Es gibt Menschen, denen war Donald Trump als amerikanischer Präsident zu nett. Mit dem von Ronald Reagan recycelten Slogan „Make America great again“ (kurz: MAGA) zog er in den Präsidentschaftswahlkampf 2015/16 und machte ihn PR-technisch zur Marke in seiner Amtszeit von 2017 bis 2021. Er gab sich als amerikanischer Präsident für „das Volk“, der zwar bisweilen rassistisch oder sexistisch auftrat und auch das eine oder andere demokratische Prinzip gern abgeschafft hätte – mit der Gleichwertigkeit aller Menschen angefangen. Aber er wollte doch von den Amerikaner:innen geehrt und geschätzt werden. Und was taten die? Wählten ihn einfach ab.
Einige Trump-Fans im Internet haben das nicht verwunden und kämpfen für Trumps Rückkehr als Präsident 2024. Diesmal aber soll Schluss mit lustig sein: Trump müsse mit harten Bandagen kämpfen, politische Gegner:innen vernichten, statt mit ihnen zu sprechen, Gewalt anwenden, statt argumentativ zu überzeugen, sich die Macht nehmen, statt gewählt zu werden. Das alles natürlich nur im Dienste der Idee, Amerika wieder groß zu machen, also MAGA, Make America great again, aber mit Gewalt. Die Verbildlichung dessen heißt Dark MAGA und flutet von Twitter ausgehend das Internet: Auf den Memes werden Trump und Trump-Freund:innen mit Laseraugen ausgestattet, in Fashwave-Kulissen gesetzt, mit Waffen, Schwarzen Sonnen und Hass-Strahlern ausgestattet, die ihre „Feinde“ zerschmettern sollen. Es ist die Ästhetik, die bisher in der rechtsterroristischen Szene verwendet wurde (vgl. de:hate: Fashwave – Rechtsextremer Hass in Retro-Optik).
Das heißt, in den Memes der Dark MAGA-Ästhetik kommen Dinge zusammen: Trump-Begeisterung und der Wunsch nach einer neuen faschistischen Diktatur gegen eine liberale Gesellschaft in Amerika, kombiniert mit der Gewaltbegeisterung und Gewaltbereitschaft des Rechtsterrorismus. Konservative Trump-Unterstützer:innen werden so an die (Gedanken-)Welt des Rechtsterrorismus herangeführt – also auch mit Ideen, Bildern und Menschen vertraut gemacht, die bisher vor allem rassistische „White Supremacy“-Unterstützer:innen und akzelerationistische Bewegungen verbreiten, die die Welt in Chaos stürzen wollen, damit die liberale Moderne untergeht. Rechtsterrorismus-Interessierten wird Trump als „ihr Verbündeter“ gegen die moderne Welt präsentiert, die eben die Rechtsterrorist:innen von Herzen verachten. Eine explosive Mischung in einer Gesellschaft, in der eine kleine Gruppe rechtskonservativer und fundamentalchristlicher Entscheider:innen versucht, im ersten Schritt die Freiheitsrechte von Frauen und transsexuellen Menschen zu beschränken – und bisher damit durchkommt.
Schon im Präsidentschaftswahlkampf 2015/16 flutete die rechtsextreme Alt-Right-Bewegung das Internet mit Trump-unterstützenden Memes, und als Donald Trump Präsident wurde, schrieben sich die amerikanischen Online-Rechtsextremen auf die Fahnen, Trump durch ihren Meme War, also die „digitale Kriegsführung“ mit Memes wie Pepe dem Frosch und Co., zum Präsidentenamt verholfen zu haben – was sich weder belegen noch negieren lässt. Das Teilen von rassistischen, antisemitischen oder Hitler-verehrenden Memes gehört zu den Strategien des „Infokriegs“ der rechtsextremen Szene, mit dem sie menschenverachtende Ideologie normalisieren wollen und politische Gegner:innen oder Feindbilder angreifen, einschüchtern und bestenfalls mundtot machen wollen. Dass dies in der Kombination mit rechtsterroristische Ästhetik und Menschenverachtung noch besser funktioniert, erschließt sich schnell.
Elemente der „Dark MAGA“-Ästhetik:
- Verwendung von „Laser Eyes“, also Laserstrahlen anstelle der Augen – diese sollen eine zielgerichtete Position suggerieren und Zugehörigkeit signalisieren, eine geradezu kult-ähnliche Anhängerschaft. Die „Laser Eyes“ kommen ursprünglich aus dem Videospiel „Mass Effect 2“ (2010). Im Spiel kann der böse Hauptcharakter Feinde kontrollieren – und wenn er das tut, bekommt er Laseraugen – und hat „totale Kontrolle“.
- 80er-Jahre-Ästhetik, angelehnt an VHS-Kassetten-Ästhetik (bunte Streifen) und Glitch Art (simuliert technische Übertragungsfehler)
- Trump wird bewaffnet, als König oder mit Schwarzen Sonnen gezeigt.
- Anspielungen oder Zitate aus der Schriftsammlung „Siege“ des Rechtsextremen James Mason
- faschistoide Tier-Ikonographie (Löwen, Wölfe, Adler)
- dunkle, düstere Farbgebung – soll extremere Haltung und Abkehr von der Gesellschaft signalisieren.
Die Memes sollen revanchistische Ideologie verbreiten – Trump werde nicht nur siegen, sondern danach gibt es auch noch Strafe und Vergeltung für alle, die ihn nicht verehren: „Wir werden es euch heimzahlen.“ Die Bilder sollen Aufmerksamkeit erregen und Trump-Triumph-Erzählungen in den Mainstream verbreiten. Gleichzeitig kann ein Meme War unter dem Label #DarkMAGA auch als Versuch gesehen werden, die aktuell verstreute Alt-Right-Bewegung unter einem neuen Banner zu vereinen, und damit eine radikalere Dachbewegung für rechtsextreme und fundamentalistische Gruppen zu schaffen.
Und ähnlich, wie es 2015 mit Pepe dem Frosch der Fall war – schließlich teilte im Oktober 2015 sogar Donald Trump selbst ein Meme, dass ihn als Pepe zeigte, auf seinem damals noch existenten Twitter-Channel –, gibt es auch bei #DarkMAGA schon prominente Trump-Fans wie die republikanische Autorin Amanda Milius („The plot against the president“), die ihr Twitter-Profil im „Dark MAGA“-Stil umgestaltete und damit die Ästhetik aufwertete.
Die QAnon-gläubige republikanische Senatorin Marjorie Taylor Greene (die, die u.a. nicht den Klimawandel, sondern „Jewish Space Lasers“ als verantwortlich für Waldbrände in Kalifornien sieht) postete auf Twitter ein Foto von sich mit Laser Eyes und dem Kommentar „Wenn es darum geht, Amerika groß zu machen, bin ich voll dabei und verstehe gar nicht, warum es nicht jedem so geht. #UltraMAGA.“ Trump kann sich selbst aktuell nicht mit Laser Eyes twittern – er ist weiterhin auf der Plattform, die Elon Musk nun doch nicht kauft, gesperrt.