Von Marc Latsch
Der Niederbayer Sascha Roßmüller engagierte sich bereits Anfang der 19 90er-Jahre erstmals in der rechtsextremen Szene. 1991 war er Gründungsmitglied des „Nationalen Blocks“, einer auf Bayern beschränkten Organisation, die bereits zwei Jahren später wieder verboten wurde. Sein erstes politisches Engagement zeugte also gleich von einem enormen Maß an Radikalität. So sehr, dass auch Roßmüller selbst die damalige Zeit „inzwischen durchaus auch mit kritisch-differenziertem Blick“ sieht – wenn man der Selbstdarstellung auf seiner Website glaubt. Ab 1996 war Roßmüller Mitglied der NPD und Mitglied im Bayrischen Landesvorstand der NPD-Jugendorganisation JN. Er fasste somit innerhalb der Partei erstmals Fuß. Drei Jahre später folgte er eben jenem Holger Apfel als JN-Bundesvorsitzender, den er nun auch im NPD-Vorsitz ablösen könnte.
„Dereinst werden andere in Nürnberg hängen“
Die damalige Wahl Roßmüllers beim JN-Kongress in Klingenberg unterstrich für den Verfassungsschutz die neonazistische Ausrichtung der Organisation. Bei seiner Antrittsrede kündigte der neue Vorsitzende auch gleich einen sozialrevolutionären Kurs an. Ein weiteres Indiz für die damalige Radikalität Roßmüllers ist ein ihm zugeschriebenes Zitat aus eben jener Zeit. Anlässlich einer Demonstration soll er den politischen Gegner mit der Äußerung „Dereinst werden andere in Nürnberg hängen“ bedroht haben. Im späteren Verlauf seiner Parteikarriere bemühte sich Roßmüller dann allerdings zunehmend um seine Imagepflege. Von 2006-2009 bekleidete er das Amt des stellvertretenden NPD-Parteivorsitzenden und kandidierte 2008 als NPD-Spitzenkandidat für den bayrischen Landtag. Hier präsentierte er sich betont moderat und provozierte auf dieser Grundlage sogar einen Eklat in einer Wahlkampfsendung des Bayrischen Rundfunks (BR). Aus Protest über den unkritischen Umgang des BR mit dem NPD-Spitzenkandidaten verweigerte ÖDP-Spitzenkandidat Bernhard Suttner, die Ziele seiner Partei widerzugeben, und verließ vorzeitig das Studio. Schließlich erreichten die „Nationaldemokraten“ einen Stimmenanteil von 1,2 %.
Im Umfeld der „Bandidos“
2010 wurde im Zuge behördlicher Ermittlungen bekannt, dass Roßmüller seit dem Vorjahr Mitglied im Regensburger Chapter der „Bandidos“ war. Diese Information löste Diskussionen in der rechtsextremen Szene über den Umgang mit ihm aus. Vielfach wurde die Frage gestellt, ob die Mitgliedschaft in einem „gesetzlosen“ Rockerclub mit den Grundprinzipien der Sicherheit und Ordnung, wie sie die NPD propagiert, vereinbar ist. Die Aufregung flaute jedoch bald wieder ab. Roßmüller gehört bis heute der lokalen Führungsszene der „Bandidos“ an. Von Bedeutung war allerdings eine Messerstecherei in Straubing an Weihnachten 2010. Bei einer Auseinandersetzung zwischen den „Bandidos“ und dem „Gremium MC“ wurden zwei Personen schwer verletzt. Zwar hüllten sich alle Beteiligten in Schweigen, doch durfte das Landratsamt die damaligen Ermittlungen in einem anderen Fall heranziehen. Roßmüller war nämlich zwischenzeitlich als Mitinhaber einer Sicherheitsfirma auch im Besitz eines Waffenscheins. 2013 wurde ihm allerdings die Bewachungserlaubnis entzogen, da er „die körperliche Unversehrtheit anderer nicht absolut respektiert und Akte der Selbstjustiz gegen Personen im Rockermilieu unterstützt“.
Gemäßigter Bildungsbürger
Vielleicht auch im Zuge der Enthüllungen zu seiner Person musste Roßmüller bei seiner zweiten bayrischen Spitzenkandidatur erhebliche Verluste verdauen. Nur noch 0,6 % der Wähler gaben der NPD ihre Stimme, die somit deutlich die Hürde zur staatlichen Parteienfinanzierung verpasste. Zuletzt war Roßmüller als „Parlamentarischer Berater für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr“ bei der sächsischen NPD-Landtagsfraktion aktiv, die er auch im Wahlkampf tatkräftig unterstützte. Nach dem verpassten Wiedereinzug in den sächsischen Landtag muss sich Roßmüller nun wohl eine neue Tätigkeit suchen. Glaubt man seinem Internetauftritt, wird er die Zeit wohl zunächst mit intensiver Lektüre verbringen. Dort stilisiert er sich als gemäßigter Bildungsbürger, nennt Lesen seine Leidenschaft und verbreitet Buchempfehlungen. Als politische Literatur empfiehlt Roßmüller dort unter anderem Thilo Sarrazin, Peter Scholl-Latour, aber auch SPD-Politiker Hermann Scheer. Sollte ihm im Lesesessel dann doch einmal langweilig werden, wartet ja vielleicht bald schon die Folgeverwendung als NPD-Bundesvorsitzender auf den Bayern.
Ergänzung 24.10.2014
NPD-Vize bei Rocker-Razzia verhaftet
Mit einem koordinierten Schlag geht die Polizei in Niederbayern gegen die örtliche Rockerszene vor. Unter den Verhafteten sind mehrere Bandidos. Er soll vor vier Jahren in eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden Rockergangs verwickelt gewesen sein, nun sitzt der stellvertretende bayerische Landesvorsitzende der rechtsextremen NPD, Sascha Roßmüller in Untersuchungshaft. Das teilte die Staatsanwaltschaft Regensburg (Außenstelle Straubing) auf Anfrage der Mittelbayerischen Zeitung mit. Das Mitglied der Bikerbande Bandidos sei im Dezember 2010 mit mehreren Rockerkollegen vor das Straubinger Vereinslokal einer anderen Gruppe gezogen. Während der darauffolgenden Auseinandersetzung zwischen den Gruppen seien zwei Personen verletzt worden. Sie wiesen Stich und Schnittwunden auf. Die Staatsanwaltschaft wirft dem heute 41-Jährigen nun vor, daran beteiligt gewesen zu sein (mittelbayerische.de, Sueddeutsche.de, Spiegel online). Daraufhin hatte sich Roßmüllers Kandidatur für den NPD-Vorsitz auch erledigt. Gewählt wurde dann am 01.11.2014 Frank Franz.