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Seitenblick „Du kommst hier nicht rein!“

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Haben „nicht-deutsch“ aussehende Gäste die gleichen Chancen in die Disko zu kommen wie weiße Deutsche? Diese Frage stellte sich das ADB Sachsen gemeinsam mit dem StudentInnenRat der Universität Leipzig (StuRa) und entwickelte ein einfaches Testverfahren, um Antworten zu erhalten. Zwei Vergleichsgruppen, jeweils drei junge Männer, die ähnlich gekleidet waren, versuchten Einlass in die verschiedenen Clubs und Diskotheken der Stadt zu erhalten. Während die Gruppe der weißen Deutschen („Vergleichsgruppe“) überwiegend problemlos eingelassen wurden, wurde den drei Männern, die als „nicht-deutsch“ wahrgenommen wurden („Tester“), häufig der Eintritt verwehrt. In sechs von elf getesteten Diskos waren es rassistisch motivierte Ablehnungsgründe, auch wenn von den Türstehern „Alibi-Argumentationen“ vorgeschoben wurden.

Fadenscheinige Ausreden verschleiern den Rassismus

„Es ist verletzend und du fühlst dich wie ein Mensch zweiter Klasse. Du fragst dich, ob du in Leipzig wirklich willkommen bist“, sagt Abdulaziz Bachouri, Referent für ausländische Studierende im StuRa, einer der Tester. Auch wenn selten seitens der Security am Eingang direkt rassistisch argumentiert wird („Wir haben schon genug Ausländer drin“ oder „Es sind bereits zu viele von euch drin“), ist die rassistisch-motivierte Ablehnung häufig klar erkennbar. In den getesteten Leipziger Clubs zeigte sich dies daran, dass die Vergleichsgruppe eingelassen wurde, während die Tester abgewiesen wurden. Im „Club L1“ beispielsweise wurde den Testern der Eintritt verwehrt, weil sie angeblich zu schlecht angezogen waren. Die Vergleichsgruppe, die unmittelbar nach den Testern vor die Security trat, durfte passieren. Der Hinweis darauf, ebenso gekleidet zu sein, wie die zuvor Abgewiesenen, interessierte das Türpersonal nicht, auf Nachfrage lautete die Antwort, dass der „Club L1“ ein höherpreisiger Club sei, der auf sein Image achte und bestimmte Leute nicht hineinkämen.

Ähnlich erging es den Testern auch im „Alpenmax“. Die Testpersonen wurden mit dem Argument abgewiesen, nur Stammgäste hätten Zugang, die Vergleichsgruppe wurde trotz ihres Hinweises, zum ersten Mal ins „Alpenmax“ zu gehen, durchgewunken. Im „Nachtcafé“ wurde die Testgruppe einer umständlichen Ausweiskontrolle unterzogen und zwei Personen abgewiesen, da die Visa-Laufzeit der Pässe zu kurz sei. Ein Mann aus der Vergleichsgruppe konnte gar keinen Ausweis vorzeigen, erhielt aber dennoch Zugang zur Diskothek. Im „VelVet“ hieß der Grund für die Abweisung schlicht „darum“.

Fünf Schritte gegen die Diskriminierung

Die erschütternden Ergebnisse des Testings veranlassten das ADB Sachsen dazu, sich mit einer Presseerklärung an die Öffentlichkeit zu wenden. „Rassistische  Ausgrenzungen  sind  kein Kavaliersdelikt. Ebenso wenig sind Diskriminierungsbeschwerden pauschale Verurteilungen eines Clubs. Im Gegenteil, sie benennen einen konkreten Missstand, der beseitigt werden muss“ erklärt die Initiative. Nicht nur den Clubbetreibern fehle oft das Problembewusstsein, das ADB startete deshalb einen Aufruf, der „5 Schritte für einen diskriminierungsfreien Einlass“ vorschlägt. Darin wird beispielsweise eine Schulung des Einlasspersonals gefordert, außerdem die Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle. Clubgäste müssen über die Entscheidungskriterien der Security transparent und mehrsprachig informiert werden. Das ADB fordert zudem alle Clubbetreiber dazu auf, ein klares Bekenntnis zur Diskriminierungsfreiheit in die Hausordnung aufzunehmen. Die damalige Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, begrüßt den Aufruf des ADB Sachsen: „Rassistische Zurückweisungen an Diskothekentüren dürfen wir nicht hinnehmen. Sie sind nicht nur menschenrechtlich inakzeptabel, sondern verstoßen auch gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).Das AGG verbietet Diskriminierungen beim Zugang zu Diskotheken. Das muss allen bekannt gemacht werden und von den Zuständigen auch eingehalten.“

Strukturellen Rassismus bekämpfen

Das Problem rassistischer Einlasskontrollen ist dabei nur ein Glied in der langen Kette des alltäglichen Rassismus. Clubbetreiber argumentieren beispielsweise, aus ökonomischen Gründen zu handeln, ganz nach dem Motto „Zu viele Ausländer sind schlecht für’s Geschäft“. Die „deutschen“ Gäste würden wegbleiben. „Diese Begründung kann hinter vorgehaltener Hand viel Zustimmung finden. Sie ist eine eiskalte Form der Abwertung und Ausdruck strukturellen Rassismus“ heißt es beim ADB Sachsen. Diese vermeintlich ökonomischen Gründe erweisen sich zudem schnell als haltlos. Diskotheken müssten sicher nicht deshalb schließen, weil zu viele „nicht-deutsche“ Gäste tanzten. „Gehäuft auftretende Übergriffe und Belästigungen, die dem Image eines Clubs schaden, sind oftmals das Ergebnis von Trinke-viel-in-kürzester-Zeit-Animationen, schlüpfrigen Partythemen, sexistischer Werbung und einer unklaren Clubpolitik“, erklärt das ADB.

Klagen gegen sechs Leipziger Diskotheken

Im Anschluss an das Testing nahmen ADB und StuRa Kontakt zu den Diskobetreibern auf und baten um Stellungnahmen zu den Testergebnissen. „Die Reaktionen waren sehr unterschiedlich“, erklärt Daniel Bartel, Leiter der Beratungsstelle des ADB Sachsen: „Einige Clubs verweigern die Diskussion oder rechtfertigen ihre Praxis. Andere übernehmen Verantwortung und teilen das Ziel diskriminierungsfreier Einlasskontrollen“. In den Fällen, wo keine konstruktive Lösung  erreicht werden konnte, sahen die von der Diskriminierung Betroffenen keinen anderen Weg, als ihr Recht auf Gleichbehandlung vor Gericht durchzusetzen Sie klagen auf Unterlassung der Diskriminierung und auf Schadensersatz. Betroffen sind die sechs Leipziger Clubs „Alpenmax“, „City Club“, „L1“, „Nachtcafé“, „Nightfever“ und „VelVet“. Jakob Simon, der Anwalt der Kläger, erklärte: „Die Betroffen bedauern, dass dieser Schritt notwendig wurde. Es hat Angebote für eine außergerichtlich Lösung gegeben, bei denen die Betroffenen sogar auf ihre Schadensersatzansprüche verzichtet hätten.“ Simon betont, wie wichtig es ist, „eine Grenze zu ziehen und deutlich zu machen, dass es ein Recht auf Gleichbehandlung gibt, dem sich auch das Hausrecht unterordnet“. Die Klagen werden voraussichtlich im Frühjahr vor dem Leipziger Amtsgericht vereinbart.

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).

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