Es werde auf jeden Fall versucht versucht, den Immobilienkauf durch Jürgen Rieger zu verhindern, indem man das Vorkaufsrecht wahrnehmen wolle, sagte Gemeindesprecher Jörn-Ulrich Golek am 20. Oktober auf Anfrage der Nachrichtenagentur ddp. Derzeit bemühe man sich, Interessenten zu finden, die das Hotel „einer uns genehmen Nutzung“ zuführen wollten.
Angesichts der Struktur und der Lage des Hotels seien die Rahmenbedingungen allerdings nicht einfach, sagte Golek. Es gebe leider noch niemanden, der eine Übernahme des Hotels signalisiert habe. Gleichwohl sei man noch optimistisch. Die Gemeinde habe zwei Monate Zeit, von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen.
Bürger*innen forderten bereits, gegen den Rieger-Kauf etwas zu unternehmen. Angedacht seien Unterschriftensammlungen, sagte Golek. Auch Spenden seien der Gemeinde bereits angetragen worden.
Ernsthafte Kaufabsicht oder reines Pokerspiel?
Wie NDR Info berichtet, müsste die Gemeinde aus eigener Tasche rund 1,2 Millionen Euro aufbringen, um die Immobilie zu erwerben – weit mehr, als in der Zwangsversteigerung gefordert. Den Mehrerlös könnte Rieger sich dem Bericht zufolge mit dem Verkäufer des Gebäudes, einer Erbengemeinschaft, teilen. Für ein reines Pokerspiel des Rechtsextremisten spricht offenbar die Tatsache, dass Rieger nach Informationen von NDR Info bei ernsthaften Verkaufsabsichten zur Tarnung regelmäßig Strohmänner eingeschaltet hatte. Außerdem hätte Rieger durch ein schlichtes Gebot in der Zwangsversteigerung das Gebäude für 750.000 Euro erwerben können. Nun komme es ihn deutlich teurer zu stehen.
Angesetzte Zwangsversteigerung ausgesetzt
Unabhängig von einer Zwangsversteigerung am Freitag im Celler Amtsgericht hatte Jürgen Rieger Kaufvertrag mit den bisherigen Eigentümern des Hotels geschlossen. Daraufhin wurde die Versteigerung am Freitag ausgesetzt. Gleichwohl war Rieger zu dem Termin erschienen und hatte Interesse als Käufer in dem Bieterverfahren signalisiert, wie ein Gerichtssprecher am Freitag mitteilte. Rieger hinterlegte rund 100.000 Euro – zehn Prozent des Verkehrswertes des Hauses – als Bietersicherheit.
Gerüchte: Bereits Kaufinteresse seit 2006
Rieger sagte, er wolle das 70-Betten-Haus prinzipiell als Hotel mit Fremdenzimmern weiterführen. Er habe das Hotel etwas über dem Verkehrswert gekauft, sagte er, nannte aber keine konkrete Summe. Bereits vor zwei Jahren gab es nach Zeitungsinformationen Gerüchte, dass der Hamburger Rechtsextremist versuche, das Haus zu kaufen. Der damalige Besitzer verstarb der „Celleschen Zeitung“ zufolge im September. Nach dessen Tod gehört das Haus demnach einer Erbengemeinschaft.
Schulungszentrum in Delmenhorst am Widerstand der Bürger gescheitert
Rieger hatte bereits versucht, ein Hotel in Delmenhorst zu erwerben, um es zu einem Schulungszentrum für Neonazis zu machen. Das Vorhaben scheiterte unter anderem am Widerstand der Bürger. Vom Kauf des alten Bahnhofs in Melle trat er später zurück. Im Landkreis Verden hatte er bereits den „Heisenhof“ im Namen der in England registrierten „Wilhelm-Tietjen-Stiftung für Fertilisation Ltd.“ erworben, um dort unter anderem, wie er es nannte, „Rassenforschung“ zu betreiben. (Quelle: NDR-online).
* Der rechtsextreme Multifunktionär Jürgen Rieger ist Ende Oktober 2009 verstorben.
Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).