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Rechtsextremismus und Revisionismus im Kontext von Computerspielen

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Rechtsextremen Lifestyle feiern: Ein "Arische Kämpfer Clan" in einer Spiele-Community. (Quelle: AAS)

Von Malte Switkes vel Wittels

Auf der beliebten Gaming-Plattform Steam fanden sich mehrere Clans, also Zusammenschlüsse von Spieler_innen, und Einzelprofile, die sich offen rechtsextrem positionierten. Darunter einige mit deutlich politischem Bekenntnis mit Namen wie »wir wählen NPD« oder »arischer Kämpfer Clan«, aber auch sprechende Profilnamen aus Vor- und Nachname, wie z.B. »Chris Tallnacht«, die auf eine Verherrlichung des NS abzielen. Glücklicherweise sind solche Vorkommnisse in der Masse gesehen Einzelphänomene, so dass rechte Kräfte im Gegensatz zu den sehr erfolgreichen Kampagnen der NPD und neurechten Gruppierungen auf Facebook hier noch keine relevante Wirkung erzielen konnten.

Der Zweite Weltkrieg in Games

Großer Beliebtheit erfreuen sich Spiele, die vor dem historischen Hintergrund des Zweiten Weltkrieges angesiedelt sind. Ein Stoff also, der in Anbetracht des deutschen Vernichtungskrieges und des Holocaust als besonders sensibel zu erachten ist. Hier kann es problematisch werden, wenn das Spieldesign den Spielenden erlaubt, direkt in die Rolle der Nazis zu schlüpfen und deren Taten affirmativ nachzuahmen. Insbesondere Kriegsspiele wie das Strategiespiel Frontline: Road to Moscow werben damit, eine alternative Geschichte zu erfahren. Martialisch heißt es dort: »Das deutsche Heer braucht Sie! Erobern Sie Russland! Gewinnen Sie den Krieg!«. Eine Darstellung, die deutlich in Richtung Revisionismus deutet. Die Publisher ziehen sich in solchen Fällen zumeist auf die Argumentation zurück, dass es hier nur um abstrakte historische Begebenheiten gehe, die für den Markt eben sehr attraktiv seien. Und tatsächlich wäre es wohl ein zu kurzer Schluss, den Publishern und Entwicklern hier eine politische Agenda abseits von Gewinnmaximierung zu unterstellen. Jedoch wäre es wünschenswert, gerade in solch heiklen Spielszenarien ein paar Anregungen zum Nachdenken einzubauen, welche die Spieler_innen das Spielgeschehen politisch und moralisch reflektieren lassen.

Keine pauschale Verurteilung der Szene

Ebenfalls ist es keineswegs so, dass junge Menschen, die sich gerne in diesen Genres aufhalten, automatisch eine wie auch immer geartete rechtsextreme Tendenz aufweisen. Eine solch platte Zuschreibung würde nur die glücklicherweise mittlerweile abflauende »Killerspieldebatte« der letzten Jahre wieder aufwärmen, in der oftmals Spieler_innen gewalthaltiger Spiele haltlos eine Tendenz zu realer Gewalt untergeschoben wurde. Und so gilt auch hier: Kein junger Mensch wird zum Nazi, nur weil er oder sie in Computerspielen die Rolle von Nazis einnimmt. Aber viele Spiele bedienen revisionistische Bedürfnisse von bereits radikalisierten Menschen und erlauben es diesen, ihre rassistischen und neonazistischen Sichtweisen in virtuellen Kontexten auszuleben. Eines der krassesten Beispiele dafür ist der Fall des NSU-Terroristen Uwe Mundlos, der laut Medienberichten in seiner Untergrundzeit leidenschaftlich das Spiel Panzer General (ein geistiger Vorgänger von Frontline: Road to Moscow) gespielt und sogar eigene Modifikationen programmiert haben soll, die im Spiel einschlägige Nazirock-Songs einbauten. Panzer General war bereits 1994 von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien aufgrund der Auslassung historischer Zusammenhänge und der Verharmlosung der Rolle des Nationalsozialismus indiziert worden. Das Spiel erfreute sich in der rechtsextremen Szene allgemein einer großen Beliebtheit und war auch auf dem größeren Markt relativ erfolgreich. Daneben gab und gibt es eine Reihe von Titeln, wie beispielsweise KZ-Manager, Nazi-Doom oder Ethnic Cleansing, die spielerisch und grafisch für die Masse der Gamenden zwar völlig uninteressant, aber als spielerischer Tabubruch von Rechtsextremen für Rechtsextreme gemacht sind. Dies ist jedoch keine besondere Problematik des Medienformats, so gehören rechtsextreme Filme oder Musik leider ebenso zum festen Repertoire der Szene. Interessant wäre hier eine weiterführende Untersuchung, inwiefern die unterschiedlichen szenetypischen Medienangebote in welcher Gewichtung eine Rolle für zeitgenössische Radikalisierungsprozesse spielen.

Eine gemeinsame Anstrengung

Die Gamingbranche und die Communities sind im Wandel begriffen. Mit dem Aufstieg zu einem der wichtigsten zeitgenössischen Massenmedien steigen auch die Ansprüche aus Gesellschaft und Politik an die Publisher und Entwicklerstudios. Die Erfahrungen, die mit den Betreiberfirmen im Web 2.0 gemacht wurden, können in weiten Teilen auf eine perspektivische Zusammenarbeit zwischen zivilgesellschaftlich tätigen Institutionen und der Branche übertragen werden. Die Amadeu Antonio Stiftung möchte ihren Teil dazu beitragen, indem sie mit pädagogischem Know-how aus dem Bereich der Radikalisierungsprävention für die Verantwortlichen zur Verfügung steht, um oftmals bestehende Kenntnislücken in Bezug auf den Umgang mit Rechtsextremismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sowie Hate Speech zu schließen. Eine solche Anstrengung kann aber nur eine gemeinsame sein, die von allen Beteiligten mit einer angemessenen Offenheit als Chance für bessere und diskriminierungsfreiere Spielgemeinschaften verstanden wird. Solange die gesellschaftlichen Voraussetzungen für das Weiterbestehen rechtsextremer Tendenzen gegeben sind, werden auch diese Menschen mit der Zeit gehen. Dabei ist der sich unheimlich dynamisch entwickelnde digitale Raum das Propagandafeld Nummer Eins und das bedeutendste Rekrutierungsfeld des Rechtsextremismus im 21. Jahrhundert.

Dieser Text ist ein Auszug aus der Broschüre „Gaming und Hate Speech – Computerspiele in zivilgesellschaftlicher Perspektive“ der Amadeu Antonio Stiftung. 

Mehr Infos und die Broschüre als PDF zum Download hier.

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