Mut, Freude, Solidarität, Vielfalt, Gemeinschaft, happy: Das sind Worte, die häufig fallen im Gespräch mit Manja Gruhn und Stefanie Schwerk vom Bündnis Happy Monday aus Bautzen. Es sind Worte, die die Happy Mondays tragen und das Konzept, auf das sich das breite Bündnis aus über 50 Organisationen aus Bautzen einigen kann. Zwar geht es um die Auseinandersetzung mit Demokratie, Rechtsextremismus und der Spaltung der Gesellschaft, im Mittelpunkt stehen aber der Spaß und das Glück. Die Demokratie und die offene Gesellschaft passieren dabei fast ganz nebenbei.
Von der Idee zur Umsetzung
Bautzens Stadtleben ist geprägt durch den demokratieverdrossenen Teil seiner Bürger*innen. Vor allem seit der Corona-Pandemie gehören Montagsdemonstrationen, auf denen sich Anhänger*innen von Verschwörungserzählungen und Rechtsextreme treffen, zum Alltag. Für immer mehr Bautzner*innen ist diese Atmosphäre einschüchternd, offen für Vielfalt und Demokratie einzustehen ist für viele mit Angst verbunden. Und genau hier setzen die Happy Mondays an: Im öffentlichen Raum soll ein anderes Bild entstehen.
Die Planung dafür ist intensiv, seit Herbst 2023 trifft sich das immer größer werdende Bündnis zweimal wöchentlich, handelt Ziele und die genauen Programmpunkte aus. Dabei stehen breite Beteiligungsmöglichkeiten im Mittelpunkt. Alle sollen mitmachen dürfen. Trotz oder gerade wegen der vielen beteiligten Akteure eine große organisatorische Aufgabe. Das Bündnis möchte an neun aufeinanderfolgenden Montagen glückliche „happy“ Veranstaltungen planen und Brücken schlagen, statt neue Gräben zu ziehen. Als Gegenbild zu den Montagsmahnwachen soll eine offene Kunst- und Kulturveranstaltung entstehen. Durch die Happy Mondays soll die vielfältige Stadtgesellschaft Bautzens sichtbar gemacht und zusammengebracht werden. Kurz gesagt: Bautzner*innen sollen Spaß statt Angst haben. Die Happy Mondays sind eine Kulturveranstaltung, die das Miteinander stärkt – damit auch Menschen teilhaben können, die sich sonst nicht trauen, sich im öffentlichen Raum zu positionieren.
So happy waren die Montage
Am 8. April 2024 fand der erste Happy Monday statt. Mit Konzerten, Silent Discos, Poetryslams, verschiedene Workshops, Tanzgruppen und sogar Speed-Dating war im Laufe der Zeit für fast alle etwas dabei. Manja Gruhn und Stefanie Schwerk erzählen stolz, dass sich viele diverse Gruppen aus Bautzen trauen, die Veranstaltung zu besuchen. Und das ist keine Selbstverständlichkeit. Vom Baby zur Rentnerin, von Familien zu Jugendlichen mit Migrationsgeschichte bis zur ukrainischen Community seien alle vertreten gewesen. Sie selbst hätten nicht erwartet, dass das Angebot so gut angenommen werden würde, zwischen 200 und 500 Teilnehmende zählen sie an den verschiedenen Montagen.
Das Ziel Freude und Zusammenhalt zu stiften klappt, die Stimmung ist gut und durch die Regelmäßigkeit der Veranstaltungen sehen sich Menschen immer wieder, sogar Freundschaften entwickeln sich. Es gelingt, die vielfältige demokratische Stadtgesellschaft von Bautzen zu stärken, eine gute Basis, für alles, was eventuell noch folgen wird.
Trotz allem muss die Veranstaltung von der Polizei abgesichert werden. Vom Rand aus werden die Happy Mondays von Störer*innen und Neonazis beobachtet. Ein Umstand, der die Aufrufe zu den Happy Mondays erschwert, wie Schwerk erzählt. Teilnehmende darauf hinzuweisen, auf ihre Sicherheit zu achten und trotzdem zum Besuch zu motivieren, das ist ein Balanceakt. Auch die Ausrichtung als Kulturveranstaltung statt eines allein politischen Events kann nicht verhindern, dass sich einige Bautzner*innen nicht zu den Happy Mondays trauen. Trotzdem, fügt Gruhn an, sei es wichtig zu zeigen, dass so etwas in Bautzen geht. Und die Happy Mondays werden zum Erfolg.
Warum hat es so gut geklappt?
Das Besondere war das breite Bündnis bis in die bürgerliche Mitte. Insgesamt 50 Initiativen, Vereine und Einzelpersonen haben die Happy Mondays organisiert. Das und der positive Bezug darauf, wie sich Stadtgesellschaft vorgestellt wird, überzeugt viele mitzumachen.
Um das Bündnis zusammenzuhalten, einigen sich die Organisator*innen auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, die Demokratie. Außerdem war es hilfreich, dass das vom Kulturzentrum Steinhaus entwickelte Konzept als Grundidee schon im Vorhinein feststand und es in Bautzen schon einige Netzwerke gab, an die man anknüpfen konnte. Auch eine straffe Moderation hätte geholfen, wie Manja Gruhn lachend erklärt. Was Happy Monday zudem schafft, ist ein guter Auftritt in den sozialen Medien, der sei wichtig gewesen.
Manja Gruhn freut sich über den Erfolg der Montage: „Es gibt jetzt tatsächlich diese sehr aktive Community, die sich auch zu vielen anderen Themen fernab der Happy Mondays regelmäßig informiert und zusammen Dinge macht. Dass es ein Schneeballprinzip außerhalb dieser eigentlichen Veranstaltungen gab. Darauf bin ich stolz.“ Am meisten berührt habe sie die Rückmeldung von People of Color, dass sie noch nie so glückliche Menschen in Bautzen gesehen hätten und sie sich freuen, einfach dabei sein zu dürfen. Schwerk ergänzt: „Und Jugendliche, die merken, dass es auch coole Erwachsene in Bautzen gibt.“
Jeder Tag kann ein Happy Monday sein
Manja Gruhn und Stefanie Schwerk sind entschlossen: Happy Monday soll weitergehen. Wie genau das aussehen soll, das können sie selbst noch nicht beantworten, aber: „Theoretisch kann ja jeder immer einen Happy Monday haben“, so Gruhn. Sie möchte auch weiterhin regelmäßig Aktionen und Veranstaltungen ins Leben rufen, die durch viel Beteiligung aus der breiten Stadtgesellschaft umgesetzt werden. Auch Schwerk sieht Happy Monday als einen Prozess, der weitergeht. Man müsse schauen, „wer sich noch ärgern lasse.“ Sie lacht und erklärt: „Was ich wirklich absurd fand, die ganzen zehn Montage hindurch, dass man manche Menschen einfach nur mit Freude und Vielfalt und Farbe und glücklich sein und lächeln so provozieren kann.“ So solle der Fokus auch weiter auf dem Positiven bleiben, dem Für statt einem Dagegen, und auf weniger meckern und stattdessen etwas zusammen machen.
Denn, das bekräftigt Manja Gruhn, zivilgesellschaftliches Engagement sei notwendig, aber nicht nur das. Vor allem auch Politik und Verwaltung würden in Verantwortung stehen. Die Zivilgesellschaft könne Impulse setzen, aber sicher nicht alles lösen, denn „Gesetze macht die Politik“. Sie wünscht sich deshalb mehr Augenhöhe zu Politik und Verwaltung, mehr Gehör und mehr Sichtbarkeit. Es sei ein gemeinsames Werteverständnis nötig und außerdem Mut in der Zivilgesellschaft genauso wie auch in Politik und Verwaltung. Schwerk bestätigt: „Das Wörtchen Mut hat uns getragen: aus Angst Mut zu machen.“
Es ist das, was auch die Demokratie braucht, so Manja Gruhn: „Ja, Mut zu allem. Mut zu den demokratischen Werten zu stehen, da jeden Tag drüber zu reden. Die Kraft zu haben, am Küchentisch sitzend mit den Eltern, Großeltern immer wieder Gespräche zu führen, solche Veranstaltungen zu machen, die Gespräche mit Politiker*innen nicht zu scheuen, das zu probieren.“