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Twitter-Übernahme Elon Musk als Musketier der Menschenfeindlichkeit

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Wenn sich Rechtspopulisten, Rassisten und Antisemiten zu Verteidigern der Meinungsfreiheit erklären, dann geht es in Wahrheit doch um ungestörten Hass. (Quelle: Screenshot Twitter)

Mit „Meinungsfreiheit“ meint Musk, was auch rechtspopulistische bis rechtsextreme Communitys darunter verstehen: Konsequenzenlos Hass zu verbreiten. Dies bedeutet konkret: wegen Hatespeech gebannte Accounts sollen wieder freigeschaltet werden. Musk twittert das so: „Alle, die aus geringfügigen und zweifelhaften Gründen gesperrt wurden, werden aus dem Twitter-Gefängnis freikommen.“ Desinformationen sollen vom Netzwerke nicht mehr als solche kenntlich gemacht werden – eine Strategie, die sich zuletzt während der Coronavirus-Pandemie und im Russland-Ukraine-Krieg bewährt hatte, um Posts als potenziell problematisch zu kennzeichnen, auch wenn sie nicht offen gegen Community-Guidelines verstoßen. Rechtstwitter erwartet zudem sehnsüchtig die Lockerung von Moderationsregeln bezüglich menschenfeindlicher Inhalte. Progressive Kräfte sind zu Recht sehr besorgt.

Feiern der „Machtübernahme“

Zahlreiche rechtspopulistische bis rechtsradikale Akeur*innen begrüßen die „Machtübernahme“ durch Musk, weil für sie, wie Elon Musk,“Free Speech” primär bedeutet, Marginalisierte zu beleidigen und Falschinformationen verbreiten zu dürfen, ohne Konsequenzen zu erfahren.

Deutsche „Journalistin“, arbeitet bei Reichelt-Medien.

 

Deutsche rechtsextreme Influencerin

 

Amerikanischer rechtsradikaler Radiomoderator und Autor.

 

QAnon-hörige rechtsradikale amerikanische Republikaner-Abgeordente im Repräsentantenhaus.

 

Wem nutzt Desinformation? Der Berliner AfD-Chef Pazderski träumt auch davon, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk an Musk zu verkaufen.
Diese deutsche „Journalistin“ will gleich ganz Deutschland verkaufen. Well.

 

Mehr Hate: Donald Trump gefällt das

Ein prominenter Twitter-Gesperrter ist der bei Rechtsextremen beliebte Ex-US-Präsident Donald Trump. Er hat die Übernahme durch Musk begrüßt. „Ich bin sehr glücklich, dass Twitter sich jetzt in vernünftigen Händen befindet“, schrieb der Republikaner auf der von ihm mitgegründeten Onlineplattform Truth Social. Twitter werde nicht länger von „linksradikalen Verrückten und Irren geführt, die wirklich unser Land hassen“. (vgl. Spiegel).

Nach Musks Twitter-Übernahme stieg der Anteil von Hate Speech denn auch sogleich signifikant an. Damit wurden die ersten Testballons gestartet, um die erweiterten Regeln zu testen. Die Verwendung des rassistischen N-Wortes nahm beispielsweise um über 500 Prozent zu, hat die Washington Post analysiert (vgl. Focus). Dies ist unter anderem auf koordinierte Kampagnen auf dem Imageboard 4chan zurückzuführen. Auf der Plattform, die eine der wichtigsten Vernetzungsorte der Alt-Right darstellt, wurde der Machtwechsel auf Twitter begeistert bejubelt.

 

„Er hat Twitter gekauft, jetzt können wir endlich N**** sagen. (…)“ „Endlich kümmern sie sich um echte Themen, nicht um 13-Jährige, die überall N**** hinschreiben.“ …

 

Mehr Freude über die Möglichkeit zu offenem Rassismus auf 4chan.

 

Laut dem Twitter-Sicherheitsexperten Yoel Roth stammen 50.000 der Hassnachrichten von gerade mal 300 Accounts.

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Wie Recherchen des Monitoring-Teams de:hate, der Amadeu Antonio Stiftung zeigen, haben sich rechtsradikale Trolle auf 4chan abgesprochen, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit auf der Plattform zu spammen. Sie wollen eine neue Ära des Hasses auf Twitter einläuten.

Hier wird diskutiert, welche Themen nun trenden könnten – Antisemitismus oder lieber Rassismus.

 

Hier wird die Strategie ausgearbeitet, Hashtags vereinbart.

 

Andere User*innen wiederum sind der Ansicht, dass die Verwendung rassistischer oder antisemitischer Schimpfworte eine linksradikale, jüdische False Flag-Aktion sei, um dafür zu sorgen, dass Community Guidelines doch beibehalten werden.

Musk, Trump, West als Musketiere des Bösen

Menschenfeindliche Twitter-User freuen sich darauf, von nun an mehr oder weniger ungestört bereits ohnehin gesellschaftlich vulnerable Menschen attackieren zu dürfen. Sie ergießen sich in Schadenfreude und Hassfantasien (das Bildmaterial reproduzieren wir hier nicht). Das sind Elon Musks Fans. Sie sind auch die Fans des Antisemitismus eines Kayne West – der aktuell plant, das Soziale Netzwerk Parler zu kaufen – und sie sind Fans von Ex-Präsident Donald Trump, der mit seinem eigenen Netzwerk Truth Social ebenfalls in den Bereich der Meinungsmanipulation investiert. Rechtsaußen werden die drei (einfluss)reichen Hater einer demokratischen Debattenkultur mit Respekt und Minderheitenschutz als Musketiere der Meinungsfreiheit gefeiert. Elon Musk hat dieses Meme selbst auf Twitter geteilt – es aber später wieder gelöscht (vgl. Chip, Business Insider).

Wollte Musk später nicht mehr so offen stehen lassen: Donald Trump (Truth Social), Elon Musk (Twitter) und Kayne West (eventuell Parler) als Musketiere des medialen Grauens und der Desinformation unter dem Banner der vermeintlichen Meinungsfreiheit.

Musk ignoriert selbst Rassismus, teilt Verschwörungserzählungen

Dies ist symptomatisch für Musks eigenes Social Media-Verhalten. Er fällt schon seit längerer Zeit durch Verschwörungsdenken und Rechtsoffenheit auf. So finden sich in Musks Posts, die er nun als „Chief Twit“ absendet, unter anderem Bezüge auf das Narrativ des „großen Austausches“. Rassismus und Verherrlichung des Nationalsozialismus beklagen in Tesla-Werken Beschäftigte schon lange, ohne dass es Konsequenzen gab (vgl. Deutsche Welle). Aktuell verleugnet Elon Musk den rechtsterroristisch motivierten Anschlag auf Nancy Pelosis Ehemann, teilt dazu eine verschwörungsideologische Desinformations-Quelle – und löscht den Tweet später wieder. Nancy Pelosi ist die Sprecherin des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten und eines der größten Feindbilder für Trump-Anhänger*innen. Am Freitag drang ein Mann in ihr Haus in San Francisco ein – auf der Suche nach der 82-jährige Demokratin, die an diesem Tag aber in Washington war. Wütend schlug der Täter mit einem Hammer auf ihren gleichaltrigen Ehemann Paul ein – der erlitt einen Schädelbruch und ernsthafte Verletzungen an Armen und Händen. Der Täter wollte Paul Pelosi fesseln und auf Nancy Pelosi warten, doch es gelang Paul, die Polizei zu verständigen. Der 42-jährige Täter wurde verhaftet. Er hat einschlägige Onlineprofile, laut denen er sich für Verschwörungsideologien, Falschinformationen über die angebliche Gefahr von Corona-Impfstoffen sowie Trumps Lügen über einen Betrug bei der Präsidentenwahl 2020 interessierte (vgl. ZEIT). Musk teilte eine Verschwörungserzählung, Paul Pelosi habe den Mann gekannt, und raunte per Tweet, es könne sein, dass mehr hinter der Tat stecke. In der verlinkten Desinformations-Quelle, dem „Santa Monica Observer“ ist die Rede von einem Callboy, den Pelosi ins Haus gelassen habe. Die Quelle wurde bekannt für die Behauptung, Hillary Clinton sei vor Jahren gegen eine Doppelgängerin ausgetauscht worden (vgl. Tagesspiegel, Bild).

Wie der Journalist Robert Evans darlegt, geht es Elon Musk weniger um einen finanziellen Gewinn, sondern um eine Hegemonie im öffentlichen Diskurs. Kritische Stimmen sollen verdrängt werden.

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Die Twitter-Umbauarbeiten beginnen

Musk selbst versucht derweil, sich zwar als „Absolutist der freien Meinungsäußerung“ zu inszenieren, der aber nicht komplett verantwortungslos erscheint. So kündigte er am Freitag an, größere inhaltliche Entscheidungen würden nicht getroffen werden, bis ein neuer „Moderationsrat“ ins Leben gerufen worden sei. Weil er ja nach der Übernahme die oberste Führungsebene verdrängt hatte, erklärte Musk am Freitag, dass er einen neuen „Content Moderation Council“ bilden werde, der „unterschiedliche Ansichten“ zu diesem Thema zusammenbringen würde (vgl. Westfalen-Blatt).

Dies allerdings ist auch vor allem eine Strategie, da Musk quasi am laufenden Band Entscheidungen trifft, die Twitter verändern. Nicht nur durch das Feuern weiterer Mitarbeitender gehört dazu oder das öffentliche Lästern auf Twitter über interne Personalprozesse bei Twitter verraten eine neue, wenig menschenfreundliche Kultur. Am Montag kündigte Elon Musk an, Twitter-Verifizierungen demnächst zu monetarisieren. Der „Blaue Haken“, der einen Twitter-Account mit einer realen Person oder Organisation verifiziert, war bisher ein Beleg für Integrität, den vor allem Journalist*innen, Politiker*innen, Prominente oder Organisationen. Nun soll der blaue Haken für 20 Dollar im Monat verfügbar sein – und verliert damit seine Funktion, Orientierung im (Des-)Informationsdschungel zu geben (vgl.: Deutschlandfunk).

Die Frage ist, wie es weitergeht, und ob Twitter in Zukunft ein Ort für einen demokratischen und progressiven Austausch bleiben kann, oder zu einem rechtsradikalen Sumpf wie Parler werden wird.

Wir sind zumindest vorerst auch bei Mastodon, dem Twitter ähnlichen Netzwerk, dass aber dezentral organisiert ist und mehr Schutz verspricht: https://mstdn.social/@BelltowerNews

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