Im Vorfeld hatte es einige Verwirrungen um den Zeitpunkt der Islamisten-Demonstration gegeben. Eigentlich findet die Berliner „Al-Quds-Demonstration“ traditionell am ersten Samstag nach Ramadan statt. Da es den Organisatoren dieses Jahr allerdings nicht gelungen war, eine entsprechende Genehmigung für ihren Aufzug auf dem Berliner Ku’damm für den 19. September zu erhalten – unter anderem wegen des an diesem Tag stattfindenden Berlin-Marathons – verlegten sie ihren Aufzug auf den 12. September vor, da sie offenkundig unter allen Umständen auf dem gerade auch von Touristen bevölkerten Ku’damm marschieren wollen. Trotz entsprechender Auflagen zeigten Demonstrationsteilnehmer und auch Ordner Fahnen der terroristischen Hizbullah und Bilder des Hizbullah-Führer Nasralla, immer wieder wurde skandiert „Kindermörder Israel“ und auch Sprechchöre in Englisch und auf Arabisch wurden skandiert – ebenfalls im Widerspruch zu den polizeilichen Auflagen. Eine Reaktion seitens der Polizei auf diese Verstöße gab es nicht. Die Polizei duldete es auch, als ein Ordner der Islamisten auf der Höhe der Gegenkundgebung in deren Richtung den „Hitlergruß“ zeigte. Auf der Abschlußkundgebung der „Al Quds“-Demonstration gab es mindestens einen Redebeitrag auf Arabisch.
Eingepferchte und schikanierte Gegendemonstrant*innen
Wesentlich weniger kulant war die Berliner Polizei indes gegen die Teilnehmer*innen der Gegenkundgebung des Bündnisses „No Al-Quds-Tag“, dem unter anderem der Bildungsverein haKadima e.V., die Jüdische Gemeinde zu Berlin, die Green Party of Iran, die Deutsch-israelische Gesellschaft und die Amadeu-Antonio-Stiftung angehören. Die etwa 300 Teilnehmer der Gegenkundgebung mussten durch eine enge Schleusse gehen, in der sie, teilweise grob und im rüden Tonfall, durchsucht wurden. Mehreren Personen wurde von der Polizei ohne Angabe von Gründen die Teilnahme an der Kundgebung verweigert. Unmittelbar zu Beginn der Kundgebung wurde dem Kundgebungsleiter, dem Vorsitzenden von haKadima e.V. Jörg Fischer-Aharon, mitgeteilt, daß das Abspielen von hebräischen Liedern verboten ist. Sollte auch nur ein Lied in hebräischer Sprache abgespielt werden, werde, so die Drohung der Polizei, ein „unmittelbarer Zugriff auf die Lautsprecheranlage erfolgen“, was im Amtsdeutsch die Beschlagnahmung der Anlage bedeutet. Da sich das Verbot auch auf Plakate und Bilder bezog, wurde einem Teilnehmer untersagt, die Fahne Jersualems zu zeigen, auf der das Stadtwappen der israelischen Hauptstadt zu sehen ist und das den Schriftzug „Jersualem“ auf hebräisch enthält. Einem anderen Teilnehmer wurde erst nach langen Diskussionen erlaubt, mit seinem Plakat mit der Aufschrift „Free Gilad Shalit“ an der Kundgebung teilzunehmen. Doch nicht nur das Betreten, sondern auch das Verlassen der Kundgebung wurde erschwert, bzw. verweigert. So wollten der frühere Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Alexander Brenner, und Rabbiner Ben Chorim, die Kundgebung kurz vor ihrem Ende verlassen, was ihnen durch die Polizei verweigert wurde. Offensichtlich dienten die Gitter der Polizei nicht der Absperrung, sondern dem Einsperren der Kundgebungsteilnehmer.
Kundgebungsleiter Jörg Fischer-Aharon verweist in diesem Zusammenhang darauf, das ihm zu keinem Zeitpunkt ein Auflagenbescheid zugestellt oder übergeben wurde. Dies stelle, so Fischer-Aharon, einen massiven Eingriff in die Rechtsordnung der Bundesrepublik dar, da die Polizei ihm dadurch des Rechtes beraubt hat, gegen einen Auflagenbescheid oder gegen Teile des Auflagenbescheid Rechtsmittel einzulegen.
Fischer-Aharon: „Am 12. September 2009 hat die Berliner Polizei wieder damit begonnen, das öffentliche Abspielen jüdischer Lieder zu verbieten. Inwiefern das Verhalten der Polizei juristisch relevant ist – etwa hinsichtlich Strafvereitelung im Dienst in Bezug auf das Zeigen des „Hitlergrußes“ bei der Islamistendemonstration, oder hinsichtlich von Nötigungen hinsichtlich des Umgangs der Polizei mit den Teilnehmern unserer Kundgebung – muß nunmehr geprüft werden. Unabhängig hiervon bleibt aber festzuhalten, dass die Polizei in einer durch nichts begründeten Art und Weise unser Demonstrationsrecht willkürlich eingeschränkt hat. Dies kann und darf nicht ohne Konsequenzen für, bzw. seitens der dienstlich Verantwortlichen und des politisch Verantwortlichen Senators bleiben.“
Vor wenigen Tagen wurde in Bochum eine junge Frau zu einer Geldstrafe von 300 Euro verurteilt, weil sie in Sichtweite zu einer antiisraelischen Palästinenserdemonstration auf offener Straße eine Israelfahne gezeigt hatte.
Text: Hakadima
Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).