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Schwemmer, Günther

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Von Christoph Schulze

Die Neonazipartei NPD hat seit Jahren einen Vertreter in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung. Doch bis vor kurzem wusste niemand davon. Bei den Kommunalwahlen 2003 war der Kaufmann Günther Schwemmer für die ebenfalls rechtsextreme DVU im Stadtparlament gelandet – als Nachrücker für zwei DVUlerinnen, die auf ihr Mandat verzichtet hatten. Nun, da wieder Kommunalwahlen anstehen, kam fast beiläufig heraus: Seit 2006 ist Schwemmer Mitglied in der NPD. Bisher hatte der 46-jährige die Doppelmitgliedschaft verschwiegen, als ob solch ein Fakt gänzlich unwichtig wäre. ?Ich will erneut bei der Wahl zum Potsdamer Stadtparlament antreten. Deshalb musste ich meine NPD-Zugehörigkeit dem Kreiswahlleiter mitteilen?, erklärte Schwemmer kürzlich lapidar gegenüber der Tageszeitung Berliner Morgenpost. Weder in Veröffentlichungen der DVU noch auf Schwemmers privater Homepage finden sich Hinweise auf seine doppelte Parteiloyalität.

Seit Jahrzehnten ist Schwemmer in rechtsextremen Kreisen aktiv. Schon einmal, von 1980 bis 1993, war er nach eigenen Angaben Mitglied der NPD. Als 1998 die DVU mit 16 Abgeordneten in den Landtag von Sachsen-Anhalt einzog (und sich skandalträchtig nach kurzer Zeit selbst demontierte) fungierte Schwemmer als Pressesprecher der Fraktion. Er galt als ?Aufpasser? der Münchner DVU-Parteizentrale, der die unerfahrenen Neuabgeordneten auf Linie halten sollte. Vom Landtag in Magdeburg zog der politische Wanderarbeiter Schwemmer schließlich weiter ins brandenburgische Potsdam. In der dortigen DVU-Landtagsfraktion war er bis 2004 ebenfalls als Pressesprecher tätig. Zwischenzeitlich trat er auch als DVU-Geldgeber in Erscheinung. 1999 verzeichnete die rechtsextreme Partei eine Großspende in Höhe von 26.500 DM von Schwemmer.

Ein Bayer in der feinen „Preußischen Gesellschaft“

Schwemmer ist beruflich als Unternehmensberater tätig. Er gibt Adressen in Potsdam-Fahrland und im belgischen Eupen an und verweist stolz auf Engagements in Österreich, der Schweiz, in der Ukraine und Weißrussland. Nach eigenen Angaben ist Schwemmer zudem Mitglied der ?Preußischen Gesellschaft Berlin Brandenburg? ? obschon er selbst aus der bayerischen Oberpfalz stammt. Der Verein mit Adresse im Berliner Hilton-Hotel will ?gegen allgemeinen Werteverfall? und ?für eine geistige Erneuerung Deutschlands? wirken. Bei den Treffen treten immer wieder konservative Politiker auf ? aber auch mit bekannten Rechtsextremen wie dem Publizisten Hans-Dietrich Sander wird freimütig kooperiert. Ein weiterer Referent der ?Preußischen Gesellschaft?, der Russe Wladimir Daschitschew, war zuvor bereits als Referent direkt bei der DVU in Erscheinung getreten.

Viel Zeit für sein Mandat in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung blieb Schwemmer bei so vielfältigen Aktivitäten offenbar nicht. ?Kein einziger nützlicher Beitrag des gebürtigen Bayern zur Potsdamer Kommunalpolitik ist bekannt?, schätzt der Berliner Tagesspiegel Schwemmers parlamentarische Bilanz ein. Bis auf wenige Anfragen ist dieser als Verordneter nicht in Erscheinung getreten. Nur im Jahr 2006 sorgte er für Gesprächsstoff. In einem Gastbeitrag für die NPD-Parteizeitung ?Deutsche Stimme? erging sich Schwemmer in verbalen Ausfällen. Er bezeichnete die Teilnehmer von Antinaziprotesten als ?antideutsche Nationalmasochisten? und als ?Mischung aus ?nützlichen Idioten? der Kommunisten und anderer interessierter Kreise und einfach nur schwer psychisch Gestörte?. Obendrein rief er ?aufrechte deutsche Nationalisten? auf, am ?Heldengedenken für unsere Tapfersten und Tapferen ? unsere Helden der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS? teilzunehmen. Weniger brachial aber gleichermaßen radikal schrieb Schwemmer in weiteren Beiträgen für die NPD-Zeitung. Anfang 2007 schwärmte Schwemmer beispielsweise über den Syndikalisten George Sorel, dass dieser ?gegen die Doktrin der Menschenrechte? gedacht hätte und eine ?betont nationalistische und antijüdische? Publikation herausgab.

Billige Hetze gegen „Ausländer aus kulturfremdesten Gegenden“

Jetzt, wo bekannt ist, dass Schwemmer selbst ein NPD-Parteibuch hat, profiliert sich der DVU-Mann mit seiner Nähe zur NPD. Zur letzten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vor den Wahlen war der NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt bei Schwemmer zu Gast. ?Wir von der DVU Potsdam sind stolz darauf, einen Mann wie Udo Voigt einmal persönlich kennengelernt zu haben?, heißt es in einem Bericht. Voigt sei ein ?Politiker, wie ihn dieses Land dringend braucht?, ?ein Mann des Volkes?. DVU und NPD seien zwar verschiedene Parteien, aber sie eine, dass sie ?Politik zuerst für unser Volk? machten und sich gegen den ?allgegenwärtigen Multikulti-Affentanz? stellen würden.

Zum Abschluss ihres Wahlkampfs hat die DVU übrigens eine Kundgebung am 20. September in Potsdam angekündigt. Einer der Redner: Günther Schwemmer. In welche Richtung dort argumentiert werden wird, lässt sich anhand der Wahlkampf-Texte auf der Potsdamer DVU-Homepage schon erahnen. Als Folge der ?Überschuldungspolitik? der Stadt Potsdam nennt die Partei unter anderem, dass die Fensterscheiben von Bussen und Bahnen zerkratzt seien. Schuld daran seien, so legt es der DVU-Text wenig originell nahe, ?Ausländer aus kulturfremdesten Gegenden?, die in Potsdam siedeln und unangemessen reichlich aus der städtischen Kasse finanziert würden.


Zu den Brandenburger Kommunalwahlen am 28. September tritt die landesweit 250 Mitglieder zählende DVU neben Potsdam auch in den Landkreisen Prignitz, Barnim, Märkisch-Oderland, Oderspree, Oberspreewald-Lausitz, Elbe-Elster, Teltow-Fläming sowie Potsdam-Mittelmark an. Parallel dazu kandidiert die NPD in den meisten der übrigen Landkreise. Beobachter rechnen den beiden rechtsextremen Parteien gute Chancen aus, etliche Mandate gewinnen zu können.

Nachtrag:
Günther Schwemmer verstarb mit 46 Jahren am 26. Mai 2009 bei einem Autounfall.

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