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Rechtsextreme Frauen sind überrascht, dass rechtsextreme Männer Frauenfeinde sind

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Screenshot aus dem Video "Why I'm not married" der Alt-Right-Aktivistin Lauren Southern. (Quelle: Screenshot YouTube)

Tara McCarthy ist eine rechtsextreme YouTuberin und Teil der amerikanischen Alt-Right-Bewegung. In Videos und auf Twitter verbreitet sie ihre Ideen. Unter anderem fordert sie einen weißen „Ethnostaat“, aus dem alle Nichtweißen ausgewiesen werden sollen. Auch Gewalt lehnt sie nicht ab, um dieses Ziel durchzusetzen.

Aktuell hat McCarthy allerdings ein anderes Thema für sich entdeckt: Alt-Right-Aktivisten sind gegen Frauen und wollen sie am liebsten zum Schweigen bringen. Wer hätte das gedacht?

#metoo rechtsaußen

In einer Reihe von Tweets hat McCarthy am 3. Dezember dieses Thema angesprochen: „Frauen in der Alt-Right werden permanent von anonymen Trollen belästigt, die versuchen uns zu sagen, wo wir hingehören. Frauen jeden Alters, egal ob sie Kinder haben oder nicht, werden aus den verschiedensten ‚Gründen‘ belästigt. Das Ziel scheint zu sein, uns aus dem Internet wegzumobben.“

Danach schreibt sie: „Die Männer in der Alt-Right werden sich entscheiden müssen, ob sie dieses Verhalten passiv/aktiv tolerieren oder sich dagegen positionieren. Wenn ihr wollt, dass mehr Frauen öffentlich über Ethno-Nationalismus reden, solltet ihr euch für letzteres entscheiden.“

Screenshot von Tara McCarthys Twitter-Account

McCarthys Twitter-Account ist mittlerweile auf privat geschaltet.

Lauren Southern ist eine kanadische YouTuberin, die ansonsten begeisterte Videos über die Identitären veröffentlicht. Sie hat im Sommer „Defend Europe“ wohlwollend begleitet, eine AKtion, mit der die rechtsextreme Bewegung Seenotrettung auf dem Mittelmeer behindern wollte. Nun hat sie ein  Video veröffentlicht, das eine Rechtfertigung ist. Sie erklärt wortreich, warum sie selbst keine Kinder hat. Dafür würde sie in ihrer Szene des öfteren angefeindet.

Unterstützung bekommen die Aktivist_innen von  Martin Sellner, dem Österreich-Chef der „Identitären“. Auch er ist ganz empört über frauenfeindliche Kommentare aus der eigenen Szene. Er hatte ein Video veröffentlicht, in dem er mit einer Aktivistin über ihr neuestes Projekt spricht. Die Tochter der Frau kommt dabei vor und in den Kommentaren lassen sich Sellners Fans darüber aus, dass sie besser auf das Kind aufpassen sollte, der anscheinend fehlende Ehering wird moniert und das die Frau auch noch zu allem Überfluss studiert – obwohl sie doch offensichtlich Mutter ist.

Screenshot von Tara McCarthys Twitter-Account

Die Alt-Right-Bewegung hat natürlich auch schon eine Erklärung für diese Zustände gefunden: Die Frauen sind schuld! Frauen, die nichts mit den rassistischen, nationalistischen und menschenfeindlichen Äußerungen der Rechtsradikalen zu tun haben wollen – in der Sprache der Bewegung natürlich alles „Linke“ – würden sich lediglich als männliche Alt-Right-Trolle ausgeben und Frauen anfeinden, um so die ganze Bewegung in ein schlechtes Licht zu rücken.

Gründungsmythos Antifeminismus

Das mag eine unterhaltsame Verschwörungstheorie sein. Aber schaut man sich aber die Ideologie der Bewegung an, merkt man schnell, dass Frauenhass natürlicher Bestandteil ist. Dazu gehört schon die Geburtsstunde der Bewegung: „Gamergate„.

Im August 2014  startete eine Kampagne von hauptsächlich männlichen Gamern gegen Spiele-Entwicklerinnen und Journalistinnen. Mehrere Frauen, darunter vor allem Zoë Quinn, Brianna Wu und Anita Sarkeesian, wurden monatelang öffentlich angegriffen. Es gab unzählige Vergewaltigung- und Todesdrohungen. Der Versuch, einen feministischen Diskurs in der Gaming-Welt zu etablieren, war dabei ausschlaggebend für den Hass der „Wutgamer”. Organisiert wurde das Ganze über die Internetplattformen 4chan, Reddit und den Chatdienst IRC.

„Gamergate“ gilt Expert_innen heute als Geburtsstunde der Alt-Right-Bewegung. Nationalismus, Rechtsextremismus, Antifeminismus und rechtsradikale Ideologien existieren selbstverständlich nicht erst seit 2014. Gamergate war aber ein identitätsstiftender Moment, in dem verschiedene Gruppen, die vorher wenige Berührungspunkte hatten, zusammenkamen. Dominiert wurde die Kampagne schließlich von Rechtsextremen.

Antifeminismus gehört zum Rechtsextremismus und zum Rechtspopulismus dazu, wie auch Rolf Pohl, Soziologe und Männerforscher, feststellt: „Zu den ideologischen Bausteinen des Rechtsextremismus und auch des Rechtspopulismus gehört das Bild der intakten Familie und das der klassischen Arbeitsteilung. Gleichzeitig wird propagiert, dass dieses Bild in der Auflösung begriffen oder schon längst systematisch abgeschafft worden ist. Der Mann hat angeblich seine Männlichkeit verloren. Im Rechtsextremismus ist das Bild des Widerstandes und der Opposition schon immer männlich codiert gewesen.“ Durch die Digitalisierung ist es noch einfacher geworden, Gleichgesinnte zu finden. So konnte sich im Fall Gamergate ein enthemmter Mob bilden, der Antifeministen, Trolle, Nationalisten und Rechtsradikale miteinander verband. Rolf Pohl fasst diese Dynamiken so zusammen: „Durch das Internet als Kommunikationsplattform haben sie das Gefühl, nicht mehr alleine zu sein oder etwas Verbotenes oder Verpöntes zu sagen. Der Rechtspopulismus hat dabei eine unglaubliche katalysatorische Wirkung.“

Hass bitte nur auf die anderen

Würde es nicht um menschenverachtende Inhalte gehen, die von McCarty, Southern und Sellner verbreitet würden, wäre ihr großes Erstaunen über die gemeinen frauenfeindlichen Trolle fast schon ein wenig putzig.

Besonders interessant ist auch ein weiterer Tweet von McCarthy zum gleichen Thema. Sie schreibt: „Bei dem Problem, dass ich hier beschreibe, geht es nicht darum zu sagen ‚Es gibt Trolle im Internet‘, sondern darum, dass Leute, die angeblich auf unserer Seite sind, versuchen, Frauen aus unserer Bewegung niederzumachen. Wenn ihr nicht erkennt, warum das dysfunktional ist, kann ich euch nicht helfen.“

Frauen zu belästigen, ihnen mit Mord oder Vergewaltigung zu drohen, sie auf ihr Aussehen zu reduzieren und sie zu beleidigen: Schlimm. Aber nur, wenn es um Frauen geht, die einem selbst ideologisch nahestehen. Alle anderen sind zum Abschuss freigegeben.

Dass diese Taktik nicht funktioniert, erlebt die Alt-Right gerade am eigenen Leibe.
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