In einer Turnhalle in Berlin-Mitte. Es riecht nach Turnschuh und Linoleum. Doch keine cholerische Sportlehrerin jagt Schüler umher, keine Turnbeutelvergesser sind zu sehen. Dafür ist die Halle voll von Tänzern und Tänzerinnen, ein brasiliasches Musikensemble trommelt und flötet den Takt.
Der Verein Capoeira Angola e.V. probt in den Räumen des John-Lennon-Gymnasiums für die Straßenperformance ?Dance against racism?, die er mit seinen internationalen Teilnehmern am 1. und 2. August in der Berliner Innenstadt zeigen wird. Die Proben befinden sich in der Endphase. Noch einen Tag haben die Teilnehmer Zeit zum Üben. Die Gesichter wirken nach einer Woche Training, in denen acht Stunden pro Tag gearbeitet und diskutiert wurde, durchaus müde.
Aber tanzen, das tun alle hier mit Feuer und Flamme. ?Stopp!? Der Choreograph ist nicht zufrieden, immer wieder bricht er die Musik ab. Nochmal, anders, besser, wiederholen. Genaueres verstehe ich nicht, ich spreche kein Portugiesisch. Jemand fragt verwirrt etwas ? Spanisch spreche ich leider auch kaum. Ein Franzose übersetzt für den Rest der Gruppe ins Englische. Der polnische Breakdancer sieht ratlos drein.
Die Sprachen und Nationalitäten sind kaum mehr zu zählen, aber über Musik und Bewegung funktioniert die Kommunikation.
Das Projekt „Dance against Racism“ soll auf Alltagsrassismus aufmerksam machen. Dementsprechend drücken die Tanzbewegungen „machtvoll“ gegenüber „hilflos“ aus, sind mal hektisch oder statisch, mal liegen alle wie gelähmt am Boden. Fast zehn Minuten müssen die Tänzer und Tänzerinnen die Choreographie durchpowern, dann noch einmal und immer wieder. Bis alles sitzt.
Auch die Auftritte werden zu einem Performance-Marathon, denn die Teilnehmenden wollen möglichst viele Menschen mit der Aktion erreichen. Das hat 2008 teilweise so gut geklappt, dass ein spontaner Auftritt vor 200 Zuschauern von einem irritierten Großaufgebot der Polizei aufgelöst wurde. ?Aufmerksamkeit wünschen wir uns natürlich auch?, so die Projektleiterin Susanne Oesterreicher, ?Demos und Statistiken zu und über Rassismus gibt es ja genug. Wir wollten ein anderes Mittel verwenden, um auf dieses Problem aufmerksam zu machen.?
Die Tänzer haben alle sehr unterschiedliche Hintergründe und Vorstellungen – da muss der Choreograph auch schon mal laut werden, um die Gruppe auf das gemeinsame Ziel zu konzentrieren. Aber das Wichtigste ist, alle lieben den Tanz und möchten sich mit dem Problem Alltagsrassismus auseinandersetzen. ?Man lernt auch viel über sich selbst?, so eine französische Capoeira-Schülerin, ?zum Beispiel habe ich durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema auch an mir rassistische Verhaltensweisen entdeckt, die mir vorher gar nicht bewusst waren.? So trägt das Projekt zumindest schon intern Früchte .
Auftrittstermine und mehr zum Thema gibt es unter:
| www.jangada.com
Geplant sind am 01.August 2009 in Berlin:
13:00 Uhr Alexanderplatz
14:15 Uhr Berliner Rathaus
15:30 Uhr Lustgarten vor dem Berliner Dom
16:45 Uhr Hackescher Markt
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