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US-Wahl Trump-Fans monieren alten weißen Mann als Präsidenten

In der Welt der Verschwörungserzählungen lässt sich alles schönreden. Oder? Reaktionen zur US-Wahl und Trumps Niederlage. (Quelle: Screenshot)

Trump hat definitiv einen wesentlichen Beitrag zur Spaltung der amerikanischen Bevölkerung beigetragen. Dort hat der Heilungsprozess gerade erst begonnen. Doch wie reagieren Trumps politische Fans, sowie Rechtsextreme und Verschwörungsideolog*innen in Deutschland auf seine Niederlage?

Reaktionen von Seiten der AfD

Die Bundesvorsitzenden der AfD-Fraktion, Alice Weidel und Dr. Alexander Gauland, beglückwünschen Joe Biden offiziell zu seinem Sieg. Sie betonen dabei die „demokratisch zustande gekommene Entscheidung der amerikanischen Bürger“ und „sind zuversichtlich, dass mögliche Unregelmäßigkeiten bei den Auszählungen schnell auf rechtstaatlichem Wege aufgeklärt werden.“

Die Glückwünsche der Vorsitzenden auf der offiziellen Webseite der Partei:

In den eigenen Reihen treffen sie damit größtenteils auf Unverständnis und Kritik – obwohl die AfD doch sonst so viel Wert auf Bürgerbeteiligung zu legen meint. Zahlreiche AfD-Politiker*innen distanzieren sich von der Glückwunsch-Bekundung und verweisen immer wieder auf einen imaginierten „Wahlbetrug“, unter anderem auch Beatrix von Storch.

Andere Parteimitglieder weisen darauf hin, die Wahl sei noch nicht endgültig ausgezählt und bis zum 08. Dezember 2020 gäbe es noch keinen neuen offiziellen Präsidenten der USA. Bis zu dieser Frist müssen die Staaten ihre Endergebnisse beglaubigen und in Washington melden. Man spricht hier von der „safe harbor”-Deadline („sicherer Hafen”), nach welcher die Ergebnisse nicht mehr angefochten werden können (vgl. ZDF).

AfD-Landtagsabgeordneter in Thüringen Thomas Rudy geht fest davon aus, dass Trump den vermeintlichen Wahlbetrug aufdecken wird.

 

Trump-Fans aus der AfD besorgt, weil nicht ihr alter weißer Mann gewonnen hat:

 

In den Kommentaren unter dem dazugehörigen Tweet von Weidel und Gauland überschlagen sich Mutmaßungen und Emotionen. Einige Anhänger*innen sind zutiefst enttäuscht wie z.B. „Digitaler Chronist“, ein Mitglied des verschwörungsideologischen „Neuen Schmalkaldischen Bundes“ (vgl. Belltower.News). Er schreibt in seinem Tweet:

Viele kommentieren, die AfD wäre bisher „ihre“ Partei gewesen, die sie nun nicht mehr wählen wollen. Da stellt sich die Frage, was ist nun die Alternative zur „Alternative für Deutschland“? Andere wiederum sind der Meinung, diese Glückwünsche seien „nur gezwungene Kosmetik“ und ironisch gemeint, die AfD sei trotzdem Trump-Fan. 

Er denkt vielleicht an andere AfD-Stimmen, auf die u.a. der Volksverpetzer aufmerksam machte (und das gute Social Media-Management der FAZ):

Oder natürlich AfD-Hardliner Markus Frohnmaier, der in verschwörungsideologischem Duktus den designierten amerikanischen Präsidenten Biden als Wahlbetrüger adressiert und ihn durch das bei Antisemit*innen beliebte Adjektiv globalistisch andeutet, Biden sei Teil einer jüdischen Weltverschwörung. Ja, diese Teile der AfD sind offenkundig Trump-Fans – und das kommt etwa bei Oliver Janich und seinen Fans an. 

Wie Rechtsextreme und antisemitisch-verschwörungsideologische Szene reagiert

Martin Sellner, der bekannte österreichische Sprecher der Identitären Bewegung, betreibt insbesondere auf seinem Telegram-Kanal Hetze und verbreitet Grafiken und „alternative Nachrichten“, die darlegen sollen, wie und in welchem Ausmaß die US-Wahl manipuliert und gefälscht wurde. Seine Quellen sind hier bekannte rechtsextreme Webseiten. Dass diese Vorwürfe bereits widerlegt worden sind, ist ihm beim Verbreiten seiner „alternativen Fakten“ scheinbar egal.

Diese und weitere Grafiken findet man ohne Erklärung oder Quellen auf seinem Kanal.
Die BBC hat sich einige Mythen um den Wahlbetrug angeschaut und sie widerlegt, hier handelte es sich um einen Systemfehler, der etwas später behoben wurde (vgl. BBC).

Um die Stimmung etwas aufzulockern, verbreitet Sellner neben seinen alternativen Fakten auch mal „etwas zum Lachen“. Es ist ein unlustiger Cartoon des amerikanischen rechtsextremen Zeichners „Stonetoss”. 

Auch antisemitische Erzählungen über Biden und seine Familie sind in der rechtsextremen Szene bereits im Umlauf:

Zur IB siehe auch diesen Twitter-Thread:

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Hetze gegen Journalist*innen, „die Medien“ und Covid-19

Auch Journalistinnen bleiben nicht verschont, etwa von diesem Twitter-Account:

QAnon

In deutschen QAnon-Kreisen schwankt man…Trump, ihr Messias, nicht im Präsidenten-Amt? Das kann nur eins bedeuten:

Wahlbetrug! 

Oder…

Schwere Prüfung, aber: Trust the Plan!

Oder…

Keine Prüfung, es läuft alles nach Wunsch. Das begreifen alle Uneingeweihten nur nicht 

Denn…

Es ist eine Falle von Trump! Jedenfalls, wenn man den Anhänger*innen von Oliver Janich auf Telegram glaubt.

Auf alle Fälle ist es ein Grund, noch mehr Desinformationen ins Internet zu stellen: Denn als Infokrieger machen sie ihre Wahrheit selbst: 

In einer Verschwörungswelt wird das alles als folgerichtig verkauft, aber manchen kommen doch Zweifel:  

Oder…

Wie wär es mit einem Militärputsch? Demokratie ist hier offenkundig nichts wert.

Am gefährlichsten allerdings sind die Angstszenarien derjenigen aus der rechtsextremen Szene, die vor allem auf Gewalt hoffen. Sie diskutieren Bürgerkrieg, der ihnen fast schon ausgebrochen scheint. Interessant dabei, wie aber selbst die Verantwortung für einen Bürgerkrieg sicherheitshalber der politisch anderen Seite zugeschrieben wird: Bürgerkrieg gäbe es erst, wenn Gerichte urteilen, Trump bliebe doch als Präsident. Von Biden-Anhänger*innen mit blau-grünen Haaren

Hier zeigt sich, warum die Verschwörungsideologien im Moment für so viele so attraktiv sind: Sie integrieren einfach alles, sogar gleichzeitig: Euphorie und Verzweiflung, Sieg und Niederlage, Zusammenhänge aller Art – aber Schuld ist immer jemand anders.

Recherche: Miro Dittrich
Text: Erika Balzer, Simone Rafael

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Sturm auf das Kapitol Amerikas Kristallnacht oder Trumps Bierkellerputsch?

Arnold Schwarzenegger beschreibt die Erstürmung des Kapitols als „Amerikas Kristallnacht“. Mit diesem problematischen Vergleich lernt man weder etwas über die jüngsten Ereignissen in den USA noch über die Novemberpogrome. Ein angemessenerer Vergleich: Hitlers Bierkellerputsch 1923. Daraus lernt man, dass die Ereignisse in Washington Konsequenzen haben müssen – auch für Trump selbst.

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