„Ein Prozent“ inszeniert sich auf ihrer Homepage als „Graswurzelorganisation“, deren inhaltlicher Aufhänger die angebliche „Flüchtlingsinvasion oder auch Asylkatastrophe“ ist. Sie wollen die „Auflösung der Rechtsordnung und der Staatlichkeit Deutschlands“ durch eine „aufgezwungene Willkommenskultur“ und „die Lügen der Politik und Medien“ verhindern. Deren Aufgabe sei es, zu „dokumentieren, vernetzen, recherchieren und klagen“. In ihrer Selbstbeschreibung bezeichnet sich das Projekt als „professionelle Widerstandsplattform für deutsche Interessen“ und ist auch personell eine Schnittstelle für zahlreiche rechte Spektren. „Ein Prozent“ ist als Gemeinschaftsprodukt der Neuen Rechten aus Österreich und Deutschland einzustufen.
Der Soziologe und Sozialarbeiter Jerome Trebing, bekannt als Fachexperte mit Schwerpunkt Neue Rechte, hatte „Ein Prozent e.V.“ nun medienrechtlich verklagt, nachdem diese ihn im Oktober letzten Jahres mit einer Attacke auf das Hausprojekt der „Identitären Bewegung“ in Halle (Kontrakultur) in Verbindung gebracht hatten. Mit über 10.000 Tweets über Strukturen, Vernetzung und Einschätzungen der Identitären Bewegung betreibt Trebing mit vier weiteren erfolgreich das Recherchekollektiv „Mensch Merz“ auf Twitter. Regelmäßig referiert er auch über Themen der Neuen Rechten, vor allem über die „Identitäre Bewegung“, seine Vorträge sind in sowohl in Österreich, als auch in Deutschland gefragt.
Buttersäure-Anschlag auf das IB-Haus in Halle
Einen Tag nach einem Vortrag zur „Identitäten Bewegung“ in Halle, wurde das identitäre Hausprojekt in der Adam-Kuckhoff-Straße mit Steinen und Buttersäure angegriffen. In dem Artikel auf der „Ein Prozent“-Website „Anschlag in Halle: Die geistigen Brandstifter“ vom 26.10.2017, wurde Trebing neben einem Bild von ihm, als „geistiger Brandstifter“ und „digitaler Hassprediger“ bezeichnet. Auch seine Arbeit als freier Referent wurde in dem Artikel durch den Verweis auf vermeintliches Halbwissen und Falschaussagen angegriffen.
Darüber hinaus mutmaßte man über seine Beteiligung an der Sachbeschädigung des Hauses und weitere Taten. Der Artikel wurde von Rechtspopulisten und -extremen vielfach geteilt. Auch der im selben Haus wie die „Identitäre Bewegung“ ansässige AfD Abgeordnete Hans-Thomas Tillschneider hatte den Artikel verbreitet.
Es folgten Hasskommentare, Beschimpfungen und Morddrohungen. Neben weiteren Bildern, wurde auch die Arbeitsadresse von Trebing veröffentlicht. An der Tür der sozialen Einrichtung, für die er arbeitete, klebten wiederholt rechte Sticker. Er entschied daraufhin eine berufliche Auszeit zu nehmen, um die Einrichtung nicht weiter zu gefährden. Im Wiener Landesgericht für Strafsachen versuchte der Anwalt der Angeklagten, anhand zahlreicher eingebrachter Social Media Beiträge des Klägers, die unhaltbaren Behauptungen des Artikels zu untermauern und Trebing in seiner politischen Arbeit und Zielen zu kriminalisieren. Nach Angaben der Richterin wurde das Material erst einen Tag vor dem Prozess eingereicht. Damit sollte ein gewisses Bild von Trebing konstruiert werden, gab die Anwältin des Klägers zu bedenken. Die Richterin war wenig begeistert von der Kurzfristigkeit der Einreichung und überlegte zu Beginn des Verfahrens laut darüber, ob sich dahinter eine Taktik verberge.
Der Verteidigung war wohl bereits im Vorfeld klar, dass der Artikel nicht weiter so stehen bleiben würde, denn in der weiteren Erörterung ergab sich nichts stichhaltiges, was die schwerwiegenden Behauptungen gestützt hätte. Die Richterin kommentierte dies trocken damit, dass sie schon verstanden habe, das Herr Trebing kein SPÖ Mitglied sei, sondern eher links davon stehe. Im Plädoyer wies die Vertreterin des Klägers noch einmal deutlich auf die Taktiken neurechter Akteure hin, politische Gegner_innen mit Kampfbegriffen und Anschuldigungen zu verleumden. Ziel solcher Artikel ist es, Antifaschismus zu diffamieren, indem dieser mit Gewalttaten in Verbindung gebracht wird. Über die individuelle Bedrohung und Beleidigung hinaus, führt dies zu Einschüchterung und Abschreckung. Die Angeklagten, nur durch ihren Anwalt beim Verfahren vertreten, wurden für schuldig befunden. „Ein Prozent“ soll wegen übler Nachrede 3.000 Euro Entschädigung zahlen, eine Gegendarstellung veröffentlichen und die Verfahrenskosten tragen. Begründet wurde die Strafe von 3.000€ damit, dass der Artikel keine kritische Auseinandersetzung und Kriterien der journalistischen Sorgfalt einhalte, sondern mit Unterstellungen gegen den Kläger Hetze anfache.
Ähnliches Verfahren gegen „Info.direkt“
„Ein Prozent“ geht nun in Berufung, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Für Trebing und seine Anwältin könnte das ausgesetzte Urteil richtungsweisend sein, denn gegen das vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes als rechtsextrem eingestuftes Magazin „Info.direkt“ läuft ein ähnliches Verfahren.