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Regener, Michael („Lunikoff“)

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Michael Regener (l.) 2017 bei einem Neonazi-Festival in Themar (Quelle: BTN)

Sein Spitzname „Lunikoff“ geht auf eine Wodkamarke in der DDR zurück. Die Musiker der Neonazi-Undergroundband nannten sich selbst „Terroristen mit E-Gitarre“ (so der Titel einer ihrer Songs), sie organisierten Produktion und Vertrieb ihrer Veröffentlichungen konspirativ. Nachdem „Landser“ 2001 augeflogen war (und während ihr Sänger in Stuttgart-Stammheim in U-Haft saß) gründete Regener das – mit legalen Texten arbeitende – Nachfolgeprojekt „Die Lunikoff Verschwörung“.

Nachdem 2001 die konspirativen „Landser“ aufgeflogen waren, schließlich vor Gericht kamen und sich Regener mit seinen ehemaligen Bandkollegen überwarf (sie machten Aussagen vor Gericht, um geringere Strafen zu bekommen) entwickelte sich in der Rechtsrockszene schnell ein Kult um den „standhaften“ und „treuen“ „Landser“-Sänger. Logische Konsequenz: Ein neues Bandprojekt.

„Die Lunikoff Verschwörung“ – bestehend aus Regener sowie regelmäßig wechselnden Musikern von Bands wie „Spreegeschwader“, „Exzess“ und „Frontfeuer“ – knüpfen musikalisch wie textlich bruchlos an Landser an. Auch das Bandlogo von Landser, ein „L“ und ein Schwert (dem Abzeichen der SS-Kavallerie-Division Lützow nachempfunden), hat die Nachfolgeband übernommen. Einziger Unterschied ist, dass die Texte von „Die Lunikoff Verschwörung“ rechtsanwaltlich geprüft wurden und nicht gegen Strafgesetze verstoßen. So konnte die Band auch Lieder von „Landser“ übernehmen, etwa den Song „Rechtsradikal“. Anstatt der Zeile „Ja wir sind gar nicht rechtsradikal“ des „Landser“-Songs singt „Die Lunikoff Verschwörung“ unter Verwendung der selben Melodie „Bei uns stehn die Bücher rechts im Regal“. Ein Wink mit dem Zaunpfahl, den die rechtsextreme Hörerschaft zu verstehen weiß.

Die meisten Veröffentlichungen von „Die Lunikoff Verschwörung“ stammen aus der Zeit zwischen 2003 und 2005 – also zwischen dem Auffliegen von „Landser“ und dem Antritt der Haftstrafe von Regener. Im Februar 2008 wurde Regener aus der Haft entlassen. Es folgte ein neues Album namens „Heilfroh“ (2008).

Der 1965 geborene Berliner hat sich inzwischen der NPD angenähert. 2006 demonstrierten rund 1.000 Parteianhänger vor dem Gefängnis in Berlin-Tegel, in dem Regener zu diesem Zeitpunkt einsaß. Der Neonazi „transportierte mit seiner Musik die Sehnsucht einer ganzen jungen Generation nach Erneuerung und nach einem Land, das die Heimat der Deutschen sein soll“, hieß es im NPD-Aufruf.

Regener ist selbst inzwischen Parteimitglied, schreibt in der Deutschen Stimme (dem Parteiblatt) und ein Song von „Die Lunikoff Veschwörung“ ist auf einer der NPD-Schulhof-CDs zu finden. Sein Abschiedskonzert vor dem Haftantritt 2005 gab er nach dem Landesparteitag der NPD Thüringen, vor rund 2.000 Neonazis.

Regener ist außerdem führendes Mitglied der „Vandalen – Ariogermanische Kampfgemeinschaft“. Die 20-köpfige elitäre und einflussreiche Neonazi-Bruderschaft mit Rocker-Habitus gründete sich bereits 1982 in Ostberlin. Einzelne Mitglieder dieser Bruderschaft sind auch an die Neonazi-Kleinstpartei „Der III. Weg“ angebunden. Dass Regener der Partei eine eigene Hymne mit dem Titel „Der dritte Weg marschiert“ komponierte, dürfte daher nicht verwunderlich sein.

Seit der Freilassung Regeners spielte „Die Lunikoff-Verschwörung“ mehrfach als Headliner des Neonazi-Festivals „Rock für Deutschland“ in Gera und konnte ihre Anziehungskraft für die Szene unter Beweis stellen: 4.000 Nazis kamen. Auch bei dem größten Neonazi-Konzert im Oktober 2016 im Schweizer Unterwasser, sang Regener gemeinsam mit Daniel „Gigi“ Giese mehrere Lieder dessen Band „Stahlgewitter“. Auch im Juli 2017, auf dem seit Jahren größtem Neonazi-Konzert „Rock gegen Überfremdung II“, trat Michael Regener sowohl mit seiner eigenen Band auf, wie auch als Gastsänger bei „Stahlgewitter“. Die 6.000 angereisten Neonazis dankten es mit dutzend fach gezeigten Hitlergrüße.

 

In jüngerer Zeit tritt Michael Regener vermehrt alleine unter seinem Spitznamen „Lunikoff“ und „Old Lu“ als Liedermacher auf. Trotz der vielen Konzerte und des eigentlichen Kultstatus sinkt die Beliebtheit der Band. Während der Tonträger „Heilfroh“ (2008) noch begeistert in der extrem rechten Szene aufgenommen wurde, meldeten sich beim Folgealbum „L-Kaida“ (2011) immer mehr kritische Stimmen. Wahrnehmbar sinkendes Interesse ließ sich bei der Veröffentlichung „Vermindert schuldfähig“ (2012) seines Projektes „Old Lu & das Höllenfahrtskommando“ vermerken. Auch Regeners zweites Projekt „Teuts Söhne“ konnte nicht an den Kultstatus anknüpfen.

Mit der 2015 veröffentlichten CD „Ebola im Jobcenter“ gelang es der Band jedoch erneut einen Erfolg bei der Hörerschaft zu erzielen. Ein Jahr später landete diese Veröffentlichung, auf der zahlreiche Zeichnungen von RechtsRock-Mitstreiter David Allen Surette (genannt „Griffin“) bei gesteuert wurden, auf dem Index.

Ihre letzte Produktion „Öl ins Feuer“ brachte abermals böse Zungen auf den Plan, denn Regener würde nichts neues oder kreatives veröffentlichen, so die Kritik der Szene. Tatsächlich sind CDs der Band nur dann beliebt, wenn Regener und seine Musiker bekannte „Landser“ neu vertonen, oder aber wenn die Texte sarkastisch und mit schwarzem Humor versehen sind. Denn dies war bei aller NS-Verherrlichung und Menschenverachtung das Erfolgsrezept von „Landser“: Einprägsame, leicht verständliche Texte, die inhaltlich vielleicht wenig vermitteln, dafür gesellschaftliche Tabus brechen, übermäßig offen rassistisch hetzen und unverhohlen zu stumpfer Gewalt aufrufen.

Versuche, sich aktuellen Themen wie der Flüchtlingspolitik ernsthaft anzunehmen, wie etwa auf ihrer letzten CD in Songs wie „Grenzen hoch! Schotten dicht!“ und „Die Merkel muß weg“, blieben ohne den gewünschten Erfolg. Fast wirkt die Aneinanderreihung von Kampfbegriffen, die auch auf Aufmärschen der PEGIDA-Bewegung zahlreich zu finden sind geplant. Im Vergleich dazu ist der Song „Neger auf dem Fahrrad“ von der CD „Ebola im Jobcenter“ ein Gassenhauer in der rechtsextremen Szene. Stumpf ist Trumpf scheint bei „Die Lunikoff Verschwörung“ immer noch ein Garant für hohen Absatz zu sein.

Dass die „Lunikoff Verschwörung“ aber immer noch zu den „Publikumsmagneten“ zählt, zeigen internationale Auftritte bei Neonazi-Konzerten. Absolvierte Auftritte in Schweden, Ungarn, Estland und in der Ukraine zeugen von einem derartigen Personenkult, den man sicher mit dem Kult um den 1993 verstorbenen Sänger der englischen RechtsRock-Pionieren „Skrewdriver“ vergleichen kann.

 

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