In einer Telegram.Chatgruppe namens „Dresden Offlinevernetzung“ haben sich radikalisierte Impfgegner:innen über Anschlagspläne ausgetauscht. Enttarnt wurde die Gruppe von einem Team des ZDF-Magazins Frontal. In Sprachnachrichten planten die „Querdenker:innen“, Impfteams und Polizist:innen anzugreifen und den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer zu erhängen. Nach den Frontal-Recherchen wurde auch die sächsische Polizei aufmerksam und durchsuchte fünf Objekte, hauptsächlich Wohnungen, in Dresden und eines in Heidenau wegen des Verdachts der Planung einer schweren staatsgefährdenden Straftat. Bei den Durchsuchungen wurden offenbar Armbrüste gefunden, sowie „Waffen und Waffenteile“, bei denen jetzt geprüft wird, ob sie einsatzfähig sind. Einige der Beschuldigten haben gute Kontakte zu AfD und Pegida.
Zeit Online berichtet etwa über Sebastian Pierre A., der unter seinem Klarnamen Mitglied der Chatgruppe war, sein Profilbild, ein Wehrmachtssoldat. Laut der Zeitung ein „stadtbekannter Neonazi“. Der Frührentner stand schon mehrfach wegen rassistischer Beleidigungen und Schmierereien vor Gericht. Etwa 2018, nachdem er eine 25-Jährige Frau in Begleitung ihrer zwei Kinder (damals drei und sechs) als „Moslem-Schlampe“ und „Sozialschmarotzerin“ beschimpft haben soll. Filmaufnahmen belegen, dass A. regelmäßig Pegida-Demos besucht hat. „Auf seinem Plakat hielt er Merkels – blutverschmierte – Raute in den sächsischen Himmel und gab Interviews“, berichtet die Sächsische Zeitung. Zumindest versucht A. das, wie zum Beispiel in einem Video von Report Mainz zu sehen ist.
Eng verbunden ist A. aber auch offenbar mit der AfD in der sächsischen Landeshauptstadt. Am 13. Februar 2020 war A. einer der Kranzträger der AfD-Stadtratsfraktion bei einer umstrittenen Gedenkveranstaltung zu den Bombenangriffen auf Dresden auf dem Heidefriedhof.
Offenbar las er dort auch Namen von Opfern vor. Zwei Tage später, am 15. Februar, nahm er dann an einer Neonazi-Demo mit gleichem Anlass teil.
Sehr gut mit AfD und Co vernetzt ist auch ein weiterer Beschuldigter aus der radikalisierten Telegram-Terrorzelle: Jürgen S. Der 64-Jährige ist offenbar seit Jahren bei einschlägigen Demos unterwegs und gut bekannt mit unterschiedlichen AfD-Größen.
Fotos zeigen ihn etwa auf Pegida-Demos mit einer Spendebüchse für die rechtsextreme Kampagnenagentur „Ein Prozent“. Immer wieder nahm S. an Aktionen aus dem Pegida-Umfeld teil. Dabei ist es kein Wunder, dass die Aktivitäten von S. so gut mit Fotos dokumentiert sind. Offenbar sucht der Mann die Öffentlichkeit. Bei der großen rechtsextremen Demo in Chemnitz, im August 2018, trägt er in der ersten Reihe ein Fronttransparent, später steht er samt Deutschlandflagge auf der Bühne.
Genauso wie Telegramkumpel Sebastian A. besuchte auch Jürgen S. die Neonazidemo zum Gedenken der Bombardierung Dresdens. Aber offenbar war er auch im Umfeld von „Querdenken“ aktiv. So organisierte er offenbar eine Busreise zu einer der großen „Querdenken“-Demos in Berlin.
Und auch mit AfD-Vertreter:innen ist S. gut verbunden. Etwa mit Andreas Harlaß, Pressesprecher der AfD Sachsen und der Fraktion im sächsischen Landtag. Der Rechtsaußen-Politiker postete 2019 Fotos, auf denen er Arm-in-Arm mit S. posiert und sich für „den schönen Abend und die versprochene Wahlkampfhilfe“ bedankt.
https://twitter.com/w_teupher/status/1471198470598017025/
Ein anderes Foto zeigt ihn neben Harlaß zusammen mit André Wendt (AfD), dem sächsischen Landtagsvizepräsidenten, und Maximilan Krah, einem EU-Abgeordneten der rechtsradikalen Partei. Distanzierungen vom Gewalt sucht man bei den Rechtsradikalen vergeblich. Andreas Harlaß etwa twittert sich selbst zum eigentlichen Opfer und relativiert den geplanten Terror: „Wie viele Razzien gab es eigentlich schon nach Angriffen auf AfD-Politiker? ‚Morddrohungen‘ im Netz hat wohl schon jeder erhalten, der für ein AfD-Mandat kandidierte. Ich übrigens auch.“ André Wendt wettert in den sozialen Medien weiter über die Maßnahmen zur Eindämmung von Covid und äußert sich überhaupt nicht zu der Terrorgruppe, mit deren Mitglied er posiert hat. Und auch Krah, früher noch Arm-inArm mit Jürgen S., versucht sich auf Facebook nur in Außenpolitik. Zu den Terrorplänen aus Dresden hat er nichts zu sagen,
Dass die „Querdenken“-Bewegung radikalisiert und gewaltbereit ist, war für Beobachter:innen der Szene schon lange klar. Genauso deutlich waren von Anfang die Verbindungen ins rechtsextreme Milieu. Neonazis, Holocaustleugner:innen und andere Rechtsextreme wurden seit Beginn der Bewegung nicht nur geduldet, sondern sogar willkommen geheißen und hofiert. Noch ist wenig über die anderen Mitglieder der Dresdener Telegram-Gruppe bekannt.
Doch jetzt schon wird deutlich, wie gefährlich die Verbindungen der verkappten Terrorist:innen ins rechtspopulistische bis rechtsextreme Milieu des Freistaats sind. Mitglieder einer Gruppe, die eine Hinrichtung des Ministerpräsidenten plant, die offenbar schon Waffen gesammelt und Treffen veranstaltet haben, sind selbstverständlicher Teil dieser Szene. Und mittendrin steckt die AfD.