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Bremen 2014 Rocker, Hools und Neonazis

Im Bremer Stadtteil Schwachhausen tauchten im August/September 2014 mehrere Aufkleber auf, die die geplante Nutzung einer Sporthalle als Not-Unterkunft für geflüchtete Menschen für rassistische Hetze auszunutzen versuchen. Dieses Foto zeigt Nazigeschmiere auf der Altmannshöhe. (Quelle: antifa-bremen.org)

Zum Jahreswechsel wünschte man sich im Gästebuch der Rockergruppe „Legion Bremen“ einen guten Start in das „Kampfjahr 2014“ und setzte damit ein weiteres Indiz für den seit Jahren währenden Trend in der rechten Szene der Hansestadt: Die verschiedenen Milieus von Rockern, Neonazis, Hooligans und Co vermischen sich zunehmend.

Bekannte Rechtsextremist/innen mischen mit, wenn es um Geschäfte im Rockermilieu geht und imitieren den martialischen Style der Szene. Im Jahr 2014 zeigte sich, dass Personen aus dem rechtsextremen Spektrum in Kleingruppierungen, die sich nach außen als „Saufkumpanen“ oder „Bruderschaften“  verkaufen und bei Facebook eifrig Bilder von gemeinsamen Gelagen und Ausflügen posten, mitmischen. Insbesondere durch die Teilnahme und mitunter aktive organisatorische Beteiligung an der „HoGeSa“-Bewegung offenbarte sich, dass diese Gruppierungen längst nicht so „unpolitisch“ sind, wie sie sich nach außen geben.

Deutlich wurde in Zuge der „HoGeSa“-Demonstrationen ebenso einmal mehr, wie groß der Einfluss der Bremer Rechtsrock-Szene auf bundesweite Strukturen ist. Die Szene-Band Kategorie C um Sänger Hannes Ostendorf steuerte zu den Großveranstaltungen in Köln und Hannover nicht nur extra getextete Hetz-Balladen bei, sondern belieferte die euphorisierte Menge vom Merchandising-Stand aus auch mit thematisch passenden T-Shirts. Außerdem kommunizierte die Band zwischen den Demos Durchhalteparolen und Klarstellungen an das „HoGeSa“-Spektrum. Aus Sicht von Kategorie C dürfte sich das Engagement nicht nur politisch, sondern auch finanziell gelohnt haben. Kategorie C beteiligte sich auch an den Vorgängen rund um das Nordderby gegen den HSV in Bremen. Hooligans hatten für das Spiel öffentlichkeitswirksam ein Ausflugsschiff angemietet und waren mit diesem gemeinsam zur Partie angereist. Vor Ort wurden rund ums Weserstadion linke Fans und Journalist/innen gejagt, beschimpft und angepöbelt.

Auch die Aktivist/innen der German Defence League – Bremen Division versuchten an die Hooligan-Szene anzudocken. Die Gruppe war vor allem in der ersten Jahreshälfte im Internet sehr aktiv. Außerhalb der virtuellen Welt beteiligte man sich intensiv an der bundesweiten Vernetzung der German Defence League und schien teilweise starken Einfluss auf diese zu haben. So gelang es der Bremen Division den Tod von Daniel S aus Kirchweyhe bei Bremen zum bundesweiten Thema zahlreicher German Defence League-Gruppen zu machen: In einigen Städten beklebten Anhänger/innen der German Defence League Moscheen und öffentliche Plätze mit Aufklebern zum Tod von Daniel S. In Bremen mobilisierte die Gruppe gegen eine Kundgebung des Salafisten Pierre Vogel. Im Herbst kam es offenbar zu einem Bruch der Bremer Division. Teile firmieren nun unter dem Namen „Infidels –Sektion Nord“. Die Themen sind nach wie vor die Gleichen: Stumpfe Hetze gegen den Islam wechseln sich ab mit Hass gegenüber Geflüchteten – alles mit der Beteuerung, man sei weder rechts noch Nazi.

Derartige Beteuerungen hört man auch aus einer Bürgerinitiative, die sich in Bremen Nord gegen die Ansiedlung einer Flüchtlingsunterkunft richtet. Tatsächlich wurden bekannte Rechtsextremist/innen aus der zugehörigen Facebook-Gruppe rausgeworfen. Bei einer Demonstration im November duldete man dagegen Teilnehmer/innen in Thor-Steinar-Klamotten. Gefährlicher ist jedoch der Einfluss, den rechtspopulistische Parteien auf die Bürgerinitiative nehmen. Ein Funktionär der Bremer AfD und Kandidat für die 2015 anstehenden Bürgerschaftswahlen wirkte aktiv an der Organisation der Initiative mit. Nachdem sein Engagement für Diskussionen sorgte, zog er sich offiziell zurück, dennoch betonte man bei der Bürgerinitiative die Verdienste des AfDlers beim Aufbau der Gruppe. Die Konkurrenz im rechtspopulistischen Lager, die Partei „Bürger in Wut“ hielt im Stadtteil eine Bürgerversammlung ab und hetzte in einer örtlichen Kneipe gegen die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. Auch vor abstrusen Behauptungen schreckte man dabei nicht zurück: Die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, seien gar nicht unbegleitet, schließlich hätten sie ja Schlepper, so die Argumentation der „Bürger in Wut“. Das Publikum, das sich weitgehend aus der Facebook-Gruppe der Bürgerinitiative, eigenen Parteimitgliedern und Mitgliedern der AfD zusammensetzte, zeigte sich für die Hetze sehr empfänglich und überbot die Schauermärchen in eigenen Wortbeiträgen. Die Stimmung im Stadtteil ist seitdem sehr aufgeheizt. Die Bürgerinitiative beobachtet die Unterkunft permanent. Jeder Polizeieinsatz wird in Echtzeit auf Facebook kommentiert und Schaulustige liefern mit wilden Gerüchten in den sozialen Netzwerken neues Futter für die Angst vor den neuen Nachbarn.

Insgesamt hat sich die Stimmung gegenüber Flüchtlingen im Laufe des Jahres gewandelt. Während die erste Jahreshälfte überwiegend von ruhigen und sachlichen Diskussionen geprägt war, kippte im Sommer die Stimmung. Nach Gewaltexzessen in der Nacht des WM-Finales, die lange die Schlagzeilen in Bremen dominierten, wurde der Rest des Sommerlochs mit der Schilderung von Straftaten einer kleinen Gruppe junger Flüchtlinge gefüllt. Daraus folgte eine Unterscheidung zwischen „guten“ und „schlechten“ Flüchtlingen. Vereinzelt versuchen Bürger/innen in Stadtteilen die Ansiedlung von Familien („gute“ Flüchtlinge) in Unterkünften durchzusetzen, um so die Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen („schlechte“ Flüchtlinge) in ihrem Stadtteil zu verhindern. Daraus resultieren Statements bei Bürgerversammlungen im Tenor von: „Ich habe nichts gegen Flüchtlinge, aber…“. In einem wohlhabenden Bremer Stadtteil rechneten Anwohner/innen vor, wie groß der Wertverlust ihrer Immobilien sei, wenn Flüchtlinge in die Nachbarschaft zögen.

Im Jahr 2015 wird zunächst der anstehende Wahlkampf um die Bremer Bürgerschaft im Fokus der Aufmerksamkeit stehen. Durch die Konkurrenzsituation im rechtspopulistischen Spektrum steht hier eine besondere Zuspitzung auf Kosten von Menschen mit Migrationshintergrund und anderen Minderheiten zu befürchten. Gerade im Bremer Norden dürften die rechtspopulistischen Parteien die Stimmung weiter anheizen. Hier gilt es mäßigende Stimmen im Stadtteil zu stärken und für eine Willkommenskultur zu werben. Darüber hinaus ist Bremen besonders gefragt, wenn es um die Beobachtung der weiteren Entwicklung der „HoGeSa“-Bewegung geht, da in der Hansestadt ein organisatorischer Knotenpunkt der Bewegung liegt.

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