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„Vereinte Patrioten“ Planungen konkreter als bisher gedacht

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Vor dem Oberlandesgericht in Koblenz findet der Prozess gegen die "Vereinten Patrioten" statt. (Quelle: RJ)

Die Verhaftung der „Vereinten Patrioten“ war von einer großen medialen Präsenz begleitet. Mittlerweile, nach sechs Monaten Verfahrensdauer am Oberlandesgericht in Koblenz, hat das öffentliche Interesse abgenommen. In den letzten drei Monaten war das Prozessgeschehen von Ausfall sowie dem Ausschluss der Öffentlichkeit geprägt, da die zwei eingesetzten verdeckten Ermittler verhört wurden. Aus den wenigen öffentlichen stattgefundenen Verhandlungstagen lassen sich dennoch Schlüsse über die konkreten Planungen der Anschlagspläne ableiten.

Den fünf Angeklagten wird die Gründung bzw. Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. In parallel ausgeführten Teilplänen wollten sie den Sturz der Regierung herbeiführen, um eine Staatsform nach Vorbild des „deutschen Reiches“ mit der Verfassung von 1871 zu installieren. Zu diesem Zwecke sollte der damalige Gesundheitsminister Karl Lauterbach entführt und ein landesweiter Blackout durch Sprengstoffanschläge auf Strominfrastruktur herbeigeführt werden. Zeitgleich sollte in einer „konstituierenden Versammlung“ die Verfassung von 1871 ausgerufen werden. Die Generalbundesanwaltschaft ist sich sicher, dass die „Vereinte Patrioten“ bei der Umsetzung der Pläne Tote billigend in Kauf genommen hätten. Zur Erreichung ihrer Ziele versuchten sie sich Waffen zu besorgen, wobei sie letztendlich am 13. April 2022 verhaftet wurden. Der Verkäufer der Waffen war ein verdeckter Ermittler der Sicherheitsbehörden.

Im aktuellen Stand des Verfahrens werden die mitgehörten Telefonate als Beweismittel eingeführt. Die Mitschnitte der technischen Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) zeigen ein entschlossenes und überzeugtes Vorgehen der Mitglieder der Gruppe. Außerdem zeigen diese Mitschnitte, dass die Umsetzung ihres Vorhabens bereits Mitte Dezember 2021 in vollem Gange war. Bei einem Telefonat am 13. Dezember 2021 zwischen Sven B. und Thomas O. berichtet O. euphorisch, dass er bei einem Vortrag bei einer Esoterikgruppe in Weinheim einen neuen Kontakt kennengelernt hätte. Als „ein Kerl wie ein Baum“ beschreibt O. ihn und er hätte „150 Mann, die nur auf einen Einsatzbefehl warten“. Eingeladen zu dem Vortrag wurde O. von Bernd F. aus dem Raum Viernheim, der am 10. Oktober 2023 mit vier weiteren als Unterstützer*innen der Gruppe verhaftet wurde. B. ist am Telefon erfreut: „Das ist ja der Hammer“.

„Wenn das klappt, ist das die Befreiung der Nation“

B. und O. telefonieren regelmäßig. Sie tauschen sich über den Stand der Rekrutierung aus, wer wen trifft, über organisatorische Fragen der anstehenden Treffen oder auch über Vorstellungen über das neue „Reich“. Am 14. Januar 2022 bekommt Sven B. einen Anruf von Matthias H.. H. wurde im Dezember 2022 im Zuge der Verhaftungen um die Gruppe von Heinrich Reuß in Untersuchungshaft genommen. Er soll in der Gruppierung um den Richsbürger-Prinzen bei dem Aufbau sogenannter „Heimatschutzkompanien“ eingebunden gewesen sein. Diese sind bewaffnete paramilitärische Einheiten, die nach dem Umsturz die Ordnung im Sinne der Putschgruppe hätten herstellen sollen. Sein Weg zur Reichsbürgergruppe um Reuß führte ihn über die „Vereinte Patrioten“.

Mit den Worten „das ist eine ganz heiße Nummer, was ihr da vorhabt“ meldete sich aufgeregt Matthias H.. Zwei Tage vorher hat er bei einem Vortrag in Offenburg von Michael H., einer der Mitangeklagten, detailliert erfahren, was der Plan zum Umsturz ist. Ruhig führt B. am Telefon die drei Planbestandteile aus: „Ins Fernsehstudio spazieren und jemand mitnehmen“, „Abschalten“ sowie „Schutz der Veranstaltung“. Den Schutz der „konstituierenden Versammlung“ bezeichnet B. als den „harmloseren Teil“. Überheblich beendet er seine Erklärungen mit: „Es ist für jeden etwas dabei“. H.s Sorge vor Repressionen konnte B. ausräumen, indem er glaubhaft versicherte, dass er Gegenmaßnahmen getroffen hätte. Die einzige Herausforderung wäre, dass „alle Aktionen parallel“ ablaufen, dann könne nichts schief gehen. Dies zeigt anschaulich, dass die Planungen schon lang ausgearbeitet waren, anders als B. in seiner Einlassung versuchte glauben zu machen. Beide Angeklagte sind sich am Telefon durchaus dem Risiko und der Tragweite ihres Handelns bewusst. „Aber wenn das klappt, ist das die Befreiung der Nation“ beendet H. das Gespräch. B. erwidert beim Beenden des Telefonats, dass er keine Alternative sehe.

Matthias H. wurde laut Eigenaussage in dem Telefongespräch von Michael H. detailliert in die Pläne eingewiesen, die zu dem Zeitpunkt aus der Entführung, dem Blackout und der Versammlung bestanden. Das ist insofern bemerkenswert, da Michael H. bei seiner Einlassung vor Gericht, die er von seinen Anwälten verlesen ließ, beteuerte, dass er von „irgendwelchen gewaltsamen Aktionen, wie Sprengung, Waffenkäufen keine Ahnung“ gehabt hätte. Aus seiner Sicht gab es außerdem „nie eine echte Planung, sondern viele Ideen verschiedener Personen“. Das scheint nun so nicht mehr haltbar zu sein. H. galt als der Netzwerker in der Gruppe. Der von ihm mitgegründete und betriebene Telgramkanal „Nichts ist so, wie es scheint“ hatte mehrere Tausend Follower*innen. Damit war er einer der Reichweitenstärkste in der Parallelwelt auf Telegram und bot bekannten Rechtsextremen eine Bühne.

„Wenn du nix sagst, können die dir auch nix anhaben“

Auch wenn bisher nur ein Bruchteil der aufgezeichneten Telefonate in den Prozess eingebracht wurden, wird eines ziemlich deutlich. Die Planungen waren nicht nur „lose Ideen“ wie es die Verteidigung versucht zu konstruieren. Bereits im Januar 2022 gab es sehr konkrete Vorstellungen über die Herbeiführung eines Umsturzes. Mit der Rekrutierung waren B. und O. schon mindestens ab Dezember 2021 beschäftigt. Ebenso wurden bereits „Sponsoren“ wie O. es ausdrückte, also Geldgeber*innen, gesucht. Gleichzeitig zeigen die Telefonate die Entschlossenheit, mit der die Gruppe ihre Ziele verfolgte. Nahezu täglich wurde sich über den aktuellen Stand aber auch über neue Bekanntschaften ausgetauscht.

In der Hierarchie kristallisiert sich heraus, dass Sven B. als Mittler zwischen dem sogenannten militärischen Arm um Thomas O. und dem ideologischen Arm um Michael H. und Elisabeth R. fungierte. Eine Rolle, die B. mutmaßlich schmeichelte. Sich selbst bezeichnete er als „Organisationstalent“ mit „Führungsqualitäten“. Zudem vermittelte diese Rolle ihm eine gefühlte „Wichtigkeit“, die er in seinem Leben als Buchhalter womöglich nicht erfuhr. In den Vernehmungsvideos bei der Polizei sowie bei seiner sehr umfassenden Aussage zu Beginn des Prozesses war dies zu beobachten. Er genoss es, dass ihm zugehört und Aufmerksamkeit geschenkt wird. Obwohl er in einem mitgeschnittenen Telefonat auf O.s Aussage „Wenn du nix sagst, können die dir auch nix anhaben“ voll zustimmte. Das Gespräch drehte sich um den Verfassungsschutz und mögliche Konsequenzen der Planungen.

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!_Gruppenbild

„Vereinte Patrioten“ Vom Protest zum Terror – Die Radikalisierung von Thomas O.

Mitglieder mehrerer rechtsextremer Telegram-Gruppen planten den Umsturz der demokratischen Ordnung, dafür horteten sie Mengen an Waffen. Einer der mutmaßlichen Rädelsführer ist Thomas O. Gastautor Ronny Junghans beobachtet seine Aktivitäten bereits seit 2020 und zeichnet den Weg einer Radikalisierung nach.  

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