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Rezension 20 Jahre „Institut für Staatspolitik“ – „Faschist*innen des 21. Jahrhunderts“

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Neben dem "Rittergut" soll es auch Schafe in Schnellroda geben. (Quelle: Unsplash)

Im Jahr 2000 wurde das „Institut für Staatspolitik“ unter anderem von Götz Kubitschek und Karl-Heinz Weißmann gegründet. Von Anfang an war die Marschrichtung klar: „institutionalisierte politische Beeinflussung der Öffentlichkeit“ kündigte Weißmann in der Jungen Freiheit an. Rechtsalternative Politik sollte salonfähig gemacht werden. Seit über dreißig Jahren gibt es aber auch das Magazin der rechte rand. Alle zwei Monate erscheint das Heft und berichtet über Phänomene, Personen und Strategien rechtsaußen – immer aus antifaschistischer Perspektive. Auch über das Institut in Schnellroda. Jetzt hat das Magazin eine Art retrospektiven Sammelband mit Artikel aus 20 Jahren Berichterstattung über das IfS veröffentlicht. Das ist nicht nur eine interessante Zeitreise, sondern zeigt aus aktueller Perspektive, was Kubitschek und Co. erreicht haben, aber auch, dass der ganz große Plan der selbsternannten „Rechtsintellektuellen“ nicht aufgegangen ist.

In den vergangenen 20 Jahren hat sich tatsächlich viel verändert. Nicht zuletzt durch AfD, „Pegida“ und weltweite politische Verwerfungen in Richtung rechts. Die Grenzen des Sagbaren wurden weiter verschoben. Antisemitismus, Rassismus, Homofeindlichkeit sind nicht weniger, sondern höchstens sichtbarer geworden. Um das Institut hat sich mit seinem Umzug ins sachsen-anhaltinische Schnellroda 2003 eine rechtsalternative Erlebniswelt entwickelt. Es gibt einen Verlag, Zeitschriften, eine Verlagsbuchhandlung, Weiterbildungen für junge Kader, Webseiten und Initiativen, die auf das Institut zurückzuführen sind. Dazu einige öffentliche Personen und immer wieder mehr oder weniger große Skandale rund um den angeblichen oder echten Einfluss von Kubitschek und Co.

Faschist*innen des 21. Jahrhunderts“ präsentiert die Aktivitäten des Instituts von allen Seiten und zeigt dabei gleichzeitig die ideologischen Hintergründe und Verbindungen auf. Das Buch zeigt wie sich seit 20 Jahren Vertreter der extremen Rechten vernetzten, wie selbstverständlich die Teilnahme von NPD-Kadern an Veranstaltungen des Instituts sind. Es zeigt auch, wie Kubitschek als ehemaliger Oberstleutnant der Reserve, seine Verbindungen nutzt, wie immer wieder zum Teil hochrangige Bundeswehrvertreter für ihn schreiben oder auf Veranstaltungen des IfS auftreten.

Die Autor*innen, fast alles Journalist*innen, analysieren über die Jahre hinweg auch immer die Konstruktion der sogenannten „neuen“ Rechten. Denn nicht nur die Bezeichnung, sondern auch der theoretische Unterbau, der die „neue“ Rechte unbedingt von der „alten“ Rechten unterscheiden will, kommt von rechtsaußen. Volker Weiß schreibt über die sogenannte „Konservative Revolution“, eine fast willkürliche und vor allem nachträgliche Zusammenstellung unterschiedlicher historischer „Vordenker“, die als Grundlage für die sogenannte „neue“ Rechte dienen sollen. Zusammengestellt hat sie Armin Mohler, und sie besteht aus tatsächlich Konservativen, allerdings auch Anti-Demokraten, Deutschnationalen, Künstlern, Politikern und Intellektuellen der Rechten, aber auch aus ausgemachten Nazis. „Trotz ihrer offensichtlichen Schwächen, die verschiedenen Fraktionen der radikalen Rechten in der Weimarer Republik zu einer ‚konservativen‘ und damit eigentlich diskutablen politischen Strömung umzudeuten, konnte sich Mohlers Konstruktion behaupten“, so der Historiker Weiß.

Immer wieder stellt sich die Frage nach dem Einfluss des IfS. Immerhin hatten die Gründer hohe Erwartungen. Karl-Heinz Weißmann sagte kurz nach der Gründung des Instituts in der Jungen Freiheit: „Uns geht es um geistigen Einfluss, nicht die intellektuelle Lufthoheit über Stammtischen, sondern über Hörsälen und Seminarräumen interessiert uns, es geht um den Einfluss auf die Köpfe (…).“

Viele der Text in diesem Sammelband belegen, dass das IfS zwar zu einem symbolisch wichtigen Ort der extremen Rechten geworden ist, zu einem zentralen Vernetzungsknoten, der junge und alte Aktivist*innen aus sehr unterschiedlichen Fraktionen der extremen Rechten miteinander verknüpft. Sie zeigen auch, dass eine Form von Einfluss auf Schnellroda ausgeht. So ist Götz Kubitschek nicht nur bei „Pegida“ aufgetreten, sondern soll das rassistische Bündnis auch beraten haben, genauso wie Thüringens Rechtsaußen-AfD-Chef Björn Höcke. Aber es wird immer wieder deutlich, dass die Lufthoheit eben doch nur über Stammtischen herrscht. Denn Impulse auf gesamtgesellschaftliche Debatten oder sogar Einfluss darauf kamen aus dem Institut bisher nicht. Entscheidende Debatten, die Rassismus, Antisemitismus weiter normalisiert und damit auch Rechtspopulismus und all seine Auswirkungen ermöglicht haben, kamen in den letzten 20 Jahren zum Beispiel von Thilo Sarrazin oder Martin Walser. Die angebliche „Mitte der Gesellschaft“ hat es auch ganz ohne Hilfe von Rechtsaußen geschafft, sich zu radikalisieren.

Faschist*innen des 21. Jahrhunderts ist ein sehr guter Überblick über die Aktivitäten in Schnellroda in den letzten zwei Jahrzehnten. Die einzelnen Texte funktionieren als Zeitdokument, das die jeweilige Sichtweise zu einem Thema in seiner Zeit reflektiert. 20 Jahre später bieten sie einen spannenden Überblick über die sogenannte „neue“ Rechte und zeigen schlaglichtartig Ideologieelemente, Personen und Strategien.

#derrechterand (Hrsg.), Das IfS – Faschist*innen des 21. Jahrhunderts. ISBN 978-3-96488-074-1, 184 Seiten, 12,80 Euro. Hier kaufen.

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