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Rechtsextremismus im Verein „Ein Angriff auf die Werte des Sports“

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„Wissen Sie“, sagt Theo Zwanziger, „viele Vereine glauben, Sport wäre unpolitisch. Die glauben, wenn sie sich so verstehen, kommen sie um die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus herum. Ich sehe das völlig anders. Rechtsextremismus steht den Werten, die im Sport wichtig sind, fundamental entgegen: Fair Play, Verständigung, Gleichwertigkeit.“ Der Präsident des Deutschen Fußballbundes ist seit Jahren ein engagierter Kämpfer gegen Rechtsextremismus. So ist es kein Wunder, dass Zwanziger bei der Auftaktveranstaltung für die Kampagne „Sport + Politik verein(t) gegen Rechtsextremismus“ in der prominent besetzten Eröffnungsrunde deutliche Worte fand: „Wir müssen uns dem schleichenden Gift nationalsozialistischer Ideen konsequent entgegen stellen.“ Dafür sei es besonders wichtig, demokratische Kultur, Werte und Verantwortung in Sportvereinen tagtäglich zu leben. Konsequente Strafen bei Vorfällen gehören für ihn aber auch dazu.

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder,
DFB-Chef Theo Zwanziger

„Sport + Politik verein(t) gegen Rechtsextremismus“ heißt eine Kampagne und ein „Handlungskonzept“, die der DFB, der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), die Deutsche Sportjugend (DSJ), die Bundeszentrale für politische Bildung und die Bundesministerien des Innern und für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Dienstag in Berlin vorgestellt haben. Die Auftaktveranstaltung, der eine vielschichtige Vernetzung sportlicher und gesellschaftlicher Initiativen gegen Rechtsextremismus folgen soll, trug den Namen „Foul von Rechtsaußen“.

„Das kleine Einmaleins der Demokratie“

Sportvereine, so erläutert es Sportwissenschaftler Gunter A. Pilz, können ihren Mitgliedern ganz nebenbei „das kleine Einmaleins der Demokratie“ beibringen und politische Teilhabe praktisch vermitteln: In der Meinungsbildung, über das Ehrenamt, durch das Einüben demokratischer Verhaltensweisen. „Aber der Sport ist das Spiegelbild oder sogar das Brennglas gesellschaftlicher Probleme“, sagt Pilz. Es sei kein Wunder, dass es hier rechtsextreme Vorkommnisse gebe – rechtsextreme Sprüche, Fans, Trainer oder gar Vereine. „Sportvereine müssen die im Sport angelegten Werte und Ideale schützen, damit Rechtsextreme den Sport nicht instrumentalisieren können, um ihre Ideologie zu verbreiten“, sagt Gunter A. Pilz. Sensibilisierung helfe, Diskriminierungen zu erkennen, Vernetzungen und Fortbildungen sollen Handlungssicherheit geben, wenn Diskriminierungen auftreten. Beides will das neue Handlungskonzept erreichen, das im Wesentlichen eine Vernetzung bestehender guter Aktivitäten beinhaltet.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière,
DOSB-Chef Thomas Bach

„Argumentationssicher sein“

Bundesinnenminister Thomas de Maizière sieht die Bedeutung des Sports bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus darin, dass Sport eine gesellschaftliche Kraft darstelle, die einzigartig ist in Vorbildfunktion und Reichweite. „Etwa die Hälfte aller jungen Menschen zwischen 15 und 26 Jahren in Deutschland sind Mitglieder in Sportvereinen. Die werden erreicht, wenn sich Sportvereine zu Demokratie und Fairness bekennen“, so de Maizière. Er empfiehlt für die tägliche Arbeit: „Gefährdungen erkennen, argumentationssicher sein und mit wohlüberlegten Methoden agieren.“

Gegen rechtsextreme Parolen als Normalität

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder sieht im Sport eine Möglichkeit für Jugendliche, eine Menge zu lernen – Fairness, Respekt, gutes Selbstwertgefühl, Konflikt- und Teamfähigkeit: „Da sind alle gleich, da ist nicht wichtig, wo einer herkommt, sondern ob er ein Tor schießt.“ Sie betont die Vorbildfunktion insbesondere von Trainerinnen und Trainern: „Deshalb darf man nicht zulassen, dass Rechtsextreme Trainer werden und ihre Parolen im Verein als etwas Normales verbreiten können“, sagt Schröder. Allerdings sähe sie auch als wichtig an, nicht nur zu sagen, wogegen man sei, sondern auch, wofür. Und dies sei natürlich – passend zur aktuellen Diskussion um die Extremismus-Klausel – „die freiheitlich-demokratische Grundordnung.“

Podium

„Ein Angriff auf die Werte des Sportes“

Thomas Bach, der Vorsitzende des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), betont: „Sport ist schon vom grundsätzlichen Wesen her gegen Diskriminierung: Alle spielen auf gleicher Ebene, nach gleichen Regeln.“ Im DOSB sind rund 28 Millionen Sportlerinnen und Sportler organisiert. Bach führte aus, Sportvereine müssten wachsam sein, wo Neonazis Sport für ihre Ideologie missbrauchten. „Rechtsextremismus ist kein Massenphänomen. Aber jeder einzelne Fall ist ein Angriff auf die Werte des Sports“, sagte Bach, dessen DOSB auch „Netz gegen Nazis“ unterstützt. „Rechtsextreme zeigen Nazisymbole bei Sportveranstaltungen, um sie selbstverständlich zu machen“, erläutert Bach eine Taktik der Rechtsextremen, „sie nutzen sportpolitische Themen, engagieren sich ehrenamtlich, im Jugendclub oder bei der Restaurierung einer Sporthalle.“ Deshalb bräuchten Sportvereine Coaching in Methoden der Prävention und Reaktion. Kurz geht Bach auf den Fall des rechtsextremen Jugendtrainers Lutz Battke in Sachsen-Anhalt ein: „Natürlich muss es da Ausschlüsse und Suspendierungen geben – dafür müssen die Voraussetzungen allerdings zum Teil noch geschaffen werden. Und sie reichen nicht: Die Ideologie muss vor allem aus den Köpfen heraus.“

Kampagnen-Motiv mit Hochspringerin Ariane Friedrich,
Basketballer Pascal Roller und Fußballerin Nia Künzer (v.l.)

„Wenn ich ein Neonazi wäre – ich würde in die Sportvereine gehen“

DFB-Präsident Theo Zwanziger gab sich launig und meinungsstark. „Wenn ich ein Neonazi wäre – ich würde in die Sportvereine gehen“, ruft Zwanziger und zitiert dann Dietrich Bonhoeffer: „Das Böse kommt oft in der Maske des Guten.“ Neonazis gäben sich in Vereinen hilfreich, um Macht und Ansehen zu gewinnen. „Das ist ein gefährlicher Weg“, sagt Zwanziger. Dagegen helfe Aufmerksamkeit und gute Netzwerkarbeit. Der DFB könne die Arbeit gegen Rechtsextremismus durch Aufmerksamkeitskampagnen befördern, was er etwa in der Kooperation mit „Netz gegen Nazis“ oder nun durch die Spots zur Kampagne „Sport + Politik verein(t) gegen Rechtsextremismus“ tut. „Ich kann Ihnen sagen, die Gesellschaft ist leider nicht immer, wie wir sie uns wünschen“, sagt Zwanziger, „ich kriege empörte Emails, wenn ich mich gegen Diskriminierung einsetze! Das dürfte ich nicht tun, ich politisierte den Fußball, und vieles mehr“, sagt Zwanziger. Das sei ihm aber nur ein Ansporn, seinen Punkt klar zu machen: „Wir haben eine Verantwortung aus der Geschichte, Rassismus und Rechtsextremismus zu bearbeiten und zu sanktionieren, wo immer er auftritt.“ Deshalb unterstützt der DFB Aktionen, die dem Fernsehzuschauer oder Stadionbesuchern vermitteln: „Mädels und Jungs, da war noch etwas, dass nicht wieder passieren darf.“ Wichtig ist Zwanziger auch die politische Bildung der Jugendnationalspieler: „Das sind die Vorbilder der Zukunft.“ Einen kleinen Seitenhieb Richtung Bundespolitik hatte Zwanziger auch noch parat: Sie unterstütze das Ehrenamt nicht genug, solle doch bitte Gesetze vor der Verabschiedung in ihrer Auswirkung auf das Ehrenamt untersuchen: „Sonst werden engagierte Leute überfordert.“

Was nun aber konkret gegen Rechtsextremismus im Fußball und in anderen Sportvereinen bisher erprobt wurde und nun vernetzt werden kann, wurde am Dienstag im Anschluss an das Eröffnungspodium in Referaten und Workshops erörtert. Belltower.news berichtet ihnen darüber hier.

Mehr im Internet:

| www.dsj.de

Mehr auf netz-gegen-nazis.de:

| Aktiv gegen Nazis im Sport: ?Das Gute aus dem Sport herauskristallisieren? (Bericht über die praktischen Workshops der Tagung)

| Aktive Vereine und Fans
| Sportvereine im Visier von Neonazis
| Rechtsextremismus im Sport
| Rechtsextremismus im Fußball
| Sexismus im Fußball
| Homophobie im Fußball
| Antisemitismus im Fußball
| Aktuelle Berichte zum Thema Diskriminierung im Fußball und im Sport

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