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Roger Beckamp Vom Bundestagsabgeordneten zum Sticker-Verkäufer

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Roger Beckamp darf nicht erneut für die Bundestagswahl antreten, sein Einsatz als Abgeordneter war laut NRW-Landesvorstand oft mangelhaft. Jetzt konzentriert er sich auf die Arbeit im rechtsextremen Vorfeld. (Quelle: picture alliance / dts-Agentur | -)

Roger Beckamp ist ein Star für die extrem rechte Jugend. Ähnlich wie Maximilian Krah setzt er vieles daran, seine rechte Social-Media-Persönlichkeit zu promoten. Recht erfolgreich, auf Instagram folgen ihm über 26.000 Accounts und auf YouTube hat er 126.000 Abonennt*innen. Er veröffentlicht Videos mit Titeln wie „Talasohn im Bundestag“ und „Kein Mensch isst illegal! Militante Veganerin im Gespräch“. In der kommenden Legislaturperiode wird er nicht wieder in den Bundestag einziehen, stattdessen bewirbt er sein neuestes Projekt: ein Sticker-Shop, mit menschenfeindlichen Motiven.

Zwischen Rechtsextremen und rechter Rhetorik

Beckamps Name tauchte in den Medien in letzter Zeit häufiger auf. Nicht zuletzt durch das von Correctiv aufgedeckte Treffen im vergangenen Dezember mit Mitgliedern der rechtsextremistischen Gruppierungen der „Jungen Tat“ und dem terroristischen „Blood & Honour“-Netzwerk der Schweiz, bei dem Beckamp gemeinsam mit der Parteikollegin Lena Kotré vorsprach. Beckamp und Kotré bestätigen die Teilnahme am Treffen im Nachhinein und schwärmen von der Atmosphäre. Die teilnehmenden Neonazis bezeichnet Beckamp als „anständig“ und „Schwiegersöhne“. Er sei sich mit den Teilnehmer*innen in fast allen Punkten einig gewesen. Wie auch schon bei dem Potsdamer Treffen – an dem Beckamp ebenfalls teilnahm – sprachen Kotré und Beckamp an diesem Abend über „Remigration“. „Remigration“ ist mittlerweile ein gefestigter Begriff der Neuen Rechten und wird als Euphemismus für millionenfache Vertreibung und Abschiebung genutzt – teils von deutschen Staatsbürger*innen. Dass der Begriff „Remigration“ mittlerweile fest gesetzt sei, nimmt Beckamp als positiv wahr und sieht darin einen „Vorteil“ für die rechte Szene.

Nicht ganz so „Nette Aufkleber“

In einem kürzlich veröffentlichten Video auf Instagram und TikTok über das Profil „Nette Aufkleber“, wirbt Roger Beckamp für die gleichnamige Website im Netz. Sticker mit der Aufschrift „Remigration“ findet man in dem Shop wie auch andere rassistische Motive: so etwa Aufkleber mit der Aufforderung „Gruppenvergewaltiger/Messermänner go home“ – mit arabischer Übersetzung. Darüber hinaus werden dort zahlreiche Sticker mit dem Wording „alles für…(z.B. Thüringen oder Sachsen)“ in Anlehnung an die NS-Parole „alles für Deutschland“ beworben. Ein Blick ins Impressum bestätigt das, was ohnehin schon durch die Social-Media-Profile der Sticker-Seite angedeutet wurde: Die Seite läuft über Beckamps Namen. Ein Bundestagsabgeordneter verkauft offen rassistische, hetzerische und hasserfüllte Sticker – bisher ohne Konsequenzen.

Netzwerke der Hetze? Beckamp, Kachel und KI-Propaganda

Es scheint, dass viele der Sticker-Motive mithilfe künstlicher Intelligenz generiert wurden – eine Methode, die Rechtsextreme mittlerweile erfolgreich nutzen, um ihre Ideologie zu verbreiten. Auf eine Anfrage an den Shop, antwortete der Support, dass die Seite die Motive von „guten Leuten“ machen lassen würde.

Ein Sticker-Motiv mit der Aufschrift „Remigration – schützt deutsche Frauen“ verwendet etwa das direkte Motiv des Accounts „Wilhelm Kachel“. Jene Betreiber*innen posten hauptsächlich völkisch-rassistische Memes auf Social-Media. Deren Motive von „Patria Laden“ vertrieben werden.  Beckamp verkauft auf seiner Sticker-Seite nicht nur Motive in Kooperation mit „Wilhelm Kachel“, sondern verteilte ebenso Sticker von „Patria Laden“ vor dem Bundestag. Auch der Account „Wilhelm Kachel“ schwärmt regelmäßig von Beckamp.

Wem das Profil Wilhelm Kachel gehört, ist unklar. Doch es deutet einiges darauf hin, dass der Account in Zusammenhang zu der Tannwald Media UG steht. Die Tannwald Media UG gehört dem rechtsextremen Aktivisten Alexander Kleine, einer Schlüsselfigur nicht nur für die Identitäre Bewegung, sondern auch für die rechte Medienlandschaft. Im Sommer des vergangenen Jahres produzierte die Tannwald Media UG im Auftrag der Jungen Alternative eine mit KI umgedichtete Version des Hits der Atzen „Das geht ab (wir feiern die ganze Nacht)“. Im neuen Song heißt es „Hey, das geht ab, wir schieben sie alle ab.“ Die AfD feierte ihren Wahlerfolg zur vergangenen Landtagswahl mit eben diesem Song. Das dazu veröffentlichte Musikvideo ist ebenfalls vollständig KI generiert. Ähnlich wie bei den Posts von „Wilhelm Kachel“, ist die Darstellung der Personen im Video blond nach völkischem Vorbild. Nach dem Eklat um die Wahlparty der AfD in Brandenburg, kündigte die Tannwald Media UG weitere AfD-Aufträge an.

Vom Abgeordneten zum rechten Influencer: Rollenwechsel bei Beckamp?

Eins ist sicher: Zur nächsten Legislaturperiode wird Beckamp nicht mehr im Bundestag sitzen. Der Landesvorstand der AfD Nordrhein-Westfalen verwehrte ihm die erforderliche Unterschrift für seine Wahlkreiskandidatur. Begründen tut der Landesvorstand dies mit parteischädigendem Verhalten und mangelnder parlamentarischer Arbeit seitens Beckamp.

Vermutlich wird Beckamp seinen Fokus wohl demnächst vollständig auf seine Karriere als „Influencer“ der rechten Szene legen und über die sozialen Medien als verlängerter Arm der AfD-Propagandamaschine fungieren. In welche Richtung sein Content geht, zeigt sich schon jetzt auf seinem Profil und dem „Nette Aufkleber“ Account.

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