger in die Pflicht nehmen und die Öffentlichkeit zum Eintreten für ein respektvolles Miteinander im Lebensalltag bewegen. Die aktuelle Dimension rechtsextremer Einflussnahme im Lebensalltag wird politisch völlig verkannt.

Interview: Simone Rafael

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).

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