Wenn Nazis Jahrestage von alliierten Bombenabwürfen als Demonstrationsanlässe wählen, ist es dabei völlig egal, dass Deutschland einen Angriffskrieg begonnen hat, der Tod und Terror durch SS-Einsatzgruppen und deutsche Wehrmachtseinheiten über ganz Europa brachte. Allein 27 Millionen Opfer gab es in der ehemaligen Sowjetunion, zu einem Großteil Zivilisten – getötet durch deutsche Soldaten. Ein mörderischer Angriffskrieg, der zudem die Vernichtung eines Großteils der europäischen Juden ermöglichte.
Angesichts dieser einmaligen deutschen NS-Verbrechen geben sich die Nazis seit Jahren redlich Mühe, auch Deutsche irgendwie als Opfer zu stilisieren und inszenieren einen ?Trauermarsch? nach dem anderen. Zum Glück stößt dies in Lübeck schon seit Jahren auf massiven Widerstand.
So organisiert seit dem Beginn der jährlichen Aufmärsche 2006 ein erfreulich breites Bündnis aus antifaschistischen Gruppen, Kirchen und Parteien unter dem Titel ?Wir können sie stoppen? Gegenaktionen. Mehrfach wurde der Nazi-Aufmarsch gestoppt oder massiv behindert, lediglich ein massives Polizeiaufgebot konnte in den vergangenen Jahren die Durchführung sichern.
Mit dem Rückenwind der erfolgreichen Verhinderung des Aufmarsches in Dresden am 13. Februar diesen Jahres, geben sich die antifaschistischen Blockierer optimistisch: „Wir können sie stoppen.“
So schreiben etwa Basta! und Avantizur in einer Mobilisierung zu den Blockaden am Samstag: „Der Erfolg von Dresden zeigt uns: Es ist möglich, sogar sehr große Naziaufmärsche zu stoppen. Wichtig ist die massenhafte Beteiligung, die offene und vorbehaltlose Zusammenarbeit von antifaschistischen Gruppen sowohl mit anderen Linken als auch mit bürgerlichen Gruppen, eine verlässliche Aktionsvereinbarung und schließlich die Entschlossenheit, den gemeinsamen Blockadeplan in die Tat umzusetzen. Genau das haben wir uns in diesem Jahr für Lübeck vorgenommen: Wir machen es wie in Dresden!“
Gegen den deutschen Opfermythos
Glücklicherweise ist die Situation in Lübeck anders, als sie es in Dresden lange Jahre war. Eine entwickelte Gedenkkultur bürgerlich-konservativer Kreise gibt es kaum, so dass die Propaganda der Nazis vom ?Bombenterror? ins Leere läuft. Die breit unterstützte Gedenkveranstaltung am 27. März gilt explizit den vom Lübecker Bahnhof aus deportierten Jüdinnen und Juden. Von diesen waren bis 1939 über die Hälfte ausgewandert oder auf der Flucht. Die 203 verbliebenen Jüdinnen und Juden wurden teils am 6. Dezember 1941 mit einem Transport von 90 Personen in das Konzentrationslager Jungfernhof bei Riga verbracht; die letzten Transporte gingen 1942/43 in das Ghetto Theresienstadt. Nur drei Personen überlebten Deportation und Lager. Das Gedenken dieser Schicksale ist wichtig und mit ein Ergebnis der antifaschistischen Arbeit der letzten Jahre.
Nazis blockieren
Die Initiativen verwehren sich gegen das Argument, Nazis seien nun einmal nicht verboten und hätten deswegen auch das Recht zu demonstrieren. „Das Ziel der Nazis ist die Wiedererrichtung einer faschistischen Diktatur, die Wiederholung von mörderischer Unterdrückung, von Krieg und Völkermord. Über den Faschismus, den Rassismus oder Antisemitismus kann nicht diskutiert, gestritten oder abgestimmt werden. Es handelt sich um politische Verbrechen, die auch heute längst wieder ihre Opfer fordern. Mehr als 140 Menschen sind in den letzten beiden Jahrzehnten durch Neonazis in Deutschland umgebracht worden,“ so der Aufruf.
Informationen über Treffpunkte, Organisatorisches, den aktuellen Stand gibt es hier:
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